Anwendungs-Performance über WAN simulieren

Test: Günstiger WAN-Emulator von Apposite

26.06.2008 von Elmar Török
Um eine Netzwerkverbindung zu beschleunigen, genügt eine schnellere Netzwerkkarte, wer die Bandbreite jedoch gezielt drosseln will, hat deutlich mehr Mühe. Testequipment, um WAN-Strecken zu simulieren, ist meist teurer und komplex. Mit einer Ausnahme: dem Linktropy WAN-Emulator von Apposite.

Jahrelang lief alles wunderbar in der Außenstelle, plötzlich meckern die fünf Mitarbeiter vor Ort über schlechte Antwortzeiten der Programme, die sie über die DSL-Verbindung nutzen. Liegt es an der Leitung? Am Server? Oder ist etwas ganz anderes schuld?

Viele Firmen nutzen WAN-Verbindungen für den Kontakt mit Außenstellen oder mobilen Mitarbeitern. Das kann eine xDSL-Leitung sein oder eine UMTS-Verbindung, aber auch ISDN kommt noch öfter zum Einsatz als man denkt. Wenn in so einer Situation die entfernten Kollegen ein neues Programm erhalten sollen, oder wenn die Filiale Mitarbeiterzuwachs bekommt, kann der Administrator oft nur hoffen, dass alles gut geht. Denn einen schnellen und einfachen Weg, um herauszufinden, mit wie viel Bandbreite das Programm gerade noch auskommt, gibt es nicht.

Anwendungen, die im lokalen Netz wunderbar funktionieren, können bei einer weniger stabilen Anbindung unter sporadischen und schwer zu diagnostizierenden Fehlern bis hin zum Totalausfall leiden. Es ist zwar einfach, die zusätzliche Netzlast durch einen weiteren Mitarbeiter zu simulieren. Aus Mangel an einer Prüfstrecke mit den gleichen physikalischen und logischen Eigenschaften ist diese Simulation jedoch letztendlich wenig aussagekräftig.

Natürlich gibt es Hard- und Software für eine solche Aufgabe, ein WAN-Emulator ist hier die beste Wahl. Mit ihnen lassen sich verschiedene Parameter einer Netzwerkverbindung, vor allem natürlich die Bandbreite, gezielt regulieren. Aber auch diverse Fehlerquellen können mit so einem Emulator praxisähnlich nachgebildet werden.

Die WAN-Emulatoren Shunra VE vom gleichnamigen Hersteller zum Beispiel bieten jede nur erdenkliche Simulationsgröße und eignen sich zum Nachstellen beliebiger WAN-Strecken. Doch abgesehen vom Preis verhindert gerade diese Komplexität den Einsatz als relativ einfaches ad-hoc-Tool für den Admin. Hier geht es schließlich nicht um den physikalisch korrekten Nachweis von Bandbreite bis hin zum letzten Bit sondern um eine „geht/geht nicht“-Analyse. Und hier kommt die Linktropy-Familie von Apposite Technologies ins Spiel.

WAN-Emulation leicht gemacht

Der amerikanische Hersteller Apposite, in Deutschland durch Digital Hands repräsentiert, bietet WAN-Emulatoren zu relativ niedrigen Preisen an, die sehr einfach zu bedienen sind. So sollen auch Administratoren mit geringen WAN-Kenntnissen die Geräte sofort benutzen können.

WAN in a box: Der Linktropy 4500 emuliert eine WAN-Verbindung inklusive aller Unwägbarkeiten wie Datenverlusten oder Verzögerungen.

Das kleinste System, das Linktropy Mini, fängt bei knapp 1600 Euro an. Für den Test stand ein Linktropy 4500 zur Verfügung, der einen WAN-Link mit bis zu 155 MBit/s Durchsatz emulieren kann. Das ist genug für eine ATM-Verbindung mit voller Geschwindigkeit und reicht auf jeden Fall für jede Art der aktuell erhältlichen xDSL-Varianten.

Die größeren Geräte Linktropy 7500 und 7500pro können bis zu einem Gigabit Bandbreite simulieren und verfügen über mehrere Interfaces, darunter auch optische Anschlüsse mit SFP-Modulen. Möglich werden die vergleichsweise niedrigen Preise laut Hersteller durch den Verzicht auf eigens entwickelte ASICs. Diese würden die Emulation zwar mit höherer Genauigkeit ermöglichen, die Kosten allerdings erheblich nach oben treiben. Da Apposite vor allem auf Softwareentwickler und Administratoren als Kunden abzielt, sind die erreichbare Genauigkeit und die eingebauten Features jedoch mehr als ausreichend.

Einstecken und fertig

Ein WAN-Emulator ist prinzipiell äußerst simpel: Er sitzt zwischen zwei Netzwerksegmenten, bei Apposite als A und B gekennzeichnet, und kontrolliert die Verbindung in beide Richtungen. Dafür sind beim Modell 4500 zwei RJ-45 Ports vorgesehen, die Bandbreite lässt sich in beide Richtungen getrennt einstellen und so eine asynchrone Verbindung simulieren.

Ein weiterer Netzwerkanschluss dient zum Management des Geräts. Sinnvollerweise nutzt man dafür ein getrenntes Netzwerksegment oder schließt den Management-PC direkt mit einem Netzwerkkabel an. So wird verhindert, dass das Messergebnis durch den Management-Traffic verfälscht wird.

Die Web-basierte Software ist simpel aufgebaut, im Test ließen sich sowohl der Internet Explorer 7 als auch der Firefox 2.0.0.14 zur Verwaltung nutzen. Weil sich die Web-basierte Benutzeroberfläche zwischen den Familienmitgliedern nicht unterscheidet, einzig das Modell Mini muss auf den Datenexport als CSV-Datei verzichten, gelten die Aussagen und Testergebnisse in dieser Hinsicht für alle Geräte.

Drei Netzwerkkabel, ein Stromanschluss, mehr braucht der Linktropy-Emulator nicht. Ohne zu übertreiben, ist der WAN-Emulator nach höchstens einer Viertelstunde einsatzbereit, einschließlich auspacken und Kabel anstecken.

Emulation

Nachdem man über die Default IP-Adresse 10.0.0.10. mit dem Gerät Verbindung aufgenommen hat, kann es mit der WAN-Emulation schon losgehen. Alternativ bieten die Linktropy-Geräte auch eine serielle Schnittstelle an, um die Grundkonfiguration zu erledigen. Wie das geht, führt Apposite im beigelegten Quick-Start Guide aus.

So viel wie nötig: Mehr als die gewünschte Bandbreite muss man nicht einstellen, die Parameter im unteren Teil sind im Normalfall nicht nötig.

Die Menüs sind klar aufgeteilt: ein Fenster kümmert sich um die Emulationseinstellungen, eines um die Bridge- oder Routingparameter, eines um die Systemdaten wie die IP-Adresse und die Link-Geschwindigkeiten der beiden Test-Ports und eines bietet Speicherplätze, um Testparameter zu organisieren, abzulegen und wieder aufzurufen.

Das letzte Fenster ist dem Update des Systems vorbehalten. Ändert man Einstellungen auf einer Seite markiert das System die Werte in Fettschrift, bei Syntaxfehlern wird das Fenster rot umrandet. Fehleingaben sind damit praktisch ausgeschlossen. Aktuell ist die Firmware 3.1.4., Updates gibt es für Kunden (nach Registrierung) auf der Apposite-Website kostenlos zum Download.

Messen...

Grundsätzlich bietet das Gerät zwei Betriebsarten an, Bridge oder Router. Der Bridging-Mode ist transparent, alle Datenpakete werden von A nach B und umgekehrt geleitet. Wer Routen will, muss die gewünschten statischen Routen im entsprechenden Menü eintragen - über Routingprotokolle wie RIP oder OSPF zum automatischen Finden und Setzen von Routen verfügt das Gerät nicht.

Zu Beginn der Testreihe ist es empfehlenswert, die Emulation ohne jede Limitierung oder Fehlersimulation über den großen Button am oberen Ende des Management-Tools einzuschalten. Im Statistikbildschirm sieht man jetzt, was über den Testlink an Daten geschleust wird. Die Erfassung läuft zwar in Echtzeit, das Update im Diagramm erfolgt allerdings minimal in Intervallen von einer Sekunde. Wird ein großer Datentransfer auf einer Seite gestartet, lässt sich sofort der Gesamtdurchsatz ablesen.

Vollgas: Hoher Durchsatz bei einem Filetransfer über eine Firewall.

Während des Tests erwies sich das Linktropy 4500 als zuverlässiges Tool, um Netzwerkdurchsätze für eine ganze Reihe von Produkten zu messen. So konnten mehrere Firewalls und Router damit auf ihren Durchsatz unter hoher Belastung getestet werden.

Die Genauigkeit des Systems ist schwer in absoluten Zahlen festzuhalten, laut Hersteller soll die Abweichung von der eingestellten Limitierung bei unter einem Prozent liegen. Was die Statistikdaten angeht, konnten wir im Test praktisch Übereinstimmung mit Messergebnissen des Benchmark-Tools Iometer erzielen.

...und Drosseln

Administratoren werden das Gerät aber weniger zum Messen von Durchsätzen als für die Simulation von WAN-Strecken einsetzen. Die Bandbreite selbst ist in Schritten von einem Bit pro Sekunde wählbar, dazu lassen sich noch diverse Störeinflüsse auswählen.

Nadelöhr: Die Limitierung deckelt den Durchsatz sauber.

Absolute Paketverluste sind genauso dabei wie die Bitfehlerhäufigkeit (BER) und Verzögerungen. Die Bitfehlerhäufigkeit ist ein sehr wichtiger Parameter bei WAN-Strecken, der auch bei einer ganzen Reihe von standardisierten Tests bezüglich der Güte einer Verbindung zum Einsatz kommt (BER-Test oder BERT). Eine Bitfehlerhäufigkeit von 3*10-6 bedeutet beispielsweise, dass von einer Million übertragener oder gespeicherter Bits durchschnittlich drei Bits falsch sein können.

Man darf sie nicht mit der Bitfehlerwahrscheinlichkeit (BEP) verwechseln, sie bezieht sich auf eine, durch theoretische Überlegungen berechnete Wahrscheinlichkeit, für das Auftreten eines Bitfehlers. Dazu gibt es noch eine Reihe von erweiterten Parametern, die alle mit einer ausführlichen Online-Hilfe versehen und noch mal länger in der englischen PDF-Userguide beschrieben sind.

Lastsimulation

Um die bereits vorhandene Netzwerklast auf einer Verbindung zu simulieren, erzeugt das Linktropy 4500 auch eine Art „Hintergrundrauschen“. Es lässt sich bis zu 100 Prozent skalieren, auch wenn das in der Praxis keinen Sinn ergibt. Wichtiger sind hingegen die Auswirkungen von Paketverlusten auf den Durchsatz. Schon bei relativ niedrigen Werten, geht die Leistung dermaßen in die Knie, dass Dateitransfers praktisch undurchführbar werden.

Im Test ließ sich auch die Auswirkung von Latenzzeiten auf VoIP-Übertragungen sehr gut darstellen. Für eine Firma, die beispielsweise ihre Außenstelle per WAN-Leitung und VoIP mit Sprachtelefonie versorgen will, sind das sehr wertvolle Daten. Sind die gewünschten Einstellungen vorgenommen, genügt der Mausklick auf den „Ein“-Knopf um die Emulation zu starten.

Kleine Ursache, große Wirkung: Schon eine Fehlerrate von 0,05% hat deutliche Auswirkungen auf den Durchsatz.

Änderungen bei den Test- und Fehlerparametern werden durch ein „Apply“ sofort auf die Verbindung angewendet, so kann man sehr einfach an einem Wert „drehen“, bis die Anwendung reagiert. Um solche Abläufe zu automatisieren hat Apposite auch einen Scheduler eingebaut. Mit ihm können die Parameter in Blöcken für einen bestimmten Zeitraum vorgegeben werden. Der Scheduler arbeitet alle Blöcke der Reihe nach ab, und fängt danach auf Wunsch wieder von vorne an. Damit sind sehr ausführliche Belastungstests mit schrittweise schlechter werdenden Bedingungen möglich.

Mit Hilfe der Exportfunktion lassen sich die Ergebnisse als CSV-Datei exportieren. Ausreichende Excel-Kenntnisse voraus gesetzt, kann der Benutzer damit sehr umfassende Diagramme und Tabellen erstellen. Für den schnellen Test oder die Fehlersuche genügt in der Regel das Statistikfenster des Linktropy.

Fazit

Wer die sicherstellen muss, dass Anwendungen auch über WAN-Verbindungen optimal nutzbar sind, oder für die reibungslose Anbindung von Außenstellen und mobilen Mitarbeitern verantwortlich ist, findet in der Linktropy-Gerätefamilie einen relativ günstigen und extrem unkomplizierten Partner. Administratoren werden die einfache Bedienung schätzen und das Gerät auch für Durchsatztests einsetzen.

Der Linktropy 4500 lässt sich in verschiedenen Ausbaustufen erwerben. In der kleinsten ist der maximale Durchsatz auf 2 Mbps begrenzt, in der größten beträgt sie – wie getestet – 155 Mbps. (Elmar Török/mha)

Quickinfo

Produkt

Linktropy 4500

Hersteller

Apposite

Distributor

Digital Hands

Preis

2 Mbps: 3500 Euro (exkl. MwSt)
155 Mbps: 8500 Euro (exkl. MwSt)

Maximal simulierter Durchsatz

2 - 155 Mbps

Einstellbare Parameter

Bandbreite, Latenz, Paketverlust, Bitfehler, Änderung der Paketreihenfolge, Verdoppelung von Paketen, Grundlast

Formfaktor

1U