Test: Festplatten & Controller mit Serial-ATA

05.02.2003 von Christian Vilsbeck
Serial-ATA-Produkte werben mit einfachem Handling und hohen Datentransferraten. Macht der neue Standard die parallele IDE-Schnittstelle überflüssig? Wir haben die Versprechen an den ersten Serienprodukten getestet.

Die Serial-ATA-Technik verbannt störrische und platzfordernde Flachbandkabel aus den PCs - zumindest die zu den Festplatten. Ein dünnes Kabel mit narrensicheren Steckern erlaubt ein simples Anschließen der Festplatte selbst in engen und verwinkelten Rechnergehäusen. Jedes Laufwerk wird direkt mit dem Controller verbunden. Master-/Slave-Jumper sind bei Serial-ATA Vergangenheit. Und wenn es sein muss, lässt sich die Serial-ATA-Festplatte selbst bei laufendem Rechner an- und abschließen. So sieht es zumindest die Spezifikation vor.

Soweit nur Vorteile für die neue Anschlusstechnik. Bleibt die Frage nach der Performance der seriellen Schnittstelle: 150 MByte/s prangt schwerlich übersehbar auf den Verpackungen der Serial-ATA-Produkte. Der Wert bezieht sich auf die theoretische Bandbreite der Serial-ATA-Schnittstelle. Dass die 150 MByte/s aber Theorie bleiben, zeigen unsere Benchmarks deutlich.

Alle Tests mit Serial-ATA haben wir mit Seagates Barracuda SATA V sowie der Maxtor DiamondMax 9 Plus durchgeführt. Die Festplatten sind die ersten lieferbaren Serienlaufwerke mit serieller Schnittstelle. Serial-ATA-Controller stellten uns Adaptec, ICP Vortex, Promise und Silicon Image in Form von PCI-Steckkarten zur Verfügung. Außerdem konnten wir auf Mainboards mit Intels i875P-Chipsatz zurückgreifen. Dessen I/O-Hub ICH5 verfügt über nativen Serial-ATA-Support. Im tecCHANNEL-Labor haben wir einige Schwächen der ersten Serial-ATA-Generation aufgedeckt.

Erste Serial-ATA-Festplatten

Festplatten mit Serial-ATA-Schnittstelle könnten Sie seit über einem Jahr kaufen - wären die Vorhersagen der IT-Auguren aus dem Jahr 2000 eingetroffen. Im ersten Quartal 2003 trifft die Aussage nun zu Maxtor und Seagate liefern als erste Hersteller Serial-ATA-Festplatten aus.

Das Seagate Serial-ATA-Modell Barracuda SATA V verfügt laut Hersteller über ein sogenanntes natives Interface. Nativ bedeutet, dass Serial-ATA auf der physikalischen Schicht und im Controller der Festplatte implementiert ist. Das Laufwerk sendet seine Daten aus dem schnellen Cache direkt über das serielle Protokoll zum Host-Controller im PC. Die Festplatte agiert im Burstmodus mit der maximalen Serial-ATA-Bandbreite von 150 MByte/s (1000er Basis) - in der Theorie.

((Bild Serieller Anschluss.tif))

Anders Maxtors DiamondMax-Plus-9-Festplatten mit Serial-ATA-Schnittstelle: Sie verwendet eine so genannte "Zwei-Chip-Lösung". Das Doppelpack besteht aus dem normalen parallelen Ultra-ATA-Controller-Baustein sowie dem Bridge-Baustein, der den parallelen Datenstrom wieder in einen seriellen konvertiert. Daten einer Serial-ATA-Brücken-Lösung lassen sich nur so schnell senden oder empfangen, wie der parallele ATA-Controller arbeitet. Die serielle Funktionalität ist nicht nativ an die Link- und Transportschichten des Festplatten-Controllers gebunden, sondern an eine separate Funktion, die Daten für einen parallelen Controller übersetzt. Daten kann die Festplatte somit nur mit der Geschwindigkeit eines Parallel-Controllers übertragen - also mit 100 oder 133 MByte/s. Die Serial-ATA-Bandbreite von 150 MByte/s ist nicht gegeben.

((Bild Maxtor Bridge.tif))

Brückenlösung: Bei der Maxtor DiamondMax 9 Plus wandelt ein Marvel-Chip den Datenstrom von parallel auf seriell (rechts neben dem großen Chip in der Bildmitte).

IBM/Hitachi zögert noch mit der Markteinführung von Serial-ATA-Produkten. Die Deskstar 180GXP verweilt auf dem parallelen Ultra-ATA/100-Interface. Die Adaptierung der seriellen Schnittstellentechnik wird bis Mitte 2003 erwartet. Samsung hat mit der P80-Serie dagegen eine serielle Variante angekündigt. Auch Western Digital Raptor mit 10.000 U/min nutzt Serial-ATA und kommt demnächst in den Handel.

Serial-ATA-Controller

Erste Samples von Serial-ATA-Controller sind bereits seit Mitte 2002 im Umlauf. Von Adaptec, ICP Vortex, HighPoint, Promise oder Silicon Image sind diese als PCI-Steckkarten jetzt als Serienprodukte erhältlich.

Nur haben die Lösungen von HighPoint und Promise eine Crux: Die Controller nutzen Serial-ATA-to-Parallel-ATA-Bridge-Bausteine, die den seriellen Datenstrom wieder in einen parallelen umwandeln. Hier kommt das gleiche Verfahren zum Einsatz, das wir bereits bei Serial-ATA-Festplatten mit Brückenlösungen beschrieben haben. Von den ursprünglichen 150 MByte/s Bandbreite von Serial-ATA bleiben also wieder nur 100 beziehungsweise 133 MByte/s übrig (Werte 1000er Basis) - wie beim parallelen Ultra-ATA/100/133. Controller mit dem Silicon-Image-Chip nutzen laut Hersteller dagegen keinen Bridge-Baustein. Neben Silicon Image selbst nutzen Adaptec und ICP Vortex diese Chips.

((Bild Silicon Image onboard.tif))

Serial-ATA-PCI-Steckkarten obliegen einer zusätzlichen Begrenzung. Über die 32-Bit-breite PCI-Schnittstelle sind bei einer Taktfrequenz von 33 MHz maximal 127 MByte/s möglich. Die Steckkarten könnten selbst mit nativem Serial-ATA-Chip die volle Bandbreite von 150 MByte/s nicht nutzen. Es bedarf somit 64-Bit-Steckkkarten mit 33 oder 66 MHz Taktfrequenz. Diese erlauben Bandbreiten von 254 beziehungsweise 504 MByte/s. 64-Bit-Lösungen sind allerdings teuerer und finden bislang nur bei Serial-ATA-RAID-Controllern - wie dem ICP Vortex GDT8546RZ - Einsatz.

((Bild Promise onboard.tif))

Alternativ können auch 32-Bit-PCI-Karten mit 66 MHz Bustakt arbeiten, wenn sie dem PCI-2.2-Standard entsprechen. Allerdings gibt es keine handelsüblichen Mainboards mit 32-Bit-PCI-Slots im 66-MHz-Betrieb. Es bedarf dann Mainboards mit PCI-64-Steckplätzen. Diese bieten einen Bustakt von 66 MHz und sind kompatibel zu 32-Bit-PCI-Karten. In dieser Konfiguration können dann 32-Bit-PCI-Karten eine Bandbreite von 254 MByte/s liefern. PCI-64-Steckplätze finden aber hauptsächlich in teuren Workstation- und Server-Mainboards Einsatz.

((Bild ICH5.tif))

Integriert: Der ICH5 des Intel i875P-Chipsatzes bietet nativen Serial-ATA-Support.

Intels neuer Pentium-4-Chipsatz i875P (Codename Canterwood) bietet dagegen im I/O-Hub ICH5 integrierte native Serial-ATA-Schnittstellen. Damit steht laut Intel die volle Serial-ATA-Bandbreite zur Verfügung. Die integrierte Logik leitet die seriellen Daten direkt auf den Hub-Link und ist laut Hersteller intern nicht als PCI-Device eingebettet. VIA wird seine nächste Southbridge VT8237 mit Serial-ATA ausstatten.

Serial-ATA Interface-Benchmarks

Mit unserer tecCHANNEL Benchmark Suite Pro überprüften wir die Geschwindigkeit der Serial-ATA-Schnittstelle. Bei den Burst-Tests transferiert die Festplatte ihre Daten aus dem schnellen Datenpuffer. Damit lässt sich ausloten, welche Bandbreite die ersten Serial-ATA-Lösungen wirklich bieten.

Die Seagate Barracuda SATA V lieferte im Zusammenspiel mit dem Silicon Image Sil3112 eine Burstrate von 86,5 MByte/s. Im Verbund mit dem Promise SATA150 TX2 sogar nur 61,5 MByte/s. Die PCI-Controller haben wir in einem Intel D850EMV2 mit i850E-Chipsatz sowie einem Asus P4G8X mit Intel-E7205-Chipsatz getestet. Der auf dem Asus-Mainboard integrierte Silicon-Image-Serial-ATA-Chip ermöglichte wie die PCI-Karte 86,5 MByte/s Burstrate.

Selbst mit der 64-Bit-Steckkarte ICP Vortex GDT8546RZ, die wir in einem PCI-64-Steckplatz einer Dell Workstation Precicion 530 betrieben haben, erreicht die Seagate nur 80 MByte/s im Burst. Den Cache des RAID-Controllers haben wir dabei deaktiviert, um das Ergebnis nicht zu verfälschen. Sowohl Controller als auch Festplatte sind laut Hersteller aber nativ.

Überraschendes bot auch der Test der Seagate am nativen Serial-ATA-Controller ICH5 des Intel i875P-Chipsatzes: hier sind nur 91 MByte/s Datentransferrate im Burstmodus möglich. Die Maxtor DiamondMax Plus 9 liefert dagegen eine Schnittstellengeschwindigkeit von 115 MByte/s - trotz Bridge auf der Festplatte. Der verbaute Marvell-Chip beherrscht auf der parallelen Seite Ultra-ATA/133. Inklusive Overhead durch das Übertragungsprotokoll und die Wandlung sind die 115 MByte/s ein guter Wert.

Benchmark-Analyse

Die ermittelten Schnittstellengeschwindigkeiten sind weit von der theoretischen Serial-ATA-Bandbreite entfernt. Bei Produkten mit Bridge-Bausteinen wie dem Promise SATA150 TX2 ist die Erklärung schnell gefunden: Ursache sind die bereits erwähnten Bridge-Lösungen. Das serielle Protokoll wird von den PCI-Controllern wieder in das parallele Ultra-ATA-Protokoll umgesetzt. Bestätigend fügt sich hinzu, das der Promise SATA150 TX2 die Seagate Barracuda SATA V während des Bootvorgangs mit UltraDMA Mode 5 ausweist. Dieser Betriebsmodus entspricht der Ultra-ATA/100-Übertragung.

Das die Maxtor DiamondMax 9 Plus an den nativen Serial-ATA-Controllern von Intel und Silicon Image nur die Übertragungsrate von Ultra-ATA/133 erreicht ist ebenfalls durch den Bridge-Baustein der Platte erklärt.

Die Barracuda SATA V, die Seagate als native Lösung preist, müsste an nativen Controllern aber deutlich mehr als die gemessenen 91 MByte/s erreichen. Gegenüber tecCHANNEL gab Seagate aber zu, was bisher nicht publik war. Die Festplatte verwendet zwar einen nativen Controller, aus Kompatibilitätsgründen arbeitet die Elektronik aber im Ultra-ATA/100-Modus. Die "künstliche Bandbreitenbeschränkung" sei bei der ersten Generation von Serial-ATA-Festplatten notwendig, weil viele noch Schnittstellenumsetzer einsetzen. Damit wäre eine bessere Kompatibilität gewährleistet.

Passend zu dieser Aussage ist auch die BIOS-Meldung des Intel Desktop-Mainboards D875PBZ mit i875P-Chipsatz: Als Übertragungsmodus wird UltraDMA-Mode 5 angezeigt - dies entspricht 100 MByte/s. Ultra-ATA/100-Laufwerke erreichen beim Lesen aus dem Cache der Festplatte mit zirka 85 bis 90 MByte/s ähnliche Werte wie die Seagate Barracuda SATA V.

Fazit

Erste Serial-ATA-Festplatten sollte man nicht wegen der angepriesenen hohen Schnittstellengeschwindigkeit von 150 MByte/s kaufen - denn diese wird durch die Signalkonvertierung und "künstliche Banbreitenbeschränkung" nicht erreicht. Allerdings spielt die maximale Schnittstellengeschwindigkeit in der Praxis kaum eine Rolle. Aktuelle Ultra-ATA-Festplatten erreichen sequenzielle Datentransferraten von 50 MByte/s. Damit stellen selbst die "konvertierten" Schnittstellen genügend Bandbreite zur Verfügung. Festplatten mit nativem "unbeschränkten" Serial-ATA wird es laut Maxtor und Seagate Mitte 2003 geben.

Die Vorteile der einfachen Handhabung und der dünnen Kabel können Sie allerdings schon jetzt nutzen. Und Performance-Unterschiede zwischen einer parallel oder seriell betriebenen Festplatte sind in der Praxis nicht gegeben.

Wer Serial-ATA noch nicht als integrierte Lösung auf seinem Mainboard vorfindet, kann beruhigt auch weiter auf die parallele ATA-Schnittstelle setzen. Die Festplattenhersteller wollen künftige IDE-Drives bis mindestens 2004 auch mit parallelem Interface anbieten.

Ausführliche Grundlagen zum Serial-ATA-Standard können Sie in diesem Compact ab Seite XXX nachlesen. (cvi)