Test: ATIs RADEON 8500 greift nach der Krone

18.10.2001 von Bernhard  Haluschak und Manuel Masiero
Der lange angekündigte ATI RADEON 8500 ist fertig: Das Warten hat sich gelohnt. ATI bringt mit dem neuen Chip selbst NVIDIAs Flaggschiff GeForce3 Ti 500 stark in Bedrängnis.

ATIs Antwort auf den NVIDIA GeForce3 Ti 500 heißt RADEON 8500 (Codename R200). Die Kanadier haben den Nachfolger des RADEON komplett überarbeitet. Zu den wichtigsten Neuerungen zählt der Smartshader. Dieses Feature ist vergleichbar mit dem programmierbaren Pixel- und Vertex-Shader der NVIDIA-GeForce3-Chips. Zusammen mit weiteren Verbesserungen hat ATI damit den technologischen Vorsprung von NVIDIA wettgemacht.

Der marketingwirksam umgesetzte Funktionsumfang des ATI-Chips wie Truform, Charisma Engine und Hyper Z beeindruckt. Aber auch die hohe Taktung des Grafikchips und des Speichers mit je 275 MHz lassen geballte Grafikpower erwarten.

Mit Recht - wie die Ergebnisse unseres Tests belegen, ist der ATI RADEON 8500 ein ernst zu nehmender Konkurrent für den GeForce3 Ti 500. Aber nicht nur die Leistungsdaten, sondern auch die üppige Ausstattung und der attraktive Preis von 749 Mark sind beachtenswert.

Einen detaillierten Test und Details zum Konkurrenten NVIDIA GeForce3-Ti-500 finden Sie hier.

Der Testkandidat

Für einen direkten Leistungsvergleich schickte uns ATI eine finale Serienversion der RADEON-8500-Karte. Das Firmware-BIOS 1.009 ist auf den 19.09.2001 datiert. Mit Pre-Final-Treibern der Version 4.13.7191 musste das Board sein 3D-Potential unter Beweis stellen.

Der 64 MByte große Speicher gehört zur Standardausstattung der Karte. Die insgesamt acht DDR-SDRAM-Speicherchips haben ein aufgedrucktes Timing von 3,6 ns. Damit sind sie für einen Speichertakt von bis zu 277,8 MHz spezifiziert. Der tatsächliche Speichertakt, gemessen mit unserem Speicher-Oszilloskop LC564A von LeCroy, beträgt 275 MHz (550 MHz DDR). Der Takt läuft synchron zum ebenfalls mit 275 MHz betriebenen Grafikchip. Im Vergleich: Der NVIDIA GeForce3 Ti 500 arbeitet mit 240 MHz Chip- und 250 MHz (500 MHz DDR) Speichertakt. Trotz der hohen Taktraten spendiert ATI nur dem Grafikchip eine aktive Kühlung, der Speicher bleibt ungekühlt.

Grafikqualität und Ausstattung

Obwohl die RADEON-8500-Karte höher getaktet ist als die GeForce3-Ti-500, verbraucht sie weniger Leistung. So beträgt die Leistungsaufnahme unter Last 33 Watt und im Leerlauf 21 Watt, statt 42 und 31 Watt beim Spitzenmodell von NVIDIA.

Das Grafikboard wird serienmäßig mit einem VGA-, DVI-I- und einem S-Video-Ausgang ausgeliefert. Die Steuerung der Schnittstellen im Dual-Anzeigen-Modus übernehmen die Treiber und die Management-Software HydraVision.

Im Packungsinhalt befinden sich zusätzliche Beigaben wie ein DVI-I zu VGA- und ein S-Video zu Composite-Adapter. Auch ein S-Video- und ein Composite-Kabel sind dabei.

ATI stellt Treiber für Windows 9x / Me, Windows NT / 2000 und Windows XP zur Verfügung. Auch das ATI-Multimedia-Center wird mitgeliefert.

Das neue Flaggschiff von ATI kostet 749 Mark - entsprechende Produkte der Mitbewerber wie zum Beispiel die Hercules 3D Prophet III Titanium 500 liegen bei 999 Mark, die HIS GraficMaster GeForce3 bei 859 Mark. Im Handel soll die ATI RADEON 8500 ab Ende Oktober 2001 zu haben sein.

RADEON 8500 im Detail

ATI fertigt den Grafikchip RADEON 8500 in 0,15-µm-Technologie. Die vier Rendering-Pipelines mit je sechs Textur-Einheiten der Pixel-Tapestray-Architektur erreichen bei einem Chiptakt von 275 MHz eine Pixel-Füllrate von 1100 MPixel/s. Mit einem Speichertakt von maximal 300 MHz (600 MHz DDR) soll das 128 Bit breite Speicher-Interface eine Bandbreite von 8,9 GByte/s erreichen. Die verbesserte HyperZ-II-Funktion soll die effektive Speicherbandbreite nochmals um 25 Prozent auf 11,1 GByte/s erhöhen.

Zu den Neuerungen der RADEON-8500-Architektur zählen die Smartshader-Technologie, Truform sowie Smoothvision. Letzteres ist eine Anti-Aliasing-Funktion, bei der man bis zu 16 Sampels per Pixel zur Kantenglättung benutzen kann. Wo die einzelnen Sample-Punkte innerhalb eines Pixels liegen, kann der Programmierer in einer Sample-Tabelle frei definieren und abspeichern. Voraussetzung für die Ausnutzung dieser neuen Funktionen ist DirectX 8.1 und Programme, die die neuen Funktionen einsetzen.

Zu den bereits von RADEON bekannten Features zählen:

Smartshader

Erst mit der Einführung von DirectX 8.1 können die Hauptbestandteile der neuen RADEON-8500-Architektur, der programmierbare Vertex- und Pixel-Shader - auch Smartshader genannt - voll genutzt werden.

Der Vertex Shader ist in der Geometrie-Pipeline untergebracht. Anhand von frei programmierbaren Anweisungen und Instruktionen kann er die ankommenden Vertex-Daten neu berechnen. Ein Vertex kann aus insgesamt 16 einzelnen Datenteilen, den so genannten Streams, bestehen. Diese enthalten zum Beispiel Orts- und Textur-Koordinaten, Lichtwerte oder Daten zur Oberflächenberechnung. Eine Vertex-Shader-Anweisung enthält maximal 128 Instruktionen. Ihr stehen zur Abarbeitung der Befehlsfolge 12 temporäre und 95 feste Datenregister zur Verfügung.

Besonders bei der aufwändigen Berechnung von Oberflächen (Procedural Deformation) und Schatten (Shadow Volumes) bringt diese Technik Vorteile.

Anders als der Vertex-Shader ist der Pixel-Shader ein Teil der Rendering-Pipeline. Er ist in der Lage, sechs unterschiedliche Texturen in einem Durchlauf zu untersuchen, um die Farbe eines Pixels festzustellen und neu zu berechnen. Dabei können die Texturen in einem dreidimensionalen Array abgespeichert werden. Eine Pixel-Shader-Anweisung fasst insgesamt 22 Instruktionen. Sechs temporäre und acht feste Datenregister helfen bei der Berechnung der Daten.

Vorteil des Pixel-Shader ist das schnelle Per-Pixel-Rendering mit vielen Lichtquellen. Darüber hinaus beschleunigt es Funktionen zur Berechnung des Lichtes an Oberflächen wie das True Phong Shading, Advanced Bump Mapping und Procedural Textures.

Truform

Um die Grafik-Hardware zu entlasten, haben die Entwickler in der Vergangenheit die Zahl der Polygone in ihren Programmen reduziert, was Figuren, Gebäude und Landschaften eckig und unnatürlich aussehen lässt.

Das Problem will ATI mit seiner Truform-Technologie lösen. Die Idee ist simpel: Das ursprüngliche 3D-Modell bleibt, wie es ist, der 3D-Chip rechnet Polygone hinzu. Um das zu erreichen, bedient sich Truform der "Higher-Order-Surfaces", die Microsoft mit DirectX 8.0 eingeführt hat, und die Open GL über Extensions ebenfalls beherrscht. Diese Oberflächen sind nicht rein aus Polygonen zusammengesetzt, sondern bestehen aus einer Kombination von Vielecken und Bezier-Kurven. Damit lassen sich auch gekrümmte Oberflächen (curved surfaces) von Objekten darstellen.

Eine Form der Higher-Order-Surfaces sind N-Patches, mit denen auch Truform arbeitet. Dabei werden die gekrümmten Oberflächen aus den Eckpunkten der Polygone errechnet. Truform verwendet dazu die Normalen, also die Richtungsvektoren des reflektierten Lichts an den Eckpunkten. Je nach Richtung und Länge dieser Vektoren lassen sich so mehr oder weniger gewölbte Oberflächen errechnen.

Auch die Beleuchtung profitiert von Higher-Order-Surfaces. Insbesondere Glanzlichter können so leichter eingesetzt werden, weil ihre Position nicht mehr fest an ein Polygon gebunden ist. Stattdessen können diese Reflexionen quasi über die gekrümmten Oberflächen gleiten.

Bei Truform leistet der 3D-Chip die Hauptarbeit, aber auch auf dem AGP-Bus spart das Verfahren Bandbreite. Grund: Es müssen nur die zusätzlichen N-Patches übertragen werden, nicht aber die kompletten Daten für die Polygone.

OpenGL-Benchmark: Indy3D

Indy3D ist ein OpenGL-basierter, synthetischer Benchmark. Er testet die drei wichtigsten Anwendungsgebiete für Grafikkarten im High-End-Bereich für den professionellen Einsatz: CAD-Anwendungen, Animationen und Simulationen.

3D-Benchmarks: 3DMark2000/2001

Die unter MadOnions 3DMark2000/2001 ermittelten Benchmark-Werte verdeutlichen, wie gut der Hersteller Grafikkarte und Treiber jeweils auf 3D-Software abgestimmt hat. Durch speicherintensive Tests wird zusätzlich auch der AGP-Bus stark beansprucht.

3D-Benchmarks: AquaMark

AquaMark ist eine DirectX8-Benchmark-Demo, basierend auf dem Spiel AquaNox von Massive Development. Wir benutzen die Version V2.1. Es bietet komplexe Lichteffekte und große Texturen (maximal 40 MByte). Besonders bei hohen Auflösungen und Farbtiefen wird die Hardware stark belastet. Das Spiel profitiert besonders von der Performance der eingesetzten Grafik-Hardware.

AquaMark gilt als stark NVIDIA-optimiert und ist als Benchmark daher umstritten. Im Folgenden zeigt er jedoch die Leistungsfähigkeit innerhalb der NVIDIA-Produktreihe und des ATI RADEON 8500.

3D-Benchmarks: MDK2

Wir verwenden die Demo-Version des Spiels MDK2. Sie basiert auf einer eigens von Interplay entwickelten Engine und setzt nur auf OpenGL. Hohe Polygon-Anzahl und große Texturen stellen enorme Anforderungen an den Grafikprozessor und an die Speicherbandbreite. MDK2 unterstützt außerdem das T&L-Verfahren.

3D-Benchmarks: Quake III Arena

Quake III Arena setzt ganz auf OpenGL. Dieses 3D-Spiel zeichnet sich durch die hohe Polygon-Anzahl und komplexe Szenarien aus. Die Anforderungen an die Hardware und besonders an die Speicherbandbreite der Grafikkarten sind bei Auflösungen ab 1024 x 768 Punkten und 32 Bit Farbtiefe sehr hoch.

3D-Benchmarks: Test Drive 6

Wir verwenden die Demo-Version des Spiels "Test Drive 6". Sie hat komplexe 3D-Spielszenarien mit großen Texturen und hoher Polygon-Anzahl. Das Demo profitiert besonders von einer hohen Bandbreite des Grafikspeichers. Zusätzlich unterstützt es T&L-Geometrie-Beschleunigung unter DirectX.

Leistungsaufnahme

Die Leistungsaufnahme aktueller Grafikprozessoren ist teilweise enorm hoch. Die folgenden Diagramme geben eine Übersicht.

Das Messverfahren zum Bestimmen der maximalen Leistungsaufnahme ist detailliert im tecLab-Report - unsere Testverfahren beschrieben.

Fazit

Die Vormachtstellung der NVIDIA-Chips wankt. Der ATI RADEON 8500 schlägt bereits im ersten Anlauf den GeForce3 in vielen Disziplinen, selbst der GeForce3 Ti 500 gerät unter Druck. Innovative Features und der hohe Chip- und Speichertakt bringen den hohen Leistungsschub.

So liegt die ATI-GPU unter 3DMark2001 mit 443 Punkten deutlich vor dem GeForce3 Ti 500. Unter Test Drive 6 und Quake III Arena liefern sich die Boliden ein erbittertes Kopf-an-Kopf-Rennen.

Aber nicht in allen Anwendungen kann der Chip überzeugen. Performance-Probleme hat der RADEON 8500 besonders mit professionellen OpenGL-Anwendungen wie Indy3D. Auch unter MDK2 zeigt er gegenüber den GeForce3-Konkurrenten Leistungsschwächen. Was hier finale und weiterentwickelte Treiber noch abfangen, wird sich zeigen.

Trotz Pre-Final-Treiber durchlief der Kandidat den Testparcours stabil und ohne Abstürze. Auch bei der Kompatibilität mit anderen Testkonfigurationen ergaben sich keine Probleme.

Viel Augenmerk hat ATI bei der RADEON-8500-Karte auf den Dual-Monitor-Support gerichtet. Mit den serienmäßigen Schnittstellen VGA, DVI-I und S-Video lassen sich die entsprechenden Anzeigegeräte per Treiber und mitgelieferter Management-Software komfortabel konfigurieren. Allerdings vernachlässigte ATI die Signalqualität der VGA-Ausgänge. Im Gegensatz zur RADEON-7500-Karte - mit einem Gut - ist sie beim großen Bruder nur befriedigend.

Performance, Ausstattung und der Preis von 749 Mark überzeugen. (hal)

Testkonfiguration

Komponente

Daten

Mainboard

Elitegroup K7VZA Rev. 3.0

Serien-Nr.

--

Firmware

3.3b vom 20.09.2001

Sonstiges

VIA KT133A

Prozessor

AMD Athlon 1400 (FSB 133 MHz)

Serien-Nr.

--

Firmware

--

Sonstiges

--

RAM

Wichmann WorkX MXK512S / PC133

Serien-Nr.

200006

Firmware

--

Sonstiges

1x 256 MByte

Sound-Karte

TerraTec XLerate Pro

Serien-Nr.

1293900011593

Firmware

---

Sonstiges

Rev. C / 4.06.2016 / 13.03.1999

Netzwerkkarte

3Com Fast Etherlink 3C905B-TX

Serien-Nr.

6TQ2E9F466

Firmware

Hardware-Ver.: 048

Sonstiges

Rev. A / 4.10.2222 / 05.05.1999

Festplatte 1

IBM DJNA-351520

Serien-Nr.

GLT0N167

Firmware

--

Sonstiges

15,2GB

Festplatte 2

IBM DJNA-351520

Serien-Nr.

GLT0N085

Firmware

--

Sonstiges

15,2GB

DVD-ROM

Pioneer DVD-303S-A

Serien-Nr.

TET0137971WL

Firmware

1.09

Sonstiges

---

Floppy

Teac FD-235HF

Serien-Nr.

E081326

Firmware

--

Sonstiges

3,5"

Netzteil

Channel Well Technology CWT 235ATX

Serien-Nr.

96001427

Firmware

---

Sonstiges

235 W

Tastatur

Cherry RS 6000 M

Serien-Nr.

G0624874 1L28 4 3

Firmware

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Sonstiges

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Maus

Logitech M-S35

Serien-Nr.

LZA84352096

Firmware

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Sonstiges

3 Tasten

Wir haben folgende Treiber für den Test verwendet:

NVIDIA Detonator XP 21.85

ATI RADEON 7500 4.13.7184

ATI RADEON 8500 4.13.7191

Hercules 3D Prophet 4500 (Kyro II) 8.162a