ATI gegen Nvidia: Kampf um schnellste GPU geht weiter

Test: ATI Radeon HD 4870 und HD 4850 besser als Nvidia

26.06.2008 von Bernhard Haluschak
Die Grafikchip-Schmiede ATI stellt mit dem Radeon HD 4870 und HD 4850 die nächste Generation von Grafik-CPUs mit den Codenamen RV770 vor. Das Radeon-HD-4800-GPU-Design basiert auf der Architektur der Radeon-HD-3800-Generation, bietet aber zahlreiche Verbesserungen und neue Features. TecChannel vergleicht die ATI Radeon HD 4870 und HD 4850 mit der Radeon HD 3870 X2 und den Nvidia-Grafikchips.

Zu den beiden neuen Mitgliedern der ATI-Radeon-HD-4800-Familie gehören ab sofort der Radeon HD 4870 und der Radeon HD 4850. Die neue Grafikchip-Generation offeriert im Vergleich zum Vorgänger einige neue Features. So arbeitet der Radeon HD 4870 bereits mit den neuesten GDDR5-Grafikspeicherchips, die eine wesentlich höhere Speicherbandbreite ermöglichen. Die Speicherbusbreite von 256 Bit bleibt dabei unverändert.

Darüber hinaus besitzen die neuen ATI-Grafikchips insgesamt 800 Streaming-Prozessoren. Der Vorgänger Radeon HD 3870 musste sich mit 320 solcher Einheiten begnügen. Zusätzlich stockte der Hersteller die Anzahl der Textureinheiten von 16 auf 40 auf. Um diese Menge an zusätzlichen Funktionseinheiten in einem Chip zu realisieren, musste ATI rund 965 Millionen Transistoren in den neuen Grafikchips unterbringen. Dagegen benötigt Nvidia für die Grafikarchitektur der GeForce-GTX-200-Chips insgesamt bis zu 1,4 Milliarden Transistorschaltungen.

Der Nvidia-Herausforderer: Eine Grafikkarte mit dem Radeon HD 4870 repräsentiert das neue Topmodell aus dem Hause ATI. Im Bild sehen Sie das Modell R4870 T2D512 von MSI. Damit wäre diese Karte das Pendant zu den Grafikkarten mit den GTX-280-GPUs von Nvidia.

Der interne Aufbau der Radeon-HD-4800-Varianten ist im Wesentlichen an der Vorgängerarchitektur des Radeon-HD-3800, Codename RV670, angelehnt. Allerdings hat ATI zahlreiche Optimierungen und Verbesserungen an der neuen Chiparchitektur vorgenommen, sodass die theoretischen technischen Fakten durchaus auch auf eine gute Performance schließen lassen könnten.

Bildergalerie: Weitere Detailbilder von Grafikkarten mit ATIs neuen Grafikchips Radeon HD 4870 und HD 4850.
ATI Radeon HD 4870 Halbseitenansicht stehend
ATI Radeon HD 4870 Seitenansicht stehend
ATI Radeon HD 4870 Rueckansicht stehend
ATI Radeon HD 4870 Frontansicht liegend
ATI Radeon HD 4870 Rueckansicht liegend
ATI Radeon HD 4850 Halbseitenansicht stehend
ATI Radeon HD 4850 Seitenansicht stehend
ATI Radeon HD 4850 Rueckansicht stehend
ATI Radeon HD 4850 Frontansicht liegend
ATI Radeon HD 4850 Rueckansicht liegend

Im folgenden Artikel zeigen wir anhand einiger wichtiger Benchmarks exemplarisch die 3D-Leistungsfähigkeit der neuen ATI-Grafikchip-Generation. Darüber hinaus erörtern wir, welche technischen Features ATI in seinen neu vorgestellten Grafikchips einsetzt und zeigen die Unterschiede der einzelnen Varianten.

Weitere Details zur Radeon-HD-4800-Chiparchitektur

Die neuen Grafikchips lässt ATI in 55-nm-Technologie fertigen. Für die gesamte Chiparchitektur verplanten die Entwickler auf einer Fläche von 260 Quadratmillimetern circa 956 Millionen Transistoren. Die Vorgängermodelle der Radeon-HD-3800-Familie begnügten sich mit 666 Millionen Transistoren. Dagegen spendierten die Chipdesigner der GeForce GTX 280 auf einer Fläche von 576 Quadratmillimeter etwa 1,4 Milliarden Schaltkreise.

Diese Menge an Transistoren müssen mit entsprechend viel elektrischer Energie versorgt werden. So gibt der Hersteller für die Radeon HD 4870 eine Leistungsaufnahme von 160 Watt an. Dagegen begnügt sich das kleine Radeon-Modell HD 4850 mit nur 110 Watt. Die Highend-Karte GeForce GTX 280 von Nvidia konsumiert laut Hersteller bis zu 236 Watt und die GeForce 260 „nur“ 183 Watt. Aufgrund der stetig steigenden Energiekosten sollten deshalb bei der Anschaffung einer Grafikkarte auch diese Kostenfaktoren berücksichtigt werden.

Chiparchitektur: Das Innere der Radeon-HD-4800-Architektur setzt sich aus verschiedenen Funktionseinheiten zusammen. (Quelle: ATI)

Anders als bei Nvidia, das bei der GeForce GTX 280 / 260 die Speicherbusbreite von 256 auf 512 Bit beziehungsweise auf 448 Bit erhöht hat, bleibt ATI beim Radeon-HD-4800-Design bei einer Speicherbusbreite von 256 Bit. Allerdings setzt der Hersteller bei der HD-4870-Variante erstmals GDDR5-Speicherchips ein. Gegenüber dem GDDR3-Speicher arbeitet GDDR5 mit doppelter Datentransferrate und einer Betriebsspannung von 1,5 statt 2,0 Volt.

Bildergalerie: Weitere Detailbilder der ATI-Grafikchip-Architektur der Radeon HD 4800-Familie. (Quelle: ATI)
Terascale-Grafik-Recheneinheit
Details der SMID Cores
Stream-Verarbeitungs-Einheiten
Textur-Einheiten
Details der Textur-Einheiten
Render-Einheiten
Architektur des Speicher-Controllers
GDDR5- und GDDR3-Speicher im Vergleich

Für die ausreichende 3D-Leistung sorgen, anders wie beim Vorgänger, statt 320 jetzt 800 sogenannte Shader- beziehungsweise Stream-Prozessing-Einheiten. Zusätzlich hat der Hersteller die Textureinheiten von 16 auf 40 aufgestockt. Den Grafik-Core taktet ATI bei dem Radeon HD 4870 mit 750 MHz beziehungsweise 625 MHz bei dem Radeon HD 4850. Die Speicherbestückung besteht aus 512 MByte GDDR5- mit einer Datentransferrate von 3,6 Gbit/s beziehungsweise GDDR3-Memory mit 2,0 Gbit/s.

ATI Radeon HD 4870 und HD 4850 im Vergleich

ATI offeriert die neuen Modelle aus der Radeon-HD-4800-Familie in zwei Varianten. In der folgenden Tabelle erhalten Sie eine Übersicht über die technischen Unterschiede zwischen dem Radeon HD 4870, Radeon HD 4850 und dem Vorgänger Radeon HD 3870.

Radeon-HD-4870- und HD-4850-Spezifikationen: Die technischen Parameter offenbaren die Unterschiede der einzelnen Radeon-HD-Modelle.

Für ein 3D-Erlebnis in hohen Auflösungen hat ATI den Radeon HD 4870 entwickelt. Für dieses Topmodell muss der Käufer etwa 250 Euro zahlen.

Preisbewusst: Die Grafikkarten mit dem Radeon-HD-4850-Chip sind mit 150 Euro besonders preiswert und bieten noch eine akzeptable Performance.

Für den „normalen“ 3D-Anwender mit einem knappen Budget ist der Radeon HD 4850 vorgesehen. Dieser bietet ausreichend 3D-Leistung zum Spielen und für HD-Wiedergabe. Der Verkaufspreis von Grafikkarten mit dem Radeon-HD-4850-Grafikchip liegt etwa bei 150 Euro.

Benchmark-Vorbetrachtung

Alle Grafikchips testen wir unter Windows Vista mit Service Pack 1. Wir verwenden aktuelle 3D-Benchmarks. Als Ansteuerung für die ATI-Radeon- und Nvidia-GeForce-Karten kommen die zurzeit aktuellsten Catalyst-Treiber (8,5) beziehungsweise ForceWare (175.16) zum Zuge. Für den Grafikchip GeForce GTX 280 und GeForce GTX 260 von Nvidia setzten wir den Referenztreiber vom 177.26 ein. Es handelt sich hierbei um einen Beta-Treiber, der noch nicht offiziell freigegeben wurde. Als Grafikkarten für den Nvidia GeForce GTX 280 und GTX 260 kommen die Referenzkarten von Zotac zum Einsatz. Stellvertretend für die Karten mit dem Radeon HD 4850 und HD 4870 verwenden wir die Referenzkarte von ATI und die R4870 T2D512 von MSI.

Die Benchmark-Ergebnisse der Grafikchips Radeon HD 4870, Radeon HD 4850, Nvidia GeForce GTX 280, GeForce GTX 260, GeForce 9800 GTX, GeForce 9800 GX2 sowie ATI Radeon HD 3870 X2 stellen wir auf den folgenden Seiten grafisch gegenüber. Als Testsystem kommt das Foxconn-Mars-P35-Mainboard zum Einsatz. Bestückt ist das Board mit einem Core-2-Quad-QX6850-Prozessor (3,0 GHz) von Intel und mit 2 x 1024 MByte Speichermodulen der Firma Corsair. Als Storage-System dienen zwei 150-GByte-Festplatten mit 10.000 U/min von Western Digital (WD Raptor WD1500ADFD).

Mehr Details, Benchmarks und spielebezogene Messungen zum ATI Radeon HD 4870 und zum Radeon HD 4850 finden Sie auf den Homepages und den Magazinen unserer Schwesterzeitschriften GameStar und PC-Welt.

Crysis

Das 3D-Spiel Crysis von Crytek unterstützt DirectX10 und stellt damit hohe Anforderungen an die Hardware. Die komplexen grafischen Elemente und Spieleszenen beanspruchen die Grafikkarte besonders stark.

Poleposition: Der GeForce 9800 GX2 mit zwei GPUs zieht in diesem Benchmark allen Mitstreitern souverän davon. Auf den Radeon HD 4870 hat die GPU einen Vorsprung von etwa 26 Prozent. Das Schlusslicht bildet der Radeon HD 4850 mit circa 36 Prozent Rückstand zum Führenden.
Kopf an Kopf: Der GeForce GTX 280 schließt in der 1920er-Auflösung auf den GeForce 9800 GX2 auf. Mit etwa 17 Prozentpunkten hinter dem Spitzenplatz folgt auf Position drei der Radeon HD 4870. Die rote Laterne trägt wie in der 1680er-Auflösung der Radeon HD 4850.

Unreal Tournament

Unreal Tournament von Epic Games ist ein DirectX9-Spiele-Benchmark. Das Programm bietet komplexe Licht- und Schatteneffekte. Besonders bei hohen Auflösungen und Farbtiefen wird die Hardware stark belastet. Das Spiel profitiert vor allem von der Performance der eingesetzten Grafikhardware.

Flotter Dreier: In der 1680er-Auflösung kann der Debütant Radeon HD 4870 mit der GeForce GTX 280 und GeForce 9800 GX2 gut mithalten.
Überlegen: Der GeForce 9800 GX2 und GTX 280 platzieren sich in diesem Benchmark weit vorne. Der Radeon HD 4870 hat das Nachsehen und belegt eine mittlere Platzierung. Der Radeon HD 4850 bleibt noch vor der HD 3870 X2.

World in Conflict

Das Spiel World in Conflict setzt auf DirectX10. Dieses 3D-Spiel zeichnet sich durch komplexe Szenarien aus. Die Anforderungen an die Hardware und besonders an die Speicherbandbreite der Grafikkarten sind sehr hoch.

Dicht gedrängt: Gegen den GeForce GTX 9800 GX2, GTX 280 und GTX 260 kann sich der Radeon HD 4870 noch gut behaupten. Die übrigen Grafik-CPUs haben das Nachsehen.
Dicht auf den Fersen: In der 1920er-Auflösung und 4xAA sowie 16xAF übernimmt der GeForce GTX 280 knapp vor dem Radeon HD 4870 die Führungsposition. Der Radeon HD 4850 landet auf dem vorletzten Platz.

Call of Duty 4

Das Spiel Call of Duty 4 von Infinityward verwendet eine proprietäre Grafikeinheit basierend auf Direct X9. Die Stärken des Programms sind dynamische Beleuchtungen und Schatten sowie die Darstellung von Schärfentiefe. Die komplexen 3D-Szenarien fordern die Hardware. Darüber hinaus verfügt Call of Duty 4 über eine integrierte Physik-Engine, die besonders realistische 3D-Welten berechnet.

Abgehängt: Gegen den Neuling Radeon HD 4850 im Cross-Fire-Betrieb haben die übrigen Testkandidaten in der 1680er-Auflösung keine Chance.
Auf und weg: Der Radeon HD 4850 im Cross-Fire-Verbund kann sich in der Standard-1920er-Auflösung klar vom Verfolgerfeld absetzen. Dagegen muss sich der Radeon HD 4870 mit einer mittleren Platzierung begnügen.
Auf dem Gipfel: Der Radeon-Chip HD 4850 im Cross-Fire-Verbund setzt sich in der 1920er-Auflösung mit 4xAA und 8yAF signifikant vom Verfolgerfeld ab. Die Single-Chip-Lösung dümpelt auf dem vorletzten Platz. Dagegen behauptet sich der Radeon HD 4870 im Mittelfeld.

Fazit

ATIs neueste Grafikchip-Familie Radeon HD 4800 mit den Chipversionen Radeon HD 4870 und HD 4850 können in Bezug auf die 3D-Performance im Vergleich zu den Nvidia-Modellen nicht überzeugen. So erreicht das Topmodell Radeon HD 4870 lediglich das Leistungsniveau einer Nvida GeForce GTX 260. Die Radeon HD 4850 kann sich lediglich noch mit der Nvidia GeForce 9800 GTX messen. Allerdings schlägt ein Cross-Fire-System, bestehend aus zwei Radeon-HD-4850, bei unseren Benchmarks den Konkurrenten GeForce GTX 280.

Ein Vorteil der neuen Radeon-HD-4800-Familie ist die relativ moderate elektrische Leistungsaufnahme. So gibt ATI für Grafikkarten mit dem Radeon HD 4870 einen Leistungsbedarf von 160 Watt und für Karten mit dem Radeon 4850 einen Wert von 110 Watt an. Dagegen benötigt das Topmodell GeForce GTX 280 von Nvidia 236 Watt und der GeForce GTX 260 immerhin noch 183 Watt. Die geringen elektrischen Leistungsaufnahmen honorieren die Grafikkarten – im Gegensatz zu den Nvidia-Pendants – mit einem leisen Kühlungssystem.

Erste Grafikkarten mit dem Radeon HD 4870 gibt es ab sofort im Fachhandel. Der Preis liegt bei etwa 250 Euro. Die Karten mit dem Radeon HD 4850 kosten etwa 150 Euro. Dagegen schlagen die Nvidia-Karten GeForce GTX 280 und GTX 260 mit circa 550 beziehungsweise 330 Euro zu Buche.

Vergleicht man nun die Performance und den Preis der neuen Grafikkarten von ATI und Nvidia, so geht der Sieg eindeutig an die Radeon HD 4850 von ATI. Diese bietet das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis. Denn in einem Cross-Fire-Verbund schlägt die Karte in punkto 3D-Performance die 550 Euro teure Nvidia GeForce GTX 280 und kostet mit 2x 150 Euro entscheidend weniger. (hal)