Telefonnetz als Datenautobahn

03.11.2000
Nach der Liberalisierung des deutschen Telekommunikationsmarktes drängen neue Hochgeschwindigkeitsdienste auf den Markt. Zwei Techniken spielen dabei eine Hauptrolle: die asymmetrische und die symmetrische digitale Teilnehmeranschlussleitung, kurz ADSL und SDSL.

Von: Dirk Radde

IT-Manager, die eine "zukunftssichere" Zugangstechnik zum Inter- oder Intranet suchen, müssen zwei Faktoren im Auge haben: Moderne Applikationen benötigen immer mehr Bandbreite, und die transportierten Datenmengen steigen rapide an. Deshalb sind traditionelle Internet-Zugangstechniken nur eingeschränkt tauglich. Herkömmliche Modems für den Anschluss an eine analoge Telefonleitung schaffen gerade einmal eine Übertragungsrate von 56 kBit/s. Der ISDN-Zugang ist mit 64 kBit/s nur geringfügig schneller, auch wenn sich die Datenrate mittels Kanalbündelung auf 128 kBit/s verdoppeln lässt.

Die Telekommunikationsunternehmen reagieren auf die erhöhte Nachfrage, indem sie Breitband-Zugangsnetze aufbauen. Hier konkurrieren mehrere Techniken miteinander, die entweder auf vorhandenen Leitungen aufsetzen oder eine neue Infrastruktur benötigen:

- Digital Subscriber Line (DSL, digitale Teilnehmeranschlussleitung),

- Kabelmodem, Glasfaser (Fiber to the Curb, Fiber to the Home),

- Richtfunk (Wireless Local Loop) und zukünftig

- UMTS.

Die DSL-Technik besitzt gute Voraussetzungen, die dominierende Technologie für Breitband-Internet-Zugänge zu werden. Ihre Vorteile liegen im flächendeckenden Telefonleitungsnetz, der Marktreife der Technik und den Leistungsmerkmalen für Privat- beziehungsweise Geschäftskunden. Der Einsatz von Kabel-Modems verzögert sich noch, weil die Kabel-TV-Netze umgerüstet werden müssen, damit sie über einen Rückkanal verfügen. Satellitenkommunikation, Richtfunk und Glasfaserzugänge sind aus technischen und wirtschaftlichen Gründen eher ergänzende Lösungen.

Bei der DSL-Technik kommen dagegen die vorhandenen Telefonleitungen zum Zuge. Diese besitzen noch erhebliche Kapazitätsreserven und lassen sich wesentlich effizienter nutzen. Die vorhandene Infrastruktur wird mit vergleichsweise geringem Aufwand für die Breitbandkommunikation aufgerüstet.

ADSL und SDSL

Unter der Bezeichnung xDSL werden die verschiedenen DSL-Varianten zusammengefasst: ADSL, HDSL, RADSL, SDSL, UADSL und VDSL. Das "x" ist der Platzhalter für den Kennbuchstaben der jeweiligen DSL-Variante. DSL-Produkte lassen sich grundsätzlich in asymmetrische und symmetrische Lösungen aufteilen. Bekannteste Vertreter der beiden DSL-Richtungen sind ADSL und SDSL. Bei unterschiedlichen Sende-/Empfangsdatenraten spricht man von Asymmetric DSL (ADSL). Diese Variante ermöglicht hohe Übertragungsraten aus dem Netz zum Teilnehmer (Empfangsrichtung, Downstream). In der Gegenrichtung (Senderichtung, Upstream) steht eine geringere Bandbreite zur Verfügung. ADSL ist deshalb optimiert für das Herunterladen von Informationen und Dateien aus dem Internet.

Ein lokaler Web-Server sendet aber große Datenmengen ins Internet. Dann ist Symmetric DSL (SDSL) mit gleich hohen Geschwindigkeiten beim Senden und Empfangen die bessere Wahl. Anwender können mit dieser DSL-Variante große Dateien versenden, etwa Bilder mit hoher Auflösung, Präsentationen oder Konstruktionszeichnungen.

ADSL für Highspeed-Surfen im Internet

ADSL-Produkte wenden sich in erster Linie an Privatkunden, die einen schnellen Zugang zum Internet haben möchten. Die Übertragungsgeschwindigkeiten liegen bei 768 kBit/s downstream und 128 kBit/s upstream. Für hohe Ansprüche bieten Telekommunikationsfirmen auch Datenraten bis zu 6 MBit/s downstream beziehungsweise 576 kBit/s upstream an. Über ein ADSL-Modem wird dem Anwender ein "Always available"- oder "Instant on"-Anschluss zur Anbindung von Einzelplätzen bereitgestellt. Computer und ADSL-Modem sind in diesem Fall über eine Ethernet-Karte an das Netz angebunden.

Zusätzlich wird das ADSL-Modem an einen "Splitter" (Frequenzweiche) angeschlossen. Dieses Zusatzgerät erlaubt es, parallel zum DSL-Dienst den vorhandenen Telefonanschluss zu nutzen. Einige Leistungsmerkmale von ADSL werden jedoch nicht oder nur teilweise genutzt. Ein Grund dafür ist, dass die vorhandenen Abrechnungssysteme bei den Providern nicht dafür ausgelegt sind, ein weiterer, dass ansonsten ein effizientes Management nicht möglich wäre. Daher muss sich der Anwender beim Serviceprovider mit Benutzername und Passwort einwählen, um Informationen aus dem Internet zu laden oder E-Mails zu empfangen, auch wenn er über eine ADSL-Standleitung verfügt.

Der Verbindungsaufbau zum Diensteanbieter erfolgt mit Hilfe von "PPP over Ethernet". Anschließend wird der Teilnehmer identifiziert und erhält eine dynamische IP-Adresse für die Internet-Verbindung. Nach einer definierten Nutzungsdauer, in der Regel 24 Stunden, wird die Verbindung automatisch beendet. Der Anwender muss sich dann neu beim Serviceprovider einwählen und bekommt eine neue IP-Adresse.

SDSL für kleine und mittlere Unternehmen

Damit eignet sich dieses Verfahren nicht für den Betrieb eines lokalen Web-Servers oder eines E-Commerce-Systems. Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass nur eine logische Verbindung möglich ist und nicht mehrere Anwender gleichzeitig den ADSL-Zugang nutzen können. Der Anschluss eines kompletten Unternehmensnetzes beziehungsweise eines lokalen Netzwerks (LAN) an das Internet via ADSL-Modem ist nicht vorgesehen. ADSL-Angebote sind daher letztlich in erster Linie für Privatkunden interessant, die das Internet intensiv nutzen und umfangreiche Downloads durchführen. Die Zugangskosten ergeben sich aus monatlicher Grundgebühr für den ADSL-Anschluss plus Internet-Flatrate oder zeitabhängiger Berechnung der Nutzung.

Symmetric DSL richtet sich im Gegensatz zu ADSL in erster Linie an Geschäftskunden, die beispielsweise Inhalte und Informationen im Internet bereitstellen möchten. Während der Privatkunde im Internet surft und zu 90 Prozent Informationen aus dem Netz herunterlädt, versenden Unternehmen größere Datenmengen an Kunden und Geschäftspartner. Auch nutzen sie bandbreitenintensive Applikationen wie Videokonferenzen, Telearbeit, Fernlernen und andere Multimedia-Anwendungen. Darüber hinaus können Anwender Web-Kameras betreiben und Standbilder, Videofilme oder Musik versenden beziehungsweise empfangen.

Ein weiteres Anwendungsfeld sind "Virtual Private Networks" (VPNs) oder die Kopplung von lokalen Netzen.

Das Kommunikations- und Verkehrsmuster eines Mittelstandsunternehmens ist daher in Bezug auf das Versenden und Empfangen von Daten ausgeglichen. "Always on"-SDSL-Dienste sind skalierbar von 144 kBit/s bis 2,3 MBit/s. So erlaubt der "Speedway"-DSL-Dienst von QS Communications symmetrische Geschwindigkeiten in den Abstufungen 144, 256 und 512 kBit/s beziehungsweise 1 oder 2,3 MBit/s.

Internet-Serviceprovider können ihren Kunden SDSL-Dienste für den schnellen Zugang zum Internet anbieten. Dazu wird beim Anwender ein SDSL-Router installiert. Dieses Endgerät dient als SDSL-Abschlusseinheit und gleichzeitig als IP-Router. Als Kundenschnittstelle steht ein 10Base-T-Ethernet-Port für den Anschluss an einen Ethernet-Switch, Hub oder PC bereit. Der SDSL-Router wird mit statischen oder festen IP-Adressen konfiguriert. Er stellt zusätzlich Sicherheitsfunktionen bereit, etwa eine Firewall, Zugriffslisten und "Network Address Translation". Sie schotten das LAN gegen unberechtigte Zugriffe aus dem Internet ab. Die Kosten setzen sich zusammen aus einer monatlichen Grundgebühr für den SDSL-Anschluss sowie einer volumenabhängigen Berechnung der Internet-Nutzung.

Besonders kleine und mittelständische Unternehmen werden von DSL-Breitbandzugängen ins Internet profitieren. Sie erhalten Zugang zu Anwendungen, die bisher großen Unternehmen vorbehalten waren und können so ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die Leistungs- und Servicemerkmale sowie die Kosten für einen DSL-Internetzugang variieren deutlich zwischen Privatkunden- und Geschäftskundenprodukten. In der Praxis zeigen sich aber schnell die Vorteile eines optimierten Geschäftskundenproduktes. Die problemlose Anbindung eines LANs, Sicherheitsaspekte, hoher Sendebedarf sowie umfassender Service sind die entscheidenden Kriterien für Unternehmen.

Hier noch zwei Bücher zu xDSL: "XDSL - eine Einführung" von Thomas Starr und anderen ist bei Addison-Wesley, München, erschienen. Der Franzis-Verlag, ebenfalls München, hat "Highspeed - Multimediale Kommunikation mit XDSL" von Gerhard Kafka herausgebracht.

Zur Person

Dirk Radde

ist Director of Advanced Technology bei QSC, einem Anbieter von SDSL-Diensten in Düsseldorf.