Wie Techies besser texten

Technische Themen verständlich beschreiben

08.12.2013 von Marc Achtelig
Technische Inhalte einfach zu vermitteln, kann ganz schön schwierig sein. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie die Lesbarkeit von Bedienungsanleitungen, Spezifikationen, Marketing-Unterlagen und anderen technischen Texten entscheidend verbessern.

Jeder kann schreiben, aber nicht jeder kann so schreiben, dass es jeder versteht. Denken Sie zum Beispiel an die vielen unverständlichen Bedienungsanleitungen, die außer einem Kopfschütteln und Achselzucken bei ihren Lesern nur wenig bewegen.

Technische Themen verständlich beschreiben
Technische Inhalte einfach zu vermitteln, kann ganz schön schwierig sein. Wir geben Ihnen Tipps, wie Sie die Lesbarkeit von Bedienungsanleitungen, Spezifikationen, Marketing-Unterlagen und anderen technischen Texten entscheidend verbessern.
Schreiben Sie für Ihre Zielgruppe, nicht für sich selbst
Schreiben Sie Ihren Text nicht so, wie Sie ihn selbst gerne lesen würden, sondern so, wie Ihre Leser ihn brauchen. Schreiben Sie nicht das, was Sie sagen möchten, sondern das, was Ihre Leser wissen müssen.
Werfen Sie nicht alles in einen Topf
Die wenigsten Benutzer lesen ein Benutzerhandbuch von vorne bis hinten durch. Die Leser eines Benutzerhandbuchs benötigen eine bestimmte Information und möchten dann so schnell wie möglich mit dem Produkt weiterarbeiten.
Finden Sie sprechende Überschriften
Wie die Überschrift eines Handbuchkapitels oder einer Hilfeseite formuliert ist, entscheidet, ob sich ein Leser die Zeit nimmt, mit dem Lesen zu beginnen. Hält der Inhalt nicht, was der Leser unter der Überschrift erwartet hat, wird er das Lesen Ihres Dokuments als Zeitverschwendung empfinden - ganz unabhängig von der Qualität des Inhalts.
Formulieren Sie im Aktiv und sprechen Sie den Leser direkt an
Passivsätze verschleiern Verantwortlichkeiten und drücken sich um konkrete Aussagen. Nicht zuletzt daher sind sie bei Politikern so beliebt. Jeder kennt die klassischen Formulierungen, wie "Es wurden Fehler gemacht" oder "Es bleibt zu prüfen".
Formulieren Sie parallel
In technischen Texten sind gleichförmig aufgebaute Überschriften und Sätze kein Zeichen eines schwachen Schreibstils, sondern ein wichtiges Mittel, das Verständnis zu erleichtern. Bei einem wiederkehrenden Satzmuster kann sich der Leser voll auf die Inhalte konzentrieren. Der Text wird dadurch schnell erfassbar und somit besser verständlich.
Beginnen Sie mit den wichtigsten Informationen
Durch das Vorziehen der wichtigsten Informationen erleichtern Sie Ihren Lesern das selektive Querlesen und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest Ihre Kernaussagen Beachtung finden.
Haben Sie Mut zur Einfachheit
Technische Themen sind kompliziert genug, da sollten Sie die Struktur der Dokumente und die Sprache einfach halten. Versuchen Sie nicht durch lange Sätze, komplexe grammatikalische Konstrukte oder eine Vielzahl von Fremd- und Fachwörtern zu beeindrucken. Viel wichtiger ist die Verständlichkeit!
Scheuen Sie sich nicht, Wörter zu wiederholen
Die Zeiten, in denen Sie Ihrem Deutschlehrer beweisen mussten, über welch großen Wortschatz Sie verfügen, sind vorbei. Befreien Sie sich von dem Trauma, kein Wort wiederholen zu dürfen. Sie dürfen! Ja, Sie sollten es sogar, denn vielfach kann eine Wortwiederholung Mehrdeutigkeiten beseitigen oder einen Text besser lesbar machen. Die Leser sind mit den technischen Inhalten ohnehin genug gefordert - da darf wenigstens die Sprache einfach sein.
Vermeiden Sie überflüssige Fachwörter und Abkürzungen
Sprechen Sie die Sprache Ihrer Leser. In einem Fachartikel oder in einer technischen Spezifikation sind Fachwörter durchaus angebracht, in einer Bedienungsanleitung oder in anderen Dokumenten für Benutzer sind sie meist fehl am Platz. Falls Sie ein Fachwort nicht ersetzen können, erklären Sie es beim ersten Vorkommen.
Vermeiden Sie überflüssigen Ballast
Viele Menschen glauben, das Einfügen gewisser Wörter und Floskeln ließe ihren Text "eleganter" klingen. Das Gegenteil ist der Fall. Durch heiße Luft wird Ihr Text nur länger, nicht besser. Das kostet den Leser mehr Zeit beim Lesen und Sie mehr Geld für Druck und bei eventuellen Übersetzungen in Fremdsprachen.

Wenn Handbuch und Online-Hilfe unverständlich sind, können viele Kunden nur einen Bruchteil der Funktionen nutzen, die ihnen ein Produkt eigentlich bietet. Nicht nur für die Kunden ist das schade, sondern auch für die Hersteller, die die Funktionen mit viel Aufwand und Kosten implementiert haben. Zusätzlich entsteht hoher Aufwand für den Kundensupport.

Bei unternehmensinternen Dokumenten sieht es nicht besser aus. Viel Zeit und Geld geht verloren, wenn zum Beispiel die Inhalte einer Spezifikation oder die Kommentare im Quellcode einer Software nur schwer oder sogar falsch verstanden werden.

How to Write That F***ing Manual

Foto: indoition

Die Tipps in diesem Artikel basieren auf dem Buch von Marc Achtelig: Basiswissen Technische Dokumentation: „How to Write That F***ing Manual“ – Ohne Umschweife zu benutzerfreundlichen Handbüchern und Hilfen, zweisprachige Ausgabe Englisch + Deutsch

Informationen und Bezugsquellen zum Buch finden Sie unter http://www.indoition.com/de/products/index.html.

Aber es geht auch anders. Wir zeigen Ihnen, wie.

Tipp 1: Schreiben Sie für Ihre Zielgruppe, nicht für sich selbst

Schreiben Sie Ihren Text nicht so, wie Sie ihn selbst gerne lesen würden, sondern so, wie Ihre Leser ihn brauchen. Schreiben Sie nicht das, was Sie sagen möchten, sondern das, was Ihre Leser wissen müssen.

Hieraus ergibt sich eine der wichtigsten Anforderungen an die Gliederung eines Benutzerhandbuchs: Gliedern Sie ein Benutzerhandbuch oder eine Online-Hilfe nicht entsprechend der Funktionslogik des Produkts (typische Denkweise des Entwicklers), sondern entlang der Aufgaben und Ziele der Benutzer. Da die Benutzer die Funktionslogik des Produkts beim Lesen noch nicht kennen, werden sie bei einer funktionslogischen Gliederung die gesuchten Informationen nicht finden.

Nicht:

Sondern:

Tipp 2: Werfen Sie nicht alles in einen Topf

Die wenigsten Benutzer lesen ein Benutzerhandbuch von vorne bis hinten durch. Die Leser eines Benutzerhandbuchs benötigen eine bestimmte Information und möchten dann so schnell wie möglich mit dem Produkt weiterarbeiten.

Stopfen Sie nicht alle Informationen in ein Kapitel in der Hoffnung, die Leser würden sich dann schon das für sie Passende heraussuchen. Selbst falls den Lesern das gelingt: Glücklich wird damit niemand, denn jeder muss eine Menge irrelevanter Dinge lesen, die ihn im Augenblick gar nicht interessieren. Aus Sicht der Leser wird Ihr Dokument damit als wenig hilfreich empfunden.

Trennen Sie stattdessen die Informationen entsprechend dem Informationsbedarf Ihrer Leser. Trennen Sie insbesondere nach den unterschiedlichen Informationstypen "Grundlagen", "schrittweise Anleitungen" und "Referenzinformationen zum Nachschlagen". Kein Benutzer benötigt alle dieser Informationstypen gleichzeitig.

Nicht:

Sondern:

Weitere Kriterien, nach denen Sie die Informationen trennen können, sind zum Beispiel Benutzergruppe oder Vorwissen.

Die Trennung der Informationen muss nicht auf die Kapitelebene beschränkt bleiben. Auch innerhalb eines Kapitels können Sie die Informationen trennen und unter jeweils eigene Zwischenüberschriften stellen.

Tipp 3: Finden Sie sprechende Überschriften

Wie die Überschrift eines Handbuchkapitels oder einer Hilfeseite formuliert ist, entscheidet, ob sich ein Leser die Zeit nimmt, mit dem Lesen zu beginnen. Hält der Inhalt nicht, was der Leser unter der Überschrift erwartet hat, wird er das Lesen Ihres Dokuments als Zeitverschwendung empfinden - ganz unabhängig von der Qualität des Inhalts.

Aus der Überschrift sollte klar hervorgehen:

Nicht: Überblick

Sondern: Überblick über mögliche Ausgabeformate

Nicht: Berichte

Sondern: So erstellen Sie einen einfachen Bericht

Tipp 4: Formulieren Sie im Aktiv und sprechen Sie den Leser direkt an

Passivsätze verschleiern Verantwortlichkeiten und drücken sich um konkrete Aussagen. Nicht zuletzt daher sind sie bei Politikern so beliebt. Jeder kennt die klassischen Formulierungen, wie "Es wurden Fehler gemacht" oder "Es bleibt zu prüfen".

Als Autor eines technischen Textes müssen Sie klar zu Sache kommen. Schreiben Sie im Aktiv und sprechen Sie die Leser persönlich an.

Nicht: Die Sollzeit kann auch geändert werden.Nicht: Es ist auch möglich, die Sollzeit zu ändern.Nicht: Die Sollzeit lässt sich auch ändern.Nicht: Man kann die Sollzeit auch ändern.Sondern: Sie können die Sollzeit auch ändern.Oder: Ihr Vorgesetzter kann die Sollzeit auch ändern.

Nicht: Es wird empfohlen, täglich eine Sicherungskopie zu erstellen.Sondern: Wir empfehlen, täglich eine Sicherungskopie zu erstellen.Oder: Die Norm DIN XY empfiehlt, täglich eine Sicherungskopie zu erstellen.Oder: Erstellen Sie täglich eine Sicherungskopie, um einem möglichen Datenverlust optimal vorzubeugen (Empfehlung nach DIN XY).

Wie Techies besser texten

Tipp 5: Formulieren Sie parallel

In technischen Texten sind gleichförmig aufgebaute Überschriften und Sätze kein Zeichen eines schwachen Schreibstils, sondern ein wichtiges Mittel, das Verständnis zu erleichtern. Bei einem wiederkehrenden Satzmuster kann sich der Leser voll auf die Inhalte konzentrieren. Der Text wird dadurch schnell erfassbar und somit besser verständlich.

Nicht:

Sondern:

Tipp 6: Beginnen Sie mit den wichtigsten Informationen

Stellen Sie die wichtigsten Informationen immer möglichst weit nach vorne:

Durch das Vorziehen der wichtigsten Informationen erleichtern Sie Ihren Lesern das selektive Querlesen und erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass zumindest Ihre Kernaussagen Beachtung finden.

Die "wichtigsten Informationen" können diejenigen sein,

Innerhalb eines Satzes oder innerhalb einer Überschrift sollten Sie immer die Wörter nach vorne stellen, die signalisieren, um was es geht und an welcher Stelle der Leser handeln muss.

Nicht: Bedrucken von Briefumschlägen

Sondern: Briefumschläge bedrucken

(Erklärung: In einem Benutzerhandbuch zu einem Drucker ist klar, dass es um das Thema Drucken geht, also ist das Stichwort "Briefumschläge" die wichtige Information.)

Nicht: Wählen Sie die Option A auf Registerkarte B.

Sondern: Wählen Sie auf Registerkarte B Option A.

(Erklärung: Zuerst muss der Benutzer die Registerkarte wählen, also sollte diese Information vorne stehen. Erst nach der Wahl der Registerkarte wählt er die Option, benötigt die hierzu gehörige Information also auch erst später.)

Tipp 7: Haben Sie Mut zur Einfachheit

Technische Themen sind kompliziert genug, da sollten Sie die Struktur der Dokumente und die Sprache einfach halten. Versuchen Sie nicht durch lange Sätze, komplexe grammatikalische Konstrukte oder eine Vielzahl von Fremd- und Fachwörtern zu beeindrucken. Viel wichtiger ist die Verständlichkeit!

Halten Sie die hierarchische Struktur Ihrer Dokumente so flach wie möglich. In einem Benutzerhandbuch oder in einer Online-Hilfe sollten drei Gliederungsebenen ausreichen. Wenn Sie Überschriften haben wie 3.4.5.2., liegt etwas im Argen. Niemand kann und will eine solche Hierarchie beim Lesen nachvollziehen.

Nicht: Wenn Sie Ihr Passwort ändern möchten, können Sie dies über die Schaltfläche "Neues Passwort eingeben" veranlassen, die Sie auf der Registerkarte "Verwaltung" unter dem Menüpunkt "Optionen" finden.

Sondern: Um Ihr Passwort zu ändern: (1) Wählen Sie den Menüpunkt "Optionen". (2) Aktivieren Sie die Registerkarte "Verwaltung". (3) Klicken Sie auf "Neues Passwort eingeben".

Tipp 8: Scheuen Sie sich nicht, Wörter zu wiederholen

Die Zeiten, in denen Sie Ihrem Deutschlehrer beweisen mussten, über welch großen Wortschatz Sie verfügen, sind vorbei. Befreien Sie sich von dem Trauma, kein Wort wiederholen zu dürfen. Sie dürfen! Ja, Sie sollten es sogar, denn vielfach kann eine Wortwiederholung Mehrdeutigkeiten beseitigen oder einen Text besser lesbar machen. Die Leser sind mit den technischen Inhalten ohnehin genug gefordert - da darf wenigstens die Sprache einfach sein.

Nicht: Auf der Rückseite der Bombe befinden sich ein rotes und ein grünes Kabel. Durchtrennen Sie dieses.

Nicht: Auf der Rückseite der Bombe befinden sich ein rotes und ein grünes Kabel. Durchtrennen Sie letzteres.

Nicht: Auf der Rückseite der Bombe befinden sich ein rotes und ein grünes Kabel. Durchtrennen Sie die grüne Leitung.

Sondern: Auf der Rückseite der Bombe befinden sich ein rotes und ein grünes Kabel. Durchtrennen Sie das grüne Kabel.

Nicht: Klicken Sie auf Schaltfläche A, drücken Sie danach auf Knopf B, und betätigen Sie abschließend Button C.

Sondern: (1) Klicken Sie auf Schaltfläche A. (2) Klicken Sie auf Schaltfläche B. (3) Klicken Sie auf Schaltfläche C.

Tipp 9: Vermeiden Sie überflüssige Fachwörter und Abkürzungen

Sprechen Sie die Sprache Ihrer Leser. In einem Fachartikel oder in einer technischen Spezifikation sind Fachwörter durchaus angebracht, in einer Bedienungsanleitung oder in anderen Dokumenten für Benutzer sind sie meist fehl am Platz. Falls Sie ein Fachwort nicht ersetzen können, erklären Sie es beim ersten Vorkommen.

Fremdwörter, Anglizismen und Abkürzungen sollten Sie generell vermeiden.

Nicht: RAM

Sondern: Arbeitsspeicher

Nicht: Interface

Sondern: Schnittstelle oder Anschluss

Tipp 10: Vermeiden Sie überflüssigen Ballast

Viele Menschen glauben, das Einfügen gewisser Wörter und Floskeln ließe ihren Text "eleganter" klingen. Das Gegenteil ist der Fall. Durch heiße Luft wird Ihr Text nur länger, nicht besser. Das kostet den Leser mehr Zeit beim Lesen und Sie mehr Geld für Druck und bei eventuellen Übersetzungen in Fremdsprachen.

Nicht: Eigentlich wäre dieser Satz ohne Füllwort besser.Sondern: Ohne Füllwort wäre dieser Satz besser. (Das Wort "eigentlich" hat keinerlei Bedeutung.)

Nicht: Wenn Sie hundertprozentig sichergehen wollen, …

Sondern: Wenn Sie sichergehen wollen, … ("Sichergehen" bedeutet immer hundert Prozent.)

Nicht: Nähere Einzelheiten finden Sie im Kapitel …

Sondern: Einzelheiten finden Sie im Kapitel … (Einzelheiten sind immer "näher".)

Nicht: Die Lampe zeigt den aktuellen Status.

Sondern: Die Lampe zeigt den Status. (Ein Status ist immer "aktuell".)

Nicht: Das Passwort besitzt eine Gültigkeit für die Dauer einer Stunde.

Sondern: Das Passwort gilt eine Stunde.

Nicht: Auf Grund der Tatsache, dass …

Sondern: Weil …

Sind Sie noch immer nicht "restlos überzeugt", dass auch Ihre Texte in Zukunft noch verständlicher werden können? Macht nichts. Es reicht schon, wenn Sie nur "überzeugt" sind …

Viel Erfolg!