Fachkräfte fördern, trainieren, ausbilden

Talent Management stärkt den Mittelstand

30.10.2014 von Oliver  Back
Ein durchdachtes Talent Management mit passender IT-Unterstützung hilft auch kleinen und mittelständischen Unternehmen, Fachkräfte zu finden und zu halten.

Deutschlands Unternehmen klagen über den dramatischen Fachkräftemangel. Wegen des demografischen Wandels wird sich die Situation Forschern zufolge weiter zuspitzen. Bis 2030 sollender deutschen Wirtschaftrund fünf Millionen Arbeitskräfte in nahezu allen Branchen fehlen. So befürchtet insbesondere der Mittelstand, dass die Suche nach geeignetem Personal noch schwieriger werden wird. Zu Recht: Schon heute verlieren kleine eine bis mittlere Betriebe deshalb jährlich mehrere Milliarden Euro an Umsatz. Die Lage ist erkannt, nur fehlt es den meisten Unternehmen bislang an Strategien zur Lösung der Probleme. Dabei gibt es einen Ausweg: Mittelständler müssen sowohl im Kampf um qualifizierte Mitarbeiter als auch bei deren Förderung zulegen, wenn sie künftig alle Schlüsselpositionen besetzen wollen. Gezieltes Talent Management kombiniert mit einer zentralen IT-Lösung hilft Mittelständlern dabei, Fachkräfte zu finden und vor allem - sie zu halten.

Noch sieht die Realität anders aus: Etwa 35 Prozent aller Unternehmen beschäftigen sich derzeitsystematisch mit Talent Management, im Mittelstand sind es knapp 20 Prozent. Die Beispiele gleichen sich vielerorts: Obwohl ein qualifizierter Kollege in den eigenen Reihen vorhanden ist, wird die Führungsposition extern besetzt. Und das nur, weil das Profil des internen Kandidaten in der HR-Abteilung schlichtweg nicht bekannt war - zumindest nicht bis zum Eingang des Kündigungsschreibens des frustrierten (Ex-)Mitarbeiters. Ein Planungsfehler, der nicht passieren darf.

Nachwuchskräfte oft stiefmütterlich behandelt

Den Überblick über das eigene Mitarbeiterpotenzial mag ein kleines Unternehmen noch haben. Ein Mittelständler hat es hingegen spätestens ab 250 Angestellten ohne eine entsprechende Datenbasis schwer, herauszufinden, in welcher Abteilung jene Fachkräfte sitzen, die das Geschäft ausmachen. Die Gefahr ist groß, dass diese Firma ihr tatsächliches Potenzial, ihre Talente eben nicht entdeckt und überblickt. Schließlich kennen die Entscheidungsträger nur jene Mitarbeiter, die stets da sind, die stets auffallen. Der Nachwuchs insgesamt wird meist stiefmütterlich behandelt.

Das ist auch das Ergebnis einer Umfrage der Heidelberger HR-Unternehmensberatung ROC unter 1.000 Arbeitnehmern in Deutschland: "Wer in meiner Firma nicht selbst auf sich aufmerksam macht, wird bei der Suche nach Talenten übergangen" - so empfinden es 58 Prozent. Die Studie liefert Erkenntnisse darüber, wie Arbeitgeber gefördert werden und welche Art der Förderung sie sich wünschen. 55 Prozent glauben, dass ihr Unternehmen auf eine betriebliche Förderung eigener Mitarbeiter angewiesen ist, um freie Stelle mit qualifizierten Kräften besetzen zu können. Und 44 Prozent sind der Meinung, dass persönliche Kontakte zu den Entscheidern wichtiger für den Aufstieg sind als objektive Leistungen.

Um das Personalmanagement zu verbessern, wünschen sich die Befragten, dass sich Vorgesetzte regelmäßig mit ihnen über Karriereplanung unterhalten, Stärken und Schwächen aufzeigen. Arbeitnehmer möchten informiert werden, wenn es in ihrer Firma freie Stellen gibt, die ihnen den Aufstieg ermöglichen. Defizite beim Talent Management sind für 40 Prozent der Mitarbeiter Anlass, den nächsten Karrieresprung durch den Wechsel in eine andere Firma voranzutreiben.

Alarmierend für die Chefetagen ist zudem, was eineStudiedes Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ergeben hat. Demnach gibt es die meisten offenen Stellen in Betrieben mit weniger als 50 Mitarbeitern. Aber: Diese haben überdurchschnittlich häufig Probleme, ihre Stellen zu besetzen. LautIAB ist die Mitarbeiterbindung eine Stellschraube, an der kleine Betriebe drehen können. Gerade weil deren Budget häufig eingeschränkter ist als in großen, können gute Arbeitsbedingungen - etwa durch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die Möglichkeiten eigenverantwortlichen Arbeitens - ein zentrales Argument im Wettbewerb um geeignete neue Mitarbeiter sein.

Fachkräfte: Gewissheit über die Lücken im Unternehmen haben

Kleine bis mittlere Unternehmen müssen sich also Gedanken darüber machen,wie sie Fachkräfte gewinnen wollen. Die familiäre Struktur reicht dafür nicht aus. Stattdessen muss sich der Mittelstand mit der Beantwortung der immer drängender werdenden Fragen von Mitarbeitern beschäftigen: Wie sieht die Karriereplanung eines jeden Einzelnen im Betrieb aus?

Die Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern erklären, wie sie sich im eigenen Haus entwickeln können. Sie sollten ihren Mitarbeitern eine Perspektive eröffnen. Und die Unternehmen müssen ein Mitarbeiterentwicklungskonzept installieren. Das ist jedoch nur möglich, wenn der Mittelständler das Potenzial aller seiner Angestellten kennt. Wenn er mit Hilfe einer zentralen Datenbank die Altersstruktur erfassen kann, etwa wann welcher Mitarbeiter in Rente geht, bis wann ein Nachfolger aufgebaut werden muss oder an welcher Stelle es demnächst Probleme geben könnte. Wo sind also die schlauen Köpfe in einem Betrieb und was passiert, wenn genau diejenigen abwandern?

Talent Management: Kostengünstige IT-Lösungen

IT-gestützte Talent-Management-Systeme helfen Entscheidern, transparent und fair zu arbeiten. Diese Transparenz und Fairness setzen Arbeitnehmer voraus, wenn es um ein verstärktes berufliches Engagement geht. Die dabei gesammelten Stammdaten geben dem Mittelständler Gewissheit, wo eine Lücke in seinem Unternehmen existiert beziehungsweise wo sie in den kommenden Jahren entstehen könnte und an welcher Stelle er seine Mitarbeiter folglich fördern, trainieren und ausbilden muss.

Die technische Umsetzung stellt keine Herausforderung dar. Mit Hilfe einer kostengünstigen SAP-Welt etwa oder auch diversen Cloud-Systemen sind Firmen rasch in der Lage, die internen Stammdaten hochzuladen. Innerhalb weniger Tage entstehen komplette Dashboards, die über das Internet auf die Bildschirme der Entscheidungsträger gelangen und die aktuell vorhandene Mitarbeiterstruktur sichtbar machen. Auf einen Blick: Angefangen vom Alter der Beschäftigten über deren berufliche Erfahrungen, Kompetenzen und Leistungen bis hin etwa zur Frauenquote - die Kennzahlen eines jeden Einzelnen.

Hat der Mittelständler diese Hausaufgabe erledigt, sollte er ein Mitarbeiterentwicklungskonzept, eine Karrierenachfolgeplanung entwickeln. Aus den vorhandenen Stammdaten lässt sich nämlich ableiten, wie sich die Firmenstruktur künftig entwickeln wird, wo Probleme entstehen könnten. Kurz gesagt entsteht so eine Zukunftsprognose für das Unternehmen: Wie sieht die Firma in zehn Jahren aus, wo werden Ausfälle erwartet, welche Risiken entstehen? Sind die Daten gepflegt, erkennt das Unternehmen zudem, in welcher Abteilung welche Experten sitzen. Die Mitarbeiter werden also nicht nur erfasst. Vielmehr wird über jeden ein entsprechendes Talent-Profil angelegt. Gesteckte Ziele, Maßstäbe und Leistungsindikatoren sowie Vergütungssysteme der Fachkräfte fließen ebenfalls ein. So können sie miteinander verglichen und eingestuft werden. Einfach installierbare gängige Cloud-Lösungen, die eine derartige Analyse erstellen, kosten einen Mittelständler mit etwa 500 Mitarbeitern monatlich nur wenige hundert Euro.

Talent Management stärkt den Mittelstand -
Baustelle Talent-Management
Nur jedes dritte Unternehmen geht das Thema systematisch an.
Vitamin B
Oftmals entscheiden persönliche Kontakte immer noch über den Aufstieg.
Abschied zwecks Aufstieg
Viele Mitarbeiter wollen bei der Konkurrenz Karriere machen.

Fazit

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, führt für den Mittelstand kein Weg an einem Talent Management im eigenen Haus vorbei. Denn es gibt sie, die Talente. Und für die Zukunft eines Betriebes ist es entscheidend, dieses Leistungspotenzial auszuschöpfen, geeignete Kandidaten zu entdecken, sie systematisch zu fördern und bei ihren Aufstiegschancen zu unterstützen. Mittelständler sollten also damit beginnen, ihr Unternehmen einmal aus einem anderen Blickwinkel kennenzulernen und damit aufhören, verschwenderisch mit ihren hochqualifizierten Mitarbeitern umzugehen. IT-Systeme helfen den Entscheidern dabei, einen Überblick über dieses Potenzial zu bekommen und transparent und fair zu arbeiten. Das bindet die qualifizierten Fachkräfte langfristig. Zudem entwickelt ein gezieltes Talent Management sowohl den Arbeitnehmer als auch den Arbeitgeber konsequent weiter. Dieses Zukunftsmodell macht einen Betrieb nicht nur attraktiver für Fachkräfte. Es macht auch die eigene Expertise sichtbar. Folglich sollte die berufliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter für jedes Unternehmen verpflichtend sein. Denn diese sind am Ende das wichtigste Kapital. (wh)

Checkliste - Talent Management in fünf Schritten

  1. Das eigene Unternehmen kennenlernen: Welche Mitarbeiter- und Altersstruktur hat das Unternehmen? Wo entstehen demnächst Lücken und Risiken?

  2. Den Mitarbeitern den Entwicklungsweg im Unternehmen erklären: Welche Karriere, welche Perspektive ist für jeden Einzelnen möglich?

  3. Installieren eines Mitarbeiterentwicklungskonzeptes: Welcher Mitarbeiter muss gefördert und trainiert werden, um eine entstandene Lücke zu füllen?

  4. Kreieren eines Zukunftskonzeptes für das Unternehmen: Wie sieht die Firma in zehn Jahren aus, welche Risiken können entstehen?

  5. Employer Branding - die eigene Expertise sichtbar machen: Mit welcher Marke kann ich im Markt punkten?