Wie Unternehmen Energiekosten senken

Stromverbrauch berechnen im Rechenzentrum

12.05.2014 von Prof. Dr.-Ing. Christian  Pätz
Wenn Unternehmen den Stromverbrauch von Servern im Rechenzentrum genau messen und analysieren, können sie nachhaltig Energiekosten senken. Dabei helfen unter anderem intelligente Stromverteiler, im Fachjargon als Power Distribution Units (PDU) bezeichnet.

Der für den Betrieb und die Kühlung von Servern benötigte Strom kommt heute immer häufiger nicht aus einer normalen Stromverteilung, sondern aus einer sogenannten intelligenten Stromschaltleiste. Um zu verstehen, wie Unternehmen von solchen Systemen profitieren können, lohnt sich ein genauerer Blick auf den Stromverbrauch im Rechenzentrum. Dieser bildet nämlich nicht nur den größten Anteil der RZ-Betriebskosten. Die maximal verfügbare elektrische Leistung definiert auch mehr und mehr die Leistungsgrenzen eines Data Center, und dies auf zweierlei Weise.

Zum einen ist die Kühlleistung innerhalb eines Rechnerraumes beschränkt. Sie entsteht aus dem Verhältnis der dimensionierten Kühlaggregate zum zur Verfügung stehenden Platz im Rechnerraum. Ältere Rechenzentren können teilweise nur 500 W pro Quadratmeter kühlen. Zum anderen begrenzt die insgesamt verfügbare elektrische Leistung die in einem Rechnerraum installierbare Server-Kapazität. Der zur Verfügung stehende Raum an sich ist hingegen angesichts der Anschlussleistungen heutiger Hochleistungsserver von teilweise weit über 10kW immer weniger der begrenzende Faktor.

Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
Der Weg zur Energieeinsparung im Rechenzentrum: messen – überwachen - kontrollieren
Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
Durch den Anschluß für externe Temperatur- und Luftfeuchtesensoren können auch die Umgebungsbedingen über die zentrale Verwaltungsoberfläche überwacht und gegebenenfalls Alarme ausgelöst werden.
Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
PDUs warten nach der Montage auf die Endkontrolle.
Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
PDUs warten nach der Montage auf die Endkontrolle.
Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
Bevor sie das Werk verlassen, werden in der Endkontrolle alle Steckdosen der PDUs umfangreichen Belastungstests unterzogen. Die Testprotokolle werden unter der jeweiligen Seriennummer archiviert.
Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
PDUs sind fast immer Maßanfertigungen. Durch die flexible Fertigung ist auch die Herstellung von geringen Stückzahlen effizient.
Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
Geringer Eigenverbrauch; sogar die Beleuchtung der Displays wird nach einem programmierbaren Zeitraum abgeschaltet um Energie zu sparen.
Energiekosten im Rechenzentrum im Griff
Praktisch erweist sich vor allem bei der Installation der Verbraucher im Schrank das Display auf dem sich alle Messwerte ablesen lassen.

Stromschaltleisten überwachen den Stromverbrauch

Um die Räume eines Rechenzentrums also optimal auszunutzen, muss die benötigte elektrische und die Kühlleistung gemanaged werden. Dies setzt eine zuverlässige Bestimmung der Verlustleistung der Server voraus. Diese kann selbstverständlich durch simple Addition der im Datenblatt angegebenen maximalen Verlustleistung der Server-Netzteile ermittelt werden. Dies stellt zweifelsohne eine nicht zu überschreitende Lastgrenze dar. Die real von den in der Regel überdimensionierten Netzteilen abgeforderte elektrische Leistung liegt jedoch teilweise deutlich unter der spezifizierten Nennleistung, so dass hier Stromreserven entstehen, die gewinnbringend durch weitere Installation von Servern genutzt werden können.

Wichtig: PDUs sind nicht nicht nur Leistungsmesser. Durch den Anschluss für externe Temperatur- und Luftfeuchtesensoren können auch die Umgebungsbedingen über die zentrale Verwaltungsoberfläche überwacht und gegebenenfalls Alarme ausgelöst werden.
Foto: Schleifenbauer

Je weiter jedoch der Sicherheitspuffer an zusätzlich verfügbarer Leistung ausgenutzt wird, desto wichtiger wird eine präzise und zeitnahe Messung der verbrauchten elektrischen Leistung. Genau für diese Leistungsmessung eignen sich die sogenannten intelligenten Stromschaltleisten. Sie überwachen permanent den Stromverbrauch der angeschlossenen Rechner und können bei Anomalien und ungünstigen Trends frühzeitig Alarmmeldungen absetzen, um dem Rechenzentrumsbetreiber Reaktionsmöglichkeiten zu bieten.

In Bezug auf die Genauigkeit einer Strommessung ist die EU Norm IEC 62053 das Maß der Dinge. Hier wird eine Messgenauigkeit von besser als 1 Prozent gefordert, die von aktuellen Produkten mühelos erreicht oder sogar noch überboten wird. Diese hohe Messgenauigkeit eröffnet RZ-Betreibern weitere Möglichkeiten, aus dem Einsatz intelligenter Stromschaltleisten Kapital zu schlagen.

Stromkosten richtig zuweisen - wer verbraucht wieviel?

Selbst wenn die einzelne Stromschaltleiste nicht geeicht und verplombt ist, können die hochgenauen Messergebnisse eine Basis für eine verbrauchsabhängige Tarifierung und Kostenzuordnung bilden. Dies ist sinnvoll weil - wie bereits erwähnt - die Stromkosten der bestimmende Anteil der Verbrauchskosten eines Servers im Rechenzentrum sind.

Alles unter Kontrolle: Der Weg zur Energieeinsparung im Rechenzentrum: messen - überwachen - kontrollieren.
Foto: Schleifenbauer

Moderne Server können ihren Stromverbrauch durch Abschalten von Komponenten im Leerlauf auf unter 50 Prozent der maximalen Leistung absenken. Dank Messung mittels intelligenter Stromschaltleisten können die sogenannten Power User an den von ihnen bewusst oder unbewusst verursachten Kosten adäquat beteiligt werden. Bewusster Stromverbrauch entsteht durch rechenhungrige Applikationen oder effektive Virtualisierung. Eine mangelnde Administration des Servers oder Sicherheitslücken können aber auch zu unbewusstem Mehrverbrauch an Energie führen.

Eben das zu verhindern, ist ein weiteres Ziel der Stromverbrauchsmessung. Erfolgt diese nicht nur auf Basis des Gesamt-Racks, sondern pro Steckdose und damit pro Server-Netzteil, lässt sich die Kostenzuordnung nicht nur weiter verfeinern, sondern auch unerwartetes oder auch unsinniges Verhalten eines einzelnen Servers erkennen. Ein solches wäre zum Beispiel durch eine Endlosschleife durch fehlerhafte Software oder die Installation von Schadsoftware möglich.

"Vergessene Server" verbrauchen unnötig Strom

Es ist allerdings auch der umgekehrte Fall denkbar. Laut einer Untersuchung von Oracle/Sun Microsystems haben zirka 4 Prozent aller in einem Rechenzentrum installierten Server überhaupt keine konkrete Aufgabe mehr, verbrauchen in der Wartestellung aber weiterhin Strom. Das Finden solcher vergessenen Server plus die anhand des Stromverbrauchs nachweisbare Tatenlosigkeit dieser Geräte kann zu sinnvollen Entscheidungen - sprich zum Abschalten dieser Geräte - führen und so nicht nur den Stromverbrauch und damit die Kosten senken sondern wieder Raum für neue produktive Server geben.

Tipps zur Auswahl von Stromschaltleisten

Bei der Auswahl der Schaltleisten sind neben Herstellungsqualität, Preis und Konfiguration - das heißt Anzahl und Nennlast der Schaltausgänge - etliche weiterer Faktoren zu berücksichtigen, darunter beispielsweise:

• Sollen die Geräte Strom messen, und wenn ja, für welche Anwendung? Dies entscheidet über die Genauigkeitsanforderung der Geräte in Bezug auf den absoluten Messwert und die zeitliche Auflösung der Messwerte.

• Welchen Strom brauchen die Leisten für sich selbst? Hier existieren große Unterschiede zwischen verschiedenen Herstellern. Der Eigenstromverbrauch kann direkt in Kosten umgerechnet und auf den Produktpreis aufgeschlagen werden.

• Wieviel und welche Peripherie ist für die Geräte notwendig? Bei hohen Kosten pro Ethernet-Port können intelligente Kaskadierungs-Lösungen helfen. Diese verbinden mehrere PDUs über einen zentralen Steuerrechner mit dem Netzwerk und reduzieren somit den Bedarf an Ethernet-Ports und den damit verbundenen Managementaufwand.

• Können die PDUs noch andere Aufgaben erfüllen, zum Beispiel das Erfassen von Umweltbedingungen wie Temperatur und Feuchtigkeit über externe Sensorik ?

• Verfügt der Hersteller über Managementsoftware zum Verwalten der eigenen Geräte oder sogar über offene Schnittstellen für Geräte von Drittanbietern ?

Die Fakultät für Elektrotechnik der Technischen Universität Chemnitz betreibt ein Testlabor, in dem herstellerneutral verschiedene intelligente Stromschaltleisten auf ihre Zuverlässigkeit und die Einhaltung der vorgeschriebenen und vom Hersteller im Datenblatt genannten Parameter und Funktionen getestet werden. Damit sollen Kunden eine unabhängige Informationsquelle für die Kaufentscheidung und Hersteller profundes

Feedback und Testergebnisse für ihre Produkte erhalten. Der Umfang der Tests umfasst neben normalen Funktionstest zur Prüfung der Messgenauigkeit in verschiedenen Rand- und Grenzfällen beispielsweise auch Analysen zum Eigenstromverbrauch oder zum thermischen Verhalten. Dabei zeigen sich durchaus Qualitätsunterschiede bei den im Markt befindlichen Geräten.

Fazit

Intelligente Stromschaltleisten mit einer Messung des Stromverbrauchs sowie Zusatzfunktionen wie Maximal-/Minimalverbrauchserkennung und Alarm-Schwellwerten bedeuten gegenüber den normalen nur stromverteilenden Leisten zuerst eine Mehrinvestition. Diese kann sich aber schnell bezahlt machen, etwa durch einen deutlich effektiveren Rechenzentrumsbetrieb, eine bessere Auslastung der begrenzten Ressourcen und eine erhöhte Sicherheit des Rechenzentrums.

Eine genaue Kostenabrechnung gegenüber Colocation-Kunden oder auch Abteilungen im eigenen Unternehmen bringt ebenfalls Vorteile: Sie ist ein fairer Weg, die immer weiter steigenden Energiekosten in den Griff zu bekommen und Anreize zum Einsatz energiesparender Rechner oder energiesparender Applikationen zu geben. (wh/hal)