Stereolithografie

06.05.2003 von Michael Swaine
'Wünsch dir was' im IT-Zeitalter: Der 'Ausdruck' dreidimensionaler, realer Gegenstände je nach Wunsch und Anforderung ist längst keine Fantasie mehr dank Stereolithografie und speziellen CAD-Programmen.

"Drucken" Sie sich reale Gegenstände aus, und zwar nach ähnlichen Vorgehensweisen, wie Sie bislang Wörter auf Papier drucken. Ungelogen, das ist jetzt tatsächlich möglich.

Das Verfahren nennt sich Stereolithografie. Sie können sogar auf Bestellung reale Gegenstände "ausdrucken" lassen, die dann am nächsten Tag angeliefert werden. Oder Sie kaufen sich gleich eine eigene Stereolithografie-Maschine, stellen sie im Keller auf und produzieren, wann immer Sie wollen, was immer Sie wünschen.

Sicher, es gibt ein paar Beschränkungen. Es dürfte Ihnen mit so einer Maschine schwerlich gelingen, ein funktionierendes Auto oder auch nur einen funktionierenden Kugelschreiber "auszudrucken". Ein Schachbrett mit Spielfiguren liegt allerdings durchaus im Bereich des Möglichen.

Die Stereolithografie schafft Gegenstände, indem sie mit einem Laserstrahl ein fotoempfindliches flüssiges Polymer, Plastik oder Harz schichtweise aushärtet (siehe unter anderen etwa das FORWISS-Projekt Micro-Stereolithografie der Universität Passau). Obwohl die Gegenstände dreidimensional und sehr solide sind, tun Stereolithografie-Maschinen also eigentlich nichts sonderlich Aufwendiges. Billig sind sie dennoch nicht.

Stereografie-Modelle haben ihren Preis

Eine Stereolithografie-Maschine kostet heute 250.000 Euro, für diesen Preis werden Sie vielleicht doch keine in ihrem Keller aufstellen wollen. Da ist es viel vernünftiger, sich jemanden zu suchen, der bei Bedarf etwas für Sie produziert. Das für die Herstellung von Gegenständen benötigte Harz kostet etwa 200 Euro pro Liter. Auch das ist nicht wirklich günstig, reicht aber für kleinere Gegenstände schon aus. Und die Betriebskosten der Stereolithografie-Maschine sind mit etwa 30 Euro pro Stunde recht niedrig.

Diese Summen erscheinen angemessen für den Fall, dass Sie den Prototypen einer Erfindung produzieren lassen möchten. Oder vielleicht sind Sie Bildhauer und würden Ihre künstlerische Idee gern technisch präzise in einer realen dreidimensionalen Form umgesetzt sehen, ehe Sie den Marmor mit dem Meißel bearbeiten. Und wenn Sie das Design eines neuartig geformten Stuhls entwerfen, könnten Sie mit Hilfe eines Stereolithografie-Modells herausfinden, ob die Gestaltung, die Ihnen vorschwebt, tatsächlich auch zu einem bequemen Sitzmöbel führt.

Der Stereolithografie-Prozess

Alles, was Sie außer Geld für den "Ausdruck" eines Stereolithografie-Modells noch benötigen, ist eine CAD-Datei, die die dreidimensionalen Daten des gewünschten Gegenstandes auf das Genaueste spezifiziert. Einer Druckerei müssen Sie für die Drucklegung eines Textes ja auch Schrifttypen und Formate nennen, damit etwa die Gestaltung eines Briefes Ihren Wünschen entspricht.

Den größten Raum der massigen Stereolithografie-Maschine nimmt der Tank ein, der mit dem Harz gefüllt wird und der mit einer perforierten Plattform versehen ist. Auf einem Computer läuft ein Programm, das anhand der CAD-Datei einen Laserstrahl steuert, der dafür sorgt, dass das Harz an ganz präzisen Punkten der Plattform aushärtet. Wird die Plattform nun den Bruchteil eines Millimeters heruntergefahren, beginnt der Prozess der Aushärtung für die nächste Schicht des Gegenstandes erneut.

Nach einigen Minuten oder Stunden dieses höchst sorgfältigen Prozesses ist der Gegenstand Schicht um Schicht aufgebaut, wird herausgenommen und in einem Ofen mit ultraviolettem Licht durch "Trocknen" haltbar gemacht. Ein erläuterndes Video zur Stereolithografie finden Sie etwa bei der Firma Proform.

Vom Prototypen zum individuellen Produkt

Herkömmliche Stereolithografie-Maschinen produzieren heute Gegenstände von bis zu 25 Zentimeter Größe in jeder Dimension. Offensichtliche technische Beschränkungen nach oben hin liegen nicht vor, die hergestellten Gegenstände könnten auch wesentlich größer sein.

Die meisten Maschinen benutzen Harz als Modelliermaterial, einige andere Stereolithografie-Maschinen stellen außerdem metallene Gegenstände her. Eine Maschine existiert, die mit bis zu sechs Materialien auf einmal arbeiten kann, beispielsweise Plastik, Metall und Keramik. Zurzeit werden solche Maschinen nur eingesetzt, um Einzelstücke, also echte Prototypen zu produzieren.

Für Maschinen, die in großen Mengen fertigen könnten, wäre ein anderer Ansatz erforderlich. Doch technisch spricht nichts dagegen, warum es in Zukunft nicht Fabriken geben sollte, die mehr oder weniger genau das produzieren, was den individuellen Vorstellungen ihrer Kunden entspricht. Ob das eine kosteneffiziente Art der Produktion ist, sei dahingestellt. Aber in irgendeiner Form wird es die "Wünsch dir was"-Fabrik eines Tages sicher geben. (Übersetzt von Britta Mümmler)

Über den Autor

Michael Swaine ist Redaktionsdirektor des "Dr. Dobb's Journal". Er lebt im Silicon Valley und schreibt seit 1980 über PC-Technologie. Sie erreichen Michael Swaine über seine Webseite.