StarOffice 5.2 Beta: Erste Eindrücke

18.10.2000 von THOMAS RIESKE 
Mit der Beta von StarOffice 5.2 erhalten Sie einen Vorgeschmack auf die für den Sommer erwartete fertige Fassung. Die wichtigsten der über 200 angepriesenen Verbesserungen haben wir auf die Probe gestellt.

Bis zum 25. April bietet Sun die Public Beta seiner neuen Office-Suite zum Download an. OS/2-User schauen in die Röhre, denn unterstützt werden nur noch Solaris (SPARC), Linux (x86) und Windows. Die Preview-Software, erhältlich in Deutsch und Englisch, lässt sich durch das eingebaute Ablaufdatum bis zum 30. Juni 2000 nutzen. Wir haben uns die Windows-Version näher angesehen.

Neben vielen Detailänderungen stand diesmal eine verbesserte Kompatibilität zu den Office-Applikationen von Microsoft im Mittelpunkt. Der Import von Dokumenten in diesem Format soll ebenso wenig ein Problem darstellen wie deren Export. Darüber hinaus hat Sun dem StarWriter ein Modul für die neue deutsche Rechtschreibung spendiert und verspricht bessere Unterstützung großer Dateien.

Doch bevor man sich ans Ausprobieren macht, ist selbst bei einer ISDN-Anbindung zunächst einmal Geduld beim Download angesagt. Die Windows-Variante von StarOffice ist mit 80 MByte gut 15 MByte umfangreicher als die Vorgängerversion. Statt in einem Stück lässt sich das Officepaket auch in acht Segmenten herunterladen, die mit jeweils knapp 10 MByte etwas handlicher sind. Anwender, deren Download bei sehr großen Dateien immer wieder abbricht, werden dies zu würdigen wissen.

Optional stehen die Preview-Versionen für den StarPlayer (zirka 7 MByte) und die Adabas Datenbank-Engine (zirka 12 MByte) zur Verfügung.

Alle Komponenten zusammengenommen ergeben einen Download-Umfang von rund 100 MByte. Nach der Installation beanspruchen sie 210 MByte Plattenplatz.

Wer nun gleich das neue StarOffice produktiv einsetzen will, sei gewarnt. Es handelt sich um Beta-Software, für die Sun keinen Support übernimmt. Bugreports hingegen nimmt der Serverspezialist aus dem kalifornischen Palo Alto gerne entgegen.

StarWriter

Lange hatten die deutschen Anwender auf die Unterstützung der neuen deutschen Rechtschreibung gewartet. Diese hat Sun nun in Form der Dieckmann Linguistik in seine Office-Suite integriert, sodass jede StarOffice-Applikation davon profitiert. Als Test setzten wir der Textverarbeitung eine Wortliste der Deutschen Presse Agentur vor, die überdies im Format von Word 97/2000 vorlag. Der Import der 24 Seiten klappte rasch und fehlerfrei. Die Überraschung stellte sich jedoch unmittelbar darauf ein. Gleich das erste Wort, Rechtschreibung, war der Orthografieprüfung unbekannt. Erst als wir die Spracheinstellung von US-Englisch zurück auf Deutsch setzten, klappte die Überprüfung tadellos. Offenbar verändert StarWriter bei jedem Öffnen einer Word-Datei eigenmächtig die bereits ausgewählte Standardsprache. Enthaltene Felder, etwa für das Datum, passt die Textverarbeitung folgerichtig ebenfalls auf amerikanische Gegebenheiten an.

Enthält ein Word-Dokument Makros, übernimmt StarWriter diese beim Import und kommentiert jede Zeile durch ein vorangestelltes Rem aus. Eine Konvertierung in die StarOffice-Makrosprache erfolgt nicht. Auf diese Weise kann der Anwender selbst entscheiden, ob er sie an StarBasic anpassen oder unbearbeitet lassen möchte. In letzterem Fall soll beim Speichern im Originalformat der Makrocode in der Microsoft-Applikation wieder zur Verfügung stehen. Bei unseren Tests gingen die Makros jedoch alle verloren.

Wer nicht auf den Datenaustausch mit Microsofts Textverarbeitung angewiesen ist, freut sich vielleicht an Detailverbesserungen. AutoComplete etwa, von StarCalc bekannt, schlägt nach Eingabe der ersten drei Buchstaben automatisch eine Wortergänzung vor. Einstellungen dazu lassen sich unter Extras/AutoKorrektur/AutoFormat treffen.

Für Verfasser wissenschaftlicher Arbeiten ist das neue Literaturverzeichnis gedacht. Es greift auf eine eigene Datenbank im dBase-Format zu, in der zu jedem Verweis die bibliografischen Angaben enthalten sind. Gleichfalls für akademische Werke nützlich: Endnoten lassen sich nun direkt in das Dokument einfügen. Dies war bisher nur bei Fußnoten möglich.

StarCalc

Die Tabellenkalkulation von Sun scheitert wie bereits der StarWriter beim Umgang mit importierten Makros. Diese gehen verloren, wenn man das Dokument im Ursprungsformat von Excel speichert und anschließend in der Microsoft Office-Applikation öffnet. Wer lediglich den Makrocode von Excel weiterverwenden will, muss selbst Hand anlegen und ihn an StarBasic anpassen.

Ansonsten versehen die verbesserten Import- und Exportfilter für Excel ihren Dienst wie erwartet, wirken bei ihrer Arbeit trotz 128 MByte RAM aber etwas behäbig. Die erweiterten Funktionen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.

Verbesserte Im- und Exportfunktionen für Excel

Import

Export

DatenPilot-Tabellen

Charts

Neue Chart-Typen

Grafiken

Bedingte Formatierungen

Bereiche mit Namen

AutoForms / AutoShapes

AutoForms / AutoShapes

OLE-Objekte

OLE-Objekte

Referenzen auf gelöschte Bereiche

Referenzen auf gelöschte Bereiche

Dem kommenden europäischen Zahlungsmittel trägt StarCalc mit einem neuen Euro-Konverter Rechnung. In Form eines AutoPiloten kann er alle Tabellenzellen, die einem bestimmten Währungsformat entsprechen, in Euro umwandeln. Diese Funktion lässt sich auch auf alle Dokumente innerhalb eines Verzeichnisses anwenden.

Für nicht fixierte Kurse steht der Währungsrechner bereit, den man in den Beispieltabellen findet. Mit ihm kann man aus dem Internet aktualisierte Umrechnungskurse laden. Diese lassen sich alternativ auch weiterhin manuell eingeben.

StarBase

Als nicht gerade stabile Applikation erweist sich das Datenbankmodul StarBase, besonders wenn es um den Import von Access-Dateien geht. Bei diesem Vorgang stürzte StarBase im Test diverse Male ab, ohne dass sich dies reproduzieren ließ.

Eine spürbare Verbesserung erreichten wir erst, als wir zum Vergleich die Datenbank ohne Unterstützung für Adabas betrieben. Diese optional einsetzbare Engine in der Version 11.0D ersetzt auf Wunsch bereits erstellte Datenbanken im Oterro-Format. Der Konverter wandelt ebenfalls Abfragen, Berichte, Formulare und Relationen um. Ist man nicht auf den regen Datenaustausch mit Access angewiesen, bietet Adabas Vorteile, die vor allem der Profi zu schätzen weiß. Dazu gehören etwa eine Statistik über Datenbankparameter oder das Einbinden von Sicherheitsfeatures.

Neu ist auch die Unterstützung von Datenbanktreibern, die auf dem ODBC-3-Standard basieren. Mit Integration der Schnittstelle für Active Data Objects (ADO) lässt sich StarBase als Frontend für Datenbanken verwenden, die dieses Modell unterstützen. Dies ist etwa bei Access 2000 und Oracle der Fall.

Geschwindigkeitssteigernd wirkt sich ein überarbeiteter Filtermodus für Formulare aus, da der Datenbankserver die Filter anwendet und nicht der Client. Überdies kann man beim Abfragen von Daten komplexere Suchbedingungen angeben als dies mit der eigentlichen Suchfunktion möglich ist.

Ganz im Zeichen der Vereinfachung steht eine erweiterte Drag&Drop-Funktion. Mit ihrer Hilfe lässt sich eine Tabelle in einer HTML-Seite rasch in eine Datenbank umwandeln. Dazu markiert man die Tabelle und schiebt sie im StarOffice-Explorer in den entsprechenden Container. Wer auf die Schnelle etwa Telefontarife aus dem Web in einer Datenbank benötigt, findet hierin das richtige Werkzeug.

StarDraw und StarImpress

Das Zeichenprogramm StarDraw wartet mit einer verbesserten Grafikengine auf, wodurch der Klötzcheneffekt bei skalierten Bitmaps minimiert ist. Die 3D-Umwandlungsfunktion kann man nun auf mehr Objekte direkt anwenden, darunter Bitmaps, Metafiles und Gruppierungen. Darin enthaltene Objekte lassen sich bearbeiten, ohne dass man deshalb die Gruppe aufheben muss.

Dass StarImpress PowerPoint-Makros mit der Originaldatei nicht speichert, überraschte uns nach den Erfahrungen mit StarOffice Writer und Calc nicht. Zumindest bleiben die übrigen Dokumenten-Inhalte beim Im- und anschließenden Export erhalten.

Ganz im Zeichen des Internets steht die Möglichkeit, Präsentationen als WebCast zu exportieren. Dazu legt StarImpress die Präsentation auf einem Webserver ab. Das geschieht wahlweise als Perl-Skript oder im ASP-Format. Der Seitenabruf erfolgt über die Eingabe der entsprechenden URL in einem ganz normalen Browser.

Ähnlich unabhängig von einem installierten StarOffice ist man mit dem StarPlayer. Er ermöglicht als Einzelapplikation das Vorführen von Präsentationen im Impress-Format. Da sich eine komplette Präsentation nun als eine einzige komprimierte Datei speichern lässt, kommt der Player auch mit dem Archiv klar.

StarMail und StarDiscussion

Für Umsteiger der jeweiligen Microsoft-Anwendungen nach wie vor gewöhnungsbedürftig präsentieren sich die Mail- und News-Clients. Wer zum Einrichten etwa auf den AutoPiloten für das Internet baut, erhält die Mitteilung, dass seine Outlook-Einstellungen nicht importiert werden können.

Lediglich Bookmarks des Internet Explorer lassen sich übernehmen, Postein- und -ausgangskorb muss der User selbst anlegen. Bessere Unterstützung erfahren bisherige Netscape-Nutzer, für die der Assistent die notwendigen Einstellungen importiert. Eine Option zur regelmäßigen Abfrage der Mail-Accounts ist zwar vorhanden, die Aktualisierung versucht StarMail aber auch ohne bestehende Internetverbindung. Selbst Outlook Express wartet mit einer entsprechenden Einstellmöglichkeit auf.

StarMail bietet nun auch Unterstützung für neue PGP-Versionen. Das Verschlüsselungsprogramm kann sich in den Versionen 5.5.3, 6.0.2 und 6.5.1 einklinken und die Internet-Kommunikation sicherer gestalten.

Deutliche Verbesserungen hat das Handling von IMAP-Servern erfahren, die korrekt unterstützt werden, sofern sie den Spezifikationen IMAP4 oder IMAP4rev1 entsprechen. Die nun frei konfigurierbare Header-Anzeige gehört hingegen eher zu den kosmetischen Änderungen.

Die interessanteste Neuerung bei StarDiscussion dürfte durch den Druck aus den Support-Newsgroups entstanden sein. Beim Abruf neuer Nachrichten lädt StarDiscussion zunächst nur die Header und nicht mehr automatisch zusätzlich den Textkörper. Durch Markieren der interessanten News kann der Anwender bestimmen, welche Inhalte beim nächsten Aktualisieren komplett auf seine Festplatte gelangen.

StarSchedule

Die Termin- und Aufgabenverwaltung StarSchedule hat Sun mit neuen Filtern für Import und Export ausgestattet. So kann man etwa zum Datenaustausch mit Outlook 2000 das iCalender-Format benutzen.

Ebenfalls hinzugekommen ist eine Funktion zum Archivieren von Terminen und Aufgaben. In der Archivdatei, die im XML-Format vorliegt, landen alle Termine, deren Enddatum vor dem eingestellten Datum liegt. Über die Importfunktion von StarSchedule lässt sich ein Archiv leicht wieder laden.

Weitere Verbesserungen:

Negativ fiel auf, dass StarSchedule anscheinend nicht mit dem StarSchedule 5.1 Server zusammenarbeitet. Ein Datenabgleich ist nur mit dem PalmPilot möglich, andere PDAs wie der Psion oder Windows CE-Geräte bleiben außen vor.

Fazit

Bis zum fertigen Produkt hat Sun noch einiges an Arbeit vor sich. Dies gilt in erster Linie für das Zusammenspiel mit Microsofts Office-Anwendungen, das alles andere als perfekt ist. So dürften Kunden unangenehm überrascht sein, wenn sie in StarWriter ein Word-Dokument öffnen und die Textverarbeitung plötzlich die Feldfunktionen ins amerikanische Format umwandelt. Richtig ärgerlich wird es aber, wenn beim Zurückspeichern im Originalformat vorhandene Makros unterwegs verloren gehen.

Kompatibilitätsprobleme gibt es auch bei StarMail und StarDiscussion. Bookmarks vom Internet Explorer zu importieren dürfte nicht attraktiv genug sein, wenn gleichzeitig keine Übernahme von Outlook-Einstellungen möglich ist.

Verbesserungsbedürftig scheint auf jeden Fall auch die Integration der Adabas-Datenbankengine in StarBase. Obwohl die Abstürze, die bei uns auftraten, nicht reproduzierbar waren, ergab sich ohne Adabas-Anbindung doch eine deutliche Verbesserung.

Ansonsten zeigt die Public Beta viele Detailverbesserungen. Dazu zählen die gute Unterstützung wissenschaftlicher Publikationen in StarWriter oder die Internet-Aktualisierung von Währungskursen in StarCalc. Auch die Präsentationssoftware hat durch den StarPlayer eine Aufwertung erfahren, da zum Abspielen kein komplettes StarOffice mehr Voraussetzung ist.

Doch trotz aller Neuerungen bleibt die Frage: Welchen Mehrwert erhält ein Anwender, der bereits mit einer der großen konkurrierenden Office-Suiten arbeitet? (tri)