Solide und skalierbar

25.05.2001
Das Voice-over-IP-System von Tedas eignet sich aufgrund der guten Skalierbarkeit für Unternehmen aller Größenordnungen. Die Qualität der Sprachübertragung lässt keine Wünsche offen. Die knapp geratenen Anpassungsmöglichkeiten des Softwaretelefons gleicht das USB-Phone optimal aus.

Von: Inti Florez-Brandel, Carsten Rossenhövel, C. Lange

In unserer Testreihe der Voice-over-IP-Anlagen für Unternehmen mittlerer Größe gab diesmal die Tedas AG ihre Visitenkarte im Network World Partner Lab EANTC ab. Tedas hat sich auf Voice-over-IP-Komplettlösungen spezialisiert. Bereits seit 1993 entwickelt das deutsche Unternehmen Software- und Hardwareprodukte für IP-Telefonie - mittlerweile nicht mehr nur für Unternehmensnetze sondern auch für Internet- und Application-Service-Provider (ISP, ASP).

Zum Test im EANTC-Labor trat der "Phoneware Server 7008" an, der mit Gatekeeper- und Gateway-Software ausgerüstet ist. Die Teststellung umfasste zudem zwei auf Windows-PCs installierte Softwaretelefone sowie drei IP-Telefone. An der eingesetzten Hardware ist leicht abzulesen, dass Tedas die eigene Kernkompetenz in der Software sieht: Gateway und Gatekeeper werden mit Standard-Industrie-PCs in 19-Zoll-Bauweise geliefert. Die IP-Telefone sind die Modelle "Optipoint 300 Basic" und "Optipoint 300 Advance" des Herstellers Siemens.

Teamphone-Client

Die IP-Telefon-Software "Phoneware Teamphone" läuft unter al-len Microsoft-Betriebssystemen ab Windows 95. Voraussetzung ist ein PC, der mindestens über einen mit 350 MHz getakteten Pentium-II-Prozessor und 64 MByte Hauptspeicher sowie Outlook 2000 verfügt. Das Handbuch von Tedas empfiehlt ausdrücklich, das Power-Management und insbesondere den Suspend-Modus abzuschalten. Für die Sprachkommunikation ist eine Vollduplex-PCI-Soundkarte nötig. Tedas bevorzugt hier die "Creative Soundblaster Live".

Die Software ließ sich nach kurzer Einarbeitung leicht und intuitiv bedienen. Sie lief stabil, auch wenn mehrere Anwendungen parallel geöffnet waren. Die Benutzerschnittstelle nimmt auf dem Bildschirm viel Platz ein und lässt sich nur unzureichend an unterschiedliche Benutzertypen anpassen. Eine Profi- und eine Wenigtelefonierer-Variante wären hier hilfreich - oder die Integration einer so genannten Skin-Technologie, mit der jeder Anwender die Oberfläche auf seine persönlichen Anforderungen zuschneiden kann.

USB-Phone

Zusätzlich zum Software-Client lässt sich auch ein Phone-Set über die USB-Schnittstelle anschließen. Dieses Gerät befindet sich noch in der Testphase, wir konnten es aber bereits ausprobieren. Es besteht aus einem Telefonhörer mit Auflage und einem Lautsprecher, der bislang nur als Klingel verwendet wird. Bisher ist nicht geplant, eine Lauthör- oder Freisprecheinrichtung in das USB-Phone zu integrieren, was sich technisch relativ einfach umsetzen ließe. Hilfreich ist die On/Off-Hook-Funktion, die Rufe durch einfaches Abheben des Hörers annimmt und beendet.

Jede Software enthält Bugs, so auch das Phoneware Teamphone: Als wir das Ethernetkabel abzogen und einige Sekunden später wieder einsteckten, war über das PC-Telefon keine Kommunikation mehr möglich. Laut Aussage des Herstellers vergisst das Teamphone, sich beim Gatekeeper ab- und neu anzumelden. Dies muss der Benutzer durch einen Neustart des Teamphones selber erledigen. Der Fehler soll in Kürze behoben werden.

Ein grundsätzliches Problem bei Voice-over-IP-Telefonen ist die Sprachdurchschaltung nach dem Verbindungsaufbau. Sie erfolgt oft verzögert, was gewöhnungsbedürftig ist. So auch bei Tedas: Riefen wir das Teamphone bei den Tests an, so ertönte beim Angerufenen nach dem Abheben ein Ankündigungston von etwa einer halben Sekunde, bevor die Sprachverbindung hergestellt wurde.

IP-Telefone von Siemens

Tedas stellt keine eigenen IP-Telefone her, sondern kooperiert mit Siemens. Für den Test standen uns die Apparate "Siemens Optipoint 300 Basic" (auch als LP2100 bekannt) und "Optipoint 300 Advance" (LP5100) zur Verfügung. Diese Geräte hatten wir bereits in Ausgabe 24-25/2000 getestet (siehe www.networkworld.de/testcenter). Vor allem das größere Advance-Modell stellte sich dabei als hochwertiges, mit umfangreichen Funktionen ausgestattetes Telefon heraus.

Die erneute Prüfung zeigte, dass ein damals von uns festgestelltes Defizit beim Basismodell inzwischen beseitigt wurde: Wenn man nach der Eingabe der Ziffern die Siemens-typische Bestätigungstaste drückt, erfolgt der Verbindungsaufbau jetzt so schnell, wie man es von einem normalen Telefon erwartet. Das große Modell benötigte jedoch auch diesmal zwei bis drei Sekunden vom Wahlende bis zum ersten Klingeln beim Angerufenen. In einem lokalen VoIP-Netz dürften derart lange Verzögerungen eigentlich nicht auftreten. Davon abgesehen ist das Optipoint 300 Advance jedoch eine gute Wahl. Insbesondere die Qualität der Freisprecheinrichtung ist ein Pluspunkt.

Das Modell 300 Basic leidet immer noch unter dem viel zu kleinen Display, das lediglich 20 numerische Zeichen darstellt. Dadurch bleibt die Benutzerführung eine nur schwer zu meisternde Herausforderung. Zudem fehlen Funktionen wie die Anzeige entgangener Anrufe oder komprimierte Sprachübertragung.

Beide Telefone verfügen über einen eingebauten kleinen Webserver, der eine bequeme Fernverwaltung zulässt. Dies gleicht die problematische Bedienung der Basis-Variante zumindest teilweise aus. Einen integrierten Mini-Hub hat Siemens nicht vorgesehen, die Verkabelung muss also verdoppelt werden. Tedas plant deshalb, etwa gegen Ende dieses Jahres ein eigenes IP-Telefon mit 2-Port-Mini-Switch auf den Markt zu bringen.

Gatekeeper und Gateway

Gatekeeper und Gateway der Phoneware Server 7008 sind von Tedas entwickelte Softwareprodukte, die auf Industrie-PCs unter Windows laufen. Das Gateway ist wahlweise mit bis zu acht S0-Ports oder mit bis zu drei S2M-Schnittstellen erhältlich. Ein Vorteil dieser Standard-PC-Lösung ist der Preis. Negativ schlägt zu Buche, dass die ISDN-Karten nicht auf spezielle Sprachanforderungen ausgerichtet sind. Kodierung und Kompression, Echo Cancellation oder Faxprotokolle sind bei diesem Konzept nicht in die Hardware implementiert. Tedas will demnächst ein Gateway von OKI anbieten, das ohne PC auskommt und die genannten Handicaps beseitigt.

Konfiguriert werden die Phoneware-Server über eine Web-Schnittstelle. In den von uns durchgeführten Tests verlief dies ohne Probleme. Allerdings fiel auf, dass im Gegensatz zu anderen Anlagen den Nebenstellen keine Mitarbeiternamen zugeordnet werden müssen. Der Grund: Phoneware arbeitet ohne Namensanzeige, die Anrufer werden stets nur als Nummer signalisiert.

Um die Kapazität zu erhöhen und Lasten zu verteilen, ist es möglich, mehrere Gatekeeper miteinander zu koppeln. Das Gesamtsystem lässt sich dadurch im Prinzip beliebig skalieren, da auch die Zahl der Gateways nicht begrenzt ist. Allerdings können sich die gekoppelten Gatekeeper nicht gegenseitig ersetzen - fällt einer von ihnen aus, sind die mit diesem Server verbundenen Clients vom IP-Telefonienetz abgeschnitten.

Der Phoneware Server ist mit dem Hicomready-Logo zertifiziert und kann deshalb als Subsystem in eine ISDN-Telefonanlage von Siemens eingebunden werden. Da Tedas keine Anlagensignalisierung (Q.Sig / Cornet) beherrscht, werden diese Funktionen jedoch nicht weitergereicht. Die Integration beschränkt sich deshalb auf einen engen Rahmen. An der Anlagenschnittstelle unterstützt Tedas lediglich die Blockwahl, eine nach Ziffern getrennte Wahl (Overlap Sending) ist nicht möglich.

Bei Fax-Lösungen unterscheiden sich die Hersteller noch beträchtlich. Tedas plant, in Zukunft den Standard T.38 zu unterstützen. Derzeit wird die proprietäre Software "Twinfax" auf dem Gateway und dem Teamphone-Client eingesetzt. Der Anschluss von analogen Faxgeräten ist über die Terminaladapter "Siemens TA1100" oder "OKI VoIP-TA" möglich.

Qualität der Sprachübertragung

Um die Sprachqualität der Tedas-Lösung unter verschiedenen Netzbedingungen zu beurteilen, wurde der Phoneware Server mit Hilfe der Analysatoren Tiqos Voice und Storm ausführlichen Tests unterzogen. Dabei evaluierten wir sowohl die Leistung der Gateways als auch die Sprachqualität bei Teleworking-Anwendungen.

Die Qualität der Sprachübertragung testeten wir anhand der Verbindung zwischen zwei Gateways. Eine ISDN-Sprachprobe wurde dem ersten Gateway vorgespielt, von diesem in IP-Pakete umgewandelt, durchlief dann das VoIP-Netz und wurde vom zweiten Gateway wieder in ISDN-Sprache zurückgewandelt. Insgesamt setzten wir für die Messungen drei verschiedene Codecs ein. Da die Siemens-Telefone G.729 nicht implementieren, konnten wir die Storm-Tests nur mit G.711 und G.723 durchführen.

Die standardisierten Sprachproben bewerteten wir anhand der Messskala "Mean Opinion Score", welche die subjektiv empfundene Verständigungsqualität auf einer Skala von eins bis fünf darstellt. Mit der unkomprimierten Übertragung (G.711) erzielte Phoneware sehr gute Ergebnisse, die den Erwartungen entsprechen. Sie liegen nahe am ISDN-Referenzwert von 4,2. Auch die Ergebnisse des G.723-5.3-Codecs entsprechen den Vorgaben der ITU, welche bei MOS 3 (Fair) liegt. Die schlechtere Sprachqualität, die auf die hohen Kompressionsraten dieses Codecs zurückzuführen ist, macht sich hier deutlich bemerkbar.

Bei den ersten Messungen erkannte der Codec des Gateways einige Male fälschlicherweise DMTF-Töne in Frauenstimmen. Ab und zu hörte man an Stelle eines Wortes der Sprachprobe den typischen Doppelton einer DTMF-Ziffernwahl. Laut Hersteller ist dieser Fehler auf ein bekanntes Problem der im Gateway eingesetzten ISDN-Karte "Scitel Brix 4 S0" zurückzuführen. Durch Abschaltung der DTMF-Tonerkennung ließ sich dieses Fehlverhalten abstellen.

Teleworking-Simulation

Beim Teleworking-Szenario untersuchen wir, ob eine akzeptable VoIP-Qualität auch auf Verbindungen mit geringer Bandbreite wie Modem oder ISDN erreicht wird. Die Bandbreitenbegrenzung und zusätzliche Störeffekte wie Paketverluste oder Laufzeitvariationen simulierten wir mit dem WAN-Emulator Storm der Firma Shunra.

Die Messungen der Sprachqualität unter schlechten Netzbedingungen ergaben positive Ergebnisse. Unkomprimierte Verbindungen erwiesen sich in allen Situationen als stabil. Die Gesprächsqualität zwischen den Teamphones war dabei sogar ein wenig besser als mit den Optipoint-Telefonen.

Die komprimierte G.723-Übertragung führt naturgemäß zu schlechteren Werten. Eine mit Paketverlusten von sechs Prozent gestörte Strecke ist nicht mehr nutzbar. Auch hier erzielte das Teamphone geringfügig bessere Werte.

Fazit

Bei der Qualität der Sprachübertragung schneidet der Phoneware Server etwa genauso gut ab, wie die bislang von uns getesteten VoIP-Lösungen. Abgesehen von dem Software-Client, der sich nur unzureichend individuell anpassen lässt, hat Tedas ein solides, gut skalierbares System entwickelt. (cl)

Zur Person

Carsten Rossenhövel

ist im Vorstand des European Advanced Network Testcenter (EANTC) und leitet die Abteilung Research & Development. Das NetworkWorld PartnerLab EANTC führt unabhängige Tests von Netz-Equipment durch.

Inti Florez-Brandel

ist seit Anfang 2000 bei der EANTC AG beschäftigt. Sein Spezialgebiet ist die Durchführung von Performance- und Dienstgütemessungen für verschiedene Switching-Technologien.