Energie sparen

So kommen Sie Stromfressern in Linux auf die Spur

07.12.2015 von Hermann Apfelböck
Detailkontrolle und Feintuning: Mit dem Tool Powertop fühlen Sie potenziellen Stromfressern ganz genau auf den Zahn.

Mit den bisher genannten Bordmitteln und den TLP-Tools sind deutliche Einsparungen zu erzielen. Die weiteren Schritte sind Fein-Tuning am System und am Benutzerverhalten. Dabei hilft das sehr detaillierte Powertop, das neben der Analyse auch selbst aktiv mitwirken kann. Zahlreiche weitere technische Hilfsmittel nach dem Motto „Viel hilft viel“ sind aber nicht zu empfehlen: So gibt es etwa mit den Laptop-Mode-Tools ein alternatives Stromsparpaket zu TLP, das nicht parallel neben den TLP-Tools laufen sollte.


Kontrolle mit Powertop und Powerstat

Das Tool Powerstat wurde bereits im Zusammenhang mit TLP im vorangehenden Beitrag genannt. Es ist besonders geeignet, über einen gewissen Zeitraum den Einfluss geänderter Einstellungen (etwa Bildschirmhelligkeit oder Programmaktivitäten) auf den Stromverbrauch zu beobachten. Wenn Powerstat ohne Wartezeit sofort mit der Messung beginnen soll, verwenden Sie den Parameter powerstat -d 0 (also ohne „Delay“).

Ein weiteres wichtiges Analyse-Tool ist Powertop. Es ist auf Debian/Ubuntu-basierten Systemen mit

sudo apt-get install powertop

aus den Standard-Repositories zu beziehen. Das Kommandozeilen-Tool benötigt immer root-Rechte. Nach

sudo powertop

startet das Tool auf der Registerkarte „Übersicht“, und Sie erhalten in der obersten Zeile die aktuelle „Entladerate“ und die „verbleibende Zeit“, sofern das Gerät über Akku läuft. Unter „Übersicht“ zeigt Powertop ferner die Anzahl der Aufwachsignale, die alle laufenden Prozesse an die CPU senden. Powertop macht somit Programme ausfindig, die einen besonders hohen Energiebedarf haben. Die Anzahl der Aufwachvorgänge ist niemals null, aber je niedriger sie ausfällt, desto mehr Zeit können die Prozessorkerne in Stromsparmodi verbringen. Im Betriebsalltag sind mehrere Hundert Aufwachereignisse pro Sekunde normal. Ist nur das Terminal geöffnet, sollten sich diese auf 100 reduzieren. Mit der Tabulatortaste wechseln Sie zwischen den insgesamt fünf Anzeige-Registern. Die „Gerätestatistik“ zeigt, wie ausgelastet eingebaute Geräte wie der SATA-Controller oder die Hintergrundbeleuchtung des Bildschirms gerade sind.

Empfehlungen zur Systemkonfiguration gibt Powertop auf der letzten Registerkarte „Einstellbarkeit“, die aktivierte („Gut“) und deaktivierte Stromsparfunktionen („Schlecht“) zeigt. Mit Eingabetaste bei einer markierten Option lässt sich die betreffende Einstellung umschalten. Diese gilt dann für die weitere Sitzung, übersteht aber keinen Neustart. Mit dem Terminal-Befehl

sudo powertop --auto-tune

können Sie es Powertop automatisch überlassen, alle erreichbaren Funktionen zu optimieren. Danach stehen in der Regel alle oder fast alle Einträge auf „Gut“. Diesen Befehl geben Sie einmal am Beginn der Sitzung ein, wobei Sie ihn am besten durch ein Alias in der „.bashrc“ noch verkürzen. Der noch bequemere Autostart über die Datei „/etc/rc.local“ funktioniert leider nicht.

Kompliziert wird es, wenn powertop -auto-tune zu radikal ist und danach eine Komponente nicht mehr funktioniert. In diesem Fall hilft es, sich genau anzusehen, mit welchen Kommandos Powertune arbeitet. Diese offenbart es im HTML-Bericht, den Sie mit

sudo powertop -html

anfordern können, wonach eine Datei „powertop.html“ im aktuellen Verzeichnis entsteht. Beachten Sie, dass der Bericht nur für „schlechte“ Zustände den Korrekturbefehl anzeigt. Sie erhalten also nur dann die gesuchte Info, wenn die Einstellung vor dem Bericht auf „schlecht“ gesetzt ist. Im Besitz der nötigen Information lässt sich nun ein Mini-Script basteln – etwa:

#!/bin/bash
powertop --auto-tune
echo on > /sys/bus/usb/de vices/4-5/power/control

In unserem konkreten Beispiel deaktiviert „--auto-tune“ eine Funkmaus, was mit einer Dateiänderung umgehend wieder korrigiert wird. Der passende Dateieingriff ist im HTML-Report von Powertop zu recherchieren. Das Tuning-Script lässt sich zu Beginn der Sitzung etwa mit sudo sh [scriptname].sh starten.


Interaktive Helligkeitsregelung

Für das automatische Verdunkeln des Bildschirms bei längerer Untätigkeit haben Sie bereits über die Systemeinstellungen gesorgt. Trotzdem lohnt sich ein zusätzliches interaktives Tool, mit dem Sie schnell per Hand die Display-Helligkeit ändern können. Unter Linux Mint und seinem Standard-Desktop Cinnamon gibt es ein Standard-Applet für die Systemleiste: Nach Rechtsklick auf die Leiste und „Applets zur Leiste hinzufügen“ finden Sie das Applet „Brightness“, Sie mit Doppelklick aktivieren.

Für Ubuntu und Unity gibt es für diesen Zweck einen „Brightness Indicator“ für das Hauptpanel. Der findet sich allerdings nicht in den Standard-Repositories und muss über

sudo add-apt-repository ppa:indicator-brightness/ppa
sudo apt-get update
sudo apt-get install indicatorbrightness

aus einer Fremdquelle installiert werden. Danach finden Sie das Tool über die Eingabe bright im Ubuntu-Dash, und per Klick holen Sie es in das Hauptpanel. Das schlichte Tool bietet acht Stufen für die interaktive Helligkeitsregelung.

Notebooks verwenden ferner spezielle Tastenkombinationen mit der gedrückten Fn-Taste und den Funktionstasten F1 bis F12. Sofern diese unter Linux problemlos funktionieren, sind sie erste Wahl für die schnelle Helligkeitsanpassung.

Autostarts und Cronjobs

Auf Notebooks müssen weder Cronjobs laufen noch Dutzende von Tools im Autostart geladen werden. Die Crontab für periodische Tasks kontrollieren Sie mit diesem Terminal-Befehl:

sudo crontab -l

Wenn das System „no crontab“ meldet – umso besser, andernfalls lässt sich Überflüssiges nach sudo crontab -e aus der Liste löschen.

Autostart-Programme, die das System nach der Benutzeranmeldung lädt, finden Sie in Ubuntu über die Suche „Startprogramme“ im Dash oder durch den Programmaufruf gnomesession- properties. Erfahrene Anwender können sich alle Autostarts ungefiltert anzeigen lassen, indem Sie vor dem Start des Tools im Terminal diesen Befehl verwenden:

sudo sed -i 's/NoDisplay=true/ NoDisplay=false/g' /etc/xdg/au tostart/*.desktop

Dies ersetzt in allen Verknüpfungsdateien unter „/etc/xdg/autostart“ jegliches Vorkommen von „NoDisplay= true“ durch „NoDisplay=false“. Damit ist das Wegfiltern der systemnahen Komponenten aus dem Übersichts-Tool „Startprogramme“ aufgehoben. Unbenötigte Einträge lassen sich per Klick auf das Kästchen abschalten oder per Klick auf die Schaltfläche „Entfernen“ sogar löschen.

(PC-Welt/ad)