Mobile Enterprise

Smartphones, Tablets und Apps fürs Unternehmen nutzen

17.04.2013 von Wolfgang Schwab
Mobilität ist derzeit eine der wichtigsten Herausforderungen für Unternehmen. Doch mit der Ausgabe von Smartphones und Tablets an die Mitarbeiter ist es nicht getan.

Die Grundidee des Mobile Enterprise ist relativ simpel: Mitarbeiter sollen mobil arbeiten können, also unabhängig von ihrem Standort produktiv sein. Die Umsetzung dieser einfachen Anforderung in die Praxis stellt jedoch eine längere Übung dar, die nicht in wenigen Wochen vonstattengeht und im ersten Schritt nichts mit End-User-Geräten zu tun hat. Der Weg zum Mobile Enterprise umfasst vielmehr einen ganzheitlichen Prozess, der alle zwölf bis 24 Monate neu gestartet werden sollte, um sowohl die Änderungen im Unternehmen als auch im Technologiemarkt abzubilden.

Der Mobile-Enterprise-Kreislauf

Sinnvollerweise beginnen Mobile-Enterprise-Überlegungen mit einer Analyse und Mobilisierung der Geschäftsprozesse. Hierbei geht es darum, Geschäftsprozesse so zu optimieren, dass sie auch mobil ablaufen können. Eng damit verknüpft sind Gespräche mit Mitarbeitern, um deren tatsächliche Arbeitsweisen zu verstehen. Nicht selten stellen Unternehmen dabei fest, dass zwischen dem definierten Geschäftsprozess und der Art und Weise, wie gearbeitet wird, deutliche Unterschiede bestehen. Eine entsprechende Anpassung der Prozessdefinitionen ist häufig sinnvoll.

Das wirkt sich natürlich darauf aus, welche Geräte Mitarbeitern sinnvollerweise als Arbeitsmittel zur Verfügung gestellt werden. Auf Basis der Geschäftsprozessmobilisierung und der Mitarbeiterbefragung sollte die Client-Strategie festgelegt werden. Dabei sind eine ganze Reihe von Detailfragen wie die folgenden zu klären: Welche Art von Geräten ist notwendig? Welche Art der Datenhaltung und des Datenzugriffs kommt zur Anwendung? Welche Apps kommen zum Einsatz, wie weit ist die Virtualisierung vorangeschritten, welche Management- und Sicherheitsanforderungen für unterschiedliche Endgeräte ergeben sich?

Aufbauend auf der Beantwortung dieser Fragen sollten die benötigten Infrastrukturkomponenten definiert werden, gefolgt von der Entscheidung, ob diese Infrastruktur intern oder extern betrieben werden soll. Dabei gilt es abzuwägen, wie strategisch bedeutend die mobile Infrastruktur ist, ob überhaupt genügend interne Ressourcen verfügbar sind und ob ein interner Betrieb längerfristig zielführend ist. Letzteres dürfte nur dann der Fall sein, wenn sich dadurch deutliche Wettbewerbsvorteile ergeben, was jedoch eher die Ausnahme ist. Anschließend erfolgt die Auswahl der Lösungen und/oder Dienstleister auf Basis der Anforderungen, die sich aus der Client-Strategie und der Infrastrukturauswahl ergeben. Nach einer meist kurzen Implementierungsphase beginnt dann der eigentliche Betrieb. Alle zwölf bis 24 Monate sollten anschließend der Kreislauf wiederholt und die Strategien entsprechend angepasst werden.

Komponenten einer mobilen Infrastruktur

Allgemeine Aussagen darüber, welche Geräte für welche Mitarbeitergruppen sinnvoll sind, wer also mit Thin Clients, Desktop-PCs, Notebooks, Ultrabooks, Tablets und/oder Smartphones arbeiten sollte, sind schwierig. Denn die Geschäftsabläufe in unterschiedlichen Branchen und unterschiedlichen Unternehmen stellen auch unterschiedliche Anforderungen an die einzusetzenden Endgeräte.

Noch schwieriger ist die Frage, wie groß das jeweilige Smartphone oder Tablet sein sollte. Hierbei spielt insbesondere der Faktor Mensch eine wesentliche Rolle: Ein Mechaniker im technischen Kundendienst handhabt sein Gerät anders als die freundliche Avon-Beraterin. Letztlich ergeben sich die jeweils geeigneten Devices immer aus den Geschäftsprozessen und den Gesprächen mit den Mitarbeitern.

Aus einer Vielzahl von Anwenderprojekten, die Experton Group in den zurückliegenden 24 Monaten in diesem Umfeld beratend begleitet hat, lassen sich jedoch typische Anwendungsszenarien ableiten. Daraus geht eine allgemeine Orientierungshilfe für die Ausstattung von Mitarbeitern mit mobilen Endgeräten hervor (siehe unten "Wer braucht was?").

Client-Virtualisierung: noch eingeschränkt mobil

Die Bereitstellung des Desktops, unabhängig vom Endgerät an jedem Ort, ist ein zentrales Mobility-Feature in der professionellen Nutzung. In der Praxis zeigt sich, dass beide klassischen Ansätze - Server Based Computing (SBC/Terminallösungen) und Virtual Desktop Infrastructure (VDI) - im Unternehmen und auf dem Firmengelände auf Standardgeräten einwandfrei funktionieren.

Im Fall von echter Mobilität aber ist aufgrund der immer noch schlechten Netzabdeckung außerhalb von Ballungszentren mit Einschränkungen zu rechnen. Hinzu kommt, dass eine klassische Windows-Anwendung auf einem Tablet zwar nutzbar ist, aber sicher nicht auf einem Smartphone. Die abweichende Haptik dürfte in den seltensten Fällen zu einer hohen Anwenderzufriedenheit führen. Für echte mobile Einsatzszenarien ist Client-Virtualisierung also nur in ganz spezifischen Bereichen angesagt. Auf anderen Feldern kommen Anwender um Apps oder den WebBrowser als Front-End für angepasste Benutzeroberflächen nicht herum.

Trotzdem haben sowohl Server Based Computing/Terminal-Server als auch Virtual Desktop Infrastructure sinnvolle Einsatzszenarien, wenngleich die Beliebtheit bei Anwendern durchaus unterschiedlich ist:

- Server Based Computing: ein seit vielen Jahren etabliertes Virtualisierungsverfahren, das nach wie vor den Client-Virtualisierungs-Markt dominiert und nach Einschätzung der Experton Group auch auf absehbare Zeit dominieren wird;

- Virtual Desktop Infrastructure (VDI): ein Virtualisierungsverfahren, das seit Jahren um den Marktdurchbruch kämpft. Die ersten Lösungen waren aber eher unreif, und erste Tests bei Kunden fielen entsprechend ernüchternd aus. Inzwischen sind die Produkte zwar weitgehend ausgereift, jedoch fehlt den meisten Anwendern der Business Case, um entsprechende Investitionen rechtfertigen zu können.

Wie Daten auf mobile Geräte kommen

Die Datenhaltung beziehungsweise die Frage, wie von den unterschiedlichen Geräten auf Anwendungsdaten und Dokumente zugegriffen werden kann, ist in vielen Unternehmen noch immer ein ungelöstes Problem. Bei den üblichen Notebooks oder Ultrabooks reichen die Standard-Policies meist völlig aus, das heißt, die Geräte haben vollen Netzzugriff, Anwendungen werden direkt installiert, und die Geräte werden so sicher eingestuft, dass im Rahmen von Zugriffsrechten auf Anwendungen und Dokumente zugegriffen werden kann.

Bei "neuen" Devices wie Tablets und Smartphones ist dies meist anders. Ein Zugriff auf das Unternehmensnetz ist nur in wenigen Fällen möglich - und nicht Best Practice! Entsprechend können Daten und Dokumente nicht einfach aus dem Netz kopiert werden. Anwender stehen also vor der Herausforderung, wie Daten und Dokumente auf diese Art von Device gebracht werden können. Es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten wie etwa Verschicken per Mail oder Nutzung eines Online-Speichers, die von den meisten Unternehmen aber untersagt sind.

Professionelle Lösungen sind aber durchaus verfügbar:

- Nutzung von Dokumenten-Management-Systemen mit entsprechenden Schnittstellen für Mobile Devices.

- Professionelle Online-Speicher, die den Unternehmensanforderungen an Sicherheit und Compliance genügen.

- Business-Apps, die das Front-End auf den entsprechenden Devices für den Daten- oder Dokumenten-, aber auch den Anwendungszugriff darstellen. Dabei kann es sich durchaus auch um HTML-5-Seiten handeln, die dann im Webbrowser ablaufen.

Apps spielen im professionellen Umfeld eine immer wichtigere Rolle. Einerseits stellen sie das Front-End zu Back-Office-Anwendungen der Unternehmen dar. Andererseits gibt es Tausende Stand-alone-Apps, die sowohl privat als auch geschäftlich relevant sein können und den besonderen Reiz der Nutzung von Smartphones und Tablets ausmachen.

Management und Sicherheit mit Mobile-Device-Management

Dass klassische Desktops und Notebooks mit geeigneter Software gemanagt werden sollten, ist inzwischen bekannt. Die Total Cost of Ownership (TCO) sinkt dramatisch, wenn die Endgeräte einheitlich zentral administriert werden. Bei mobilen Devices wie Smartphones und Tablets kommt neben der Kostenüberlegung auch eine verstärkte Sicherheitsüberlegung hinzu. Moderne Mobile-Device-Management (MDM)-Software ermöglicht es, zentral nicht nur Patches zu erzwingen, sondern auch Sicherheits- und Zugriffsregeln zu implementieren, Apps zur Verfügung zu stellen und Daten zu sichern.

Speziallösung oder übergreifendes Systemmanagement?

Anwender haben hier im Wesentlichen zwei alternative Ansatzpunkte:

- Entweder sie entscheiden sich für eine spezielle Mobile-Device-Management-Lösung, die dann parallel zur meist existierenden System-Management-Lösung für klassische Endgeräte betrieben wird,

- oder sie suchen eine Softwarelösung, die beide Welten gleichermaßen bedienen kann.

Wie so häufig bei neuen Themen, waren Anwender vor zwei bis drei Jahren noch auf den Best-of-Breed- beziehungsweise Punktlösungsansatz festgelegt, da sich die wenigsten Anbieter von System-Management-Systemen systematisch um Mobility gekümmert haben. Auch heute greifen unter den großen System-Management-Anbietern nur sehr wenige - wie etwa Matrix 42, Microsoft oder Novell - das Thema konkret auf. Dir Experton Group erwartet in diesem Bereich kurzfristig keinen dramatischen Wandel, sodass Punktlösungen nach wie vor sehr wichtig sind. (mje)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche.

Wer braucht was?

• Die meisten Mitglieder des oberen Managements konsumieren Informationen und treffen auf dieser Basis Entscheidungen. Häufig ist diese Gruppe auch auf Reisen zu Kunden, Partnern und Lieferanten. Dafür reicht in vielen Fällen ein Tablet-PC, alternativ ein Ultrabook und ein Thin Client im Büro.

• Das mittlere Management ist ebenso häufig auf Reisen wie das obere Management, muss jedoch Informationen zusätzlich auch erstellen können. Je nach Reisehäufigkeit ist entweder ein Notebook oder ein Ultrabook ideal.

• Der klassische nicht reisende Information Worker wie etwa ein Angestellter im Bereich Unternehmensstrategie ist nach wie vor am besten mit einem Desktop-PC auszustatten. Thin Clients sind oft möglich, Notebooks sollten nur zum Einsatz kommen, falls der Mitarbeiter doch gelegentlich auf Geschäftsreise geht.

• Klassische nicht reisende Task Workers - beispielsweise im Call-Center - sind nach wie vor am besten mit einem Desktop auszustatten, Thin Clients sind oft möglich, sofern die Infrastruktur nicht ausschließlich für diese meist kleine Gruppe von Mitarbeitern aufgebaut werden muss.

• Für Vertrieb und Marketing kommen in der Regel nur mobile Endgeräte in Frage. Ob Notebook, Ultrabook oder Pad wird in der Regel anhand der Reisefrequenz entschieden. Ein weiteres Kriterium ist die Notwendigkeit, Informationen zu generieren.

• Außendienstler und Servicetechniker sind häufig am besten mit einem Thin Client oder Desktop-PC im Büro ausgestattet und mit einem Pad oder Ultrabook für unterwegs.

• Sowohl in der Fertigung als auch in der Buchhaltung reichen Thin Clients wie auch Desktops-PC völlig aus.

• Ingenieur-Arbeitsplätze mit Anwendungen wie CAD, CAE (Computer Aided Design beziehungsweise Engineering) und andere sind nach wie vor häufig am besten mit einem leistungsstarken Desktop-PC ausgestattet. Sollten Reisen notwendig sein, gibt es entsprechend leistungsstarke Notebooks, die aber aufgrund ihres Gewichts eher wenig geeignet sind, um sie längere Zeit zu tragen.

Bei Smartphones stellt sich in absehbarer Zeit nicht mehr die Frage, ob auch ein klassisches Mobiltelefon ausreichen würde, da diese nach und nach vom Markt verschwinden werden. Mit anderen Worten: Jeder Mitarbeiter, der heute ein mobiles Telefon hat, wird zukünftig ein Smartphone bekommen. Ob der Mitarbeiter dann auch Zugriff auf seine E-Mail und weitergreifende Unternehmensdaten oder Anwendungen erhält, ist von der Notwendigkeit und der Firmenkultur abhängig.