So arbeiten Headhunter

Sicherheitslücke Headhunter

05.09.2008 von Matthias Sternkopf
Headhunter bewegen sich mit ihren dubiosen Methoden am Rande des Gesetzes und können die Struktur eines Unternehmens stark schwächen. TecChannel zeigt Ihnen, wie die Headhunter arbeiten, um in Unternehmen Informationen zu erschleichen und gibt Tipps, wie Sie Ihr Unternehmen dagegen schützen können.

Headhunting ist ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite eröffnet es viele Möglichkeiten, fähige Mitarbeiter für neue Projekte zu gewinnen. Auf der anderen Seite kann es für Unternehmen schmerzliche Konsequenzen haben, wenn einer ihrer besten Mitarbeiter zur Konkurrenz wechselt. Große Firmen wie Microsoft schulen ihr Personal intensiv, Headhunter nicht an die gewünschte Zielperson durchzustellen. Mittelständische Unternehmen verraten ihre Firmenstruktur dagegen allzu leichtfertig.

TecChannel zeigt Ihnen, mit welchen zum Teil zwielichtigen Methoden Headhunter an die gewünschten Informationen über die Firmen und die Mitarbeiter gelangen. Denn während zum Beispiel in den USA lügen am Telefon hart verfolgt wird, tun sich Headhunter-Agenturen in Deutschland dank lockerer Strafverfolgung wesentlich leichter.

Kopfjäger: Meist suchen die Headhunter Spitzenkräfte für Managerpositionen.
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Wenn der Headhunter erst mal die Kontaktdaten der Zielperson hat, kann es für die Firma bereits zu spät sein. TecChannel befragte den Researcher einer Headhunting-Agentur, der dafür verantwortlich ist, die Kontaktdaten der Zielpersonen zu ermitteln.

Was ist ein Headhunter?

Ein Headhunter akquiriert im Auftrag eines Unternehmens Fachpersonal für offene Stellen. Das Besondere dabei ist, dass sie direkt bei der Konkurrenz anwerben, um die besten Mitarbeiter zu gewinnen. Personalabteilungen sind da meist die Hände gebunden, sie können lediglich Annoncen in Zeitungen und im Internet schalten. Genau das versuchen immer mehr Unternehmen zu verhindern – aus Angst, der Konkurrenz ein Zeichen der Schwäche zu geben.

Die erste Headhunter-Agentur, auch Executive Search Agency genannt, entstand Anfang der 50er-Jahre in den USA. Vor etwa 30 Jahren etablierten sich Headhunter-Agenturen auch in Deutschland. Heute sind die Personalvermittler aus dem deutschen Wirtschaftsraum kaum noch wegzudenken.

Die Arbeit eines Headhunters beginnt üblicherweise dann, wenn sich ein Unternehmen mit einer offenen Stelle bei dem Personalvermittler meldet. Meist suchen die Unternehmen Führungspositionen mit einem Jahreseinkommen von 120.000 Euro aufwärts. Der Headhunter soll nun einen geeigneten neuen Mitarbeiter für die vakante Stelle finden – im Idealfall aus dem direkten Mitbewerb. Dafür bekommt er 25 bis 50 Prozent des Jahreseinkommens plus Prämie.

Geldsammler: Die Headhunter lassen sich ihre Verschwiegenheit gut bezahlen.
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Um seinen Personalauftrag erfüllen zu können, bekommt der Headhunter vom Auftraggeber Informationen über die fachlichen und persönlichen Qualifikationen, die der neue Stelleninhaber vorweisen soll. Außerdem bekommt er eine Zielgruppenliste mit Brancheninterna, wie die Namen der Konkurrenzunternehmen, in denen Personen für die zu besetzenden Positionen arbeiten. Mit diesen Personen setzt sich der Headhunter in Kontakt, um ihnen ihr Angebot unterbreiten zu können.

So kommt der Headhunter an Ihre Daten

Genau an dieser Stelle haben viele Unternehmen die beste Gelegenheit, ihre Firma davor zu schützen, dass Mitarbeiter zur Konkurrenz wechseln. Leider wird sie nur in den seltensten Fällen wahrgenommen. Oft haben es die Headhunter-Agenturen nur allzu leicht, an die gewünschte Person heranzutreten.

„Natürlich kann ich bei einem Anruf nicht direkt der Dame am Empfang meine wahren Absichten verraten. Niemals würde sie mich dann noch durchstellen“, so Bastian Müller (Name von der Redaktion geändert), Researcher bei einem großen Headhunter, gegenüber TecChannel. Deswegen bedienen sich Headhunter einiger Tricks und Kniffe, die im rechtlichen Graubereich angesiedelt sind.

Headhunter versuchen, meist unter einem Vorwand, an die Zielperson durchgestellt zu werden und von dieser dann die gewünschten Qualifikationen zu erfahren. „Ein beliebter Trick ist es vorzugeben, einen Sprecher zu einer Podiumsdiskussion zu einem speziellen Thema zu suchen.“ Dieses Thema entspricht dann exakt der vom Auftraggeber gesuchten Qualifikation für die zu besetzende Stelle. „Meistens weiß die Empfangsdame über die Spezialgebiete der Firmenmitarbeiter nicht bis ins Detail Bescheid und vermittelt mich an die Person weiter.“

Telefon-Aquise: Meist versuchen die Headhunter-Agenturen telefonisch untere einem Vorwand an persönliche Daten von Mitarbeitern zu kommen.
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An dieser Stelle hat das Unternehmen seinen Mitarbeiter im schlimmsten Fall schon an die Konkurrenz verloren. „Wenn ich potenzielle Kandidaten für die offenen Stellen am Apparat habe, lasse ich meine Maske noch nicht fallen. Ich muss mir erst ganz sicher sein, dass er menschlich und von seiner fachlichen Qualifikation perfekt zu unserem Auftraggeber passt. Erst danach wird die Zielperson von einem Kollegen angerufen, der sich dann auch als Headhunter unserer Agentur zu erkennen gibt.“

So schützen Sie Ihr Unternehmen vor Headhuntern

Rechtlich bewegen sich die Headhunter dabei am Rande der Legalität. Denn generell dürfen in Deutschland persönliche Daten nicht erschlichen werden. Glück für die Headhunting-Agenturen: Bisher wurde gegen die dubiosen Methoden kaum vorgegangen. Der Grund dafür dürfte sein, dass solche Fälle des Erschleichens persönlicher Daten nur in den seltensten Fällen auffliegen.

Rechtliche Grauzone: Mit ihren Methoden zur Informationsbeschaffung balancieren die Headhunter am Rande der Legalität.
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Wer seine Firma gegen Headhunter schützen will, muss vor allem bei seinen Sekretärinnen und im Call-Center ansetzen. Intensive Schulungen helfen, den potenziellen Researcher einer Headhunting-Agentur zu erkennen und sofort abzuweisen. Das kostet auf der einen Seite Geld für die Schulungen und den Arbeitsausfall, kann aber auf der anderen Seite verhindern, dass Spitzenkräfte aus den eigenen Reihen zur Konkurrenz abwandern.

„Es ist unglaublich, wie einfach vor allem mittelständische Unternehmen ihre interne Firmenstruktur preisgeben“, weiß Bastian Müller. „Besonders große Unternehmen wie Microsoft entlarven solche Methoden sofort.“ Doch auch große Unternehmen haben ungeschützte Stellen, an denen Headhunter leicht ansetzen können.

Die Schwäche der Großen

„Bei großen IT-Unternehmen ist es manchmal besonders leicht, die Kontaktdaten der gewünschten Person zu erfahren“, erzählt Bastian Müller. Und das sei sehr paradox. „Denn zum einen haben die großen Firmen wie Microsoft, Infineon, Siemens und Co. eine besonders strenge Firmenpolitik und extrem gut geschulte Mitarbeiter, die jeden Headhunter sofort abweisen. Zum anderen sind vor allem die IT-Spezialisten fast alle in der Business-Community Xing vertreten und schreiben dort völlig offen von ihrem Expertenwissen.“

Alles was ein Researcher benötigt, um diese Informationen zu ermitteln, ist ein Pro-Account bei Xing oder, wenn internationale Spitzenkräfte gesucht werden, bei LinkedIn. Mit ein wenig Erfahrung kann unter dem Menüpunkt „Erweiterte Suche“ nach der derzeitigen Firma und der derzeitigen Position gesucht werden. Für den Mitarbeiter, der auf diese Art und Weise gefunden wird, kann sich dies durchaus lohnen, wird er doch direkt und schnell von Headhuntern gefunden.

Schwachstelle Communitys: Über die erweiterte Suche bei Xing finden Headhunter bevorzugt IT-Experten.

Firmen sollte es dagegen ein Anliegen sein, dass solche konkreten beruflichen Informationen nicht frei auf einer Business-Seite einzusehen sind. Das ist besonders widersprüchlich, wenn man bedenkt, dass große Firmen viel Geld investieren, um Headhuntern ihren Beruf möglichst schwer zu machen.

Eine Möglichkeit, dies zu unterbinden, könnte eine Klausel im Arbeitsvertrag sein, die es Mitarbeitern in kritischen Positionen verbietet, auf Community-Seiten die exakte Position im Unternehmen anzugeben. Solche Maßnahmen müssen vorher aber unbedingt mit der Rechtsabteilung geklärt werden. (mst)