Leitfaden SharePoint-Rollout

SharePoint erfolgreich einführen - Darauf müssen Sie achten!

15.12.2010 von Siegfried Lautenbacher
SharePoint kann die Zusammenarbeit von Mitarbeitern deutlich effizienter gestalten. Mit der reinen Installation ist allerdings nicht getan. Nachfolgend ein paar Regeln, die man beim Ausrollen von Sharepoint beachten sollte.

Geht es darum, in verteilten Teams mit Informationen und Dokumenten gemeinsam umzugehen, steht bei vielen Unternehmen SharePoint als Lösung ganz oben auf der Agenda. Dies aus gutem Grund, denn zumindest theoretisch lässt sich die Zusammenarbeit der Mitarbeiter so deutlich effizienter gestalten.

Mitarbeiter können Dokumente zeitgleich und kontextbezogen bearbeiten und verwalten. Klingt gut, und insbesondere wenn unternehmensweit damit gearbeitet wird. Dann profitieren auch Teams, die sich nur für bestimmte Projekte zusammenfinden (müssen) von dieser Lösung. Wie so häufig genügt es allerdings nicht, dass Werkzeug den Mitarbeitern einfach zur Verfügung zu stellen.

Gerade bei Collaboration-Werkzeugen wie SharePoint ist die Einführung am einzelnen Arbeitsplatz ein entscheidender Erfolgsfaktor. Häufig ändert sich sowohl für den einzelnen Mitarbeiter als auch für die Fachabteilung die Kommunikationskultur. Worauf es bei der Einführung von SharePoint ankommt, soll Ihnen folgender Punkteplan verdeutlichen.

1. Ganzheitlicher Ansatz anstatt Stückwerk

Richtig: Am Anfang steht der Status Quo und das Ziel. Zunächst müssen die IT-Verantwortlichen sich einen Überblick darüber verschaffen, wie ihre derzeitigen Kommunikations- und Informationsprozesse verlaufen. Wie werden Dokumente und Informationen im Team ausgetauscht, verwaltet und bearbeitet? Wieviele Systeme sind in die Abwicklung involviert und wieviele von ihnen müssen die Mitarbeiter demnach beherrschen, um ihren Job erfolgreich zu erledigen? Wie einfach können die Mitarbeiter bisher Informationen aus unterschiedlichen Quellen nutzen, um diese dann gemeinsam im Team zu bearbeiten oder zusammenzuführen? Die Antworten auf diese Fragen ergeben ein Bild des Ist-Zustands, der aktuellen Arbeitsorganisation, und sie zeigen Schwachstellen auf, die im Hinblick auf das geschäftliche Ziel optimiert werden müssen.

Das Ziel für die Einführung von Sharepoint muss sich immer am Unternehmensziel ausrichten. Für eine Umsatzsteigerung müssen beispielsweise die Informationsflüsse besser strukturiert oder die Reisekosten massiv zurückgefahren werden. In jedem Fall sollte schon bei der initialen Einführung daran gedacht werden, wie sich in den kommenden Jahren der Status der Zusammenarbeit über die jeweils eingesetzten Plattformen weiterentwickeln kann, zum Beispiel durch die Integration sozialer Netzwerke.

Falsch: Unmittelbarer Bedarf birgt immer das Risiko von unüberlegtem, vorschnellem Handeln. Mit einer raschen, generischen Einführung und prompter Verfügbarkeit für die Mitarbeiter ("SharePoint steht jetzt an allen Arbeitsplätzen zur Verfügung") berücksichtigt die IT häufig nicht die Anwendungsinteressen der Mitarbeiter und agiert schlicht am Bedarf vorbei. Meist orientiert man sich hier am neusten technischen Stand, nicht aber am Mitarbeiterbedarf. Die Folge: Jeder Nutzer macht was er will. Dadurch wird die Administration des Systems komplexer, weil durch Customizing und sonstige individuelle Besonderheiten die Übersicht verloren geht.

2. Nicht ohne den Betriebsrat

Richtig: Bevor die eigentliche Einführung ansteht, muss der Betriebsrat in das Projekt involviert werden. Schließlich geht es hier auch um einen permanenten Austausch personenbezogener Daten und Informationen. Daher ist es sinnvoll, dem Betriebsrat ein Verständnis für die Vorzüge sowie die Art und Weise der Zusammenarbeit über SharePoint zu geben.

Falsch: Eine "mächtige Plattform" wie SharePoint ohne entsprechende Aufklärung und Genehmigung durch den Betriebsrat einzuführen wäre fatal, da es sich um den Austausch personenbezogener Daten handelt, die laut BDSG äußerst strikten gesetzlichen Vorgaben unterliegen.

3. Interne Multiplikatoren aufbauen

Richtig: Die IT-Abteilung muß vor der eigentlichen Einführung frühzeitig ihre "Multiplikatoren" benennen. Dieser Personenkreis sollte für die übrigen Mitarbeiter ein Vorbild verkörpern und infolgedessen innerhalb der einzelnen Teams die mit SharePoint arbeiten müssen, auch eine "Führungsrolle" übernehmen. Diese Multiplikatoren sollten dann auch direkt zu den SharePoint-spezifischen "Team-Site Ownern" ernannt werden, deren Aufgabe es ist, dafür zu sorgen, dass alle Mitarbeiter im Team die Plattform akzeptieren und lernen, mit ihr zu arbeiten.

Falsch: Eine Sharepoint-Einführung ganz ohne fachliche Vorbilder zu planen, birgt die Gefahr des Scheiterns, da die gesamte Feedback-Kommunikation über den Flaschenhals IT abgewickelt wird. Die IT-Abteilung wäre damit zwangsläufig überlastet. Zudem existieren ohnehin häufig Spannungen zwischen den Endanwendern und der IT. Auch im Hinblick auf das eigentliche Ziel von Collaboration wäre dieser Ansatz kontraproduktiv, geht es doch gerade darum, sich innerhalb eines Kompetenzteams vielseitig auszutauschen, statt in bekannten Kommunikationsmustern zu verharren.

4. "Quick wins" identifizieren

Richtig: Es ist empfehlenswert, die SharePoint-Einführung in kleinen Schritten mit Teillösungen vorzunehmen. Naheliegend sind hier zunächst Anwendungen, die bei vielen Mitarbeitern schon zu liebgewonnenen Gewohnheiten geworden sind: Beispielsweise keine E-Mail-Attachments mehr, damit diese Dokumente dann nur noch über SharePoint bearbeitet werden können. So genannte Leuchtturm-Anwendungen, also Lösungen die mit SharePoint häufig und von vielen Mitarbeitern genutzt werden, können anschließend identifiziert und klar benannt werden. Durch praxisnahe und gezielte Informationen lassen sich die Vorteile der Applikationen transparenter darstellen, wodurch das Nutzerverhalten gesteuert wird und die Akzeptanz für die neue Lösung steigt. So wird den Mitarbeitern durch "learning by doing" schrittweise der Vorteil der Plattform klar und sie werden allmählich an die praktische Nutzung herangeführt.

Falsch: Das gesamte SharePoint-Portfolio über alle Fachbereiche gleichermaßen ausrollen. Dadurch besteht die große Gefahr der mangelnden langfristigen Akzeptanz bei den Mitarbeitern. Aufgrund dessen hat die IT keine Möglichkeit, eventuelle Schwachpunkte in der Anwendung rechtzeitig zu erkennen.

5. Konkreten Nutzen kommunizieren

Richtig: Es ist in jedem Fall notwendig, die einzelnen Bausteine im Kontext des jeweiligen Endanwenders zu kommunizieren. Den entsprechenden Personen muss klar werden, warum zum Beispiel die synchrone Bearbeitung eines Dokuments für den eigenen Job gewinnbringend ist oder inwiefern Wikis die Arbeit künftig sinnvoll unterstützen können. Wichtig dabei: Das neue Office-Portfolio sollte den Mitarbeitern entlang ihrer speziellen Arbeitssituation immer angeboten, nie aufgezwungen werden. Die IT muss in der Lage sein, Funktionalitäten, die in der Zukunft für den Mitarbeiter wichtig werden, frühzeitig zu antizipieren.

Falsch: Wer bei einer Einführung lediglich generisch von "Wir haben jetzt auch SharePoint im Einsatz" spricht, darf sich über Akzeptanzprobleme bei Mitarbeitern und externen Partnern nicht wundern. Diese Form der Präsentation vermittelt niemandem den Nutzen für den eigenen Arbeitsbereich.

6. Architektur dynamisch halten

Richtig: Richtlinien für die architektonische Weiterentwicklung müssen entlang der Business-Zielsetzung entwicklungsfähig bleiben, beispielsweise für eine bessere Skalierbarkeit. Das bedeutet allerdings nicht, dass es keinerlei "Visual Basics" bedarf. Diese sollten eine einheitliche Basis (zum Beispiel Dashboards) für den weiteren Ausbau von SharePoint darstellen. Das erleichtert den Anwendern zudem die Nutzerführung und motiviert sie, die Lösung im Alltag zu nutzen.

Falsch: Eine statische SharePoint-Architektur, losgelöst von anwendungsbezogener Nutzerführung und Kommunikationsflüssen aufzusetzen, ist nicht zielführend.

7. Die Sprache des Anwenders sprechen

Richtig: Da jeder Fachbereich SharePoint als individuelle Kommunikationsgrundlage für seine eigene Aufgabenstellung sieht, sollte die IT bereits in der Konzeptionsphase genau wissen, welche Teams über SharePoint zusammenarbeiten sollen. Welche Kommunikationsprozesse wird das Projekt-Management benötigen, welche die Marketingabteilung? Stehen die jeweiligen Set-ups fest, sollte der Mehrwert über die neue Form der Zusammenarbeit auch in der Sprache der jeweiligen Anwender kommuniziert werden. Diese Aufgabe muss nicht zwingend die IT-Abteilung übernehmen.

Falsch: Eine lösungsorientierte Kommunikation über IT-Administratoren oder andere Techniker ist kaum zu vermitteln. Der Endanwender fühlt sich weder verstanden noch angesprochen. Techniker, die meist für die Einführung von SharePoint verantwortlich sind, denken und handeln funktionsorientiert.

8. Veränderte Verantwortlichkeiten

Richtig: Da die Einführung von SharePoint auch eine veränderte Rollenverteilung mit sich bringt, sollte diese schon während des Roll-outs "gelebt" werden. Ein Team-Site Owner ist für das gesamte Management der Teamräume, zum Beispiel für die Vergabe von Berechtigungen, zuständig. Dementsprechend sollte er gegenüber den Mitarbeitern von Anfang an in dieser Funktion auftreten. Die IT tritt idealerweise bei der eigentlichen Umsetzung in den Hintergrund und hat hier die Lotsenfunktion inne.

Falsch: Die Zuständigkeiten nicht abändern, obwohl sich die Art der Zusammenarbeit grundlegend verändert.

9. Sozio-hierarchische Unterschiede berücksichtigen

Richtig: Bei der Einführung muss die IT unbedingt verstärkt darauf achten, wer voraussichtlich in der Zukunft über SharePoint miteinander arbeiten wird, und wo es zu Kompetenz-Gerangel kommen könnte. Tendenziell tun sich jüngere digital-affine Mitarbeiter leichter, die neue Arbeitsform anzunehmen. Ältere Mitarbeiter oder auch das Management benötigen unter Umständen länger, um sich auf den Austausch mit jüngeren Kollegen einzulassen. Das sollte die IT mit ins Kalkül nehmen. Die Scheu vor der Zusammenarbeit mit bisher unbekannten Kollegen, beispielsweise im internationalen Umfeld, sollte klar als Chance kommuniziert werden.

Falsch: Die Plattform ungeachtet der sozio-hierarchischen Unterschiede einzuführen und darauf zu hoffen, das alles gut gehen wird.

10. Kontrollmechanismen berücksichtigen

Richtig: Bereits innerhalb der Konzeptionsphase sollten die herkömmlichen Kontrollmechanismen überdacht werden. Fragen wie "Welche Kontrollmechanismen greifen innerhalb einer komplett transparenten Arbeitsweise?", "Wie kann eine produktive Arbeitsweise außerhalb der Tools sichergestellt werden?", müssen im Vorfeld geklärt sein.

Falsch: Mitarbeiter ohne ausreichende Vorinformation mit SharePoint zu konfrontieren und sich darauf zu verlassen, dass allein die Präsenz in der Plattform ein Garant für mehr Produktivität des Mitarbeiters ist, stellt sich als Irrtum heraus.

11. Gewohnheiten verändern

Richtig: Die schwierigste Aufgabe bei einer SharePoint-Integration liegt zweifelsohne darin, langfristig die Gewohnheiten der Mitarbeiter verändern zu müssen. Das führt nur über die Motivation und Überzeugung jedes Einzelnen zum Ziel. Auch hier empfiehlt es sich, Veränderungen schrittweise über die tägliche Nutzungssituation herbeizuführen. Beispielsweise könnte man den Mitarbeitern aktuelle News gleich über den Browser auf der SharePoint-Oberfläche anzeigen. Sie finden dann stets aktuelle Inhalte vor. Ziel muss es sein, die dauerhafte Erkenntnis, es wird "einfacher, schneller, besser", beim Mitarbeiter hervorzurufen und die neue Arbeitsweise auch von Anfang an im Management vorzuleben.

Falsch: Es zuzulassen, dass Mitarbeiter immer wieder in alte Arbeitsmuster zurückfallen, indem sie beispielsweise Dokumente ausschließlich per Mail verschicken, unterschiedliche Ablagesysteme nutzen oder diverse Dokumentversionen im Einsatz haben. In diesem Fall wird SharePoint leicht als unnötiger Zeitfresser verstanden, der mehr Aufwand produziert, als er einspart. (mje)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche.