Selber machen oder mieten

21.01.2000
Zum Abschluss der Serie über E-Business zeigen wir am Beispiel ausgewählter Shop-Systeme Unterschiede beim Funktionsumfang und der technischen Umsetzung solcher Lösungen. Neben Standardsoftware werden einige Mietshops vorgestellt. Kai-Oliver Detken, Bernd Reder

Wer einen Online-Shop aufbauen möchte, hat zwei Alternativen: entweder selbst Hand anlegen und einen Internet-Laden in Eigenregie aufzubauen, oder bei einem Dienstleister einen Shop mieten. Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen, die über geringe Erfahrung im Online-Business verfügen, ist es eine Überlegung wert, zunächst mit einem Miet-Shop Know-how aufzubauen, bevor sie auf eine eigene Lösung umsteigen. Denn auch eine "Lösung von der Stange" erfordert eine Menge Programmieraufwand - auch wenn viele Anbieter von Shop-Software diesen Punkt häufig herunterspielen. Im folgenden zeigen wir am Beispiel einiger Shop-Systeme und Mietshops, welche Arten von Lösungen vorhanden sind. Eine Marktübersicht über Shop-Systeme ist für eine der kommenden Ausgaben geplant.

Eine der bekanntesten Online-Shoplösungen stammt aus dem Hause Intershop. Der Interessent kann zwischen vier Versionen von "Intershop Online 3" wählen; die billigste kostet etwa 11000 Mark. In Bezug auf den Funktionsumfang zählt die Intershop-Software zur Spitzenklasse. Besonders ausgeprägt ist der Backoffice- und Back-end-Bereich. Alle Versionen enthalten eine SQL-Datenbank von Sybase, die für eine mittlere Auslastung ausgelegt ist. Intershop ist für die üblichen Betriebssysteme und Server erhältlich und bietet alle Vorteile einer Standardsoftware, inklusive der Anbindung an Zahlungssysteme wie SET, Cybercash oder Kreditkarte sowie an Warenwirtschaftssysteme. Die Shop-Software benötigt 600 MByte auf der Festplatte und zwei IP-Adressen, um Datenbank und Frontend (Storefront) zu trennen. Verwalten lässt sich der Laden mit Hilfe eines Browser-gestützten Werkzeuges.

Mit 7000 Mark für die Grundversion ist die "Electronic Commerce Suite 3.0.x" von Icat preiswerter als Intershop 3. Der Anwender hat die Wahl zwischen einer Standard- und Professional-Ausgabe. Das Verwaltungswerkzeug ist in zwei Programme aufgeteilt: das Back Office und die Dateneingabe. Beide sind über einen Browser zu bedienen. Das System unterstützt Staging; das heißt, der Betreiber kann das Design seines Ladens mit Hilfe eines "Staging Store" ändern, ohne seinen Internet-Shop vom Netz nehmen zu müssen.

Catalog: Entwicklungswerkzeug mit an Bord

Auch das "Catalog"-System von Catalog International besteht aus zwei Teilen: dem Entwicklungswerkzeug "Catalog Builder" und dem "Catalog Manager". "Builder" läuft unter Windows 9x und NT; dieser Teil ist für die Organisation und Darstellung der Site-Struktur zuständig. "Manager" wird auf NT- oder Unix-Servern installiert und steuert die Kommunikation mit dem Web-Server und der Datenbank. Der "Manager" setzt sich wiederum aus den Modulen "Publisher", "Commerce" und "Statistics" zusammen. Publisher erzeugt dynamische Dokumente; das Commerce-Modul stellt die E-Commerce-Funktionen zur Verfügung. Statistics schließlich generiert Berichte. Es werden alle ODBC-Datenbanken unterstützt, ebenso Oracle, Sybase und Informix, SQL-Server und SAP R/3.

"Catalog Builder" verfügt weder über Templates noch Assistenten, bietet dafür aber eine komplette Entwicklungsumgebung. Jede Seite wird aus Komponenten aufgebaut. Dies können ein Warenkorb oder eine Suchfunktion sein, aber auch Module für die Abwicklung von Lieferung und Zahlung. Neben Cybercash und Bezahlen mit Kreditkarte wird SET unterstützt. Besonders hilfreich ist eine Funktion, die den Shop testet, bevor er online geht. Catalog kostet etwa 6600 Mark.

Cappuccino: Komplett in Java

Die Stärke von "Cappuccino" von Bean Systems ist die flexible Konfiguration. Bei Bedarf kann der Anwender ein Warenwirtschaftssystem anbinden, Kreditkartenfunktionen einbauen oder seine Site mehrsprachig gestalten. Der Shop unterstützt die gängigen Datenbanken sowie Systeme mit ODBC-Schnittstelle. Der Kunde greift über einen Java- oder HTML-Client auf den Online-Laden zu. Die Shop-Software selbst ist komplett in Java geschrieben und somit von Betriebssystemen unabhängig. Der Interessent kann das Shop-System kaufen oder mieten. Im letzteren Fall läuft der Shop auf dem Server des Herstellers. Für 150 Mark pro Jahr kann eine Firma 50 Artikel im Netz präsentieren, für 300 Mark bis zu 500 Artikel, und für eine Pauschale von 450 Mark eine unbegrenzte Zahl von Waren. Auch die WWL Internet AG bietet ein Shop-System an. Es besteht aus dem Erzeugerprogramm und dem eigentlichen Einkaufssystem. Der Vorteil ist, dass der Anwender schnell und mit geringem Aufwand ein Standard-Shopping-System aufbauen kann, das zunächst auf komplexe Funktionen wie elektronische Bezahlung und Anbindung an professionelle Datenbanken verzichtet.

Das System läuft auf einem NT-4.0-Server mit Microsofts Internet Information Server ab Version 3.0. Bei der Wahl der Datenbank hat der Benutzer dank Unterstützung von ANSI-SQL und ODBC mehrere Optionen, wobei gegenwärtig noch Access 8.0 verwendet wird. Die Anbindung an Datenbanken und das Bestellwesen erfolgt über die Programmiersprache ASP und Java-Servlets. Die Lösung ist komplett in Java aufgebaut. ActiveX und Plugins werden allerdings aus Sicherheitsgründen nicht verwendet. Wer keine Standardsoftware kaufen oder selbst eine Lösung entwickeln möchte, kann einen Online-Laden mieten. Diesen Service bieten beispielsweise Internet-Serviceprovider oder die Betreiber von Online-Einkaufsstraßen (Malls) an.

Electronic-Shops auf Mietbasis

Ein Beispiel für einen Miet-Shop ist der Micro-Shop der Berliner Firma Deu.Net. Die "Light"-Version mit bis zu drei Produkten kostet nichts. Bei einem größeren Angebot mit bis zu 100 Artikeln sind 14,50 Mark pro Monat fällig. Eine Datenbankanbindung und einen Warenkorb gibt es nicht, dafür aber einen sicheren SSL-Kanal. Bestellungen werden per E-Mail zum Anbieter übertragen. Allerdings lassen sich die Seiten des Shops nur in eine bereits vorhandene Homepage des Anbieters integrieren. Im Gegensatz zu Micro-Shop sind die Online-Läden von Go-Shopping auf dem Server des Diensteanbieters untergebracht. Der Anwender kann neben dem Laden noch eine Homepage und einen E-Mail-Account ordern. Außerdem stellt der Anbieter auf Wunsch eine Domain zur Verfügung. Der günstigste Shop kostet fünf Mark im Monat. Bei dieser Version können bis zu 100 Artikel auf einer Seite präsentiert werden. Ein Warenkorb ist nicht vorhanden.

Das Flaggschiff ist die Version "Warenkorb", die für bis zu 5000 Artikel ausgelegt ist. Neben Warengruppen und einem frei wählbaren Layout bietet sie eine Volltextrecherche und - wie bereits der Name sagt - eine Warenkorbfunktion. Kostenpunkt: rund 350 Mark monatlich. Das Yahoo-Shopping-Tool basiert auf der Software von Viaweb Software. Für 100 Dollar pro Monat sind bis zu 50 Artikel in dem Yahoo-Shop unterzubringen. Für 1000 Artikel sind 1000 Dollar pro Monat fällig. Alle Funktionen sind direkt aus dem Browser heraus zugänglich. Die Handhabung ist einfach, was der Interessent selbst während eines kostenlosen Probezugangs ausprobieren kann. Besonders hervorzuheben sind die Analysefunktionen. Sie erlauben eine Auswertung des Besucherverhaltens und der Verkaufszahlen, inklusive einer Auflistung des Umsatzes.

Zur Person

Kai-Oliver Detken

studierte Informationstechnik an der Universität Bremen. Gegenwärtig ist er als Berater bei der Firma Optinet tätig.