"Sehr gut" mit Vorbehalt

03.11.2000
Der modulare Layer-3-Switch verspricht mittelständischen Firmen eine performante Backbone-Anbindung. Leider schickte uns der Hersteller ein schwarzes Schaf, denn die Quality-of-Service und das Routing im Gigabit-Ethernet hatten Fehler. Glänzend absolvierten jedoch die übrigen Module unsere Performance-Tests.

Von: Herbert Almus, Inti Florez-Brandel, K. Plessner

Nachdem 3Com vor einigen Monaten im Zuge einer Restrukturierung aus dem Geschäft mit Ethernet-Switches für große Unternehmensnetze ausgestiegen war, begann man im Sommer die Produktion der Nachfolger zur "Corebuilder"-Reihe, mit Layer-3-Geräten der Workgroup- und Backbone-Klasse. Damit nicht der Eindruck entsteht, der Hersteller sei inkonsequent, spricht er mit den Produkten jetzt ausdrücklich den Mittelstand an. Gemeint sind dabei Unternehmen, die an einem Standort bis zu 2500 Rechner einsetzen. Nach Aussagen von 3Com betrifft das nur rund 100 Firmen in Deutschland.

Im Unterschied zum Vorgängermodell hat 3Com den 4007 als "Plug-and-Play-Switch" ausgelegt, den eine "radikale Einfachheit" in Sachen Bedienung und Konfiguration auszeichnen soll. "Backbone in a Box" heißt die Marketingparole, die dem Kunden das neue Konzept nahe bringen will. Damit sich insbesondere mittelständische Anwender bei der Installation leicht tun, liefert der Hersteller den Switch in vorkonfigurierten Paketen aus. Diese kann der Kunde auf Wunsch nachträglich durch weitere Module ergänzen. Vier 7-Slot-Basiskonfigurationen stehen ihm dabei zur Wahl, wenn er die Module nicht speziell nach seinem Bedarf zusammenstellt; zum Beispiel das "Gigabit Ethernet Layer 2 Bundle" mit zwei 9-Port-Gigabit-Ethernet-Modulen oder das "Gigabit Ethernet Layer 3 Bundle" mit einem 4-Port-Gigabit-Ethernet-Routing-Modul und einem 9-Port-Gigabit-Ethernet-Modul.

Mit einer Backplane-Kapazität von 120 GBit/s nimmt der 4007 eine Switch Fabric von 18 GBit/s beziehungsweise 54 GBit/s auf und bedient maximal 54 Gigabit-Ethernet-Ports oder 216 Fast-Ethernet-Ports. Nach Ansicht von 3Com eignet er sich damit für Netze mit bis zu 2500 Benutzern.

Zum Test haben wir das Basischassis mit folgenden zwei Modulen bestückt:

- ein Gigabit-Ethernet-Modul mit 9 SX-Ports: nur Layer-2-Switching,

- ein Gigabit-Ethernet-Modul mit 4 SX-Ports: Layer 2 und Layer 3.

Als Messgerät diente "1600 Traffic Generator/Performance Analyzer" von Ixia mit 20 100-Base-TX-Ports und acht 1000-Base-SX-Ports. Die Testsuites (unter anderem "Advanced Tcl Script Suite ATSS" von Ixia für Jitter-Tests) entsprachen den IETF-Normen:

- RFC 1242: Benchmarking Technology for Network Interconnection Devices,

- RFC 1944: Benchmarking Methodology for Network Interconnection Devices,

- RFC 2544: Benchmarking Methodology for Network Interconnection Devices Part 2 und

- RFC 2285: Benchmarking Methodology for LAN Switching Devices.

Zusätzliche Protokolle wie "Flow-ctrl", "STP", "Autoneg", "OSPF" und "RIP" haben wir deaktiviert, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen.

Um den Durchsatz auf der dritten Ebene des OSI-Schichtenmodells zu prüfen, simulierte das Messgerät Endgeräte mit eigenen IP-Adressen. Jedem Port des Switches wurde ein IP-Netz zugeordnet. Was die Verdrahtung anbelangt, haben wir die symmetrische Variante gewählt und 12 Fast-Ethernet-Ports und 4 Gigabit-Anschlüsse des 4007 eins zu eins mit den Buchsen des Messgeräts verbunden, also Port 1 des Switches mit dem ersten Ixia-Port, Port 2 mit dem zweiten und so weiter.

Solide Performance

Die Senderichtung der Frames wurde so gewählt, dass immer benachbarte Ports Frames bidirektional zueinander sandten, also Port 1 nach Port 2 und umgekehrt, Port 3 nach Port 4 und umgekehrt, bis Port 15 nach Port 16 und umgekehrt. Um die Routing-Engine mehr oder weniger stark auszulasten, wiederholten wir die Tests mit unterschiedlich vielen IP-Strömen pro Port. Wir begannen die Messungen mit je einer IP-Adresse und erhöhten anschließend auf 50 und 250 Knoten pro Subnet. Dadurch bildeten wir ein Fast-Ethernet mit insgesamt 12 beziehungsweise 600 oder 3000 Hosts nach, die gleichmäßig auf 12 Subnetze verteilt sind. Die vier Gigabit-Ethernet-Ports zeigten ein Netz aus 200 beziehungsweise 1000 Hosts. Die Tests dauerten 30 Sekunden und unterschieden nach Standard die Paketgrößen 64 Byte, 128 Byte, 256 Byte, 512 Byte, 1024 Byte, 1280 Byte und 1518 Byte.

Der Prüfling löste in puncto Fast-Ethernet alle Aufgaben perfekt, solange sie "im Rahmen blieben", also unterhalb der vom Hersteller gegebenen Grenze von 2500 Rechnern. Denn erst 3000 Endgeräte über 12 Netze verteilt brachten bei den kleinsten Paketen der Größe 64 Byte starke Verluste ein. Die Routing-Leistung ist daher tadellos.

Bei den Gigabit-Tests gab es Probleme mit der Adressauflösung. Die vom Messgerät gesandten ARP-Requests (ARP = Adress Resolution Protocol) wurden vermutlich nicht oder nur falsch beantwortet. Ob der Fehler beim 3Com-Gerät lag oder nicht, konnten wir allerdings nicht mit Sicherheit feststellen.

Die Latenzzeiten maßen wir genauso wie den Durchsatz in einer Eins-zu-eins-Konfiguration mit Frames, die zwischen benachbarten Ports hin und her gingen. Pro Ausgang definierten wir ein Netz und eine IP-Adresse. Die Ports mussten dabei verschiedene Auslastungen bewältigen, nämlich 90, 99 und 100 Prozent; jedoch keine Überlasten, weil diese stets zu nicht reproduzierbaren Ergebnissen führen. Die Testdauer betrug 30 Sekunden; die verwendeten Frame-Größen waren dieselben wie bei den Durchsatztests.

Die gemessenen Werte sprechen für hohe Qualität, denn sie unterscheiden sich kaum von den üblichen Layer-2-Zeiten. Mit anderen Worten arbeitet das Gerät auf der zweiten und dritten OSI-Schicht ungefähr gleich schnell. Die erhöhten Latenzzeiten bei einer vollen Belastung bedeuten in der Praxis keinen Nachteil, weil der 100-Prozent-Fall nur selten vorkommt.

Keine Signalfehler durch Jitter

Der Begriff "Jitter" bezeichnet Phasenschwankungen beziehungsweise Änderungen von Signalfrequenzen. Ein Effekt, der speziell bei hohen Frequenzen auftritt und zu Datenverlusten führt. Bei Voice-over-IP macht sich der Fehler im Klang bemerkbar. Gemessen wird der Jitter zum Beispiel anhand der Schwankungen in den zeitlichen Abständen der Maxima eines Digitalsignals. Das Maß der Wahl für Schwankungen ist die statistische Größe der Standardabweichung. Das Ixia-Gerät testet den Jitter mit Hilfe eines Scripts, das eine Anzahl eingehender Pakete speichert und die Abstände zwischen den Paketen errechnet. Die Konfiguration war dieselbe wie bei den Latenztests.

Die Jitter-Werte sind gut und geben keinen Anlass zur Beanstandung. Hohe Varianzzeiten bei kleinen Paketen (64 Byte) liegen dem Paketverlust zugrunde und sind nicht zur Charakterisierung des Systems geeignet. Denn bei Paketverlusten lässt sich das Messverfahren nicht sinnvoll interpretieren. Deshalb haben wir die Werte nicht in das Diagramm mit aufgenommen. Sie sind in den online veröffentlichten Reportdateien nachzulesen.

Schließlich prüften wir den Fast-Ethernet-Durchsatz einer Many-to-Many-Konfiguration. Das heißt, wir ermittelten die Paketverlustrate für Belastungsszenarien, bei denen mehrere oder auch alle Ports gleichzeitig Daten senden und empfangen sollten. Verdrahtet waren dabei die Ports symmetrisch, also genauso wie bei den One-to-One-Tests. Pro Port definierten wir ein IP-Netz und einen Host. Dabei ließ sich der 3Com-Switch in keinster Weise aus der Ruhe bringen, denn es gingen so gut wie keine Pakete verloren.

Am Ende nahmen wir auch die Quality-of-Service-Funktionen der Layer-3-Module unter die Lupe. Sie erlauben es zum Beispiel, den Verkehr für eine Auswahl von IP-Adressen oder TCP/UDP-Ports zu beschränken. Leider waren die Ergebnisse der Tests nicht eindeutig, weshalb wir sie nicht verwerteten. Der 3Com-Switch reagierte bei den Tests nicht korrekt oder lieferte nicht reproduzierbare Ergebnisse. Immer wieder fielen einzelne Module aus, so dass wir das ganze Gerät neu starten mussten. Das Gigabit-Modul fiel während der Tests gänzlich aus, so dass wir alle Prüfungen auf die Fast-Ethernet-Ebene beschränkten.

Die Ergebnisse bei den stabilen Modulen sind durchwegs positiv. Wegen der erwähnten Instabilitäten konnten wir aber nur eine kleine Untermenge der Funktionen aus dem Handbuch prüfen.

Laut Hersteller könnten die Fehler von der Hardware herrühren, weil wir für diesen Test nur Mustermodule erhielten. Zwar bot 3Com Ersatzmodule an, jedoch erst zu einem sehr späten Zeitpunkt, so dass wir sie für diese Ausgabe nicht mehr berücksichtigen konnten. Alle folgenden Durchsatztests prüfen deshalb nur die Fast-Ethernet-Module.

Wir gehen davon aus, dass die bei uns aufgetretenen Probleme für das Produkt nicht typisch sind, beziehungsweise dass "reguläre" Boards korrekt arbeiten.