Von wegen Fachkräftemangel

Schwierige Jobsuche für ältere Admins

16.11.2014 von Susanne Köppler
Nicht alle profitieren gleichermaßen vom Fachkräftemangel in der IT. Viele Arbeitgeber schielen nur auf junge, gutausgebildete Informatiker. Administratoren mit 20 und mehr Jahren Berufserfahrung fällt die Suche nach einem neuen Job schwer.

Junge, gut ausgebildete Informatiker werden von den Unternehmen händeringend gesucht. Doch wie steht es mit berufserfahrenen IT-Experten, die über 40 Jahre sind und sich noch einmal verändern wollen? Die Frage stellt ein IT-Administrator mit 20 Jahren Berufserfahrung im Karriereratgeber der Tecchannel-Schwesterpublikation Computerwoche.

Admins fragen, Personalexperten antworten.
Foto: sumos - Fotolia.com

Zertifizierungen sind für Admins wichtig

Comparex-Personalchefin Sandra Held spricht dem Leser Mut zu: "Keine Sorge, versierte Mitarbeiter mit Berufserfahrung sind gefragt - auch in der IT-Branche. Das wirkt sich positiv auf Ihre Chancen aus. Falls Sie in den letzten 20 Jahren durchgehend bei demselben Arbeitgeber tätig waren, könnte es unter Umständen sein, dass Sie zu Beginn der neuen Tätigkeit nicht sofort Ihren langjährig erarbeiteten Status inklusive der Vergütung erhalten. Trotzdem kann ein Wechsel als berufserfahrener IT-Fachmann eine Bereicherung sein, an der Sie fachlich und persönlich wachsen.

Sandra Held, Personalchefin bei Comparex, rät, den Fokus auf die Praxiserfahrung zu legen.
Foto: Comparex

Wenn Sie sich bei einem anderen Unternehmen bewerben, sollten Sie den Fokus unbedingt auf Ihre langjährigen Praxiserfahrungen legen. So sieht der neue Arbeitgeber sofort, welches Wissen Sie mitbringen, wo Ihre Stärken liegen und wie er Sie optimal einsetzen kann. Speziell für Sie als IT-Administrator ist es außerdem wichtig, dass Sie die bisher administrierte Software inklusive aller Versionen angeben. Das Gleiche gilt für von Ihnen erworbene Herstellerzertifizierungen.

Möchten Sie sich zudem in Ihrem Aufgabengebiet verändern? Wenn Sie zum Beispiel von der Administration ins IT-Consulting wechseln wollen, betonen Sie Ihre Mobilität und Flexibilität. Im Bewerbungsgespräch ist es besonders wichtig, dass Sie Sie selbst bleiben. Verstellen Sie sich nicht. Eventuelle Nervosität ist nichts Schlimmes. Sie zeigt nur, dass Sie engagiert sind und Ihnen das Gespräch wichtig ist. Zeigen Sie, dass Sie über aktuelles IT-Wissen verfügen, gerne anpacken, motiviert und lernfähig sind.

Und vergessen Sie nicht - das Unternehmen bewirbt sich auch bei Ihnen. Es hat ein Interesse an Ihnen als Mitarbeiter. Nutzen Sie deshalb die Möglichkeit dieses Gesprächs und prüfen Sie, ob das Unternehmen mit seinen Werten, Arbeitsbedingungen, Aufstiegschancen und Weiterbildungsangeboten auch Ihren Vorstellungen entspricht. Nur wenn es hier 'passt', können Sie eine gute und möglichst langjährige Zusammenarbeit beginnen."

Admin-Gehälter: Topbranchen - Flopbranchen -
Topbranchen - Flopbranchen
Das Gehalt eines System- und Netzwerkadministrators hängt maßgeblich davon ab, in welcher Branche er seine Arbeit verrichtet. Laut einer exklusiven Analyse der Beratung Personalmarkt von 4.098 Datensätzen gibt es fünf Top-Branchen, aber auch fünf Flop-Branchen für Admins.
Callcenter
Auf Platz eins der Flops liegen die Gehälter von System- und Netzwerkadmins in Callcentern.
Sie verdienen mit 31.509 Euro im Schnitt weniger als in anderen Branchen.
Werbung / PR
Danach kommen Admins, die in der Werbung oder PR tätig sind.
Mit knapp unter 37.000 Euro landen sie auf dem zweiten Platz der Flops.
Einzelhandel
Etwas mehr bekommen Sie, wenn Sie als Admin im Einzelhandel tätig sind.
37.357 Euro verdienen Sie hier im Durchschnitt.
Bildung
Bildungsinstitutionen vergüten ihre System- und Netzwerkadministratoren etwas besser.
Knapp 38.000 Euro wandern durchschnittlich auf die Konten der Admins.
Ingenieurbüro
Platz fünf der Flops, also die beste der schlechten Branchen, sind Ingenieurbüros.
Hier verdienen Admins knapp 40.000 Euro.
Pharma
Auf Platz fünf der Topbranchen liegt die Pharmabranche.
System- und Netzwerkadministratoren verdienen hier gut 55.000 Euro durchschnittlich pro Jahr.
Chemie
Noch besser ergeht es Admins, die in der Chemiebranche oder der Verfahrenstechnik tätig sind.
Mit über 56.000 Euro lassen sie sich ihre Arbeit jährlich vergüten.
Banken
Auf dem Treppchen landen die Banken.
Admins, die in Banken tätig sind, verdienen im Schnitt 57.220 Euro.
Luftfahrt
Platz zwei belegt die Luftfahrtbranche.
Gut 58.000 Euro kostet ein System- oder Netzwerkadministrator sein Unternehmen jährlich in dieser Branche.
Versicherungen
Auf Platz eins liegen Versicherungen.
Ihnen ist die System- und Netzwerkadministration jährlich fast 60.000 Euro wert.

Systemadmin, männlich, 50, sucht

Ein anderer Leser sucht schon seit längerem eine neue Stelle als Systemadministrator und kann von dem viel beklagten Fachkräftemangel nicht profitieren. Auf sein in Online-Jobbörsen hinterlegtes Bewerberprofil melden sich seiner Schilderung nach nur Personaldienstleister, die die Kandidaten, besonders ihre Soft Skills, nicht genau anschauen. So finde der Teil seiner Bewerbung, in dem er seine IT-Projekte, seine Fähigkeiten und die Sicht seiner Kollegen auf seine Persönlichkeit beschreibt, zu wenig Beachtung. "Auch bei angebotenen Gehältern von 1.800 bis 2.200 Euro im Monat kann ich verstehen, warum Nachwuchskräfte nicht in die IT wollen", sagt der 50-Jährige. Nun will der Systemadministrator wissen, wie er am besten einen neuen Job findet.

Martin Lehnert, Leiter Personal-Management des Softwarehauses Pentasys AG, antwortet: "Sie scheinen mir einiges richtig zu machen: Sie sind bei Ihrer Jobsuche sehr aktiv, bewegen sich rege in diversen Jobbörsen mit dem Ergebnis, dass sich die führenden Personaldienstleister bei Ihnen melden. Das könnte ja auch als Erfolg gewertet werden. Zumal Sie sich in einem Berufsfeld mit vielen Mitbewerbern bewegen, die wohl gerne über den Preis an neue Jobs kommen. Einfach ist Ihre Jobsuche nicht.

Martin Lehnert, Leiter Personalmanagement bei Penatsys erkennt die Hindernisse bei der Jobsuche.
Foto: PENTASYS AG

Mein Eindruck ist, Sie möchten, dass sich nicht die Personaldienstleister, sondern eine andere Zielgruppe bei Ihnen meldet. Eine Zielgruppe, die einen guten Salatkopf (außen schön grün, mit kräftigen, ausreichend lang in der Sonne gereiften Blättern, innen wunderbar knackig) einem labbrigen Fastfood-Gewächs von der Heute-billig-Salat-Rampe vorzieht. Auch wenn er ein wenig teurer ist.

Am Ball bleiben

Sie sind ausdauernd und bleiben bei der Jobsuche am Ball. Ich habe den Eindruck, dass Sie trotz der einen oder anderen Absage Ihren Ansprüchen an eine berufliche Tätigkeit treu bleiben und auch eine Vorstellung haben, welchen finanziellen Wert Ihre Berufs- und IT-Projekterfahrung hat. Alles wichtige Kompetenzen in der IT-Projektwelt! Leider merken das wohl noch nicht die von Ihnen adressierten Personen.

Nun ergeben sich aus Ihren Angaben auch Änderungsmöglichkeiten. So sehe ich Potenzial bei Ihren Ansprüchen, Gehaltsvorstellungen oder der Gestaltung Ihrer Unterlagen. Sehr hilfreich sind Bewerbungsunterlagen, die es ermöglichen, innerhalb von 15 Sekunden ein Gefühl dafür zu bekommen, was ein Mensch gemacht hat."

Bitkom-Report: 41.000 offene IT-Stellen -
Bitkom-Präsident Dieter Kempf ...
... hat positive Nachrichten: "Wir haben – von Ausnahmejahren in der Wirtschafts- und Finanzkrise abgesehen – nahezu konstant einen ungedeckten Fachkräftebedarf von rund 40.000 IT-Experten."
Rund 41.000 IT-Spezialisten ...
... werden derzeit in Deutschland gesucht. Damit ist die Zahl der offenen Stellen im Vergleich zum Vorjahr um rund 5 Prozent gestiegen.
10.000 zusätzliche Arbeitsplätze ...
... sind in diesem Jahr in der IT entstanden. Am Ende des Jahres werden in den Unternehmen voraussichtlich 953.000 Menschen beschäftigt sein, so viele wie nie zuvor. Innerhalb von fünf Jahren sind damit in der ITK-Branche fast 100.000 neue Arbeitsplätze entstanden.
Aber auch Anwenderbranchen ...
... suchen zahlreiche IT-Experten, so die Bitkom-Analyse.
Wer braucht IT-Experten?
16.500 unbesetzte Stellen finden sich bei Unternehmen der Informationstechnologie und Telekommunikation. Weitere 24.500 IT-Experten werden aber auch quer durch alle Wirtschaftszweige in den Anwenderunternehmen gesucht.
Gesuchte Berufe
Die Nachfrage nach Sicherheitsprofis hat sich ebenso deutlich erhöht wie diejenige nach Projekt-Managern.
Softwareentwickler werden ...
... vor allem in ITK-Unternehmen gesucht. 71 Prozent der befragten ITK-Firmen haben offene Positionen für Entwickler, bei den Anwenderunternehmen sind es nur 17 Prozent.
Cloud Computing ...
... ist der Bereich, in dem sich Entwickler vor allem auskennen sollten.
Kenntnisse sollten Entwickler aber auch in anderen Bereichen ...
... mitbringen: Big Data, Social Media, Programmierung von klassischen Webpräsenzen, Apps bzw. mobilen Webseiten.
Netzwerkexperten ...
... sind in jedem fünften Unternehmen gefragt. Insbesondere Anwenderunternehmen suchen Systembetreuer.
Der Fachkräftemangel ...
... wird weiter beklagt: 54 Prozent der ITK-Unternehmen geben an, dass aktuell ein Mangel an IT-Spezialisten herrscht. 42 Prozent erwarten sogar, dass sich der Fachkräftemangel weiter verschärfen wird.
Informatik als Pflichtfach ...
... fordert darum der Bitkom, um früh das Interesse an der IT zu wecken und um langfristig dem Fachkräftemangel entgegenwirken.