Schulung am Arbeitsplatz

07.04.2000
Anfang des Jahres haben sich zwei Tele-Learning-Firmen in Deutschland niedergelassen. Die eine bietet über das Internet Zugang zu einem mit Cisco-Hardware ausgestatteten Übungsraum für das Training in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, die andere vermarktet eine Web-basierte Echtzeit-Trainingsplattform, die sich für Weiterbildungsprogramme in großen Firmen eignet.

Von: Petra Riedel

E-Learning ist seit einiger Zeit ein Thema, so wie andere "E"-Themen auch. Dennoch wird, wer nach Zahlen oder nach Prognosen sucht, wie sich dieser Markt entwickeln wird, im Moment (noch) nicht fündig werden. Tele-Learning ist in Deutschland wohl noch zu jung, als dass Marktforscher sich schon eine Analyse zutrauen. Der E-Learning-Markt soll "deutlich zunehmen", ist alles, was man hierzulande zu hören bekommt. Anders als in den USA, wo beispielsweise Frost & Sullivan im Januar 2000 eine Studie zum Thema "Distance Learning Systeme und Dienste" veröffentlicht hat. Kein Wunder also, dass zwei E-Learning-Firmen, die Anfang des Jahres in Deutschland ein Büro eröffnet haben, in den USA bereits gut im Geschäft sind.

Web-basierte Trainings-Plattform

Das israelische Unternehmen Interwise bietet seit kurzem mit "Millennium" eine Web-basierte Echtzeit-Trainingsplattform an, mit der Unternehmen ihre eigenen oder Business-to-Business-Trainingsprogramme entwickeln, implementieren und einsetzen können. Weil der Server "Millennium" auch Application-Sharing unterstützt, besteht die Möglichkeit, dass Trainer und Teilnehmer in Echtzeit an gemeinsamen Anwendungsprogrammen arbeiten. Der Dozent kann auch auf den Bildschirm eines Teilnehmers schauen und auf dessen Rechner zugreifen, um ihm zum Beispiel den richtigen Umgang mit einer Software zu demonstrieren. Das Tool erlaubt dem Lehrer, seine Lektionen aufzuzeichnen und zu bearbeiten, um sie Interessierten als Lehrmaterial zum Selbststudium zuzuschicken oder um sie später in Ausschnitten oder vollständig zu wiederholen. Auch die Teilnehmer der Trainingsprogramme können wichtige Teile aufzeichnen, um sie später zum Auffrischen zu verwenden.

Um zu vermeiden, dass Unternehmensnetzwerke bei Trainingssitzungen überlastet werden, basiert die Architektur der Interwise-Plattform auf virtuellen Servern und simuliertem Multicast: Die in den Server integrierte Push-Technik verschickt die Kursmaterialien bereits vor Seminarbeginn zu Zeiten geringer Netzauslastung an den Arbeitsplatz des Benutzers. Während des Trainings werden die verschiedenen Datentypen miteinander verschmolzen, sodass Text, Audio und Video synchronisiert auf den Bildschirmen ankommen. Der "Campus-Server" steuert die Kurse über einen gängigen Browser und verschafft Kursentwicklern, Trainern, Managern und Teilnehmern Zugang zu allen Informationen, die sie brauchen. Der Server ermöglicht auch die kurzfristige Anmeldung und den Abruf neuer Inhalte.

"Der Millennium-Server ist in der Regel in weniger als einem Tag eingerichtet und betriebsbereit", sagt Don Hernandez, Geschäftsführer des neu eröffneten Interwise-Büros in Heidelberg. Rentabel, so Hernandez, sei das System für große Firmen ab 500 Schulungsteilnehmern. Neben der Technik bietet Interwise zu seinem Produkt auch Beratung und einen "Live Support Service", der Anwendern rund um die Uhr online und am Telefon bei technischen Fragen zur Verfügung steht.

E-Learning-Service für Ingenieure im Cisco-Umfeld

Eine amerikanische Unternehmensgründung ist die Firma Mentor Technologies, die vor anderthalb Jahren in den USA mit ihrem Dienst auf den Markt kam. Jetzt will das Unternehmen nach Europa expandieren und unterhält seit Januar in Frankfurt ein Büro, um von dort aus im deutschsprachigen Raum mit der Vermarktung seines E-Learning-Angebots "vLab" zu starten. Das Unternehmen wendet sich mit dem Service an mittlere und große Unternehmen, die bei der Realisierung ihrer IT-Kommunikation auf Cisco-Lösungen setzen und Bedarf in der Aus- und Weiterbildung ihrer Ingenieure haben. Die Grundidee: Mitarbeiter bekommen über das Internet Zugang zu einem mit Cisco-Hardware ausgestatteten Übungsraum. Sie können dabei aus rund 170 verschiedenen Szenarien auswählen, die nach Schwierigkeitsstufen unterteilt sind. Wählt sich der User in eine bestimmte Konfiguration ein, steht sie für die Dauer der Übung nur ihm zur Verfügung. vLab ist sofort nutzbar, bietet je nach Anforderungen Zugang zu Routing-, Switch- und Voice-over-IP-Equipment und ist entsprechend dem Zertifizierungsprogramm von Cisco auf unterschiedliche Wissensstufen ausgerichtet. Vor dem Start kann sich der Anwender sein Übungsprogramm auch nach individuellen Parametern zusammenstellen lassen.

"Mentor Technologies hat sich mit dieser Geschäftsidee auf Cisco-Equipment beschränkt, weil damit der Markt bereits zu 85 Prozent abgedeckt ist", sagt Bernd Werner, der deutsche Geschäftsführer des Unternehmens. Cisco Systems hat sich an den Entwicklungskosten von vLab mit einem Betrag von einer Million Dollar beteiligt, ansonsten sei Mentor Technologies von Cisco völlig unabhängig. Bislang gibt es in Deutschland noch keinen Equipment-Raum, sobald aber die Nachfrage groß genug sei, würde eine eigene Infrastruktur geschaffen. "30 der 300 Mitarbeiter sind in den USA allein damit beschäftigt, die Szenarien zu entwerfen und zu konfigurieren und die Problemstellungen technisch auf dem neuesten Stand zu halten", sagt er. Das Angebot könne als Ergänzung zu Cisco-Schulungen, zur selbständigen Weiterbildung oder zum Auffrischen der Kenntnisse genutzt werden. Aber auch Einstellungstests neuer Mitarbeiter sind damit denkbar.

Die Kosten für die Nutzung von vLab betragen 65 Euro pro Stunde. Abgerechnet werden kann stundenweise oder in größeren Volumen: Für Unternehmen, die größere Kontingente an Übungseinheiten benötigen, gibt es die "vCard". Die Stunden können dann an Abteilungen oder Mitarbeiter weiterverteilt werden. Die erste Einwahl in vLab ist kostenlos.

Für Unternehmen, die einen Übungsraum hinter der eigenen Firewall installiert haben möchten, besteht die Möglichkeit, eine Systemlösung zu mieten. "vLab Enterprise" ist eine schlüsselfertige Komplettlösung inklusive dem Equipment. Mentor Technologies sorgt für die Einrichtung, Implementierung und Integration des Labs in die IT-Infrastruktur und ist auch für die Wartung der Geräte zuständig, die Eigentum des Unternehmens bleiben.

Info Interwise

Tel. 06221/ 1382 65-0

Fax 06221/ 138 2679

www.interwise.com

Mentor Technologies

Tel. 069/ 9055 98-0

Fax 069/ 9055 98-77

www.mentortech.de