Schneller Service mit GPRS

14.12.2001
Hohe Datenraten und kurze Antwortzeiten sind Voraussetzung für zukünftige mobile Dienste. Mit dem Übertragungsverfahren General Packet Radio Service (GPRS) steht ein Standard zur Verfügung, der diese Anforderungen bereits in den bestehenden Mobilfunknetzen erfüllt.

Von: Fritz Jörn

In GSM-Netzen (Global System for Mobile Communications) wurden Daten bis vor kurzem nur leitungsvermittelt und mit einer Bandbreite von 9,6 kBit/s übertragen. Mit derartigen Raten gestaltete sich der Download einer Datei oder das Surfen im Internet über ein Notebook als ausgesprochen langwierig. An Video- oder Audiostreaming war gar nicht zu denken.

Eine erste Verbesserung brachte das High-Speed-Circuit-Switched-Data-Verfahren (HSCSD). Es ist ebenfalls leitungsvermittelt, bündelt aber mehrere Kanäle. Im Netz waren dazu keine großen Änderungen nötig. Für den Datenverkehr werden einfach nebeneinander liegende Zeitschlitze verwendet, so als ob mehrere unabhängige Nutzer gleichzeitig Daten übertragen würden. Nur am Ende der parallelen Strecken müssen die Informationen wieder zusammengeführt werden. HSCSD verschwendet Ressourcen, da während der gesamten Verbindungszeit alle beteiligten Kanäle blockiert sind. Bei einem Download, bei dem kontinuierlich Daten abgerufen werden, mag dies sinnvoll sein. Beim Surfen im Internet ist die Verbindung aber die meiste Zeit unnötig belegt. Ein HSCSD-Dauerbetrieb ("always on") kommt nicht infrage. Er würde Netze blockieren und enorme Kosten verursachen, da die Abrechnung nach Verbindungszeit erfolgt.

In Deutschland bieten die Mobilfunkbetreiber D2 und E-Plus HSCSD mit einer Bündelung von bis zu vier Kanälen an. Bei einer Übertragungsrate von 14,4 kBit/s pro Kanal ergibt dies Geschwindigkeiten von maximal 57,6 kBit/s - immerhin so schnell wie ein analoges Festnetzmodem. Theoretisch steht diese Kapazität nicht nur für den Download, sondern symmetrisch auch für den Upload zur Verfügung, da die Kanäle im Ober- und Unterband stets paarweise vergeben werden. Um Energie zu sparen, bieten Handys aber meistens nur einen Upload-Kanal an. Das Senden von Daten verbraucht nämlich wesentlich mehr Strom als das Empfangen.

Datenvermittlung per Paket

GPRS ist dagegen flexibel und ressourcensparend, weil mehrere Anwender gleichzeitig Kanäle für den Datenverkehr nutzen können. Die Betreiber reservieren allerdings meist mehrere Zeitschlitze für die Sprachübertragung. Steigt das Gesprächsaufkommen, so teilen sie der Sprachkommunikation weitere Kanäle zu. GPRS-Übertragungen verlangsamen sich dadurch zwar oder stoppen ganz, die Verbindung bleibt jedoch bestehen.

dene Kodierungsverfahren, die sich in Übertragungsgeschwin-

digkeit und -güte untescheiden.

Coding Schemes machen GPRS universell

GPRS verwendet im Zeitschlitz die GSM-übliche GMSK-Modulation (Gauß#sche Minimum-Shift-Keying-Modulation) sowie Datenpaketmultiplexing (Packet Data Channel, PDCH). Durch so genannte "Coding Schemes" lassen sich Bandbreite und Übertragungszuverlässigkeit aufeinander abstimmen. Echtzeit- und Datenbankdaten können bei GPRS damit schon beim Kodierungsverfahren unterschiedlich behandelt werden.

In den Mobilfunknetzen sind GPRS-Übertragungen derzeit auf Coding Scheme 1 und 2 begrenzt. Die Coding Schemes 3 und 4 verwenden längere Datenblöcke und erfordern eine Anpassung der Abis-Schnittstelle zwischen Base Station Controller und Base Station.

Geräteklassen bestimmen die Nutzung

Herkömmliche GSM-Datenübertragung blockiert den Sende-Empfangskanal dauerhaft. Bei GPRS kann der Teilnehmer dagegen telefonieren und gleichzeitig im Internet surfen - zumindest theoretisch. In der Praxis hängt dies von der Endgeräteklasse ab. Nur Klasse-A-Geräte könnten tatsächlich beide Übertragungswege gleichzeitig nutzen. Die derzeit erhältlichen GPRS-Handys gehören alle zur Klasse B. Dies heißt, dass die Datenübertragung während eines Gespräches stoppt, aber nach dessen Beendigung automatisch fortfährt. Zur dritten Klasse gehören beispielsweise Modemkarten für Notebooks. Sie sind nur datenfähig.

Für die Paketübertragung sind im Netz neue Knotenrechner notwendig, die so genannten "GPRS Support Nodes" (GSN). Sie vermitteln Datenpakete, "routen" also. Der Serving-GSN (SGSN) bestimmt das Ein- und Ausbuchen von GPRS-Geräten und hält die logische Verbindung zum Endgerät aufrecht. Er bedient das Packet Data Protocol (PDP), das wichtige Parameter bestimmt, etwa den Namen des Zugangspunktes, die geforderte Dienstgüte und welcher Gateway-GSN (GGSN) zu nutzen ist. Im GGSN erfolgt der Übergang zu externen IP-Netzen.

Neben zusätzlichen Knotenrechnern erfordert GPRS neue Hardware und Software in den Steuer-einheiten der Basisstationen (Base Station Controller, BSC). Der BSC erhält eine Paketsteuerung, die so genannte Packet Control Unit (PCU) für die GPRS-Datenpakete. Sie ist für die Funkschnittstelle (Radio Link Control, RLC) und die Medienzugangs-Steuerungsschichten (Medium Access Control, MAC) zuständig. Außerdem wird die Übertragung der Nutzdaten zwischen dem mobilen Gerät und dem SGSN geregelt. Diese Aufrüstung des Mobilfunk-Kernnetzes kann als Vorabinvestition in UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) betrachtet werden.

Mit UMTS kommt zwar eine völlig neue Art der Funkmodulation (Wideband Code Division Multiple Access, WCDMA), doch am Prinzip der paketvermittelten Datenübertragung wird sich nichts ändern. Auch die Bandbreite wird zunächst nicht wesentlich steigen. So hat der Netzbetreiber Vodafone beispielsweise bekannt gegeben, dass in Großbritannien zunächst nur 64 kBit/s möglich sein werden.

Bei UMTS und GSM sind Frequenzen und Modulation grundverschieden. Dies erfordert nicht nur große Investitionen in Hochfrequenzkomponenten und Basisstationen, sondern auch komplett neue Endgeräte. Handys müssen in Zukunft beide Standards unterstützen, da die Versorgung durch UMTS-Netze zumindest in den ersten Jahren nicht flächendeckend sein wird. (haf)

Zur Person

Fritz Jörn

ist Diplom-Ingenieur und freier Technikjournalist in Bonn.