"Braucht man wirklich ein weiteres Betriebssystem für Smartphones?" Diese Frage fasst grob die Meinungen der Journalisten zusammen, als Samsung sein Betriebssystem Bada auf dem Mobile World Congress 2010 demonstrierte. Rund ein Jahr später scheinen dies vor allem die Kunden zu bejahen: Laut Angaben von Samsung war bis Dezember 2010 der Verkauf von fünf Millionen Bada-Geräten geplant. Zudem wurden mittlerweile mehr als 100 Millionen Apps aus dem Samsung App Store heruntergeladen.
Man merkt Bada an, dass Android und iOS bei der Entwicklung Pate standen. Auf dem Home-Bildschirm finden sich am unteren Ende drei Shortcuts zum Tastenfeld, zu den Kontakten sowie den Nachrichten. Darüber kann der Nutzer Widgets anordnen - wird der Platz knapp, erweitert Bada die virtuelle Arbeitsfläche automatisch nach links; maximal zehn solcher Ebenen sind möglich.
Mit Wischgesten kann man zwischen den verschiedenen Bildschirmen weiterschalten - auf dem Testgerät, einem Samsung Wave 723, erfolgten die Übergänge angenehm flüssig. Ein Nachteil: Aktuell lassen sich auf die Home-Screens nur Widgets ablegen, keine Verknüpfungen zu installierten Programmen. Am oberen Ende des Bildschirms lässt sich zudem eine Schnellzugriffsleiste herausziehen, über die man WLAN, Bluetooth und die Töne an- oder abschalten kann.
Ein Klick auf die mittlere Hardwaretaste am unteren Ende des Smartphones öffnet das Menü, in dem die Icons sämtliche installierten Apps sowie die Kernfunktionen von Bada hinterlegt sind. Auch hier gibt es mehrere virtuelle Seiten, durch die man per Wischgeste blättern kann.
Die einzelnen Einträge lassen sich zudem neu anordnen. Beim Klick auf das Zahnradsymbol oben links wechselt die Oberfläche in den Änderungsmodus. Hier kann man die einzelnen Icons an beliebige Stellen verschieben, die anderen rutschen anschließend automatisch nach.
Eine Funktion ist besonders clever: Neue Nachrichten und verpasste Anrufe werden auf dem gesperrten Display als Puzzleteile angezeigt. Zieht man so ein Teil in die passende Aussparung, wird das Gerät entsperrt, und Bada wechselt sofort ins entsprechende Menü.
Kommunikation, Apps, Office und Business-Funktionen
Die Hauptfunktion von Smartphones ist eindeutig die Kommunikation. Bada kann hier durchaus mit Systemen wie Android mithalten. Grundfunktionen wie SMS und Telefonie sind ebenso selbstverständlich wie die Unterstützung für POP und IMAP-Konten. Ebenfalls mit an Bord ist eine Unterstützung für Exchange-Konten. Damit bietet Bada im Grunde die gleichen Mail-Funktionen wie Google Android.
Für die Eingabe von Texten gibt Bada dem Nutzer eine virtuelle Tastatur an die Hand. Damit kann man recht angenehm tippen. Für einzelne Geräte steht zudem eine Aktualisierung zur Verfügung, welche die sogenannte Swype-Funktion ermöglicht. Statt Buchstaben einzeln anzutippen, zieht man mit dem Finger eine Linie von einem zum anderen. Das klappt ziemlich gut, zumindest sobald man sich daran gewöhnt hat. Praktisch: Copy-and-Paste wird von Haus aus unterstützt.
Neben den vorinstallierten Kernanwendungen, zu denen beispielsweise Clients für Facebook, YouTube und Twitter gehören, kann man weitere Applikationen über Samsung Apps nachladen. Dieses Verzeichnis kann man wahlweise über das Smartphone oder den Samsung-KIES-Desktop-Client auswählen und auf dem Gerät installieren. Während des Tests stürzte die Samung-App-Anwendung während des Downloads allerdings mehrfach ab. Über KIES war dies allerdings kein Problem.
Für die Anzeige von Dokumenten wie PDFs und Word-Dateien ist der Picsel File Viewer integriert. Dieser ermöglicht zwar keine Änderungen, aber um sich einen schnellen Überblick zu verschaffen, ist die App in jedem Fall ausreichend.
Beim Thema Einsatz im Unternehmen ist Bada ähnlich beschränkt wie Android - wer auf Exchange oder Google Apps for your Domain setzt, kann E-Mails, Kontakte und Termine abgleichen. Sehr viel mehr ist aber nicht möglich. Samsung sieht offiziell keine Verwaltungsfunktion für Bada vor; so lassen sich beispielsweise auch keine zentralen Konfigurationsdateien ausrollen oder Anwendungen remote installieren.
Die einzige Sicherheitsfunktion ist ein Remote-Wipe über einen eingerichteten Exchange-Server. Dieser setzt das Gerät in den Ausgangszustand zurück, SMS auf dem Gerät werden aber beispielsweise nicht entfernt. Bilder und E-Mails samt Konten werden dagegen entfernt. Das bietet zumindest eine kleine Sicherheit, wenn das Smartphone in die falschen Hände fällt.
Fazit: gut, vor allem für Einsteiger
Nein, Bada kann nicht mit mehreren zehntausend Apps im App Store punkten, auch die Anzahl der Geräte und die unterstützten Business-Funktionen sind übersichtlich. Aber Samsung schafft mit Bada ein Betriebssystem, das vor allem für Einsteiger interessant und zudem erschwinglich ist.
Smartphones mit Bada rangieren preislich weit unterhalb von Geräten wie dem Apple iPhone oder dem HTC Desire. Deswegen locken sie vor allem Leute an, die gerne ein Touchscreen-Gerät besitzen möchten, aber weder hohe Preise dafür zahlen wollen noch eine enorme Auswahl an Applikationen benötigen.
Der vorinstallierte Internet-Browser in Kombination mit dem E-Mail-Client sowie der Facebook-App dürfte die meisten Ansprüche von Bada-Besitzern weitestgehend erfüllen.
Samsung plant mit Bada 2.0 zudem zahlreiche neue Funktionen. So verspricht der Hersteller etwa ein HTML5-basiertes Browser-Framework, Unterstützung für Multi-Tasking, einen intelligenteren Home-Screen, Near-Field Communication sowie FlashLite4.
Bada-Nutzer sollte man also in jedem Fall ernst nehmen. Das Betriebssystem ist solide und für Einsteigergeräte mehr als ausreichend. Neben einem Media-Player für Musik und Video kann man damit nahezu alle Aufgaben erfüllen, die auch mit Mittelklasse-Android-Smartphones zu erledigen sind. (mje)