Neue Funktionen und bessere Firmware

Rooting - Tuning für Android-Smartphones

24.10.2011 von Moritz Jäger
Die meisten Besitzer eines Android-Smartphones sind schon über den Begriff "Rooting" gestolpert. Dabei ändert man das Betriebssystem, so dass Anwendungen erweiterte Rechte erhalten. Wir erklären Vorteile, Gefahren und Vorgehensweise.

Wer sein Android-Smartphone richtig ausnutzen will, der kommt früher oder später mit dem Begriff "Rooting" in Kontakt. Anders als beim Jailbreak für iPhones geht es dabei aber nicht in erster Linie darum, den Schutz der Entwickler auszuhebeln, sondern lediglich um erweiterte Rechte für Anwendungen. Android basiert auf Linux, Applikationen können also nur in einem sehr beschränkten Rechteumfeld ausgeführt werden. Rooting sorgt dafür, dass sich einzelne Anwendungen erweiterte Rechte - eben die des Supernutzers Root - erhalten und so auf andere Funktionen zugreifen können.

Rooting: Das riskante Tuning für Android-Smartphones bringt viele Vorteile
Foto: Moritz Jäger

Dennoch lohnt sich die Mühe: Ein gerootetes Smartphone unterstützt deutlich mehr Applikationen. Zwei prominente Beispiele sind die Bildschirmfoto-App Screenshot oder Sharkfor Root, ein mobiler WLAN-Sniffer auf Wireshark-Basis. Ein weiteres Beispiel: Mit Apps wie Open Overclocker kann man die CPU-Geschwindigkeit erhöhen oder verringern - letzteres verlängert unter Umständen die Akkulaufzeit. Gleichzeitig hat man weiterhin Zugriff auf den Android Market, auch gekaufte Anwendungen lassen sich weiterhin nutzen.

Grundsätzlich ist Rooting inzwischen relativ einfach und sicher, um das Risiko weiter zu minimieren sollte man allerdings einige Punkte beachten: Der Akku des Smartphones sollte während des Vorgangs vollständig geladen sein, zudem sollte das Smartphone am Stromnetz hängen. Ein Backup aller gespeicherter Daten macht ebenfalls Sinn.

Passende Rooting-Lösung finden

Leider ist es nicht so, dass es eine Universal-Rooting-Möglichkeit für alle Android-Smartphones gibt. Zu jedem Gerät und jeder Android-Version ist ein darauf abgestimmtes Tool notwendig. Ein guter Startpunkt ist das Forum der XDA Developers, das Board ist ein zentraler Bestandteil der Entwicklercommunity.

Drei Informationen sind notwendig, um ein Android-Smartphone oder Tablet zu Rooten: Die genau Modellbezeichnung des Gerätes, die Version der installierten Android-Firmware und die des Bootloaders. Die Modellbezeichnung ist einfach zu finden, die meisten Android-Smartphones tragen sie im Namen. Die aktuelle Firmware findet sich im Menü unter Einstellungen - Telefoninfo - Software-Informationen.

Der Bootloader ist ein wenig trickreicher: Die Information lässt sich aus dem System Recovery Menu auslesen. Dazu muss das Telefon zuerst komplett ausgeschaltet werden. Anschließend drückt man den Einschaltknopf und hält dabei die Taste für "Lautstärke leiser" gedrückt. Das Android-Smartphone startet anschließend in den Recovery-Modus, in der zweiten Zeile wird hinter "HBOOT" die Versionsnummer angezeigt.

Dienstleistung: Die App Unrevoked übernimmt das Rooting von HTC-Smartphones mit Android.
Foto: Moritz Jäger

HTC-Nutzer haben es beim Rooting besonders einfach: Für sie gibt es das Tool Unrevoked, das den Großteil der Arbeit erledigt. Einfach das eigene Smartphone auf der Homepage aussuchen, anschließend lässt sich die passende Software für Linux, Windows oder Mac OS herunterladen.

Windows-Nutzer aufgepasst: Sie müssen eventuell installierte HTC-Sync-Treiber aus dem System entfernen, dafür müssen die separat die HBOOT-Treiber installiert werden, nur mit diesen kann die Software das Smartphone im Recovery-Modus ansprechen. Eine Anleitung zur Installation findet sich auf dieser Seite, der Treiber arbeitet auch unter Windows 7 64 Bit.

Die Unrevoked-Software führt den Nutzer Schritt für Schritt durch den Root-Vorgang. Wichtig dabei ist Geduld, denn der Rooting-Vorgang darf auf keinen Fall unterbrochen werden.

Wer ein anderes Smartphone besitzt, etwa von Motorola, Acer oder Sony Ericsson, muss zu anderen Tools greifen, aber auch hier liefert das XDA-Developers-Forum meist die passenden Programme. Die Vorgehensweise ähnelt sich meist, neben dem Root-Tool ist aber normalerweise noch das komplette Android SDK notwendig. Dieses lässt sich kostenlos bei Google herunterladen.

Rooting-Sonderfall Downgrade

Passt die Version des Bootloaders oder der Firmware nicht zum jeweiligen Root-Tool, muss unter Umständen ein Downgrade vorgenommen werden. Das bedeutet, dass das Android-Gerät auf einen früheren Stand zurückgesetzt wird. Downgrade-Tools gibt es für nahezu jedes Gerät und jede Software-Version, auch hier ist das Forum der XDA Developers eine gute Anlaufstelle.

Rückschritt: Vor dem Rooting muss man manchmal ein Downgrade des Smartphones vornehmen.
Foto: Moritz Jäger

Für das Downgrade muss ausreichend Platz auf der Speicherkarte des Gerätes zur Verfügung stehen, im Normalfall reicht eine leere Speicherkarte mit ein oder zwei GByte Speicherplatz. Downgrade-Tools arbeiten unter Windows normalerweise auf der Kommandozeile. Im Test war die Software relativ einfach zu bedienen, im Grunde musste man nur auf die Leertaste drücken, um zum nächsten Schritt zu gelangen. Das Bild zeigt das Downgrade-Tool in Aktion.

Das bringt der Root-Zugriff

Die meisten Nutzer rooten Android nicht aus Spaß, sondern um ein bestimmtes Problem zu lösen oder ein besonderes Programm auszuführen. Danach frägt man sich aber bald: Was kann ich mit diesem System jetzt noch machen? Eine Möglichkeit ist etwa eine Custom Firmware zu installieren. Dabei handelt es sich um Betriebssysteme für Android, die von der Community entwickelt und speziell auf die jeweiligen Geräte zugeschnitten werden. Das bietet einige Vorteile, etwa können so auch ältere Smartphones wie der HTC Magic mit aktueller Firmware ausgestattet werden. Ein weiterer Grund ist das ausgefeilte App2SD, mit dem Applikationen auf der Speicherkarte statt im Gerätespeicher installiert werden können - so spart man Platz. Spätestens seit Froyo ist das zwar auch mit der "richtigen" Firmware möglich, davor ist man aber auf eine andere Lösung angewiesen. Einige Images enthalten bereits einen OpenVPN-Client , mit dem man sich sicher in Firmennetzwerke einwählen kann.

Mod Manager: Die App Mod Manager vereinfacht die Installation von angepassten Firmware-Versionen deutlich.
Foto: Moritz Jäger

Wer es möglichst einfach haben will, dem sei die Android App ROM Manager empfohlen. Die Applikation kann neue ROMs installieren, bestehende verwalten und das wichtige NANDROID-Backup ausführen. Dabei bootet das Smartphone in den Recovery-Modus und speichert anschließend einen Snapshot der aktuell installierten Firmware durch. Anschließend kann man wieder in dieses System booten oder eine neue Firmware installieren.

Der ROM Manager steht als kostenlose Version im Markt, wird dann aber durch Werbung finanziert. Wer die Vollversion für knapp vier US-Dollar kauft, ist nicht nur die Werbung los, sondern erhält eine zusätzliche Komfortfunktion: Der ROM Manager kann selbst neue Firmware-Dateien herunterladen, aktuell sind zwölf verschiedene Systeme verfügbar, darunter etwa auch der populäre CyanogenMod. Dazu kommen noch einige NightlyBuilds, also topaktuelle Versionen der Firmware, die nicht immer fehlerfrei arbeiten. Wichtig: Der ROM Manager funktioniert erst, wenn das Smartphone erfolgreich gerooted wurde.

Fazit: Aufwändig, aber sinnvoll

Auch wenn das Rooting von Android Smartphones verglichen mit dem Jailbreak von Apples iPhone und iPad deutlich aufwändiger ist, lohnt es sich. Man bekommt nicht nur mehr Kontrolle über das Smartphone: Auch die zusätzlichen Apps oder die speziell angepasste Firmware machen das Smartphone-Leben oft einfacher. Normalerweise sind die Root-Wege auch relativ einfach nachzuvollziehen, nur in den seltensten Fällen geht ein Smartphone wirklich kaputt. Dennoch muss jedem klar sein, dass so eine Vorgehensweise weder von Garantie noch durch Gewährleistung gedeckt ist: Wer Rooted, tut dies auf eigene Gefahr.

Wer sich nach dem Rooting auf Suche nach weiteren Programmen machen will, wird relativ schnell fündig. Allein der Android Market liefert 238 Treffer für den Suchbegriff "Root", das Web-Verzeichnis AppBrain zeigt 342 Einträge.

Allerdings muss jedem klar sein, dass man mit diesem Vorgang auch einige Sicherheitsmechanismen außer Kraft setzt. So sollte man regelmäßig prüfen, welche Apps sich eigentlich Super-User-Rechte eingeräumt haben, ebenso sollte man eine Sicherheitslösung, etwa von Lookout oder Symantec installiert haben. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation PC-Welt.