Roadmap: Grafikchips

22.12.2003 von Bernhard  Haluschak
Auf dem Grafikchipmarkt buhlen ATI und NVIDIA um die Vormachtstellung. Sie bieten ein komplettes Portfolio an Produkten für jedes Preissegment an. Zusätzlich drängt die Konkurrenz wie S3 und XGI mit neuen Grafikchips auf den Markt.

Für ihr Angebot haben die Grafikchiphersteller den Markt in drei Zielgruppen unterteilt: Der Highend-User oder Enthusiast erhält den schnellsten Grafikchip mit den aktuellen "State-of-the-Art-Features" zu einem hohen Preis. Im Massenmarktbereich (Mainstream) bekommt der Kunde ein Produkt zum besten Preis-Leistungs-Verhältnis. Dagegen muss der Käufer im Einsteiger- oder Value-Segment in punkto Performance und aktueller Technologie Abstriche hinnehmen - dafür ist der Preis in dieser Sparte niedrig.

Um sich für ein bestimmtes Produkt zu entscheiden, sind detaillierte Kenntnisse aktueller und zukünftiger Produkte der verschiedenen Hersteller notwendig. Denn bereits ab Anfang 2004 steht mit PCI Express ein Schnittstellenwechsel an. Zusätzlich soll im Laufe des Jahres mit DDR3 eine neue Speichertechnologie für Grafikkarten eingeführt werden.

Wir geben auf den folgenden Seiten einen Überblick über das Produktangebot der namhaften Grafikchiphersteller. Darüber hinaus stellen wir die zukünftigen Grafikchips der einzelnen Grafikchipschmieden vor. Trotz spärlicher Informationen seitens der Hersteller sickern dennoch erste technische Spezifikationen der Kandidaten durch.

ATI: Grafikchips im Überblick

Der kanadische Grafikchiphersteller ATI bietet mit der RADEON 9800XT (R360) und der RADEON 9800 (R350) zwei Chipfamilien im High-Performance-Bereich an. Wie bei NVIDIA unterscheiden sich die ATI-Chips beim Chip- und Speichertakt voneinander. Die interne Architektur bleibt unverändert. Sie besteht aus einer 8x1-Pipeline-Technologie und einer 256 Bit breiten Speicherschnittstelle. Zu den Vorgängern zählen die Highend-Chipvarianten des RADEON 9700 (R300).

Für den Preis-Leistungs-bewussten Kunden hält ATI mit dem RADEON 9800SE (R350), dem RADEON 9600XT (RV360) und dem RADEON 9600 (RV350) drei Grafikchipversionen parat. Alle verfügen über eine 4x1-Pipeline-Architektur und einen 128 Bit breiten Speicherbus. Zusätzlich variiert je nach Chipmodell die Frequenz für den Core und den eingesetzten Speicher. An Marktbedeutung verlieren die Chipvarianten des RADEON 9500 (R300).

Im Einsteigersegment finden sich mit dem RADEON 9600SE (RV350) und dem RADEON 9200 (RV280) aktuell zwei Chipfamilien zur Auswahl. Sie verfügen über eine 4x1-Pipeline-Architektur, die allerdings im Vergleich zu den Massenmarktprodukten mit verminderter Taktfrequenz und einer Speicherbusbreite von nur 64 Bit arbeitet. Zu Gunsten der Nachfolger wurde die Produktion des RADEON 9100 (R200) und der RADEON-9000-Versionen (RV250) eingestellt.

Die Informationen über ATIs zukünftige Entwicklungen sind nur spärlich gesät. Unter dem Codenamen R420 will ATI aber Anfang 2004 eine PCI-Express-Lösung für den Highend-Bereich vorstellen. Der AGP-8x-Support soll wie bei NVIDIA über einen Bridge-Baustein möglich sein. Sowohl der Pixel- als auch der Vertex-Shader in den Versionen 3.0 bieten voraussichtlich DirectX-9.1-Unterstützung. Offen ist auch die Frage, ob der Grafikchip bereits DDR3-Support bietet.

NVIDIA: Zukunftsperspektiven

Die amerikanische Chipsatzschmiede NVIDIA hat im Highend-Segment aktuell mit dem GeForceFX 5950 (NV38) und dem GeForceFX 5900 (NV35) zwei Kandidaten im Portfolio. In der Chiparchitektur unterscheiden sich die beiden Chips nicht voneinander, lediglich die Taktraten für Core und Speicher sind unterschiedlich. Der Vorgänger GeForceFX 5800 (NV 30) wird nur noch als Auslaufmodell gehandelt.

Im umsatzträchtigsten Bereich stehen dem Kunden mit der GeForceFX 5700 (NV36) und der GeForce 5600 (NV 31) ebenfalls zwei Chipfamilien zur Auswahl. Sie verfügen im Gegensatz zu den Topmodellen über eine abgespeckte Pipeline-Architektur und eine auf 128 Bit halbierte Speicherbusbreite. Die beiden Grafikchiptechnologien lösen die veralteten GeForce4-Ti-Familien (NV28/NV25) ab.

Das Einsteigerfeld deckt NVIDIA mit der GeForceFX 5200 (NV34) ab. Der Grafikchip kann je nach Anforderungen eine 64 beziehungsweise 128 Bit breite Speicherschnittstelle ansprechen. Der Core- und Speichertakt sowie die Chiparchitektur sind, wie die Roadmap zeigt, entsprechend für das Segment zugeschnitten.

Neues technisches Terrain will der Chiphersteller mit der Vorstellung des NV40 Anfang 2004 beschreiten. Dieser Grafikbaustein soll über eine PCI-Express-Schnittstelle verfügen und neben DDR2- bereits DDR3-Speichertechnologie unterstützen. Ein spezieller AGP-Bridge-Baustein ermöglicht dann den Einsatz in den herkömmlichen AGP-8x-Slots. Zusätzlich soll der Neuling eine schnellere 8x1- oder sogar 8x2- statt 4x2-Pipeline-Architektur besitzen. Darüber hinaus enthält der NV40 voraussichtlich vollen DirectX-9.1-Support mit Pixel- und Vertex-Shadern der Version 3.0 - aktuell unterstützen die Grafikprozessoren DirectX 9.0 mit Shadern der Version 2.0+. Auch in preissensitiven Bereichen plant NVIDIA, entsprechende PCI-Express-Pendants auf den Markt zu bringen.

S3 Graphics: Comeback-Versuch

Auf dem Desktop-Grafikmarkt hatte S3 Graphics in den letzten Jahren keine Marktpräsenz, da die bisherigen Grafikchiptechnologien ausschließlich als integrierte Lösungen für den Mobile-Bereich bestimmt waren. Doch mit der neuen DeltaChrome-Generation beabsichtigt das Unternehmen 2004 den Wiedereinstieg in das Desktop-Segment.

Übersicht über die S3-Graphics-Grafikprozessoren

GPU

DeltaChrome F1

DeltaChrome S8

DeltaChrome S4

Schnittstelle

AGP 8x

AGP 8x

AGP 8x

DDR

ja

ja

ja

DDR2

nein

nein

nein

Core (MHz)

350

300

350

Speicher (MHz)

350+

300+

300+

Speicherbus

128 Bit

128 Bit

128 Bit

DirectX

9.0

9.0

9.0

Pipeline

8

8

4

TMU

1

1

1

Speicher-bandbreite

11 GByte/s

9,6 GByte/s

9,6 Gbyte/s

Einführung

Februar 2004

Januar 2004

März 2004

Für den Highend-User bietet S3 Graphics dann den DeltaChrome F1 mit einer 8x1-Pipeline-Architektur und Directx-9.0-Unterstützung an. Der Chip arbeitet mit 128-Bit-DDR2-Speichertechnologie und benötigt laut Hersteller durch die Ultra-Low-Power-Technologie im Vergleich zu den Mitbewerbern deutlich weniger Strom.

Als Besonderheit bieten die DeltaChrome-Chips programmierbare Video-Funktionen. S3 nennt diese klangvoll DeltaChrome Chromotion. Für weich gezeichnete Fonts ohne Performance-Verluste (Anti-Aliasing) entwickelte der Hersteller die 2D-XP-Funktion in Hardware. Zusätzlich kann der DeltaChrome die Bildorientierung am VGA- beziehungsweise am DVI-Ausgäng unabhängig voneinander ohne Einbußen der 3D-Qualität verändern (Hardware-Rotation). Der Video-Ausgang mit nativem HDTV-Support rundet das Angebot des Grafikchips ab.

Im umsatzstärksten Sektor wird S3 Graphics den DeltaChrome S8 mit reduzierter Performance und im Vergleich zu den Highend-Modellen nahezu identischem Chipaufbau und Funktionen ausstatten. Für den preissensitiven Einsteigermarkt steht der DeltaChrome S4 mit nur vier Pipelines zur Verfügung. Beide Chips arbeiten mit herkömmlichem DDR-Speichertechnologie und 128 Bit Speicherbusbreite.

Der Nachfolger der DeltaChrome-Chips setzt nach einer S3-Graphics-Roadmap auf DirectX 9.0 und höher, inklusive Vertex- und Pixel-Shader der Version 3.0. Zusätzlich soll er mit DDR2-Speicher arbeiten. Mit welcher Busbreite das Speicher-Interface den Datenaustausch regelt, gibt der Hersteller nicht preis.

XGI: Aufbruchpläne

Zu Beginn des Jahres 2003 formierte sich aus den Grafikchipsparten von SiS und Trident das Unternehmen eXtreme Graphics Innovation (XGI). Noch im September desselben Jahres stellte XGI auf der "Computex" in Taipei unter dem Namen Volari eine vollständige Grafikprozessorfamilie vor.

Der Hersteller adressiert mit den Versionen Volari Duo V8 Ultra und Volari Duo V5 Ultra den High-Performance-3D-User. Mit den beiden Varianten Volari V8 Ultra und Volari V8 will XGI den Highend-Markt mit GPUs bedienen, für den Mainstream-Bereich sind der Volari V5 Ultra und der Volari V5 ebenfalls in Single-Ausführung vorgesehen.

Zusätzlich soll der Volari 3 das Einsteigerfeld abdecken und der Volari XP5 das Mobile-Segment erschließen. Welche technischen Details die Desktop-GPUs voneinander unterscheiden, zeigt unsere Tabelle:

Übersicht über die XGI-Volari-Grafikprozessoren

GPU

Volari Duo V8 Ultra

Volari Duo V5 Ultra

Volari V8 Ultra

Volari V8

Volari V5 Ultra

Volari V5

Volari V3

AGP 8x

ja

ja

ja

ja

ja

ja

ja

Core

350 MHz

350 MHz

350 MHz

350 MHz

350 MHz

300 MHz

300 MHz

DDR

375+ MHz

375+ MHz

375+ MHz

325+ MHz

375+ MHz

325 MHz

250 MHz

DDR2

500 MHz

500 MHz

500 MHz

450 MHz

500 MHz

450 MHz

nein

DirectX

9.0

9.0

9.0

9.0

9.0

9.0

9.0

Pipeline

16

8

8

8

4

4

2

V-Shader

4

4

2

2

2

2

1

P-Shader

8

4

4

4

2

2

1

Shader-Version

2.0

2.0

2.0

2.0

2.0

2.0

1.3

Die Volari-Desktop-GPUs unterstützen DDRII- oder Standard-DDR-Speicher - die Mobile-GPU nur Letzteres. Um die hohe Performance bei den Volari-Duo-Versionen zu erreichen, berechnen die Prozessoren im Wechsel einen gesamten Bildaufbau. Ähnlicher Verfahren bedienten sich bereits vor Jahren erfolglos 3dfx und ATI.

Auch zukünftig beabsichtigt XGI, kräftig im Grafikchipgeschäft mitzumischen. Eine interne Roadmap zeigt, welche Überraschungen der Newcomer im Grafikchipgeschäft zu bieten hat.

Man darf also gespannt sein, ob sich XGI mit dem Volari auf dem hart umkämpften Grafikchipmarkt behaupten kann - das technische Potenzial dazu hat er. Interessant scheint der XGI Volari für den Markt zu sein, denn zumindest Grafikkartenhersteller Club3D hat den Grafikchip in sein Portfolio aufgenommen. Weitere Firmen wie Gigabyte, MSI oder Power Color wollen 2004 nachziehen.

Fazit

Nahezu jeder Grafikchiphersteller hat als Aushängeschild ein Topmodell für Desktop-Systeme im Angebot. So bietet zurzeit (Ende 2003) ATI mit dem RADEON 9800XT und NVIDIA mit dem GeForce FX 5950 die gefragtesten Highend-Grafikchips an. XGI will mit dem hauseigenen Flaggschiff Volari Duo V8 Ultra den etablierten Chipsatzschmieden Marktanteile streitig machen. Auch S3 Graphics plant mit dem Delta Chrome F1, den Topprodukten der Konkurrenz etwas Ebenbürtiges entgegenzusetzen.

Den Roadmaps zufolge haben nahezu alle Grafikchiphersteller schon für Anfang 2004 erste Modelle mit der neuen Schnittstellentechnologie PCI Express angekündigt. Zeitgleich werden Mainboards mit entsprechenden Chipsätzen verfügbar sein. Die Spezifikationen für diese neue Technologie liegen bereits in der finalen Version vor. In der Übergangsphase können die Grafikchips jedoch per so genanntem AGP-Bridge-Baustein an das herkömmliche AGP-8x-Interface angebunden werden.

Eine höhere Performance wollen die Grafikchiphersteller durch schnellere Taktfrequenz und neue Hardware-Features wie verbesserte Pixel- und Vertex-Shader erreichen. Zusätzlich soll die zukünftige DDR3-Speichertechnologie den DDR2-Speicher ablösen und für den nötigen Performance-Schub sorgen. (hal)