Risiko: Backup o.k. - Recovery gescheitert

19.01.2005 von KARL FROEHLICH, speicherguide.de 
Eine kontinuierliche Datensicherung ist für viele Unternehmen überlebenswichtig. Daher steckt man viel Aufwand in das Backup. Mit dem Recovery - dem eigentlichen Sinn des Backups - beschäftigen sich aber nur die wenigsten.

Das Thema Backup ist für jedes gewerbetreibende Unternehmen, egal welcher Größe, ein Muss. "Eine IT-Umgebung ohne Datensicherung ist heute weniger denn je vorstellbar", sagt Robert Kapfer, Geschäftsführer bei Adaptron. "Die Jahre, in denen Unternehmen sich keine Gedanken um ihre Datensicherung machten, gehören schon längst der Vergangenheit an", so Kapfer weiter. Die Probleme heutzutage liegen seiner Ansicht nach vielmehr im Detail. Immer enger geschnürte Budgets zwingen die Systemadministratoren, das Backup - solange alles läuft - zu vernachlässigen. Die Datensicherung hat selbst keinen direkten Nutzen für die Anwender - und somit auch nicht immer für die Entscheider.

"Zum Star in den IT-Abteilungen ist die Datensicherung in den letzten zwei Jahren nicht avanciert, aber seit dem 11. September 2001 wird ihre reibungslose Funktion mehr geschätzt", meint Joachim Weber, Area Technical Manager bei Legato. Viele CIOs sehen aber nach wie vor im Backup ein lästiges Übel und überlassen Ablauf sowie Umsetzung den entsprechenden Fachabteilungen. Die Rolle des Backups verschiebt sich vom reinen Katastrophenschutz hin zu einem Bestandteil des Informationsmanagements im Unternehmen. Nicht zuletzt kommen immer mehr Anbieter von Storage- und Backup-Lösungen mit ILM (Information Lifecycle Management) auf den Markt.

Geringes Backup-Budget

"Zwar steigt das Bewusstsein für den Wert unternehmenskritischer Daten, gleichzeitig haben die Unternehmen wenig Vertrauen in die Leistungsfähigkeit ihrer Datensicherungsstrategien", behauptet Roman Schiegg, Storage Solutions Group bei Quantum. Dies ist das Ergebnis einer europäischen Studie, die im Auftrag von Quantum durchgeführt wurde.

Von den befragten Unternehmen glauben insgesamt nur 35 Prozent, dass ihre gegenwärtige Speicherarchitektur das in den nächsten Jahren erwartete Datenwachstum bewältigen kann. Zirka 40 Prozent der Unternehmen rechnen innerhalb der nächsten drei Jahre mit einer Verdoppelung der Datenbestände, gleichzeitig erwarten sie aber stagnierende oder rückläufige IT-Budgets. "Der Backup-Markt hat ein hervorragendes Entwicklungspotenzial, der Bedarf ist absolut vorhanden. Dennoch sind die Unternehmen bei Investitionen nach wie vor zurückhaltend", erklärt Schiegg.

Sicherheitsbedürfnis wächst

Der Backup-Markt ist ein dynamisches Segment, das momentan vom steigenden Speicherbedarf einerseits und den jeweiligen individuellen Bedürfnissen und Anforderungen an die Datensicherheit andererseits beeinflusst wird. "In Unternehmen muss das stetig ansteigende Speichervolumen in immer kürzeren Abständen gesichert werden", erklärt Michael Schwend, Pre-Sales Manager bei Iomega.

"Das zur Verfügung stehende Zeitfenster für Backup (Auslagerung) und erfolgreiches Restore (Wiederherstellung) wird aber immer kürzer. Mehr und mehr flexible Arbeitszeiten und die globale Vernetzung diktieren den Bedarf für neue Lösungen", so Schwend weiter. Zusätzlich wachse das Sicherheitsbedürfnis durch Ereignisse wie das Elbhochwasser 2002, die jüngsten Virenausbrüche, den Stromausfall in den USA oder auf Grund von branchenspezifischen Anforderungen beispielsweise in Banken durch Basel II.

Backup-Qualität nicht optimal

Auch kleine Unternehmen haben mittlerweile erkannt, dass eine kontinuierliche Datensicherung überlebenswichtig ist. Allerdings kann in den meisten Fällen nicht von einer erfolgreichen Umsetzung gesprochen werden. Das Bewusstsein ist vielfach vorhanden, nur werden daraus keine Konsequenzen gezogen. "Vor allem in kleinen Betrieben fehlen hier die Gelder. Backup verursacht Kosten, ohne zunächst einen erkennbaren Gegenwert zu leisten", meint Mario Werner, Storage-Vertrieb beim Wiesbadener Systemhaus Topmedia.

Werte wie Sicherheit, Datenverfügbarkeit und Wiederherstellungszeit sind nicht greifbare Größen. Wobei speziell in kleineren Unternehmen die Anforderungen oft geringer und die Ansätze zur Zentralisierung und Automation weniger aufwendig seien. "Lösungen werden beispielsweise selten redundant ausgelegt. Auch wird häufig auf die Verwendung von so genannten Plug-ins zum Online-Backup von Applikationen verzichtet, und die Anforderungen an die Reporting-Funktionen fallen geringer aus, da Mitarbeiter Logfiles meist selbst bearbeiten und Statistiken sowie Reports manuell erstellen", weiß Werner.

"Die Qualität der Backup-Maßnahmen lässt in kleinen und mittleren Betrieben meist noch zu wünschen übrig. Der typische Administrator in einer solchen Umgebung hat in der Regel leider nicht die Zeit, sich zumindest vorübergehend intensiv mit Backup- und Restore-Themen zu befassen", bestätigt Guido Ockenfels, Projektleiter Consulting und Professional Services beim Storage-Distributor TIM. Hier müsse im Sinne von Aufklärung und vernünftiger fachlicher Beratung darauf hingearbeitet werden, dass durch passende Werkzeuge und Strategien auch kleine Unternehmen in die Lage versetzt werden, ihr Backup und Recovery professionell zu planen und umzusetzen.

Fehlendes Bewusstsein über Wert der Daten

Laut Computer Associates ist die Datensicherung unabhängig von der Größe eines Unternehmens. Entscheidend sei vielmehr das Verständnis für die Gesamtthematik. "Einer Firma muss bewusst sein, dass die Daten das Kapital darstellen, und sie dadurch eine besondere Beachtung verdienen", stellt Robert Thurnhofer, Senior Business Technologist Storage bei Computer Associates, klar. CA versucht momentan im Rahmen einer Storage-Risk-Mitigation-Kampagne (Risikominderung) Firmen dabei zu unterstützen, Daten nach unternehmerischen Gesichtspunkten zu bewerten. Damit soll sich die jeweils richtige Technologie für die Datensicherheit einsetzen lassen. "Es ist weder notwendig, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen, noch die wichtigsten Daten eines Unternehmens technologisch zu vernachlässigen", erläutert Thurnhofer.

Als grundlegend falsch erachtet Quantum-Manager Schiegg den Ansatz vieler Firmen, die Kosten einer Backup-Lösung einfach mit jenen des Primärspeichers zu vergleichen. Vielmehr müssen die Ausgaben für eine Datensicherung in Relation zum Wert der Daten gesehen werden.

Recovery bleibt unbeachtet

"Die wenigsten Unternehmen machen sich Gedanken über die Wiederherstellung der Daten. Dabei ist doch der vollständige Restore aller Daten das eigentliche Ziel des oftmals so aufwendigen Backups", behauptet Adaptron-Manager Kapfer. Das für die Wiederherstellung notwendige Konzept beziehungsweise ausgebildete Personal sei in vielen Firmen nicht zu finden. Immer wieder stellt sich bei einem Recovery heraus, dass die Tapes nur sporadisch gewechselt wurden. Das heißt, die Geschäftsleitung kann sich dann für die alten, virenfreien Daten von vor einer Woche oder die Daten mit Virus von gestern entscheiden. Auch an eine Urlaubs- oder Krankheitsvertretung denken gerade kleinere Unternehmen nur selten. Zudem würden häufig die notwendige Recovery-Zeit und deren Kosten unterbewertet.

"Das oberflächliche Problem heißt: Zu wenig Zeit", erklärt TIM-Projektleiter Ockenfels. "Tatsächlich wird meistens aber einfach die Wichtigkeit beispielsweise eines ausführlichen Restore-Tests maßlos unterschätzt. Bei tatsächlichem Ausfall eines Systems verlassen sich die meisten KMUs darauf, dass die Daten schon irgendwie wiederhergestellt werden können", erläutert Ockenfels weiter. Ob die Daten einen aktuellen Stand repräsentieren, oder wie viel Nacharbeit erforderlich ist, werde schlicht nicht betrachtet.

"Marktforschungen mit unseren Kunden und Fachhändlern haben ergeben, dass nur wenige ihre Recovery-Pläne und Prozedere dokumentiert und auf dem neuesten Stand haben. Noch weniger werden Restore-Funktionen auf den Ernstfall hin überprüft", bestätigt Iomega-Manager Schwend.

Auch Computer Associates ist sich sicher, dass KMUs das Recovery vernachlässigen. Größere Unternehmen schließt der Software-Hersteller jedoch nicht aus. "Wir stellen immer wieder fest, dass bei Planungen sehr oft das größte Augenmerk auf das so genannte Backup-Fenster gelegt wird. Der wichtigste Punkt ist jedoch das Recovery", konstatiert CA-Manager Thurnhofer. Das heißt, alles über die Restore-Anforderungen zu wissen, sei viel wichtiger. Dazu gehört unter anderem die Dauer, bis das System wieder "online" sein muss, bevor der Betrieb größeren Schaden nimmt. "Es kann nur wieder das hergestellt werden, was auch gesichert wurde. Dadurch ergibt sich ein Kompromiss aus den Faktoren Zeit, Technologie und Backup-Philosophie", sagt Thurnhofer.

Stellenwert von Disk-Backup noch gering

Um das Thema Disk-Backup wird aktuell ein regelrechter Hype erzeugt. Den Stellenwert bezeichnen Storage-Anbieter allerdings selbst noch als gering. "Es fällt aber auf, dass es im Rahmen von Projekten zunehmend häufiger diskutiert wird", sagt Topmedia-Manager Werner. "Im Bereich bis zu einer Kapazität von mehreren TByte, die zuverlässig und verfügbar ausgelegt sein sollen, ist der klassische Ansatz über eine Tape-Library noch der günstigere", gibt Werner zu bedenken.

Interessant ist der Ansatz von Disk-Backups sowohl für kleinere wie auch für größere Unternehmen, beispielsweise als eine Art Zwischen- oder Zusatzlösung. Backups lassen sich zunächst auf Disk schreiben. Sie verkürzen wegen der höheren Übertragungsgeschwindigkeit das Zeitfenster. Anschließend können die Daten auf Band ausgelagert werden. Dies kann am nächsten Tag geschehen - das Netzwerk wird dadurch nicht mehr belastet - oder zu einem späteren Zeitpunkt. Ein weiterer Vorteil von Disk-Backups sind die kürzeren Restore-Zeiten.

Ausblick: Disk-Backup als Ergänzung zu Tapes

"Backup-to-Disk ist ganz klar eine ergänzende Technologie. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sind sich Kunden, Hersteller und Analysten einig, dass man auf eine weitere, ausgelagerte Sicherheitsschicht nicht verzichten kann und will", meint Legato-Manager Weber. Laut Weber sind Bänder beim einfachen Transport am einfachsten zu handhaben. Selbst wenn Festplatten mechanisch austauschbar gestaltet werden, bleiben sie beim Transport deutlich empfindlicher als Bandmedien. Zudem verfügen Magnetbänder nach wie vor über einen klaren Preisvorteil pro MByte oder GByte.

Je nach Berechnungsmodell liegen die Kosten für ein MByte bei Tapes unter einem halben Cent. "Selbst sehr günstige Disk-Systeme kommen nicht unter 2,5 Cent, spezielle Disk-to-Tape-Appliances liegen mit vier bis neun Cent deutlich darüber", rechnet Weber vor. "Allerdings ist diese Momentaufnahme schon weit vom Tape/Disk-Kostenfaktor aus dem Jahr 2002 entfernt", ergänzt Weber. Behält der Trend seine Richtung bei, könnten Disk-to-Tape-Lösungen mittelfristig durchaus auf dem Preisniveau von Bandmedien liegen.Bei der Kaufentscheidung sollten Anwender die möglichen Ersparnisse durch eine deutlich verringerte "Downtime" berücksichtigen. Alle Backup-to-Disk-Verfahren reduzieren die Zeit bis zur Wiederherstellung von Daten massiv - Benutzer sind schneller wieder produktiv, die Kosten eines Systemausfalls sinken. Band und Disk streben mittelfristig einer Koexistenz entgegen. (cvi)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag von speicherguide.de.