Wer schon einmal eine Kündigung erhalten hat, weiß wie man in dieser Situation fühlt. Der Groll auf den Vorgesetzten, der für die Personalmaßnahme verantwortlich zeichnet, ist immens. Und überhaupt, die ganze Firma wird verflucht. „Die kriegen den Hals nicht voll“, „Hauptsache die Herren Manager erreichen auf Teufel komm raus den geplanten Profit“ und „Unseren Managern fällt nichts Besseres ein, als Leute rauszuschmeißen“… und das waren jetzt noch die mit freundlichen Worten beschriebenen Gedanken.
Gerecht oder nicht, ob aus wirtschaftlicher Lage einfach keine andere Wahl als Personalabbau möglich war, für den Gekündigten bleibt es letztendlich egal. Auch wenn jemand selbst kündigt, für die verbleibende Zeit ab der Kündigung sollten gewisse Dinge tunlichst beachtet werden. Die erste Regel lautet: Weiterarbeiten wie bisher.
Denn es ist wie so oft im Leben – der letzte Eindruck prägt. "Ein Chef ist auch nur ein Mensch. Selbst wenn er fünf Jahre lang mit einem Mitarbeiter zufrieden war, sich aber gestern über ihn geärgert hat, wird sich dies auf sein Arbeitszeugnis auswirken", warnt Personalberater Heiko Mell aus Rösrath bei Köln.
Rachegefühle oder unflätige Äußerungen nach der Kündigung gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sollten also vermieden werden. Die letzten Wochen in der alten Firma können schnell auch über den Erfolg im neuen Unternehmen entscheiden. Gerade im Zeitalter der Vernetzung innerhalb einer Branche, spricht es sich schnell herum, wenn jemand gekündigt hat oder gekündigt wurde und derjenige keinen Hehl aus seinem Frust macht. Und gerade wenn jemand beim Jobwechsel in der gleichen Branche bleibt, gilt der Spruch „man sieht sich immer zweimal im Leben“ mehr denn je.
Im Kündigungsverhältnis stehende Mitarbeiter, die sich über diese Umstände bewusst sind, werden ihre letzten Wochen besonders umsichtig, professionell und mit Stil gestalten. Dies reicht vom Kündigungsgespräch bis hin zum Ausstand.
Zuerst den Chef informieren
Ein professioneller Abgang aus dem Büro erfordert jede Menge Geschick, Disziplin und Vorsicht. Das fängt bei der Kündigung an. Wer selbst kündigt, sollte immer zuerst den Chef informieren. Wirklich immer. Auch dann, wenn man mit Kollegen eng befreundet ist. Das Kündigungsschreiben bietet Gelegenheit, einen guten Eindruck zu hinterlassen. "Kündigt ein Mitarbeiter, ist das für den Vorgesetzten meist eine kleine Blamage, die er vor seinem eigenen Chef verteidigen muss", erklärt Mell. "Wer daher in seine Kündigung Worte des Dankes einfließen lässt, wirft gleichermaßen ein gutes Licht auf sich selber wie auf seinen Vorgesetzten." Mögliche Floskeln: "scheide ungern", "habe viel gelernt" "mit Dank für die wertvolle Zusammenarbeit". Auch persönliche Zeilen des Bedauerns sind herzlich willkommen, schließlich geht die Kündigung durch viele (wichtige!) Hände im Unternehmen.
Wer das Schreiben noch vor dem Kündigungstermin einreicht, gibt dem Chef außerdem die Chance, schneller einen Nachfolger zu finden. "Darauf sollte man geschickterweise bei der Übergabe hinweisen", rät Mell. Erst nach der offiziellen Kündigung beim Vorgesetzten dürfen auch die Kollegen die Neuigkeit erfahren - und zwar "je eher, desto besser", rät Peter Fischer, Geschäftsführer der Hamburger Beratungsfirma Fischer Group International (fgi). "Sobald der Chef es weiß, hat Geheimniskrämerei keinen Sinn", so der Psychologe und Organisationsberater.
Keine schmutzige Wäsche waschen
Für die letzten Wochen im Büro empfiehlt er, ranzuklotzen statt nachzulassen. "Keine Wunden lecken, nicht den Kollegen das Herz ausschütten, keine Diskussionen über den Nachfolger anzetteln", empfiehlt Fischer. "Je selbstverständlicher man weiterarbeitet, desto besser." Mell empfiehlt sogar "doppeltes und dreifaches Engagement". Damit kann man mächtig imponieren ("Donnerwetter, Herr Müller hat sich bis zum letzten Tag voll eingesetzt!").
Wer einen solch brillanten Eindruck hinterlässt, liefert nicht nur kurzfristig Pluspunkte für sein Arbeitszeugnis. Der gute Eindruck hat auch Langzeitwirkung, etwa für telefonische Referenzen, die sich ein künftiger Arbeitgeber ein paar Jahre später einholt.
Selbstverständlich ist der volle Einsatz scheidender Mitarbeiter aber keineswegs. Davon können Personalchefs ein Lied singen. Manche Mitarbeiter, die gekündigt haben, mauern oder meckern. Leute, die etwa bei der Einarbeitung des Nachfolgers ihr Wissen für sich behalten oder im Kollegenkreis schlechte Stimmung verbreiten, sind keine Ausnahme - obwohl sie sich damit selbst ins Abseits stellen.
Auch Schwänzen ist bei scheidenden Angestellten beliebt. "Ohne Krankmeldung einfach nicht mehr zu erscheinen ist ein No-Go", warnt Jörg Bolender, Leiter Recruitment der Siemens-Sparte IT Solutions and Services. Um die Gründe für Kündigungen zu erfahren, führen einige Personalchefs Exit-Interviews. Betroffene sollten darin "offen und ehrlich sein, ohne schmutzige Wäsche zu waschen", empfiehlt Bolender.
Vor einer Abrechnung im Abgangsinterview kann nur gewarnt werden. Denn die kann sich früher oder später rächen. "Die IT-Branche ist kleiner, als man denkt. Bei den Verflechtungen in der Branche kann der ehemalige Arbeitgeber schnell zum zukünftigen Geschäftspartner werden", mahnt Ex-SAPler Bleckmann. Als Coach und zertifizierter Outplacement-Berater in Heidelberg berät er heute IT- und andere Mitarbeiter beim Jobwechsel. In Sachen Eigen-PR stellt er besonders bei Computerspezialisten Nachholbedarf fest. Vielen von ihnen sei nicht klar, dass die konstante Arbeitsleistung allein nicht reicht. Man muss sie auch noch verkaufen. "Gutes tun und darüber reden - beides ist gleich wichtig", so Bleckmann. "Das sollte auch Softwareentwicklern und anderen Technikern stets bewusst sein."
Rachefeldzug hilft nicht weiter
Dabei können Stellenwechsel für Computerfachleute sogar eine besondere Chance darstellen. Projektarbeit und wechselnde Teams geben ihnen die Möglichkeit, ihre Skills in unterschiedlichen Konstellationen unter Beweis zu stellen. So können Arbeitsplatzwechsel ihre Karriere kräftig ankurbeln. Doch auch hier heißt es: Eigeninitiative zeigen. Denn neue Jobs kommen selten angeflogen. Und bei auseinandergehenden Teams sollte man stets sicherstellen, in guter Erinnerung zu bleiben. "So setzt man wichtige Duftnoten an unterschiedlichen Stellen des Unternehmens", erklärt Bleckmann.
Mit einem sauberen Abgang lässt sich gut punkten. Dazu gehört auch ein aufgeräumtes Büro mit sortierten Unterlagen. Wer sich nicht nachträglich Feinde schaffen will, hält beim Ausmisten keine Informationen zurück. Auch enttäuschte Angestellte sollten der Versuchung widerstehen, einen Rachefeldzug zu führen. Wer wichtige Dokumente in der hintersten Ecke oder in einer versteckten Datei ablegt, beschädigt sein Image auch nach Verlassen der Firma unnötig.
Wichtiges Abschiedsritual
Wer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse kennt, muss vorsichtig sein. "Die Geheimhaltungspflicht gilt für die gesamte Dauer des Arbeitsverhältnisses, manchmal sogar auch darüber hinaus", erklärt Arbeitsrechtler Jean-Martin Jünger aus Mannheim. Wichtig: Zur Verschwiegenheit ist man auch dann verpflichtet, wenn sie nicht ausdrücklich im Vertrag steht.
Bleibt, zum Abschied leise Servus zu sagen. Das machen heutzutage viele Beschäftigte mit einer Goodbye-Rund-Mail. Die sollte allerdings nicht an alle Mitarbeiter weltweit geschickt werden - sondern nur an Kollegen, mit denen man zusammengearbeitet hat. Man will ja schließlich nicht als Spammer in Erinnerung bleiben.
Pluspunkte sammeln kann man dagegen mit einer angemessenen Abschiedsfeier. Manch ein Angestellter würde gern darauf verzichten und sich lieber aus dem Job schleichen. Das ist aber keine gute Idee. "Das Abschiedsritual ist wichtig - nicht unbedingt nur für den scheidenden Mitarbeiter, sondern auch für die Abteilung", sagt fgi-Chef Fischer. Besonders Führungskräfte sollten ihren eigenen Mitarbeitern die Chance geben, sich gebührend von ihrem Chef zu verabschieden.
Man sieht sich immer zweimal
Der Ausstand in deutschen Büros geht branchenübergreifend in einer Standardvariante über die Bühne: Am Freitagnachmittag lädt der Mitarbeiter zu einem Umtrunk oder Imbiss ein. Der Vorgesetzte und der Gastgeber sagen ein paar warme Worte. Die Kollegen überreichen ein Abschiedsgeschenk, und dann wird mit Kaltgetränken angestoßen.
Genauso lief es auch bei Ex-SAPler Bleckmann. Er jedoch zog auch nach dem Ausstand keinen Schlussstrich. Zu seinem Chef und den Kollegen hielt er weiterhin Kontakt. Wie gut. Denn heute gehört SAP zu seinen Kunden. "Man sieht sich eben wirklich immer zweimal - mindestens."
Abschiedsrede: Zehn Tipps
-
Kurz halten. Fünf bis zehn Minuten reichen völlig aus. Die Kollegen mögen das kalte Buffet meist lieber als warme Worte.
-
Nicht verzetteln. Lieber nur eine einzige Kernbotschaft überlegen, die man rüberbringen will. Das reicht.
-
Eine kurze Anekdote aus gemeinsamen Zeiten als Einstieg der Ansprache beschwört den Teamgeist.
-
Generell das Team in den Mittelpunkt stellen, nicht sich selbst.
-
Gemeinsame Erfolge ins Gedächtnis rufen, Zuversicht für die künftigen Aufgaben verbreiten.
-
Namentlich dem Teamchef danken. Ansonsten sollte man sich mit persönlichem Lob vor versammelter Mannschaft zurückhalten. Die anderen Kollegen könnten sich übergangen fühlen.
-
Falls schon ein Nachfolger gefunden ist, ihn vorstellen und mit Vorschusslorbeeren bedenken. Das zeugt von Großmut.
-
Nie die tatsächlichen Gründe für den Abschied nennen. Sie sind Privatsache und haben in diesem offiziellen Rahmen nichts zu suchen.
-
Niemals nachtreten. Das zerstört die eigene Reputation.
-
Nicht rührselig werden, sondern genauso auftreten, wie man in Erinnerung bleiben möchte.
Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche. (cvi)