Energieeffizient, sicher und modular

Rechenzentren für den Mittelstand richtig planen

10.01.2014 von Holger Zultner
Cloud-, High Performance- und Mobile Computing, Big Data und Analytics sind aktuelle Herausforderungen für mittelständische Unternehmen. Diese Technologien stellen im Hinblick auf Sicherheit, Hochverfügbarkeit und Energieeffizienz besondere Anforderungen an eine neue Generation von Rechenzentren.

Die Datenberge wachsen, der Einsatz von Informationstechnologie wird auch für den Mittelstand zu einem zunehmend wettbewerbskritischen Faktor: Heute gibt es kaum noch Geschäftsprozesse, die nicht wesentlich von der Unternehmens-IT beeinflusst oder von ihr sogar erst ermöglicht werden. Zudem stellt der Einsatz neuer IT-Instrumente wie Cloud-Computing oder Big Data in Bezug auf Sicherheit, Hochverfügbarkeit und Energieeffizienz spezifische Anforderungen an Rechenzentren. Der Artikel umreißt die aktuellen Herausforderungen bei den Themen Security, Energieeffizienz, Modularität und Planung eines RZs.

Viele IT-Infrastrukturanbieter haben in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Bau von Hunderten von Rechenzentren aller Größenordnungen umfangreiche Erfahrungen gesammelt. Aktuell stehen dabei insbesondere Fragen der Hochverfügbarkeit und Sicherheit, aber auch kritische Punkte im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung des Themas Energieeffizienz im Vordergrund.

Mit anderen Worten: Moderne Rechenzentren müssen heute sichere, hochverfügbare und energieeffiziente IT-Infrastrukturen bieten, die darüber hinaus in ihrer konzeptionellen Struktur auch für künftige technologische Entwicklungen gut gerüstet sind. Solche Rechenzentren folgen zudem meist modularen Konzepten, um mit den Anforderungen, die an sie gestellt werden, zu wachsen. Insbesondere für den auf Wachstum programmierten Mittelstand sind solche modularen Konzepte eine gute Wahl.

Zudem geht die Tendenz eindeutig in Richtung zentraler Infrastrukturen. Dies zeigt auch die jüngste CIO-Studie von IBM, bei der 75 Prozent aller CIOs mittelfristig von stark zentralisierten Infrastrukturen ausgehen. Dabei richten Trendthemen wie Big Data und Analytics, aber auch Cloud und High Performance Computing neue Anforderungen an das Design und die Leistungsfähigkeit von Rechenzentren. Die Experten gehen davon aus, dass innerhalb der nächsten zehn Jahre die Anzahl der Server um das Sechsfache und die Storage-Kapazitäten um das 69-Fache steigen werden. Unternehmen aller Größenordnungen müssen sich vor diesem Hintergrund in jedem Fall auf eine möglichst ressourcenschonende Verarbeitung großer Datenmengen einstellen.

Sicherheit ist Trumpf

Sicherheit muss sein, egal welche Größe ein Rechenzentrum letztlich hat: Es geht um den logischen Schutz der Daten, die physische Sicherheit der Systeme sowie die organisatorische Unversehrtheit der Prozesse. Zudem ist das IT-Compliance- Risiko nicht zu unterschätzen. Große Unternehmen ebenso wie mittelständische Betriebe müssen sich bei Errichtung und Betrieb an eine Vielzahl von internen Vorgaben, gesetzlichen Richtlinien sowie etablierte Branchenstandards halten. Hierzu gehören Normen wie ISO/IEC 20000-1, 27001 und 27002, BSI Grundschutz und das Hochverfügbarkeitskompendium ebenso wie Verfügbarkeitsklassifikationen, die zum Beispiel der TÜV IT vergibt, oder die TIER-Level-Klassifikation nach Uptime Institute, ITIL, um nur einige zu nennen.

Mit diesen Anforderungen aus ITIL, ISO, TSI und BSI ist es zwingend notwendig, die Sicherheit in den Rechenzentren und den Datenschutz permanent auf höchstem Niveau zu halten. Zu einem hochsicheren Design gehören neben konsequent durchgeplanten Redundanzkonzepten in der Stromversorgung auch Klimatisierungskonzepte, die nicht nur dem jeweiligen Verfügbarkeits-Level entsprechend redundant ausgestattet sind, sondern auch den ASHRAE (American Society of Heating, Refrigerating and Air-Conditioning)-Normen und -Richtlinien im Bereich Klimatechnik folgen. Zur Sicherheit moderner Rechenzentren sind darüber hinaus durchgängige Brandschutz- und Brandmeldekonzepte sowie Einbruchmelde- und Zutrittskontrollkonzepte (VdS - Klasse C) unerlässlich.

Die größte Bedrohung für einen sicheren und hochverfügbaren Rechenzentrumsbetrieb ist jedoch immer noch der "Faktor Mensch". Sicherheitsexperten, erfahrene Administratoren und Anlagentechniker sollten eine Selbstverständlichkeit sein. Um jedoch vor Sabotage zu schützen, müssen bereits bei der Planung von Rechenzentren Mechanismen implementiert werden, die eine Gefährdung "von innen heraus" einschränken, wie etwa die hermetische Abschottung der IT-Räume, Zutrittskontrollen, im besten Fall nach biometrischen Methoden, sowie eine Überwachung der Peripherie des Rechenzentrums-Inneren mit Videotechnik.

Energieeffizienz im Mittelpunkt

Die Fachleute gehen davon aus, dass die Energiekosten für Rechenzentren allein noch in diesem Jahr um etwa 18 Prozent wachsen werden - und der Energiehunger der RZs steigt zunehmend. Das Thema ist angesichts dieser Entwicklung auch für die CIOs weit in den Mittelpunkt gerückt: Die jüngste CIO-Studie von IBM hat ergeben, dass sich 68 Prozent der Befragten intensiv mit dem Thema Energieeffizienz im Rechenzentrum auseinandersetzen wollen.

Es besteht zweifellos Handlungsbedarf. Zumeist müssen die oft noch traditionellen Strom- und Klimatisierungskonzepte dem mittlerweile fast immer hochperformanten IT-Equipment angepasst werden. Der Grund liegt auf der Hand: Der Lebenszyklus eines Rechenzentrums ist mit etwa 15 Jahren bedeutend länger als jener der IT-Ausstattung.

Die dramatische Entwicklung bei der zunehmenden Energiedichte in den RZs sowie die gestiegenen Anforderungen an Sicherheit und Verfügbarkeit lassen deshalb in vielen Fällen eine grundlegende Modernisierung oder gar einen Neubau sinnvoll erscheinen: Waren noch vor wenigen Jahren drei bis vier kW pro Rack als Leistung der Standard, so geht heute die Entwicklung bereits in Richtung von 10 bis 15 kW, bei Blade-Servern sind Leistungen von 20 bis 30 kW pro Rack bereits möglich - Tendenz weiter steigend. Damit sind auch innovative Kühlungskonzepte gefragt, die sich bei Neubauten deutlich besser realisieren lassen. Unsere Erfahrung zeigt, dass bei der Alternative Neubau oder Erweiterung beziehungsweise Modernisierung bestehender Rechenzentren der Trend zu mehr als 90 Prozent in Richtung Neubau geht.

Um jedoch die richtigen Entscheidungen im Hinblick auf Anpassung, Modernisierung oder Neubau zu treffen, sollte zunächst einmal die Energiebedarfsstruktur des Rechenzentrums analysiert werden. Komponenten, die sich hier schnell und kostengünstig modernisieren lassen, sind zum Beispiel im Bereich der Klimatechnik zu finden. Gemessen an den ROI-Vorgaben oder steuerlichen Nutzungszeiten von Komponenten findet sich zudem eine Reihe von weiteren Maßnahmen, die sich schnell und unkompliziert umsetzen lassen. Ein Beispiel im Kleinen, jedoch mit Zukunft, ist auch der Ersatz der Beleuchtung des Rechenzentrums durch LED-Technik.

Typische Kostenfresser bei einer Modernisierung hingegen sind üblicherweise im Bereich der Notstromanlagen angesiedelt. Hier lohnt es sich, beispielweise über neue Energy-Contracting-Modelle nachzudenken, eventuell auch über dezentrale Energieversorgungskonzepte, etwa durch den Einsatz von Blockheizkraftwerken (BHKWs).

Aufgrund der steigenden Strompreise ist und bleibt die Energieeffizienz im Rechenzentrum jedenfalls das große Thema. Hier ist erhebliches Potenzial vorhanden. Eine Möglichkeit besteht darin, so weit wie möglich auf den Einsatz von Kältemaschinen zur Kühlung der Rechenzentren zu verzichten und den Anteil an Freikühlungsstunden zu erhöhen. Zudem sollte grundsätzlich versucht werden, die Abwärme des Rechenzentrums an anderer Stelle, etwa zum Heizen eines Verwaltungsgebäudes, zu nutzen.

Doch Energieeffizienz hat, auch das sollte nicht verschwiegen werden, zweifellos auch ihren Preis: Wir haben festgestellt, dass Unternehmen deshalb auch nur zu einem gewissen Grad bereit sind, in Komponenten zu investieren, die die Energieeffizienz deutlich erhöhen.

Die Industrialisierung von Rechenzentren: modular, aber nicht von der Stange

Viele IT-Infrastruktur-Anbieter haben vor einiger Zeit begonnen, die Prozesse rund um das Rechenzentrum zu industrialisieren. So werden standardisierte, modulare, energieeffiziente und vor allem auch versorgungsstabile Rechenzentrumskonzepte angeboten, die dennoch genügend Raum für individuelle Ausstattungswünsche lassen. Damit folgt man einem Industrialisierungsprinzip, das sich durchaus auch für Rechenzentren eignet.

Analysen von Rechenzentrumsprojekten von IBM aus den vergangenen fünf Jahren haben ergeben, dass es im Hinblick auf die allgemeinen Anforderungen bei Bau und Planung eines solchen Rechenzentrums eine 80-prozentige Übereinstimmung vergleichbar leistungsfähiger RZs gibt. Im Umkehrschluss bedeutet das: Nur 20 Prozent der Anforderungen sind individuell unterschiedlich. In dieser hohen Kompatibilitätsrate liegt gleichzeitig der Schlüssel für die enorme Kostenersparnis, die sich aus einem standardisierten, modularen Ansatz ergibt.

Planung und Konzeption

Der erste Schritt für den Bau eines neuen Rechenzentrums sollte eine möglichst methodenbasierte Strategieentwicklung und Planung sein. Denn neben der eigentlichen Standortwahl müssen beim Bau eines Rechenzentrums bereits in der Vorplanungsphase eine ganze Reihe von Fragen geklärt werden. Dazu gehören:

• die baulichen Gegebenheiten,

• die Versorgungs- und Sicherheitstechnik,

• das Raumprogramm und die Flächenkonzeptionn,

• die Datensicherung und Backup-Konzepte sowie

• eine strukturierte Datenverkabelung.

Die Baukosten, ebenso wie die Bauzeit, hängen dabei stark von den individuellen Gegebenheiten ab. Nicht selten dauert die Planungsphase länger als die eigentliche Bauphase. Generell sollten schon in einem frühen Stadium die richtigen Partner an Bord genommen werden, die den Bau eines Rechenzentrums als ihre Kernkompetenz verstehen. Denn im Prinzip kann jeder RZ-Bau zu einer komplexen Angelegenheit werden. Erhebliche Ineffizienzen bei einem solchen Projekt bestehen häufig bereits bei der Definition der Anforderungen und in der Vorplanungsphase. Wertvolle Zeit und damit auch Budget werden oft unnötig vertan.

Das muss aber nicht sein: Wie bereits erwähnt, gibt es eine sehr hohe Übereinstimmung beim Bau vergleichbar leistungsfähiger Rechenzentren. Gerade auch mittelständische Unternehmen können hier enorm von modularen Industrialisierungskonzepten für RZs profitieren. Wenn im Mittelstand die Entscheidung für den Neubau eines Rechenzentrums getroffen wurde, dann muss meistens die richtige Lösung schnell zur Hand sein. Mit standardisierten Rechenzentren auf Best-Practices-Basis werden kritische Entscheidungen zu einem planbaren Budget erleichtert.

Welches Budget dafür eingeplant werden soll, hängt allerdings stark von den Rahmenbedingungen der RZ-Standort-Auswahl und den tatsächlichen individuellen Anforderungen ab. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem jeweils angestrebten Verfügbarkeits-Level und dem angepeilten Energieeffizienzstandard, zwei wesentliche Kostenblöcke. Daher leitet sich aus diesen beiden Faktoren auch hauptsächlich der Preis für ein neues Rechenzentrum ab. (hal)