Reality Check: IEEE-802.11-WLANs

25.07.2003 von Jörg Luther
Wer dieser Tage ein Wireless LAN einkaufen muss, dem fliegt vorab ein ganzes Alphabet an Standards um die Ohren: 802.11a, b, c, f, g, h und i stehen zur Wahl. tecCHANNEL sortiert den Buchstabensalat.

Die WLAN-Chip- und Endgerätehersteller reiben sich die Hände. Im letzten Jahr hat die Branche zwischen 22 und 25 Millionen Chipsätze geliefert und verbaut, die Funknetzumsätze allein in Europa sollen bis 2007 die Milliarden-Dollar-Marke knacken. In den USA haben sich die Einnahmen mit Wireless-Produkten im vergangenen Jahr nahezu vervierfacht, der Einzelhandel kassierte im vergangenen Jahr satte 280 Millionen US-Dollar gegenüber nur 76 Millionen im Jahr zuvor.

Dem Kunden könnte das eigentlich nur recht sein - haben sich doch mit den steigenden Stückzahlen die Preise für das WLAN-Equipment nahezu halbiert. Doch statt des bislang einzigen und verlässlichen Standards IEEE 802.11b sieht sich der Anwender mittlerweile einem wahren Buchstabensalat von WLAN-Varianten gegenüber. 11a, b, g und h konkurrieren als Basistechnologien um die Gunst des Käufers, garnieren lässt sich das Ganze je nach Bedarf mit 11c, d, e, f und i.

Aus dieser Buchstabensuppe wiederum ist einiges standardisiert, anderes noch nicht. Manches ist nur in den USA legal und in Europa nicht zugelassen. Zu guter Letzt kocht die deutsche RegTP auch noch ihr eigenes Süppchen, was die Frequenznutzung betrifft. Zurück bleibt ratlos der potenzielle Benutzer: 11 oder 54 Mbit/s? 2,4 oder 5,2 GHz? WEP, WPA oder 802.11i?

Der vorliegende Artikel sortiert das WLAN-Alphabet, bietet eine aktuelle Bestandsaufnahme der einzelnen Technologien und gibt Ihnen eine Entscheidungshilfe an die Hand.

IEEE 802.11: Die Standardkomponenten

Bei den WLAN-Basistechnologien lassen sich zwei Hauptgruppen nach dem verwendeten Frequenzband unterscheiden: Die einen arbeiten im klassischen 2,4-GHz-Band, die anderen im 5-GHz-Band. Zu Ersteren gehören das bislang verwendete IEEE 802.11b (11 Mbit/s) sowie sein rückwärtskompatibler dezidierter Nachfolger 802.11g, für den Mitte Juni 2003 der Standard verabschiedet wurde.

Im 5-GHz-Band operieren dagegen 802.11a und 802.11h, beide nominell 54 Mbit/s schnell. Dabei stellt das jenseits des großen Teichs gern als "Compatibility Issue in Europe" umschriebene 802.11h lediglich die europäische Variante des amerikanischen a-Standards dar: Es bietet mit dynamischer Frequenzauswahl (DFS = Dynamic Frequency Selection) und variabler Sendeleistung (TPC = Transmit Power Control) zwei Zusatz-Features, die ETSI für den europäischen Markt verlangt. 11h liegt allerdings bis jetzt nur als Draft, also als Prästandard, vor.

IEEE 802.11 im Überblick

Arbeitsgruppe

Arbeitsgebiet

AES = Advanced Encryption Standard; DFS = Dynamic Frequency Selection; TPC = Transmit Power Control

802.11a

54-Mbit/s-WLAN im 5 GHz-Band

802.11b

11-Mbit/s-WLAN im 2,4-GHz-Band

802.11c

Wireless Bridging

802.11d

"World Mode", Anpassung an regionsspezifische Regulatorien

802.11e

QoS- und Streaming-Erweiterung für 802.11a/g/h

802.11f

Roaming für 802.11a/g/h (Inter Access Point Protocol IAPP)

802.11g

54-Mbit/s-WLAN im 2,4-GHz-Band

802.11h

54-Mbit/s-WLAN im 5-GHz-Band mit DFS und TPC

802.11i

Authentifizierung/Verschlüsselung für 802.11a/b/g/h (AES, 802.1x)

Ergänzende Standards

IEEE 802.11c behandelt die Verfahren für Wireless Bridging, also die drahtlose Kopplung verschiedener Netzwerktopologien. Als "World Mode" wird 802.11d gern zitiert: Der Standard regelt regionsspezifische technische Unterschiede, etwa wie viele und welche Kanäle welche der Basistechnologien a/h, b und g in welchem Land verwenden darf. Der Anwender muss lediglich das Land angeben, in dem er seine WLAN-Karte gerade benutzt; der Treiber regelt dann die entsprechende Anpassung.

IEEE 802.11e definiert QoS- und Streaming-Erweiterungen für 802.11 a/h und g. Damit sollen die 54 Mbit/s schnellen Netze für Multimedia-Applikationen und vor allem Voice over IP fit gemacht werden. Um dazu notwendige Merkmale wie garantierte Datenraten oder minimale Laufzeitschwankungen sicherzustellen, muss am MAC-Layer nachgearbeitet werden. Mit einer Verabschiedung des 11e-Standards ist nach momentanem Stand der Dinge allerdings nicht vor Ende 2003 zu rechnen.

Mit standardisierten Verfahren zum Roaming mobiler Clients zwischen Access Points (vor allem solcher verschiedener Hersteller) beschäftigt sich 802.11f. Die Abstimmung der Übergabe erfolgt dabei über IAPP, das Inter Access Point Protocol.

Sicherheit: 802.11i und WPA

Der Standard 802.11i soll final den Sicherheitsproblemen den Garaus bereiten, von denen die drahtlosen Netze bis jetzt geplagt wurden. Er integriert sozusagen im Rundumschlag alles, was an Security-Features gerade zu finden ist. Dazu zählen als wichtigste Ecksteine die Authentifizierung gemäß IEEE 802.1x (Extensive Authentication Protocol EAP, RADIUS, Kerberos) sowie eine Verschlüsselung nach dem Rijndael-Algorithmus (Advanced Encryption Standard AES). Dementsprechend schwierig gestaltet sich auch seine Definition: Mit einer Verabschiedung von 802.11i ist nicht vor Anfang 2004 zu rechnen.

Derweil versuchen die Hersteller unter der Ägide ihres Industriekonsortiums WiFi Alliance, die immanenten Schwächen von WEP durch die Interimslösung WPA (WiFi Protected Access) aufzufangen. WPA umfasst als Kernbestandteile die Weak Key Avoidance ("WEPplus"), EAP-gestützte Authentifizierung sowie TKIP. Letzteres - das Kürzel steht für Temporal Key Integrity Protocol - soll die gravierendsten WEP-Schwächen umgehen: den konstanten Schlüssel sowie die fehlerhafte Integritätssicherung. Aus Kompatibilitätsgründen benutzt TKIP jedoch nach wie vor das anfällige Stromverschlüsselungsverfahren RC4.

Qual der Wahl: a/h, b oder g?

Wer derzeit ein Funknetz beschaffen möchte oder muss, bekommt von der Industrie das ganze Standardspektrum angeboten. 802.11b ist ein bewährter Standard - aber kauft man da nicht überholte Technik? 802.11a-Produkte sind in den USA seit geraumer Zeit verfügbar, in Europa seit Ende 2002 - aber wie klappt das eigentlich mit dem Betrieb im neuen 5-GHz-Funkband? Seit April 2003 offerieren verschiedene Anbieter auch 802.11g-Produkte für das etablierte 2,4-GHz-Band - vertragen diese sich mit Geräten nach dem erst im Juni verabschiedeten Standard? Sind die Systeme nach dem nagelneuen 802.11g-Standard tatsächlich miteinander und zu bereits eingeführten 802.11b-Geräten kompatibel?

Um diese Frage zu klären, gilt es, einen genaueren Blick auf die fraglichen Frequenzbänder, die rechtlichen Voraussetzungen für deren Nutzung und die diesbezüglichen Eigenschaften der einzelnen Standards und Drafts zu werfen. Dabei treten einige deutliche Beschränkungen der einzelnen Technologien ans Licht, die die Industrie zwar nicht verschweigt, aber die Hersteller auch nicht unbedingt an die große Glocke hängen.

802.11-Varianten im Überblick

802.11a

802.11h

802.11g

802.11b

DFS = Dynamic Frequency Selection; TPC = Transmit Power Control

Status

Standard

Draft (Std Q4/03?)

Standard (seit 12.6.03)

Standard

Frequenzband (MHz)

5150-5350, 5725-5825

5150-5350, 5725-5825

2400,0-2483,5

2400,0-2483,5

Datenrate brutto (Mbit/s)

54

54

54

11

Datenrate netto (Mbit/s)

32

28

32

5

Sendeleistung [RegTP] (mW)

30

200

100

100

Reichweite (ca., m)

10 bis 15

30 bis 50

30 bis 50

30 bis 50

Einsatz [RegTP]

indoor

indoor

indoor, outdoor

indoor, outdoor

Spektrum

300 MHz

300 MHz

83,5 MHz

83,5 MHz

Kanäle [RegTP]

8

8

3

3

Zugriffsverfahren

CSMA/CA

CSMA/CA RTS/CTS

CSMA/CA RTS/CTS

CSMA/CA

Multicasting

ja

ja

ja

ja

QoS

zukünftig

zukünftig

zukünftig

nein

PHY

OFDM

OFDM mit DFS

CCK/OFDM CCK/DSSS

CCK/DSSS

Link-Kontrolle

nein

TPC

nein

nein

2,4-GHz-Band

Das klassische Frequenzband für drahtlose Netze ist das ISM-Band im 2,4-GHz-Bereich. Das Kürzel steht für "Industrial, Scientific, Medical"; für derartige Anwendungen wurden die entsprechenden Frequenzen ursprünglich einmal international freigegeben. Dies schließt die Nutzung innerhalb und außerhalb von Gebäuden ein. Solange die Funkstrecken über eigenem Gelände verlaufen, ist die Nutzung nach deutschem Recht sowohl anmelde- als auch gebührenfrei.

Im ISM-Band operieren neben 802.11b und g allerdings auch zahlreiche weitere Funktechnologien, deren bekannteste wohl Bluetooth ist. In Folge der hohen Akzeptanz der Technologie tummeln sich im 2,4-GHz-Bereich nicht nur immer mehr Funknetze, sondern auch drahtlose Lautsprecher oder Tastaturen übermitteln hier ihre Daten. Zudem kommen neben Funksendungen anderer WLANs auf der 2,4-GHz-Frequenz auch Mikrowellen und sogar Leuchtstoffröhren-Starter als potenzielle Störquelle in Frage.

Die drangvolle Enge wird durch die Tatsache verschärft, dass in dem schmalen Frequenzband nur drei Kanäle zum konkurrierenden Betrieb zur Verfügung stehen. Das erschwert sowohl das Ausweichen bei Störungen als auch die Versorgung großer Benutzerzahlen über entsprechend dicht gepackte Access Points.

5-GHz-Band

Auch der von der Industrie gern als Allheilmittel gegen die drangvolle Enge des ISM-Bands angepriesene 5-GHz-Frequenzbereich weist bei näherem Hinsehen einige Nachteile auf. Die Einschränkungen resultieren einerseits aus schlichter Physik, andererseits aus den rechtlichen Rahmenbedingungen.

Durch die Nutzung der höheren Frequenz ergeben sich zwangsläufig auch eine höhere Dämpfung sowie eine starke Anfälligkeit gegen Rauschen, Abschattungen und andere parasitäre Effekte. Beides verteuert die Nutzung der 5-GHz-Technik: Die geringere Reichweite - sie beträgt etwa die Hälfte jener der 2,4-GHz-WLANs - erzwingt die Dislozierung einer entsprechend höheren Zahl von Access Points, um eine gleiche Abdeckung zu erreichen. Die Störeffekte lassen sich durch technische Maßnahmen in den Griff bekommen, die jedoch wiederum die Kosten der Komponenten für 5-GHz-Funknetze erhöhen.

Andererseits bieten 5-GHz-WLANs selbst nach den strengen deutschen Regulatorien ein sehr breites Frequenzband zur Nutzung an. Bei 802.11a/h stehen dadurch acht statt wie bei 11b/g nur drei parallele Kanäle zur Verfügung. In großen Funknetzen, in denen auf Grund hoher Benutzerzahlen die Access Points ohnehin sehr dicht gepackt werden müssen, erweist sich das als Vorteil.

Frequenznutzung

Beim 5-GHz-Band handelt es sich durchaus nicht um die Tabula rasa, für die Anbieter es gerne ausgeben. Selbst in den USA, wo 802.11a anfangs für In- und Outdoor-Betrieb zugelassen und in großen Stückzahlen verkauft wurde, murrt inzwischen das Militär gegen die Technik und fordert Frequenzbeschränkungen oder technische Ergänzungen für die Technik. Dem Vernehmen nach funken dort die 11a-WLANs vor allem den bei der US Air Force immer beliebteren Kampfdrohnen a la Predator ins Handwerk.

Aber auch in Europa tummeln sich im 5-GHz-Band neben Amateurfunkern militärische Kommunikationsanwendungen und Flugnavigationsdienste. Speziell die Streitkräfte und die Flugsicherung reagieren ausgesprochen allergisch und für den Betroffenen schmerzhaft auf jedwede Störung.

Deswegen beschränken die Zulassungsbehörden für den Betrieb von Funkanwendungen im 5-GHz-Band die Sendeleistung drastisch oder verlangen alternativ technische Maßnahmen zum automatischen Ausweichen bei Frequenzkollisionen (DFS, Dynamic Frequency Selection) sowie zur flexiblen Regelung der Sendeleistung auf das unbedingt notwendige Minimum (TPC, Transmit Power Control).

Neu: 802.11a vs. 802.11h

802.11a stellt jedoch weder Dynamic Frequency Selection noch Transmit Power Control zur Verfügung. Nach der entsprechenden Frequenznutzungsverordung der RegTP (Vfg35/2002 vom 13.11.2002) bleibt es damit auf eine Sendeleistung von 30 mW beschränkt.

802.11h dagegen ergänzt 11a um DFS und TPC, was eine Sendeleistung von 200 mW erlauben würde. Noch ist 11h jedoch kein Standard, sondern liegt bislang nur als Entwurf vor. Zudem resultiert aus Vfg35/2002 eine weitere gravierende Einschränkung: Für den Outdoor-Betrieb sieht die Verordnung ausschließlich den Frequenzbereich von 5470 bis 5725 MHz vor. Den deckt 802.11a/h aber gar nicht ab - die Technologie bleibt also im Gegensatz zu 11b/g vorerst auf die Nutzung innerhalb von Gebäuden begrenzt.

Daran ändert - zumindest für Deutschland - auch eine Frequenzharmonisierung nichts, die Vertreter der EU und der US-Regierung Anfang Juli 2003 auf der "World Radio Communication Conference" in Genf getroffen haben. Danach sollen künftig international zwei einheitliche, 455 MHz breite Frequenzbänder für WLANs zur Verfügung stehen: von 5150 bis 5350 Megahertz und von 5470 bis 5725 Megahertz. Genau diesen Bereich hat RegTP aber in Vfg35/2002 ohnehin bereits zur Nutzung ausgewiesen.

Kompatibel oder komplementär?

Falls Sie Ihr WLAN nicht gerade auf der berühmten grünen Wiese errichten, stellt sich notgedrungen auch die Frage der Kompatibilität zu vorhandenen 802.11b-Komponenten. Hier kann 802.11g voll punkten: 11b- und -g-Geräte nutzen dasselbe Frequenzband, umfassen ein gemeinsames Modulationsverfahren und bieten eine identische Reichweite. Daher lassen sie sich im Mischbetrieb verwenden.

Das verspricht wenigstens der am 12. Juni 2003 verabschiedete Standard. Erste Erfahrungen mit den seit April 2003 ausgelieferten "pre-G"-Systemen sprechen jedoch eine andere Sprache: Mit der Rückwärtskompatibilität klappt es in der Regel nur, wenn b- und g-Komponenten auf Chipsätzen desselben Herstellers basieren. Zudem geht die Kompatibilität, wenn sie denn funktioniert, zu Lasten der Performance. Sobald sich auch nur eine einzige 11b-Komponente in ein 11g-Netz einklinkt, sinkt der Durchsatz des Gesamtsystems von 54 auf 11 Mbit/s.

Darüber hinaus ist zu bedenken, dass man sich mit der Kompatibilität gleichzeitig auf einen gemeinsamen Frequenzbereich festlegt - das ohnehin schon dicht belegte 2,4-GHz-Band. 802.11a nutzt dagegen das bis jetzt noch relativ dünn besiedelte 5-GHZ-Band, ein Parallelbetrieb zu 802.11b ist dadurch ohne jede gegenseitige Beeinflussung möglich.

Neu: 802.11g - Dünne Zertifizierungsdecke

Die WiFi Alliance hat nach einer ausführlichen Zertifikationsprüfung den ersten acht IEEE802.11g-konformen Produkten ihren Segen erteilt. Damit bestätigt sie die Interoperabilität der getesteten PC-Cards und Access Points.

Das entsprechende WiFi-certified-Label bescheinigt, dass die Produkte sowohl untereinander als auch zu WiFi-zertifiziertem IEEE802.11b-Equipment kompatibel sind. Damit bietet die Zertifikation durch die WiFi Alliance über die bloße Behauptung der Standardkonformität durch den Hersteller hinaus einen Investitionsschutz für den Anwender.

Zu den bislang zertifizierten Systemen zählen je vier WLAN-PC-Cards und Access Points. Dies sind im Einzelnen:

Nur diese Produkte garantieren bislang ein reibungsloses Zusammenspiel, bei anderem 802.11g-Equipment bleibt Interoperabilität über das Herstellerprogramm hinaus vorerst Glückssache. Besonders gespannt darf man sein, wie sich die schon vorab verkauften und nachträglich per Firmware-Upgrade auf Standardniveau gehievten Pre-G-Systeme in Sachen Kompatibilität verhalten.

Dualband/Triplemode-Chipsätze

Schon die fehlende Finalisierung der noch ausstehenden Standards 802.11g und h spricht dafür, eine Kaufentscheidung derzeit noch aufzuschieben. Ein weiteres gewichtiges Argument stellt die Tatsache dar, dass es in absehbarer Zukunft sowohl WLAN-Karten als auch Access Points geben wird, die alle 801.11-Teilstandards unterstützen.

Entsprechende Chipsets haben sowohl Atheros und Texas Instruments als auch der durch seine weit verbreiteten 801.11b-Prism-Chipsätze bekannte Hersteller Intersil schon entwickelt. Mit der Auslieferung haben sie bereits begonnen.

Auf Herstellerseite bietet die Nortel-Tochter Netgear schon auf Atheros' AR5001X-Chipset basierende Funknetzkarten und Access Points an. Sowohl in Sachen Kompatibilität als auch hinsichtlich der Investitionssicherheit versprechen solche Dualband(5 und 2,4 GHz)/Triplemode(a,b,g)-Produkte, quasi alle Bedenken auszuräumen.

Besonders interessant erscheint dabei der AR5001X-Chipsatz, für den Atheros im Gegensatz zu Intersil explizit 802.11h-Support zusagt. Er unterstützt zudem nicht nur das ganze 802.11-Alphabet (a, b, e, f, g, h, i), sondern sieht auch eine "802.11a tuning range" von 4900 bis 5850 MHz vor. Damit würde er in Deutschland einen (allerdings nicht ganz 11a-standardgemäßen) Outdoor-Betrieb mit Frequenzen zwischen 5470 und 5725 MHz sowie einer Sendeleistung bis 1000 mW erlauben.

Neu: Turbo-Mode mit 108 Mbit/s

Die 54 Mbit/s Transferrate von 802.11a/h markieren jedoch noch nicht das Ende der mittelfristigen WLAN-Entwicklung. In den USA ließe sich mit den Atheros-Chips 802.11a bereits heute im "Turbo-Mode" mit 108 Mbit/s Brutto-Datendurchsatz betreiben, in Europa verhindern das allerdings die Zulassungsbehörden.

In der "realen" Netzwerkwelt, so Atheros, lassen sich mit dem AR5001X für gemischte Netze mit 802.11a/g Netto-Datenraten von bis zu 90 Mbit/s erzielen. "Mit dem "Super-G"- und "Super-A/G"-Modus ist ein Durchsatz wie in einem drahtgebundenen LAN möglich", versichert Craig Barratt, Präsident und CEO von Atheros.

Um diese Geschwindigkeit zu erzielen, setzt die Firma eine Burst-Technik ein. Das heißt, es werden gleichzeitig drei oder vier Datenpakete auf die Reise über die Funkstrecke geschickt, nicht wie sonst üblich nur eines. Allerdings funktioniert das nur dann, wenn die Auslastung des Netzes nicht zu hoch ist.

Zusätzlich verwendet Atheros eine Hardware-gestützte Datenkompression sowie modifizierte Modulationsverfahren. Diese Techniken, zusammen mit dem Burst-Modus und der Kanalbündelung (Turbo), steigern die Nettodatenrate auf die bereits erwähnten 90 Mbit/s.

Ausblick: WLAN 2005

Ein Demochip von Agere zeigt, wie die Wireless LANs des Jahres 2005 aussehen könnten: Mit simplen Mitteln beschleunigt der Prototyp existierende 802.11a-Technologie auf 162 Mbit/s.

Die an der niederländischen TU Eindhoven entwickelte Demonstrationsplattform nutzt zur Erhöhung der Transferrate drei parallel arbeitende Sende/Empfangsantennen, die nach dem IEEE-802.11a-Standard im 5-GHz-Band arbeiten. Dabei lässt sich das ohnehin zum 11a-Verfahren gehörende Orthogonal Frequency Division Multiplexing (OFDM) zur sauberen Trennung der einzelnen Subcarrier innerhalb des Frequenzbands nutzen.

Dieser als MIMO (Multiple Input / Multiple Output) apostrophierte Trick erlaubt laut Agere einen mit der Antennenanzahl fast proportional wachsenden Durchsatz. Mit den auf MIMO basierenden Seriennachfolgern des demonstrierten Chips möchte Agere ab Ende 2004 im Markt für Highend-WLANs mitmischen.

Das Aus für 802.11b?

Bedeuten die 54-Mbit/s-Funknetze nach 802.11a/h und g das Aus für 802.11b? Die Frage lässt sich mit einem klaren Nein beantworten. Der ausgereifte 11-Mbit/s-Standard bietet durch die hohen Stückzahlen konkurrenzlose Preise und findet daher auch zunehmende Verbreitung. Speziell bei mobilen Geräten schickt er sich an, die seit jeher mehr schlecht als recht arbeitende Infrarot-Schnittstelle IrDA als einfach nutzbares Kommunikations-Interface abzulösen.

Zudem benötigt nicht jedes Einsatzgebiet zwangsläufig die hohen Datenraten der neuen 802.11-Standards. Auch mit 11 Mbit/s lassen sich viele Anwendungen - sofern sie keine erhöhten Anforderungen an QoS-Features stellen - problemlos bedienen. Und das zu einem Investitionspreis, bei dem in nächster Zeit weder 11a/h noch 11g mithalten können.

Auch falls etwas mehr Bandbreite gefragt ist, lässt sich mit 802.11b noch nachlegen. So offeriert beispielsweise Texas Instruments mit dem TNETW1100 einen Wireless-Chip, der Datenraten bis 22 Mbit/s ermöglicht. Anders als die gern gebrauchte Umschreibung "802.11b+" suggeriert, handelt es sich hier allerdings um einen proprietären Modus, der in der Praxis die Nutzdatenrate auch nicht wirklich verdoppelt. Ein merklich höherer Durchsatz lässt sich jedoch erzielen, und zudem beherrscht TIs Chip auch alle standardisierten 802.11b-Betriebsarten.

Fazit

Auf die Frage, welche WLAN-Technologie man derzeit einkaufen soll, gibt es also eine klare Antwort: am besten gar keine. Wer warten kann, sollte das auch tun, bis Anfang 2004 alle Standardisierungen abgeschlossen und Dualband/Triplemode-Geräte in Stückzahlen verfügbar sind.

Generell eignet sich 802.11a/h auf Grund seiner spezifischen Einschränkungen am ehesten für große Netze mit vielen Benutzern. In einer solchen Umgebung fallen seine Handicaps nicht ins Gewicht, und seine Vorteile lassen sich voll ausreizen.

802.11g dagegen spielt seine Vorteile am ehesten in kleineren Installationen aus. Dort erleichtert nicht zuletzt sein gegenüber a/h günstigerer Preis die Kaufentscheidung. Wegen der weit gehenden technischen Übereinstimmung verläuft zudem eine Migration von 11b auf 11g völlig schmerzfrei: Ein einfacher Austausch der Komponenten genügt.

Wer auf hohe Bandbreiten und Multimedia verzichten kann, der fährt auch weiterhin mit 802.11b gut - und vergleichsweise billig. (jlu)