MCSE, MCSA, MCITP, MCTS, MCPD...

Ratgeber: Das bringen Microsoft-Zertifizierungen

09.09.2011 von Jürgen Mauerer
Microsoft hat seine Zertifizierungen zum Nachweis von Fachkompetenzen neu strukturiert. Die Zertifikate haben an Bedeutung gewonnen, da sie höhere Anforderungen stellen und auf die neuesten Technologien ausgerichtet sind. Wir erläutern, welche Zertifikate es gibt, was sie bringen und wie man an sie kommt.

Die Geschichte der Zertfizierungen zum Nachweis von IT-Kenntnissen reicht zurück ins Jahr 1989. Novell startete damals das Zertifizierungsprogramm CNE (Certified Netware Engineer), um einen Qualitätsstandard für die Ausbildung im Umgang mit Netzwerktechnologien zu schaffen. Das Unternehmen entwickelte dazu als erster IT-Hersteller einen mehrstufigen Lehrplan (Curriculum) für das IT-Training sowie ein weltweit einheitliches Testverfahren, das mit einem formellen Zeugnis (Zertifikat) abgeschlossen wurde.

Da Novell damit Maßstäbe gesetzt hatte, zogen zahlreiche andere Hersteller mit eigenen Zertifizierungsprogrammen für ihre Produkte und Technologien nach. Microsoft brachte 1992 das MCP-Programm (Microsoft Certified Professional) auf den Markt. 1996 folgten die ersten Zertifizierungen in MCSE Windows NT4 (Microsoft Certified Systems Engineer), 2001 die ersten Zertifizierungen in MCSA Windows 2000 (Microsoft Certified Systems Administrator). MCSE und MCSA sind bis dato die beiden am weitesten verbreiteten Microsoft-Zertifikate. Insgesamt hat der Konzern bislang mehr als zwei Millionen Zertifizierungen weltweit vergeben.

Microsoft passt sein Zertifizierungs-Programm laufend an die aktuellen technologischen Entwicklungen an. Zuletzt hat das Unternehmen 2010 seine Zertifikate neu strukturiert, stärker differenziert und die Anforderungen erhöht. Dies wirkt sich auch auf die Microsoft-Partner aus, deren Status unter anderen von der Anzahl der zertifizierten Mitarbeiter abhängt. Dieser Artikel bietet eine Übersicht der neuen Microsoft-Zertifizierungen und beschreibt deren Bedeutung für Partner und die zertifizierten Microsoft-Experten.

Microsoft-Zertifizierungen ändern sich

Der technologische Fortschritt und die kurzen Innovationszyklen in der IT fordern eine permanente Aktualisierung der Kompetenz-Profile. Zudem hat Microsoft seine Zertifizierungpfade vor geraumer Zeit grundsätzlich neu strukturiert. Während die bisherigen Zertifizierungen wie MCSE (Microsoft Certified Systems Engineer) oder MCSA (Microsoft Certified Systems Administrator) ein breites, vielfältiges Spektrum an beruflichen Aufgaben und Verantwortungsbereichen abdecken, richten sich die neuen Kompetenz-Nachweise an spezifische berufliche Aufgaben und sind direkt für die neuesten Microsoft Technologien - beispielsweise Windows 7, Windows Azure, Virtualisierung - relevant.

Parallel hat Microsoft in seinem Partner-Netzwerk insgesamt 29 neue Kompetenzen geschaffen, die typische, von Kunden geforderte Lösungen besser abbilden sollen. Die neuen Kompetenzen reichen von Application Integration, Business Intelligence und CRM (Customer Relationship Management) über Hosting und Mobility bis hin zu Unified Communications, Virtualization und Web Development. Um den Silber- oder Gold-Status in den verschiedenen Kompetenzen zu erreichen, müssen die Partner eine bestimmte Anzahl von Mitarbeitern beschäftigen, die Zertifizierungen für die entsprechenden Produkte und Technologien des Kompetenzfeldes besitzen.

Die personengebundenen Zertifikate fließen daher in die Kompetenzprofile der Partner mit ein. "Die Zertifizierungen der Mitarbeiter gewinnen in der neuen Struktur des Microsoft Partner Networks an Bedeutung, da sie eine höhere Qualifikation erfordern und auf die neuesten Microsoft Technologien fokussiert sind", erläutert Jürgen Nilgen, Area Sales Manager bei Microsoft Learning EMEA. "Aufgrund eines transparenteren Partnerprogramms profitieren sowohl Partner als auch Kunden von diesen Neuerungen."

Microsoft-Zertifikate für Anwender und IT-Einsteiger

Personengebundene Microsoft-Zertifikate sind in verschiedenen Levels erhältlich: Für Anwender, Einsteiger und Professionals. Die unterste Ebene bilden die Zertifikate zum Office Specialist, Office Specialist Expert und Office Specialist Master. Damit weisen Anwender nach, dass sie dem jeweiligen Level entsprechend über Wissen in Office-Anwendungen wie Word, Excel, Powerpoint verfügen. Mit fundierten Excel-Kenntnissen können beispielsweise Bewerber für kaufmännische Berufe ihre Jobchancen steigern.

Levels: Microsoft bietet seine Zertifizierungen in verschiedenen Stufen an.
Foto: Microsoft

Der Microsoft Technology Associate (MTA) schlägt die Brücke vom Anwender in die technische Welt und vermittelt Grundlagen von Technologiekonzepten für angehende Software Entwickler und IT Professionals. Die Zielgruppe für die sieben MTA-Prüfungen sind Schüler und Studierende. Jede einzelne Prüfung schließt bereits mit einem Microsoft Technology Associate-Zertifikat ab. MTA prüft das Wissen auf Einsteigerniveau in folgenden Bereichen:

Entwickler:

IT-Professionals:

Microsoft-Zertifikate für IT-Professionals

Über den Microsoft Technology Associate (MTA) hinaus gibt es vier weitere Zertifizierungsstufen: Microsoft Certified Technology Specialist (MCTS), die Professional-Ebene mit den Zertifikaten Microsoft Certified IT Professional (MCITP) und Microsoft Certified Professional Developer (MCPD), den Microsoft Certified Master (MCM) und den Microsoft Certified Architect (MCA).

Die MCTS-Zertifizierungen ermöglichen es IT Experten, sich auf einzelne Technologien zu spezialisieren und umfassendes Wissen und Expertise in verschiedenen Microsoft-Technologien zu erwerben. Meist sind dazu zwei Teilprüfungen (Examen) notwendig. Inhaber von klassischen MCSE- oder MCSA-Zertifizierungen können diese auf den MCST hin aktualisieren.

Die nächste Ebene der neuen Microsoft-Zertifizierungsgeneration bildet die so genannte Professional-Stufe: Diese Zertifizierungen bauen auf der Technology-Serie auf, sind aber nicht mehr rein produktspezifisch, sondern Jobrollen-orientiert.

Gegenwärtig bietet Microsoft in der Professional-Serie die Zertifikate MCITP (Microsoft Certified IT Professional) und MCPD (Microsoft Certified Professional Developer) an. Je nach Technologie sind dazu zwei bis vier Examen abzulegen. MCITP-Zertifizierungen stehen für umfassende Kenntnisse in der Planung, Einrichtung, dem Support und der Wartung von IT-Infrastrukturen. MCPD-Zertifizierungen zeichnen ihren Inhaber als erfahrenen Windows Application Developer, Web Application Developer oder Enterprise Applications Developer aus.

Langjährige Berufserfahrung fordern die Zertifizierungen zum Microsoft Certified Master (MCM) und Microsoft Certified Architect (MCA). Mit dem MCM weisen IT-Professionals nach, dass sie komplexe geschäftliche Anforderungen unter Einsatz von Microsoft Produkten und Technologien erfüllen. Das MCA-Programm richtet sich an Solution und Infrastructure Architects, die Frameworks und Methodologien im gesamten IT Lebenszyklus im Blick haben und auch Produkte anderer Hersteller integrieren.

Microsoft-Partner durch Zertifikate gefordert

Welche Auswirkungen die neuen Microsoft-Zertifizierungen auf die Partner haben, sei am Beispiel der PRIM Management Consult GmbH erläutert. Das Unternehmen beschäftigt 22 Mitarbeiter und ist derzeit Microsoft Gold Partner für CRM (Customer Relationship Management) und SAM (Software Asset Management). "In diesem Jahr wollen wir zudem den Gold Status für die Kompetenzen Unified Communications und System Management erwerben", sagt Holger Kienel, Geschäftsführer von PRIM Management Consult.

Neben dem Nachweis von erfolgreichen, spezifischen Kundenprojekten, einem Mindestumsatz und der Partnergebühr muss das Unternehmen für den Gold-Status zudem seine Mitarbeiter entsprechend qualifizieren. "Mit dem neuen Kompetenzmodell hat Microsoft den Anspruch an seine Partner erhöht. Für uns heißt das, dass unsere Mitarbeiter eine größere Anzahl Zertifizierungs-Prüfungen ablegen müssen, damit wir als Partner für eine bestimmte Kompetenz den Gold-Status erhalten", so Kienel weiter. "Dafür aber können wir uns besser auf dem Markt positionieren. Zudem finden uns die Kunden leichter, da sie gezielt nach einem Partner mit der benötigten Kompetenz suchen können."

Für die Kompetenz System Management, die sich insbesondere um die Microsoft System Center-Familie dreht, fordert Microsoft, dass mindestens vier Mitarbeiter eine der Professional-Zertifizierungen zum MCITP Enterprise Administrator oder MCITP Server Administrator ablegen. Zudem muss jeder dieser Mitarbeiter zwei der folgenden Prüfungen auf dem Technology Specialist (TS)-Level absolvieren:

Das bringen Microsoft-Zertifikate

"Da viele Unternehmen Microsoft-Produkte einsetzen, haben die Zertifizierungen hohe Signalwirkung am Arbeitsmarkt", sagt Dr. Stephan Pfisterer, Bereichsleiter Bildung und Personal beim Branchenverband Bitkom. "Die Inhaber eines Zertifikats weisen damit ihr Fachwissen nach und steigern ihre Berufschancen." Dies gelte in Zeiten des Fachkräftemangels insbesondere für Uni-Absolventen. Schließlich suchen Microsoft-Partner und Systemhäuser mit Kunden, die Microsoft-Technologien einsetzen, dringend nach qualifiziertem Personal.

Da Microsoft seine Zertifizierungen immer wieder an die neuen technologischen Entwicklungen anpasst, ist von den Inhabern ständige Weiterbildung gefordert. Dafür winken aber neben einer besseren beruflichen Qualifikation sehr gute Jobchancen und meist auch ein höheres Gehalt. In diesem Zusammenhang interessant ist eine Beobachtung von Stephan Pfisterer. Demnach bezahlen viele Unternehmen ihren Mitarbeitern oft die Schulungen, nicht aber die Gebühren für die Zertifizierungsprüfungen.

"Damit erhalten sie das Know how für ihr Unternehmen, vermeiden aber, dass der Mitarbeiter für die Mitbewerber attraktiver werden", so Pfisterer. In diesem Fall müssten die Mitarbeiter die Gebühren selbst bezahlen. Eine Teilprüfung kostet 140,- Euro. Bedenkt man, dass manche Zertifizierungen sechs oder mehr Teilprüfungen erfordern, kommt da schnell eine stattliche Summe zusammen.

So kommt man an ein Microsoft-Zertifikat

Die Prüfungen für die Zertifizierungen sind weltweit einheitlich und damit auch international anerkannt. Sie finden in Deutschland in etwa 60 autorisierten Microsoft-Trainingscentern nach den Vorgaben des Microsoft-Exklusivpartners Prometric statt. Die Prüfung erfolgt Computer-basiert mit verschiedenen Testmethoden, darunter Multiple Choice oder auch hohen Praxisanteilen. Am Ende des Examens erfährt der Kandidat sofort, ob er bestanden hat.

Microsoft empfiehlt zur Vorbereitung ein Präsenztraining bei einem Microsoft Learning Partner. Diese Unternehmen unterliegen strengen Qualitätskontrollen, müssen eine Mindestzahl an Teilnehmern pro Quartal trainieren und sind verpflichtet, ausschließlich autorisierte Trainer einzusetzen.

Die Microsoft Certified Trainer (MCT) müssen vorab einen Nachweis ihrer didaktischen Fähigkeiten erbringen und für jeden Kurs, den sie durchführen, zertifiziert sein. Die Schulung erfolgt dabei anhand der offiziellen Microsoft-Schulungsunterlagen. In der Praxis ist die Vorbereitung in der Regel individuell und flexibel. Sie erfolgt teilweise vor Ort, per Buch, über elektronische Materialien, webbasierte Trainings oder Online-Tutorials. Spätestens aber bei der Prüfung ist die persönliche Anwesenheit vor Ort beim Microsoft Learning Partner verpflichtend. (cvi)