Entwicklungsprojekt

Raspberry Pi als Wetterstation nutzen

12.07.2014 von Stephan Lamprecht
Seine kleinen Abmessungen und die Flexibilität der angebotenen Linux-Derivate machen den Raspberry Pi zu einer soliden Basis für eine Wetterstation. Wir stellen Ihnen zwei mögliche Ansätze vor.

Im Elektrohandel und in Baumärkten können Sie zwischen einer ganzen Reihe von Wetterstationen der unterschiedlichsten Ausprägungen wählen. Die verschiedenen Modelle arbeiten alle nach dem gleichen Funktionsprinzip. Eine Reihe von Sensoren übertragen die Messergebnisse drahtlos an die Basisstation. Diese zeigt dann automatisiert die Ergebnisse der verschiedenen Sensoren und meist auch die jeweils gemessenen Maximal- und Minimalwerte. Üblicherweise ist das dann auch bereits der gesamte Funktionsumfang.

Wer die Wetterdaten über einen längeren Zeitraum auswerten möchte, hat nur selten die Möglichkeit dazu. Aufpassen müssen Sie beim Kauf auch, wenn Sie an mehreren Orten Daten erheben wollen. Denn zusätzliche Empfänger sind häufig übermäßig teuer. Apropos Empfänger: Temperatur und Luftfeuchte gehören zum Standard. Die Messung der Windgeschwindigkeit oder auch Niederschlagsmenge sind dann wieder den teureren Stationen vorbehalten. Der Raspberry Pi bringt alle Voraussetzungen für die Kernkomponente einer Wetterstation mit.

Raspberry Pi
Raspberry Pi in der Praxis
Exotische Projekte rund um den Raspberry Pi.
Raspberry Pi in der Praxis
Kano: Bis auf den Bildschirm umfasst das über Kickstarter finanzierte Einsteigerset alles, um einen Computer mit dem enthaltenen Raspberry Pi zusammenzusetzen. Der Preis liegt bei 99 US-Dollar.
Raspberry Pi in der Praxis
Raspberry Pi als Internet- Radio: Als Player für eine Liste von vorbereiteten Streaming-URLs dient MPD. Dieser kann in diesem Projekt auch über die beiden Taster Radiostationen wechseln.
Raspberry Pi in der Praxis
H2O IQ: Das grüne Gehäuse beherbergt Feuchtigkeitssensor, Funkmodul und servogesteuerertes Ventil zur Bewässerung Ein Raspberry Pi dient als zentraler Bewässerungscomputer.
Raspberry Pi in der Praxis
Ein Gehäuse als PDF einfach ausdrucken: Aus Pappe lässt sich diese Einfassung namens „Punnet“ für den Raspberry Pi anfertigen, um die Platine vorerst provisorisch zu verstauen.
Raspberry Pi in der Praxis
Per Kopfdruck scannen und verschicken: Diese Scanner-Steuerung über das Raspberry Pi nimmt Dokumente über den USB-Port entgegen und leitet sie per E-Mail weiter.
Raspberry Pi in der Praxis
Hobby-Brauerei: Ein Mikro-Controller behält die Sensoren der Fermentierung im Blick, und ein Raspberry Pi sorgt für die richtige Temperatur während des Brauens.
Raspberry Pi in der Praxis
Lego Mindstorms mit dem Raspberry Pi als Schaltzentrale: Das Modul Brickpi vereinigt die Robotik-Plattform von Lego über eine separate Aufsteck-Platine mit dem Raspberry Pi.
Raspberry Pi in der Praxis
Kameramodul aus einer USB-Webcam: Viele der Billigkameras verstehen sich auch mit dem Raspberry PI beziehungsweise mit der dort installierten Linux-Distribution Raspbian.
Raspberry Pi in der Praxis
Raspberry Pi im Höhenrausch: Das Gehäuse in der passenden Form einer Himbeere (englisch „Raspberry“) schützt die Elektronik gegen die rauen Minustemperaturen auf 4 000 Metern.
Raspberry Pi in der Praxis
Zeitraffer und Dolly-Steuerung mit dem Raspberry Pi: Für beeindruckende Videos aus Einzelbildern lässt dieser Aufbau eine Kamera mit Motorsteuerung langsam über eine Schiene gleiten.
Raspberry Pi in der Praxis
Fernbedienung für den Raspberry Pi: Anstatt einen USB-Port mit einem IR-Receiver zu belegen, kann ein Sensor auch direkt an den GPIO-Pins der Platine angeschlossen werden.
Raspberry Pi in der Praxis
Blick über Südwest-England aus 40 Kilometern Höhe: An einem Wetterballon reiste der Raspberry Pi samt Kamera und CB-Funk-Transmitter in die Stratosphäre und wurde nach der Landung über GPS-Ortung geborgen.
Raspberry Pi in der Praxis
Tablet mit dem Raspberry Pi: Als Display kommt ein kapazitiver Touchscreen mit 10 Inch Bildschirmdiagonale zum Einsatz. Das Gehäuse besteht aus Birke und Kohlefaser und der Rahmen ist passgenau aus Sperrholz gefräst.

Air Pi: Umweltdaten erfassen und veröffentlichen

Das Projekt Air Pi hat gleich aus mehreren Gründen für einiges Aufsehen gesorgt. Zum Einen, weil es einigen britischen Schülern initiiert wurde. Zum Zweiten, weil die Grundausstattung zuerst für knapp 78 Euro ohne den Raspberry angeboten wurde, auch wenn dieser Preis inzwischen nicht mehr gehalten werden kann. Vor allen Dingen aber deshalb, weil die vorgestellte Lösung nahezu alle Daten der Atmosphäre messen und protokollieren kann.

Eine Liste der erforderlichen Komponenten inklusive Bauanleitung und Bezugsquellen finden Sie ebenfalls auf der Homepage. Demnächst soll auch ein kompletter Bausatz über die Website angeboten werden. Zur Zeit werden hier aber nur Vorbestellungen entgegengenommen. Der Preis für alle Komponenten zusammen soll bei umgerechnet etwa 110 Euro liegen. Dazu kommen dan noch die Kosten für den Raspberry Pi von etwa 35 Euro.

Um Air Pi zu nutzen und zusammenzubauen, sollten Sie sich selbst als fortgeschrittener Bastler einstufen. Außerdem brauchen Sie auch eine Portion Geduld. Denn bis Sie alle notwendigen Teile besorgt haben, dauert es schon ein paar Tage.

Und Sie müssen in der Lage sein, Schaltpläne lesen zu können, und auch der Umgang mit dem Lötkolben darf Ihnen keine besonderen Schwierigkeiten bereiten.

Air Pi misst bei Nutzung aller Boards und angeschlossenen Sensoren nicht nur die Lufttemperatur, sondern auch die Luftfeuchtigkeit, den Anteil an CO2 und Stickstoff in der Luft sowie die UV-Strahlung. Gerade diese vielen unterschiedlichen Parameter, die gemessen und protokolliert werden, erweitern das Einsatzgebiet über eine Wetterstation hinaus. Denn die Daten lassen auch Rückschlüsse über das Raumklima in den eigenen vier Wänden zu.

Messstation: Ein USB-Wetterdaten-Empfänger wie der abgebildete USB-WDE1 erhält seine Daten per Funk von einem Wettersensor, beispielsweise dem Funk-Außensensor ASH 2200 (rechts).
Foto: Kompf.de

Air Pi verwendet den Raspberry Pi als zentrales Element. Die einzelnen Sensoren übermitteln die Messwerte unmittelbar an das Gerät. Zusätzliche Platinen müssen mit der zentralen Einheit verbunden werden, dabei soll das System aber trotzdem klein und handlich bleiben. Deutlich einfacher wird es, wenn der Ein-Platinen-Rechner lediglich als Datensammler und für die Auswertungen genutzt wird, die Daten selbst aber von einzelnen Empfängern erhoben und dann drahtlos an eine Steuereinheit übermittelt werden. Wer möchte, kann seine Messergebnisse auch in Echtzeit auf http://airpi.es veröffentlichen.

USB-Wetterdaten-Empfänger nutzen

In Elektronikmärkten und auch deren Online-Shops finden Sie Funkempfänger, die sich per USB-Anschluss mit einem PC verbinden lassen (> Kasten "Mehr Infos zu den Wetterstationen"). Die Empfänger erhalten die Daten per Funk von Sensoren und übermitteln diese dann an den PC.

Nehmen Sie die Sensoren und den Empfänger entsprechend der mitgelieferten Dokumentationen in Betrieb. Verbinden Sie dann den Empfänger per USB-Kabel mit dem Raspberry Pi. Versorgen Sie den kleinen Computer anschließend mit Strom, und lassen Sie das Betriebssystem starten. Die nachfolgenden Kommandos beziehen sich auf Raspbian, das alle Grundlagen für den Betrieb mitbringt.

Loggen Sie sich per SSH auf dem Raspberry ein oder schließen einen Monitor an, damit Sie sich als Benutzer auf dem Rechner anmelden können. Öffnen Sie eine Konsole, und geben Sie dort das Kommando ein:

sudo dmesg

Praxiseinsatz: Raspberry Pi als Wetterstation nutzen.
Foto:

Sie erhalten damit eine Rückmeldung der Geräte, die am USB-Port ermittelt worden sind. Suchen Sie dort nach einem Eintrag, der auf den angeschlossenen Funkempfänger hindeutet, zum Beispiel "Wetterdatenempfänger" oder den Herstellernamen. Falls Sie hier keinen Eintrag finden, unterbrechen Sie die Verbindung erneut und stöpseln das Gerät erneut an, um zu sehen, ob es dann zu einer Meldung kommt. Schauen Sie auf den Seiten des Herstellers nach, ob es dort Hinweise gibt oder vielleicht sogar einen Treiber. Allerdings sollten tiefergehende Probleme eher die Ausnahme sein, da rein technisch ein solcher Empfänger recht einfach konstruiert ist.

Sofern das Kommando zeigt, dass die Verbindung mit dem Raspberry funktioniert, brauchen Sie ein Programm, das in der Lage ist, die übertragenen Daten auszulesen. Hier bietet sich Socat an. Es fragt die Schnittstellen ab und gibt auf der Konsole die Ergebnisse aus. Installieren Sie die Software mit:

sudo apt-get install socat

Um an die Messwerte zu gelangen, müssen Sie die Schnittstelle abfragen:

sudo socat /dev/ttyUSB1,b9600 STDOUT

In diesem Beispiel ist der Empfänger mit der Schnittstelle USB1 verbunden. Als Rückmeldung erhalten Sie zum Beispiel:

$1;1;;;- 0,9;;;17,6;;;;;75;;;59;;;;;;;;;0

Wenn auf den ersten Blick zunächst nichts zu passieren scheint, ist das kein Grund zur Besorgnis. Das Abfragen per Schnittstelle kann bis zur ersten Übertragung durchaus ein paar Minuten dauern. Das Ergebnis sieht auf den ersten Blick wenig aufregend aus, liefert aber die Grundlage für die weiteren Schritte. In Abhängigkeit der Software, mit der Sie die Daten auswerten oder aufbereiten wollen (> Kasten), wird der Funktionsaufruf in ein Script gepackt oder die Ausgabe in eine andere Datei umgeleitet, die sich dann automatisiert importieren lässt.

Mehr Infos zu den Wetterstationen

Viele Anwender haben gute Erfahrungen mit dem Funkempfänger aus dem Hause ELV gemacht (USB-Wetterdaten-Empfänger USB-WDE1). Die Grundeinheit kostet weniger als 30 Euro, Außen- und Innensensoren liegen zwischen 30 und 50 Euro. Damit ist die gesamte Station dann teurer als Air Pi, aber auch viel schneller einsatzbereit.

Alles auf einen Blick: Mit dem Raspberry Pi erfasste Daten werden für eine Langzeitaufzeichnung in eine Datenbankdatei geschrieben. Sie lassen sich dann mit einem Programm wie Rrdtool grafisch aufbereiten.

Eine Möglichkeit, aus den übermittelten Daten grafische Auswertungen zu schaffen, ist der Einsatz von Rrdtool. Für Debian wird ein Binärpaket angeboten, das Sie also schnell installieren können. Auf der Seite des Projekts finden Sie eine Reihe von Tutorials, mit deren Hilfe Sie Schritt für Schritt lernen, wie Sie eine Datenbank anlegen und die Messwerte in regelmäßigen Abständen abfragen.

Zur Auswertung der Messungen mit Air Pi und zur Steuerung benötigen Sie eine spezielle Software. Deren Quellcode wurde auf Github veröffentlicht und kann über https://github.com/tomhartley/AirPi eingesehen und heruntergeladen werden. (hal)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der TecChannel-Schwesterpublikation PC-Welt.