Raid-Systeme schützen Daten

16.11.2001
Raid-Systeme sorgen dafür, dass geschäftskritische Daten auch dann erhalten bleiben, wenn eine Festplatte ausfällt. Ob Direct-Attached-, Network-Attached- oder Storage-Area-Network-Konzepte die bessere Lösung sind, hängt von den Anforderungen des jeweiligen Unternehmens ab.

Von: Rainer Graefen

Parallel-SCSI, das Small Computer Systems Interface, ist die wichtigste physische Schnittstelle für Highend-Rechner. Es gibt kaum einen Server, der seine Daten nicht darüber leitet, entweder beim Datenzugriff auf das Speichersystem oder bei der Datensicherung auf Bandlaufwerke.

Die Übertragungsgeschwindigkeit von SCSI hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht: von SCSI-1 und -2 über Ultra- und Ultra-2-LVD-SCSI bis zum derzeit aktuellen Ultra-160-SCSI. Der nächste Performance-Sprung steht mit Ultra-320-SCSI kurz bevor, erste Produkte stehen zu Evaluierungszwecken bereits zur Verfügung.

Ob es mit den Geschwindigkeitssteigerungen von SCSI über Ultra-320 hinaus weitergeht, ist noch nicht definitiv absehbar. Konkurrenz bekommt SCSI schon heute in wachsendem Maße von seriellen, netzwerkfähigen Techniken wie Fibre Channel Arbitrated Loop (FC-AL), Gigabit-Ethernet und eventuell zukünftig auch von Infiniband.

Ob diese Techniken Parallel-SCSI bereits innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre ablösen werden, wie die Marktforscher von IDC behaupten, ist fraglich. Technisch gesehen ist das Verfahren noch nicht vollständig ausgereizt. Adaptec lieferte vor kurzem die ersten Chipsätze für "Ultra320-SCSI" an die OEM-Partner Compaq, Dell, Fujitsu-Siemens, Hewlett-Packard und IBM aus. Damit lassen sich Daten mit einer Bruttotransferrate von 320 MByte/s über die Leitung schicken. Der Konkurrent Fibre Channel (FC) nimmt gerade die ersten Hürden bei 200 MByte/s. Allerdings zeichnet sich ab, dass für SCSI bei 320 MByte/s Schluss ist, während FC-Entwickler für die nächste Generation schon 1000 MByte/s anvisieren.

Angesichts vieler neuer Transporttechniken wie der Übertragung von SCSI über IP-Netze (I-SCSI), ATA-Raid, seriellem ATA, Infiniband sowie FC und SCSI stehen die Hersteller vor der Frage, auf welches Pferd sie setzen sollen. Wer im Speichermarkt mitmischen will, muss erheblich investieren, was für kleinere Anbieter schnell zur Überlebensfrage werden kann.

Bei den Anforderungen an künftige Speichersysteme stehen Datensicherheit und -verfügbarkeit ganz obenan. Wer auf diesem Markt Anteile erobern will, muss daher die Schlüsseltechnik "Redundant Array of Independent Disks" (Raid) beherrschen.

Raid als Schlüssel zum Erfolg

Derzeit findet eine deutliche Konsolidierung des Speichermarktes statt. Fast alle verbliebenen, selbstständig produzierenden Spezialisten mit Raid-Know-how haben sich unter die Fittiche größerer Partnerunternehmen begeben. Mylex flüchtete, so heißt es, angesichts finanzieller Probleme zu IBM. Der durch hochwertige Raid-Controller bekannte Hersteller ICP Vortex wurde im März 2001 in die Intel Communications Group (ICG) integriert. Und LSI Logic schloss erst vor kurzem die Akquisition des Raid-Geschäftsbereichs von American Megatrends (AMI) ab, die durch Motherboard-Bios bekannt wurden.

Intel und LSI Logic verbessern durch die Erwerbungen die Qualität ihrer "Building Blocks". Zu diesen gehören hochleistungsfähige I/O-Prozessoren wie der inzwischen betagte "i960" oder die neue Risc-CPU "IOP310" und die darauf aufbauenden Erweiterungen von ICP Vortex und AMI. Intel beabsichtigt, "Storage Building Blocks" für die eigenen Serverboards zu entwickeln, mit denen sich ohne großen Aufwand hochverfügbare Speicher- beziehungsweise Cluster-Lösungen aufbauen lassen sollen.

Auch wenn ICP Vortex den eigenen Kundenstamm vorerst weiterhin alleine betreut, bleibt als letzte selbstständige Kraft nur noch das kalifornische Unternehmen Adaptec bestehen. Durch die Übernahme von DPT Anfang letzten Jahres korrigierte Adaptec einige Fehlentscheidungen der Vergangenheit und kaufte sich wieder in Raid- und FC-Technik ein. Die ASR-Produktfamilie nutzt das Know-how von DPT, das Adaptec jedoch vollständig überarbeitet hat.

Daneben verkauft das Unternehmen USB-Adapter sowie Netzwerk- und ATA-Raid-Controller. Als zukünftige Einnahmequellen will Adaptec mithilfe der FC-Controller-Asics von Agilent Technologies den SAN-Markt erschließen, bemüht sich intensiv um die Einführung des I-SCSI-Standards und will auch bei der nächsten seriellen ATA-Generation mitmischen. Nicht zuletzt sollen modulare Raid-Komplettlösungen wie der "Durastore 6220SS" neue Umsatzfelder erschließen (siehe Ticker oben rechts).

Wachstumsmarkt externe Raid-Systeme

Der Trend, das zeigen Speicherkonzepte wie Storage Area Network (SAN), Network Attached Storage (NAS) und Direct Attached Storage (DAS), geht in Richtung externer Raid-Subsysteme. Hierfür gibt es mehrere Gründe:

- Server und Speicher zu trennen, berücksichtigt die unterschiedlichen Lifetime-Zyklen; Server veralten wesentlich schneller als Sto-rage-Systeme.

- Zusätzlicher Speicher lässt sich installieren, ohne den Serverbetrieb zu unterbrechen.

- Auch beim Ausfall eines Servers ist sichergestellt, dass Anwender wieder auf die Daten zugreifen können.

Diese Argumente sind bekannt. Neu ist, dass die Industrie nun verstärkt preiswerte Lösungen mit hoher Speicherkapazität und standardisierter Technik für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) anbietet. Außerdem kopieren kleinere Hersteller die Onsite-Servicekonzepte der großen Anbieter EMC, IBM und Hitachi, um Anwendern jederzeit Vor-Ort-Support zu leisten.

Qual der Speicherwahl

Wie die Hersteller stehen auch die KMU-Anwender vor der Frage, welche Technik zukunftssicher ist. Sie müssen wählen zwischen SAN, NAS und DAS sowie Parallel-SCSI oder FC-AL-Raid. Sind große Datenmengen zu konsolidieren, empfiehlt sich der Aufbau eines SAN. NAS eignet sich dort am besten, wo der Kunde kurzfristig Speicherkapazität benötigt. Es ist absehbar, dass dieses Konzept sich in die Elemente Dateiserver und Speicher aufsplittet und dann auch NAS-Systeme Speicherkapazität aus einem SAN-Pool schöpfen. Die Konvergenz von SAN und NAS wird angestrebt, um alle Unternehmensdaten einheitlich zu verwalten.

So bringt Compaq gerade mit dem "Storage Works NAS Executor E7000" ein Produkt auf den Markt, das Speicherressourcen aus einem SAN als NAS-Umgebung zur Verfügung stellt. Damit können auch PC-Clients direkt auf SAN-Festplatten zugreifen.

Kleinere Firmen und Geschäftsstellen, die mit wenigen Servern auskommen und deren Daten nur langsam wachsen, sind mit DAS-Systemen weiterhin gut bedient. Allerdings errechnete die Gartner Group, dass in Serverfarmen mit direkt angeschlossenen Speichersubsystemen im Durchschnitt 40 Prozent der vorhandenen Festplattenkapazität brachliegen.

Zudem liegen laut dem von Merill Lynch, McKinsey & Company erstellten "Storage Report" die Kosten für das Management eines 2-TByte-Systems bei etwa 80 Cent pro MByte für DAS. Bei SAN und NAS kommt die Studie auf weniger als die Hälfte.

Direct versus Network Attached Storage

Zwei Terabyte erreichen inzwischen auch kleinere DAS-Systeme. Das maximale Speichervolumen eines Vier-Kanal-SCSI-Controllers mit 15 Festplatten zu je 73 GByte liegt rein rechnerisch bei etwa 4 TByte. Ein optimaler Datendurchsatz besteht bei "Ultra160-SCSI" aufgrund der Bandbreite von 160 MByte/s aber dann, wenn auf jeden Kanal nur sechs Festplatten entfallen. Diese nutzen bei einer Datentransferrate bis zu 25 MByte/s pro Platte den parallelen SCSI-Bus vollständig aus. Mit Ultra320-SCSI und größeren Festplattenkapazitäten wird sich diese Grenze nach oben verschieben.

Ist abzusehen, dass der Speicherbedarf steigt, oder ein sehr hoher Datendurchsatz bei parallem Zugriff von mehreren Servern benötigt wird, sollte der Anwender mit direkt angeschlossenen FC-AL-Speichersystemen starten. Diese erlauben einen einfachen Übergang zu FC-Loops mit Speicherkapazitäten von 10 TByte. Grundsätzlich ist auch die Integration von SCSI-Systemen in FC-Netze möglich.

Für SCSI-Raid sprechen die leichte Handhabung, geringe Anschaffungskosten und eine stabile Technik. Moderne Vier-Kanal-Controller wie der "ASR 3410" von Adaptec, der "GDT8543RZ" von ICP Vortex oder der "Extreme Raid 2000" von Mylex könnten vielleicht sogar die oben erwähnte TCO-Studie widerlegen. Die Hersteller haben viel Know-how investiert, um Raid-Konfigurationen komfortabel einzurichten und Speichersubsysteme einfach zu verwalten. Alle drei Produkte unterstützen die am häufigsten benutzten Raid-Level 0,1 und 5 sowie Kombinationen davon. ICP Vortex bietet zusätzlich noch Level 4, Mylex Level 3 an.

Raid schützt Daten

Jede Raid-Stufe genügt bestimmten Anforderungen an Datensicherheit, Geschwindigkeit und Wirtschaftlichkeit. Raid-1 und Raid-10 bieten die erforderliche Datensicherheit und Geschwindigkeit für die Transaktions-Logs großer Datenbanken. Raid-5 kommt zum Zuge, wenn es darum geht, die drei Anforderungen auszutarieren (siehe Grafik Seite 30). Zu beachten ist, dass Leseoperationen auf diesem Level sehr schnell ablaufen, beim Schreiben vieler kleiner Datenblöcke aber Performance-Verluste auftreten, weil der Schreibalgorithmus die Paritätsdaten über alle Festplatten des Arrays verteilt.

Letztlich ist die Wahl des Raid-Levels von der Anwendung abhängig. Deren Schreib-/Leseverhalten kann sich allerdings im Laufe der Zeit ändern. Leistungsfähige Controller lassen sich an veränderte Anforderungen anpassen. Der GDT8543RZ ist zum Beispiel in der Lage, im laufenden Betrieb zwischen Level 0 und 4 sowie 0 und 5 zu wechseln.

Behandlung von Fehlern

Mit Ausnahme von Level 0 stellen Raid-Konfigurationen sicher, dass der Ausfall einer Festplatte nicht zu Datenverlusten führt. Um defekte Festplatten automatisch zu ersetzen, muss der Raid-Controller auf ein Ersatzteillager zugreifen können, den so genannten Hot-Fix-Pool. Fällt ein Laufwerk aus, wird es abgeschaltet und eine Ersatzplatte aktiviert. Der anschließende "Rebuild" der ursprünglichen Konfiguration findet im Falle des ASR 3410 im Hintergrund statt, wenn wenige oder keine Festplattenzugriffe erfolgen. Das verringert zwar die Produktivität des Speichersystems nur minimal, hat aber den Nachteil, dass sich die Wiederherstellung bei gut gefüllten Festplatten mit 73 und bald 180 GByte Kapazität über viele Stunden hinziehen kann. In dieser Zeit könnte ein zweiter Laufwerksfehler auftreten und geschäftskritische Daten endgültig zerstören. ICP Vortex hat solche Fälle anscheinend schon erlebt und bietet deshalb für den GDT-Controller eine Funktion an, mit der sich die logischen Festplatten eines Raid-Arrays einzeln spiegeln lassen. Das erhöht die Sicherheit zusätzlich.

Raid-Systeme sollten nicht nur Unternehmensdaten schützen, sondern sich auch einfach skalieren lassen. Dafür bieten alle drei Controller eine Online-Kapazitätserweiterung an. Diese Funktion gliedert im laufenden Betrieb neue Festplatten in Raid-Arrays ein. Die dem ASR3410 beiliegende Software "Storage Manager Pro" verwaltet, konfiguriert und überwacht mehrere Server und daran angeschlossene Speichersysteme von einer zentralen Konsole aus. Der Hersteller verspricht eine einheitliche Bedienoberfläche für alle unterstützten Betriebssysteme und aktuelle wie auch künftige Storage-Techniken. Durch eine möglichst einfache Bedienung wollen die SCSI-Raid-Anbieter sicherstellen, dass sie weiterhin eine wichtige Rolle im Speichermarkt spielen. (rim/cl)

Zur Person

Rainer Graefen

ist freier Journalist in München. Seine Spezialgebiete sind Backup und Speichernetze.