Produktoffensive kontra Gegenwind

Quo vadis, Blackberry?

03.08.2011 von Thomas Cloer
Research in Motion (RIM), mit seinen Blackberry-Geräten samt sicherer mobiler Email für Unternehmen lange scheinbar unangreifbar, bläst heftiger iPhone- und Android-Gegenwind ins Gesicht.

Das versucht RIM mit einer Produktoffensive zu kontern. Gleich fünf neue Endgeräte auf Basis des neuesten Betriebssystems "Blackberry 7" kündigen die Kanadier heute an - zwei "Bold"- und drei "Torch"-Smartphones. Besonders auffällig sind das "Torch 9850" und "9860" mit großen Touch-Displays und ohne Hardware-Tastatur. Gerade Letztere ist für Blackberry-Nutzer eigentlich stets das Killerargument, warum sie noch einen Blackberry der Konkurrenz vorziehen.

Bei Blackberry 7 hat RIM nach eigenen Angaben nicht zuletzt die Performance des mitgelieferten Webbrowsers verbessert, der wie auch die Pendants im iPhone und in Android auf der quelloffenen Rendering-Engine WebKit basiert. In Kombination mit der neuen Gerätehardware soll Blackberry 7 beim Browsen bis zu 40 Prozent schneller als Blackberry 6 und sogar bis zu 100 Prozent schneller sein als Blackberry 5. Wie sich die schnelleren 1,2-Gigahertz-CPUs, dedizierte Grafikchips ("Liquid Graphics") und größere Displays auf die Akkulaufzeit auswirken, bleibt abzuwarten.

Blackberry 7 folgt außerdem dem Trend zur mobilen Nutzung sozialer Netzwerke und bündelt unter anderem den neuesten Blackberry Messenger (BBM, Device-to-device-Messaging) sowie neue Versionen von "Social Feeds" und "Facebook for Blackberry Smartphones". App-seitig gehören außerdem "Documents To Go Premium" und ein nativer PDF-Viewer zum Lieferumfang. Weitere Neuerungen sind "Blackberry Protect" für Daten-Backups in der Cloud und "Blackberry Balance", mit der sich Firmenanwendungen logisch isolieren lassen.

Unterdessen berichtet das "Wall-Street-Journal"-Blog "All Things Digital", dass Apple und Google mit ihren mobilen Plattformen mittelfristig auch die Unternehmen beherrschen dürften. Bei einer von Appcelerator und IDC erhobenen Befragung von 2000 mobilen Entwicklern nannten jeweils 44 Prozent iOS oder Android als das mobile Betriebssystem, auf das sie für das Enterprise-Segment setzen (das einst von RIM und Microsoft beherrscht wurde). Windows Phone mit sieben Prozent, Blackberry (vier Prozent) und webOS (zwei Prozent) landen abgeschlagen unter ferner liefen.

Was die von den Entwicklern bevorzugte Hardware angeht, liegt das iPhone klar in Front mit 91 Prozent, dahinter landen iPad (88 Prozent) sowie Android-Smartphones (87 Prozent) und -Tablets (74 Prozent). Für Blackberry-Mobiltelefone (28 Prozent) und das RIM-Tablet Playbook (20) Prozent interessieren sich die Entwickler deutlich weniger.

Düstere Zukunftsaussichten?

"Intomobile" berichtet ferner unter Berufung auf einer Studie von Piper Jaffray zur Zufriedenheit mit mobilen Betriebssystemen, dass 67 Prozent aller Blackberry-Besitzer sich als nächstes lieber ein iPhone zulegen würden; nur 26 Prozent wollen bei RIM bleiben. Bei iPhone-Besitzern ist die Zufriedenheit mit 91 Prozent drastisch und bei Android-Nutzern mit 42 Prozent immer noch deutlich höher.

Blackberry Playbook: Auch bei Tablets tut sich RIM schwer.
Foto: RIM

"AllThingsD" schreibt außerdem, dass sich die Blackberry-Endgeräte auch im Juni wieder nur schlecht verkauft und die Kanadier sowohl in den USA als auch im Rest der Welt weiter Marktanteile verloren haben. Verschiedene Analysten glauben demnach zwar, dass es in der installierten Unternehmens-Kundenbasis wohl einen "gesunden" Austauschzyklus auf die die neue Blackberry-7-Generation geben werde; die RIM-Neuheiten aber im Consumer-Markt wohl schwerlich ein Chance gegen iPhone und die Android-Armada haben dürften.

2000 Mitarbeiter müssen gehen

Research in Motion hatte zuletzt sowohl beim Umsatz als auch Gewinn Federn lassen müssen und baut deswegen jeden zehnten Arbeitsplatz ab. RIM gehört zu den Pionieren in der Smartphones-Welt. Das Unternehmen setzte aber zu lange auf eine platzraubende Tastatur, während Apple mit seinem iPhone den großen, berührungsempfindlichen Bildschirmen den Weg ebnete. Stärkste Macht im Smartphone-Markt ist laut IDC mittlerweile allerdings Google mit seinem Android-Betriebssystem, das in einer Vielzahl von Modellen unterschiedlicher Hersteller steckt.

Die Marktforscher von IDC rechnen damit, dass Blackberrys weiter Federn lassen müssen: In diesem Jahr geht IDC noch von einem Marktanteil von 14,2 Prozent aus, im Jahr 2015 sollen es dann 13,4 Prozent sein. Damit lägen Android-Geräte, Apples iPhone und bald auch Microsoft mit seinem Smartphone-Betriebssystem Windows Phone 7 vor RIM. Microsoft hatte sich mit Nokia verbündet und stattet nun die Smartphones des Handy-Weltmarktführers aus. (Computerwoche/fho)