Prozessortrends 2002

19.10.2001 von Christian Vilsbeck
Auf dem Microprocessor Forum präsentieren die Prozessor-Hersteller alljährlich ihre neuesten Produkte, Architekturen und Strategien für die kommenden Jahre. Den Glanzpunkt setzte diesmal AMD mit Details zum Hammer.

Mitten im Silicon Valley, in San Jose, veranstaltet die Cahners MicroDesign Group jeweils im Oktober das Microprocessor Forum. Fünf Tage lang tummeln sich dort alle, die in der Prozessorbranche Rang und Namen haben.

In einem großen Konferenzsaal im Fairmont Hotel spulen die Redner ihre meist 10 bis 20 Powerpoint-Slides ab. Dabei versuchen sie, die Vorzüge ihrer Produkte so gut wie möglich anzupreisen.

Mit die aufmerksamsten Zuhörer hatte in diesem Jahr Fred Weber, Vice President und Chief Technical Officer von AMD. Er präsentierte AMDs künftigen 64-Bit-Prozessor Hammer. Intel plauderte dagegen sowohl 32- als auch 64-bittig: Der mobile Pentium 4 wurde enthüllt sowie Fakten zum Itanium-Nachfolger McKinley. Ausführlich widmete sich Intel zudem der Hyperthreading-Technologie, die im kommenden Xeon MP Premiere feiert.

Von Intel gab es aber auch die erstaunliche Aussage, dass die Megahertz-Zahl bei einem Prozessor in Zukunft nicht mehr alleine zähle. Explizit nannte Justin Rattner, Intel Fellow, die Features des Prozessors sowie eine niedrige Leistungsaufnahme als Verkaufsargument.

Neben den im Stundenrhythmus präsentierten Produkt- und Architekturneuheiten war vor allem ein technologischer Vortrag interessant: Wie sieht der 10-GHz-Prozessor aus und welche Hürden sind auf dem Weg dahin zu überwinden?

Die Antwort darauf sowie eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse des Microprocessor Forum 2001 lesen Sie auf den nächsten Seiten. Weitere Informationen zum Microprocessor Forum finden Sie in unserem Newsarchiv im Zeitraum vom 15. bis 19. Oktober unter dem Stichwort "MPF".

AMDs Hammer-Time

Mit der Hammer-Familie will AMD einen sanften Übergang von der 32- in die 64-Bit-Welt ermöglichen. Die AMD-CPU der achten Generation mit der x86-64-Architektur kann in beiden Umgebungen gleichermaßen arbeiten. Möglich macht dies der Ansatz, die vorhandenen IA-32-Register auf 64 Bit zu erweitern.

Dabei betonte AMD, dass der Hammer auch der schnellste Prozessor für 32-Bit-Betriebssysteme und -Anwendungen werden soll. Hier wird auf Intels Itanium angespielt, der 32-Bit-Programme über eine aufwendige Hardware-Emulation dekodieren muss und dabei langsam ist.

Beim Hammer setzt AMD auf eine hohe Integration und spendiert der CPU gleich eine Northbridge. Der Prozessor kann somit PC333-DDR-SDRAM direkt ansteuern und reduziert die Latenzzeiten, die bei einer externen Northbridge anfallen. Das HyperTransport-Interface verbindet den Hammer mit anderen Komponenten oder benachbarten CPUs. Über HyperTransport können bis zu acht Hammer direkt miteinander verbunden werden.

Der Hammer-Core verfügt über neun Ausführungseinheiten für Integer- und Floating-Point-Operationen. Darin ist erstmals auch eine SSE2-kompatible Einheit enthalten. AMD umschrieb SSE2 bislang mit "Technical Floating Point Instructions". Als Cache dienen dem Hammer je 64 KByte für Befehle und Daten in der ersten Instanz sowie ein bis zu 1024 KByte großer L2-Cache.

AMD wird den Hammer voraussichtlich mit 2 GHz takten. In den Handel soll die 64-Bit-CPU nicht vor Mitte 2002 kommen. Ausführlichere Informationen zu AMDs Hammer-Prozessoren lesen Sie in einem eigenen Report.

Intel: HyperThreading & McKinley

Als nächsten "großen Schritt" sieht man bei Intel die Hyperthreading-Technologie an. Bei Hyperthreading teilen sich zwei virtuelle Prozessoren die Ausführungseinheiten und Caches innerhalb einer CPU. Berechnungen sollen damit besser auf die Ressourcen des Prozessors verteilt werden, und die Pipeline gerät seltener ins Stocken. Die Performance erhöht sich durch Hyperthreading laut Intel um bis zu 30 Prozent. Das Die benötigt durch die zusätzliche Core-Logik dagegen nur eine um fünf Prozent größere Fläche.

Der erste Prozessor mit Intels On-Chip-Multiprocessing ist der Xeon MP. Der für 4- und 8-Wegesysteme ausgelegte Serverprozessor soll im ersten Quartal 2002 an den Start gehen. Intels Xeon MP taktet mit 1,6 GHz und verfügt über einen 1 MByte großen L3-Cache, der auf dem Die integriert ist. Weitere Infos zum Xeon MP finden Sie hier.

Ohne Hyperthreading, aber mit 64 Bit, geht der Itanium-Nachfolger McKinley zu Werke. Auf dem Microprocessor Forum gewährte Intel einen Einblick in die Architektur des IA-64-Prozessors. Demnach verfügt McKinley nun über einen 3 MByte großen On-Die-L3-Cache statt der externen Lösung des Itanium. Zusammen mit diversen kleinen Architektur-Änderungen soll der McKinley 70 Prozent schneller sein als ein Itanium. Ab dem zweiten Quartal 2002 geht der Prozessor laut Roadmap mit 1 GHz Taktfrequenz an den Start. Lesen Sie hier weitere Details.

Pentium 4 goes Mobile

Endlich war es soweit: Intel sprach auf dem Microprocessor Forum 2001 erstmals öffentlich über die nächste Generation seiner Mobile-Prozessoren. Dabei handelt es sich natürlich um den Pentium 4, der zum Ende des ersten Quartals 2002 Einzug in die Notebooks erhalten soll.

Der mobile Pentium 4 wird auf dem Northwood-Core basieren und mit 1,5 GHz Taktfrequenz an den Start gehen. Bereits im dritten Quartal 2002 takten dann auch Notebooks mit 2 GHz - fragt sich nur wie lange? Denn Details über die Leistungsaufnahme gab Intel nicht bekannt. Zum Energiesparen beitragen soll aber die Enhanced-SpeedStep-Technologie, die bereits in den Pentium-III-M-Prozessoren zum Einsatz kommt. Die Fertigung des mobilen Pentium 4 erfolgt in einem 0,13-µm-Prozess.

Als passender Chipsatz für den mobilen Pentium 4 kommt der Intel 845MP. Die Zwei-Chip-Lösung besteht aus Intels bekannter Hub-Architektur. Speicherunterstützung gibt es ausschließlich für DDR200-SDRAM.

Zum im Jahr 2003 erscheinenden Banias, Intels übernächster Generation von Mobile-Prozessoren, gab Intel nichts Neues preis. Banias ist ein IA32-kompatibler Prozessor, der erstmals komplett für den mobilen Einsatz entwickelt wird. Derzeit arbeiten rund 500 Entwickler von Intels Development Center in Israel an der Fertigstellung des Banias. Die bereits seit dem IDF im August 2001 bekannten Details zum Banias können Sie hier nachlesen.

Transmetas neuer Ansatz

Die in letzter Zeit etwas gebeutelte Prozessor-Schmiede Transmeta schlägt auf dem Microprocessor Forum mit dem Crusoe TM6000 einen neuen Weg ein. Transmetas System-on-Chip vereint neben der Northbridge erstmals auch eine Southbridge und Grafik-Engine auf dem Die.

Transmetas TM6000 mit seinem SoC-Design ist somit wohl eine Reaktion auf die Einsicht, in der Performance mit Intels Ultra-Low-Power-CPUs nicht konkurrieren zu können. Durch das SoC-Design wird jetzt vor allem der geringe Platzbedarf als herausragendes Feature betont. Der 1-GHz-Prozessor soll in der zweiten Hälfte 2002 verfügbar sein. Ausführlichere Informationen zum Crusoe TM6000 finden Sie hier.

Transmeta-Gründer Dave Ditzel versuchte während seiner Präsentation, die Vergleiche über den Stromverbrauch von Crusoe- und Intel-CPUs ins rechte Licht zu rücken. Dabei wies Ditzel ausdrücklich darauf hin, dass eine Crusoe-CPU nicht direkt mit einer Intel-CPU vergleichbar sei, weil der Crusoe bereits eine Northbridge enthält. Transmeta zeigte eine Vielzahl von Messungen, in denen ein TM5800 mit einem Mobile Pentium III 600 in der Ultra-Voltage-Version verglichen wird. In den Verbrauchswerten beider CPUs sind jeweils der komplette Chipsatz und 128 MByte Speicher enthalten. Laut Transmetas Messungen benötigt die Crusoe-Lösung dabei nur zirka die Hälfte an Energie.

Mit richtig schnellen Prozessoren will Transmeta auch wieder kommen. In der zweiten Jahreshälfte 2002 soll die nächste Generation von Crusoes erscheinen, die parallel zum TM6000 laufen wird. Viele Details gab Transmeta allerdings nicht bekannt, nur dass es sich um eine 256-Bit-VLIW-Engine handelt. Die Performance soll im Vergleich zu aktuellen Crusoes zwei bis drei Mal schneller sein.

VIA: Wer braucht Gigahertz-CPUs?

Glenn Henry, Chef von VIAs Prozessorschmiede Centaur, fragte bereits auf dem Microprocessor Forum 2000, wer eigentlich eine Gigahertz-CPU oder mehr benötige. Dieses Jahr wiederholte er die Frage und legte seine persönliche Sicht der Dinge dar: Ihm selbst genüge ein C3-800 für E-Mail, Internet, Präsentationen, Programmierung und ein bisschen Spielen. Sein Sohn arbeite mit einem Pentium III 900, weil er auch Vide-Bearbeitung mache. Und seine Frau habe einen 240-MHz-WinChip 3, der für einfache Briefe, E-Mail und Internet ausreiche.

Mit seiner amüsanten Ausführung wollte Glenn Henry aber wohl etwas von der geringen Performance aktueller C3-Prozessoren ablenken. Diese werden zum Jahresende immerhin ebenfalls die 1-GHz-Marke erreichen. Bis Mitte 2002 soll der C3 mit kleinen Änderungen 1,2 GHz Taktfrequenz erreichen. Auf dem Microprocessor Forum 2002 wird der Centaur-Chef dann wahrscheinlich die Frage stellen, wer 2 GHz oder mehr benötigt.

2002 kommt auch der längst erwartete komplett neue C5X-Core, den Glenn Henry bereits auf dem MPF 2000 für Ende dieses Jahres angekündigt hat. Bei diesem Prozessor schwenkt VIA/Centaur auf Intels SSE-Befehlssatz um. Der Core mit seiner 16-stufigen Pipeline soll zum Launch mit 1,1 bis 1,3 GHz takten und bis Ende 2002 die 1,5-GHz-Marke erreichen. Noch später, im Jahr 2004, wird es dann den CZ-Core geben. Gerüchten zufolge handelt es sich dabei um einen Pentium-4-kompatiblen Prozessor.

Neue und letzte 64-Bitter

Obwohl man beim Stichwort "64 Bit" zurzeit gleich an AMDs Hammer oder Intels McKinley denkt, haben bislang andere Firmen die 64-Bit-Server- und Workstation-Welt im Griff: HP, Compaq und Sun zeigen ihre neuesten Entwicklungen.

Von Hewlett Packard gab es den 64-Bit-RISC-Prozessor Mako zu sehen. Der mit 1 GHz taktende Mako vereint zwei Cores auf einem Die und bietet somit echtes Dualprocessing in einer CPU. Die Cores basieren dabei auf den PA-8700-Prozessoren aus eigenem Hause.

Der PA-8700-Prozessor ist für seinen großen L1-Cache von 2,25 MByte bekannt. Beim Mako wurde der L1-Cache der implementierten Cores auf je 1,5 MByte reduziert. Einen 32 MByte großen gemeinsamen L2-Cache hat HP beim Mako extern realisiert. Er sitzt zusammen mit dem Mako-Die auf einem Prozessormodul.

HP hat den Systembus des Mako kompatibel zu Intels Itanium ausgelegt. Dies ist das erste Anzeichen vom Ende der HP-64-Bit-Prozessoren. HP spricht bereits jetzt von einer langsamen Migration der RISC -Kunden hin zu Intels IA-64-Produkten. Beide Unternehmen unterhalten seit 1994 eine Partnerschaft und haben die Itanium-Familie gemeinsam entwickelt. Der voraussichtlich letzte PA-RISC-Prozessor wird 2003 der PA-8900 sein. Ausführliche Details zum Mako lesen Sie hier.

Ein ähnliches Schicksal erleiden Compaqs Alpha-Prozessoren. Nach der Übernahme der Alpha-Architektur von Intel Mitte 2001, wird Compaq ebenfalls bis 2004 auf die IA-64-Architektur umschwenken. Der jetzt vorgestellte Alpha EV7 zählt somit zu Compaqs letztem komplett neuen Prozessor-Core. Der EV7 ist ab dem dritten Quartal 2002 mit 1,2 GHz Taktfrequenz erhältlich. Neu sind große On-Die-Caches sowie ein integrierter Memory-Controller für Rambus-Speicher.

Intel bringt seine IA-64-Prozessoren durch "Kooperationen" in Zukunft wohl ganz von selbst auf die Gewinnerstraße. Ein scharfer Gegenwind kann allerdings von Sun kommen, wo man mit dem neuen UltraSPARC IIIi eine vielversprechende CPU entwickelt hat. Der 64-Bit-Prozessor wartet mit einem integrierten DDR-SDRAM-Controller auf und taktet mit 1 bis 1,4 GHz. Mehr Informationen zum UltraSPARC IIIi gibt es hier.

Der Weg zum 10-GHz-Prozessor

Wie sieht der 10-GHz-Prozessor aus und welche Hürden gilt es bis dahin zu nehmen? Diesen Fragen stellte sich Bill Pohlmann, Gründer und CEO von Primarion.

Zwischen 2005 und 2007 sollen die Prozessoren eine Taktfrequenz von 10 GHz erreichen. Die Fertigung erfolgt dann in einem 0,03-µm-CMOS-Prozess. Entsprechend niedrig liegen die Core-Spannungen mit 0,5 bis 0,8V. Das Die des 10-GHz-Prozessors besteht aus zirka 300 Millionen Transistoren. Davon wird ein Großteil auf die Caches abfallen, die über 16 MByte groß sind. Die 10-GHz-CPUs sollen mit einer maximalen Stromaufnahme von 150 A auch nicht zu den Energiesparern gehören. Einen hohen Durchsatz soll das Bussystem mit 30 GByte/s bieten. Zu den größten Problematiken auf dem Weg zum 10-GHz-Prozessor zählen die steigende Design-Komplexität, die langsame I/O-Performance sowie lange Latenzzeiten.

Ein weiteres Problem, das schon bei den aktuellen Prozessoren auftritt, ist die ungleichmäßige Leistungsaufnahme auf dem Die. Die Integer- und Floating-Point-Units benötigen mit Abstand am meisten Energie. Relativ wenig Strom verbrauchen dagegen die Caches, dafür aber umso mehr Die-Fläche. Da die verschiedenen Bereiche des Dies unterschiedlich schnell mit hoher Stabilität geladen werden müssen, ist beim 10-GHz-Prozessor eine neue Architektur der Stromversorgung erforderlich.

Dringend notwendig sind nach Bill Pohlmanns Meinung neue Bussysteme. Die FSB -Bandbreite skaliert nicht mit Moores' Law wie die Taktfrequenz der Prozessoren. Auch die elektrischen Signale können zu grundlegenden Problemen führen. Künftige Bussysteme werden deshalb mit differenzialen Signalen und Punkt-zu-Punkt-Verbindungen arbeiten, wie beispielsweise AMDs HyperTransport. Hier ist die elektrische Störanfälligkeit geringer.

Beim 10-GHz-Prozessor wird das Bussystem aber optisch arbeiten. Hierzu werden kleine effiziente Laser (VCSELs), preiswerte winzige optische Multiplexer sowie eine "optische Verdrahtung" auf den PCBs benötigt. Der Vorteil von optischen I/O-Bussystemen wird die hohe Bandbreite sein, mit der auch die erwähnten 30 GByte/s möglich sind.

Fazit

Das Highlight des Microprocessor Forum 2001 konnte diesmal klar AMD setzen. Das von schweren Umsatzeinbußen gebeutelte Unternehmen ließ mit seinen 64-Bit-Hammer-Prozessoren aufhorchen. Der Erfolg müsste eigentlich vorprogrammiert sein: Angeblich beste Performance bei 32-Bit-Betriebssystemen und gleichzeitig die Möglichkeit, jederzeit auf leistungsfähigere 64-Bit-Software umzusteigen.

Für den erfolgreichen Einsatz von Intels IA-64-Prozessoren sorgt Intel dagegen ganz einfach: Die konkurrierenden PA-RISC-Prozessoren von HP und Compaqs Alpha-Serie wurden durch "Kooperationen" übernommen. Beide Unternehmen lassen ihre 64-Bit-RISC-CPUs bis 2004 auslaufen und setzen dann auf Intel-Produkte. Eigentlich schade, denn die wohl letzten Neuvorstellungen Alpha EV7 von Compaq und besonders HPs Mako bergen interessante Architekturen.

Zur nächsten "großen Sache" soll nach Intels Meinung aber das On-Chip-Multiprocessing werden. Der Xeon MP wird mit der Hyperthreading getauften Technologie den Anfang machen. Wenn die Performance damit wirklich ohne großen Aufwand um 30 Prozent steigt, wird es sich bald auch in Desktop-CPUs finden.

Ob aber der mobile Pentium 4 wirklich das ist, worauf Notebook-Besitzer warten, bleibt fraglich. Zur Verlängerung der Akkulaufzeiten wird die CPU sicherlich nicht beitragen. Hier darf man auf den 2003 erscheinenden Banias gespannt sein. Bis dahin kann Transmeta hoffen, mit seinen neuen Produkten besser Fuß zu fassen. (cvi)