Prozesse steuern die Servicequalität

06.09.2002
Firmen mit Hunderten von Arbeitsplatzrechnern managen Tausende von Desktopanwendungen von zentraler Stelle aus. Eine saubere Buchführung über alle Änderungen und eine prozessorientierte Betriebsorganisation bewahren die DV-Abteilung vor dem Chaos.

Von: Dr. Frank Ziegler

Die Informationstechnik ist ein Teil der Wertschöpfungskette eines Unternehmens. Sie macht viele Geschäftsprozesse überhaupt erst möglich und ist eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass Firmen ihre Geschäftsziele erreichen. Dementsprechend hoch sind die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der IT-Infrastruktur. Die DV-Abteilungen haben viel zu tun. Es genügt nicht, dass sie das Netz und die Rechnersysteme administrieren. Sie müssen sich auch um die Firmenanwendung kümmern, sie installieren und laufend betreuen. Angesichts der steigenden Komplexität der Client-Server-Strukturen und der geschäftskritischen Anwendungen stehen sie für die Qualität der Informationen und die Verfügbarkeit der Applikationen ein.

Hier kommt "Information Technology Infrastructure Library" (ITIL), ins Spiel, ein von der britischen Regierung begründete Spezifikation, die mittlerweile zu einem weltweit anerkannten De-Facto-Standard geworden ist und Unternehmen als Grundlage für das Management ihrer IT-Serviceprozesse dient.

Prozessorientiertes Vorgehen

ITIL zerlegt das IT-Servicemanagement in elf Disziplinen, die in die Bereiche "Service Support" und "Service Delivery" aufgeteilt sind. Für jede dieser Disziplinen liefert die Norm Beschreibungen der Prozesse sowie ihrer Schnittstellen. Diese ermöglichen es dem Anwender, die Prozesse seiner IT-Dienstleistungen zu definieren und zu verbessern.

Die Prozessorientierung ist das A und O eines dauerhaft erfolg-reichen IT-Serviceangebots. Als Beispiel soll das zentrale Desktop-Management für Tausende von Arbeitsplatzrechnern dienen. Mit einer entsprechenden Software kann der Administrator alle Desktops bequem verwalten und einige Aufgaben automatisch erledigen lassen. Fehlen jedoch im Unternehmen klare Richtlinien dafür, welche Eingriffe auf den PCs wann und wie erfolgen sollen, werden die Verfügbarkeit und die Funktionen der Desktops den Ansprüchen der Benutzer selten gerecht.

Wer ITIL als Grundlage für ein IT-Servicemanagement einführt, sollte zunächst eine Analyse der IT-Organisation durchführen. Dabei kann er bestehende Prozesse erkennen und die IT-Services mit ihren Ressourcen und den Anforderungen des Geschäftes und der Nutzer definieren. Am besten fängt man damit an, geeignete Kernprozesse wie das Configuration-Management oder das Change-Management auszuwählen und an die konkreten Bedingungen anzupassen.

Der Anwender bestimmt die Configuration-Items der IT-Services und ordnet ihnen die vorhandenen Ressourcen zu. Auf dieser Basis erstellt er ein Feinkonzept, das auch die Verantwortlichkeiten und Übergänge zwischen den Prozessen festlegt. Die Implementierung der Abläufe setzt allerdings voraus, dass zu den Diensten passende Service Level Agreements (SLA) festgelegt wurden, die zentral überwacht und gesteuert werden können. Sind die Management-Prozesse etabliert, erfolgt eine ständige Bewertung der IT-Services, um sie an ihren Zielen zu messen. Die hier gewonnenen Erkenntnisse - auch über geänderte Anforderungen - führen zu einer ständigen Optimierung der Abläufe.

Aufeinander abgestimmte Abläufe

Betrachten wir den Fall, dass das IT-Management eine neue Version einer Applikation auf den Desktops des Hauses installieren will. In ITIL wird ein solcher Prozess operativ durch das Release-Management gesteuert. Er unterliegt dabei der Kontrolle durch das Change-Management. Ausgelöst wird der Vorgang immer durch einen genehmigten Änderungsantrag, einen "Request for Change" (RFC), der sowohl die betroffenen Configuration-Items beschreibt, in unserem Beispiel die Applikation, als auch die Änderungen durch den Versionswechsel. Jeder RFC wird vom Change-Management auf seine Auswirkungen, Kosten, Notwendigkeit und Abhängigkeit hin untersucht und bewertet. Dabei kann das übergreifende Team eines "Change Advisory Boards" dabei helfen, die betroffenen Prozesse und Geschäftsbereiche untereinander zu koordinieren. Zugelassene Versionen der Applikation bewahrt der Manager in der "Definitive Software Library" (DSL) sicher auf.

Das Release-Management plant die Verfahren zur Verteilung von Software aus der Entwicklungsumgebung in die Testumgebung, die Integrationsumgebung und in den Produktivbetrieb. Gleichzeitig verfolgt das Configuration-Management den Status der Configuration-Items und übergibt Informationen über Änderungen an die "Configuration Management Database".

Die Vorgaben der ITIL-Richtlinien umzusetzen fällt dem IT-Manager leichter, wenn er Administrationswerkzeuge einsetzt, die den Standard bereits berücksichtigen. Bei der Softwareverteilung heißt das, dass die zu Grunde liegende Plattform eine DSL vorhalten sollte, deren Zugang über ein ausgefeiltes Berechtigungs- und Rollenkonzept kontrolliert wird. Außerdem muss das Programm mit einer Historie über die Configuration-Items revisionssichere Protokolle aller Aktionen erstellen. Um den Aufbau einer Configuration Management Database zu unterstützen, sollte das Abhängigkeiten zwischen mehreren Configuration-Items prüfen und deren Status in einer Inventarliste erfassen. (kpl)

Zur Person

Dr. Frank Ziegler

ist Senior Consultant bei der Asdis Software AG in Berlin.