Proprietäre Tools

09.05.2003
Weil Blade-Server auf den Betrieb in riesigen Rechnerfarmen ausgelegt sind, erfordern sie neue Managementkonzepte. Die Hardwarehersteller antworten mit unterschiedlichen Ansätzen.

Von: Dr. Klaus Plessner

"Beim Management von Blade-Servern geht’s zu wie im Wilden Westen", sagte Jamie Gruener, leitender Analyst der Yankee Group. Die Hardwareanbieter lieferten Provisioning-Tools, um einzelne Knoten betriebsbereit zu machen, während die Hersteller von Systemmanagementsoftware Module für die Serververwaltung beisteuerten. Ursache des Wildwuchses seien die wachsenden Marktzahlen der Blade-Server. Nach einem Report der Yankee Group gaben Firmen im vergangenen Jahr weltweit fast 100 Millionen Dollar dafür aus. Und bis zum Jahr 2006, so schätzt das Marktforschungsinstitut, steigt der jährliche Umsatz auf 3,8 Milliarden Dollar.

Blade-Server sind Massenware

Blade-Server sind auf Einschubkarten untergebracht, die rund ein Zwölftel so groß sind, wie ein herkömmlicher Rack-Server mit einer Höheneinheit. In das drei Einheiten hohe 19-Zoll-Chassis des "Fire B 1600" von Sun passen auf diese Weise 16 "Klingen". Die platzsparenden Ausmaße haben Blades zu einem Mittel der Serverkonsolidierung gemacht, mit dem Unternehmen und Provider ihre Webserverfarmen und Firewalls auf engem Raum konzentrierten.

Abgesehen von ihrer Schlankheit haben die Rechner noch zwei weitere Vorteile. Sie sind vergleichsweise billig und lassen sich zudem im laufenden Betrieb austauschen. Mit den Blades entwickelt sich Serverhardware daher zu einer Art Massenware, vergleichbar mit Festplatten oder Speicherchips. Dies schlägt sich in den Konzepten für ausfallsichere und leistungsstarke Architekturen nieder, die nach dem Muster "möglichst viele und billige Knoten" gestrickt sind. Daher boomt die Technik gerade bei den Webservern, die sich durch Klonen auf mehrere Rechner sehr gut verteilen lassen. Fällt einer aus, übernimmt der Rest die Arbeit, während der Administrator das defekte Blatt in Ruhe austauscht.

Damit der Austausch per Hot Swap funktioniert, benötigen die Server eine Software, die registriert, wenn ein neuer Knoten angelegt wird. Danach müssen sie dessen Konfiguration ermitteln und auf das Blade das erforderliche Systemabbild kopieren. Weil die Server in Webplattformen und Firewalls oft an der Firmenperipherie sitzen, sind Administratoren auf Tools für das Management aus der Ferne angewiesen. Dazu gehört eine automatische Bestandsaufnahme und eine Softwareverteilung.

Bislang kochen die Hardwarehersteller jedoch ihr eigenes Süppchen, wenn es um das Blade-Management geht. Wer Server verschiedener Anbieter einsetzt, benötigt daher für jede Plattform ein eigenes Administ-rationssystem. Die Firma IBM liefert ihre Server mit der Software "IBM Director" aus. Die Client-/Server-gestützte Plattform dient zum Überwachen laufender Rechner und zum Aufsetzen neuer Knoten. Mithilfe von benutzerdefinierten Regeln erledigt sie laut IBM Aufgaben wie das Aufspielen eines ausgefallenen Knotens auf einen Ersatzknoten selbstständig. Dazu kommt ein Hardwaremodul, das den Zustand der Blade-Komponenten anhand kritischer Kenngrößen wie CPU-Temperatur oder Lüftergeschwindigkeit kontrolliert. Das Managementmodul bedient der Administrator über eine eigene Weboberfläche. Es enthält auch einen KVM-Switch, über den der Systemverwalter jede Rechnerkarte übers Internet bedienen kann, als hatte er seinen Monitor, die Tastatur und die Maus direkt daran angeschlossen.

Die Web-gestützte Konsole des Compaq-Programms "Insight Manager" lässt den Administrator kritische Serverparameter überwachen und Software wie Images auf einem oder auf mehreren Knoten gleichzeitig einspielen. Zusammen mit der Firma Altiris, einem Anbieter von Client-Managementwerkzeugen, entwickelt der Hersteller Techniken für das "Rapid Deployment" oder das schnelle und effiziente Einrichten von Blades auf Servern mit vielen Instanzen. Ein eigenes Management-Blade sammelt über ein dediziertes, internes LAN laufend Informationen von Hardware-Messsonden.

Provisioning Server vermittelt Ressourcen

Bei Sun rangiert die Blade-Administration als Disziplin des Datenzentrenmanagements. Sie steht im Zeichen der N1-Initiative, welche die Verwaltung großer Rechnerverbände vereinfachen soll. N1 beruht auf einem Vermittlungsserver, der einer Anwendung je nach Bedarf mehr oder weniger Hardwareressourcen zur Verfügung stellt. Die N1-Software "Provisioning Server" lässt dem Administrator eine Sammlung von Rechnern oder Blades als eine einzige virtuelle Plattform erscheinen, sodass sich dieser nicht darum kümmern muss, auf welchem Blatt er welche Software installiert. Die Zuordnung funktioniert automatisch nach benutzerdefinierten Regeln.

Mit der Software "Open Manage Remote Install", so verspricht Dell, können Administ-ratoren Hunderte von Rechnern aus der Ferne aufsetzen. Das Tool erlaubt die Remote-Installation von Anwendungen und das Einspielen von Images. Über ein Remote-Access-Modul überwachen sie die Systemkenngrößen der Server und des Chassis und führen bei Bedarf einen Kaltstart durch. Zur Fernsteuerung verwendet der Systemverwalter einen integrierten IP-gestützten KVM-Switch, der die Keyboard-, Video- und Maussignale der Blades übers Internet an eine Browserkonsole schickt.

Die Blade-Server von Fujitsu Siemens stellen laufend neue Instanzen für verschiedene Dienste zur Verfügung. Ein Loadbalancer der Firma F5 steuert die Aufteilung und fordert je nach Serverlast für einen Service mehr oder weniger Knoten an. Darüber hi-naus erlauben die Management-Tools "Server Start", "Server View" und "Remote View" das automatische Aufsetzen von Blades nach Gruppenregeln, die Übergabe eines gestörten Blades an einen Reserverechner oder das Klonen vorhandener Server. Das Chassis ist mit zwei redundanten Managementmodulen ausgestattet, die dem Administ-rator einen Fernzugriff gewähren. Dazu verwenden sie eine dedizierte LAN-Verbindung.

Mit den im Februar vorgestellten Tools der Reihe "Active Manage" hat der Blade-Server-Pionier RLX das Management seiner Server klar in den Vordergrund gerückt. Die Suite besteht aus drei Teilen, nämlich der Administrationskonsole "Control Tower XT", dem Monitoring- und Diagnosewerkzeug "Active Stat" und dem Programm "Activ Config" fürs schnelle Aufsetzen und Wiederaufsetzen bei Blade-Störungen. Die Software enthält nicht nur Schnittstellen zu bestehenden Managementsystemen. Sie integriert laut Hersteller über Plug-ins auch Blade-Server anderer Anbieter.

Ob sich auf dem bunten Markt der Blade-Management-Tools künftig eine Technik durchsetzen wird, ist noch völlig offen. Sicherlich wird Sun aber unter den Architekten des Autonomic Computing einige Nachahmer finden, zum Beispiel Hewlett-Packard und IBM, die ihre Blade-Server wie Sun als Teil eines sich selbst organisierenden Datenzentrums sehen. Weil auch künftig kaum ein Anwender ausschließlich Hardware eines Herstellers einsetzen dürfte, werden sich die Anbieter dabei entweder um einen gemeinsamen Standard oder um Schnittstellen bemühen müssen.