Wann Cloud-Services zu empfehlen sind

Praxis-Tipps: Cloud-Lösungen im Unternehmen sinnvoll einsetzen

06.05.2014 von Regina Böckle
Wann lohnt sich für ein Unternehmen der Einsatz einer Cloud-Lösung? Wie lässt sich herausfinden, ob die bestehende IT-Infrastruktur dafür geeignet ist? Der Cloud-Architekt Georg Deil, Senior Business Consultant bei der Direkt-Gruppe, hat dafür ein Analyseverfahren entwickelt.

Das Thema Cloud rückt seit einigen Jahren auf der Prioritätenliste der CIOs und IT-Verantwortlichen ständig weiter nach oben. In den vergangenen Jahren sind die Rufe aus den Fachabteilungen nach schnellem und kostengünstigem Bereitstellen neuer Services leiser geworden, beobachtet Georg Deil, Senior Business Consultant bei der Direkt-Gruppe.

Fachwissen: Georg Deil, Senior Business Consultant bei der Direkt Gruppe, gibt Tipps, wie Unternehmen Cloud-Lösungen sinnvoll einsetzen können.
Foto: Direkt-Gruppe

"Viele Fachabteilungen sind dazu übergegangen, statt mit lautstarken Forderungen gegenüber der internen IT ihre Ansprüche anderweitig zu erfüllen", sagt der Chefberater bei der Direkt-Gruppe, einer Gesellschaft für IT-Strategie- und Organisationsberatung. Dabei werden über externe Online-Portale die benötigten Services eingekauft. Das geht meistens schnell und unkompliziert, sogar mit Services wie Dropbox etwa für den Datenaustausch mit Konzerntöchtern oder externen Partnern. Doch aus Sicht des Datenschutzes und der Datensicherheit ist dies hochproblematisch.

Rezepte gegen unkontrolliertes Abwandern in die Cloud

Um diese Entwicklungen zu unterbinden, benötigen Unternehmen klare Richtlinien. Doch vielen IT-Abteilungen fehlten Vorgaben sowie notwendige, attraktive Lösungen und einfache Bestellportale, weiß Deil. Der 42-Jährige hatte bei seiner Arbeit als IT-Consultant bereits tiefe Einblicke in das Thema. Zweck der Lösungen solle es sein, die Fachabteilungen auf die eigenen Angebote zu lenken und das "Abwandern" zu IT-Services aus der Public Cloud zu vermeiden.

SaaS-Bezugsquellen in Deutschland (Angaben in Millionen Euro)
2015 werden rund acht Prozent der Umsätze mit Software as a Service (SaaS) - das entspricht einem Transaktioinsvolumen von 280 Millionen Euro - über Marktplätze generiert. Rund 10 Prozent gehen auf das Konto des Channel-Vertriebs. 2016 allerdings kehrt sich dieses Verhältnis allerdings um: Der Anteil des indirekten Vertriebs liegt dann bei rund 8 Prozent, der Anteil der Marktplätze bei über 11 Prozent. Der Anteil des Direktvertriebs über den Hersteller sinkt von rund 85 Prozent im Jahr 2013 auf rund 80 Prozent im Jahr 2016. (Quelle: Experton Group 2013)
Nutzen der Cloud aus Anwendersicht
Das Gros der befragten Mittelstandsunternehmen halten Cloud Computing für nützlich. (Quelle: TechConsult IT-Cloud Index Mittelstand 07/2013)
Warum sich Unternehmen nicht auf Cloud vorbereitet fühlen
Fehlendes Bewusstsein seitens der Geschäftsführung und der Fachabteilungen für die Chancen von Cloud Computing und mangelndes Know-how sind nach Ansicht der befragten Mittelstandskunden das größte Hindernis für die Einführung von Cloud-Lösungen. (Quelle: Techconsult IT-Cloud Index Mittelstand 07/2013)
Diese Beratungsleistung wünschen sich Anwender von ihren Dienstleistern
Hilfe bei der Einführung und Integration sowie Aufklärung zu den Risiken stehen auf der Wunschliste ganz oben. (Quelle: Techconsult IT-Cloud Index Mittelstand 07/2013)

Deshalb suchen Unternehmen nach agilen IT-Infrastrukturen und versuchen ihr Glück mit Cloud-Lösungen. "Zumal der Begriff nicht klar ist. Hier gibt es mittlerweile sehr unterschiedliche, gute Ansätze, die aber nicht zu verwechseln sind", betont der Manager. Die Mehrzahl der aktuellen Cloud-Projekte sei primär kostengetrieben, konstatiert er. Deshalb schössen die Anstrengungen meist am eigentlichen Ziel vorbei, schnell kundengerechte IT-Services anbieten zu können. Oft verbleibe die IT-Organisation daher nach einem Cloud-Projekt in einer Parallelwelt zwischen Cloud- und alter IT-Umgebung. Denn letztlich fehle die konsequente und ganzheitliche Umsetzung in Organisation, Service und Technologie.

Eine weitere Fehlerquelle beim Planen von Cloud-Projekten verberge sich im Streben nach sofortiger Perfektion. "Eine agile, kundenorientierte IT-Ausrichtung benötigt Zeit und ist von hoher Bedeutung für viele Unternehmen", sagt der langjährige Virtualisierungs- und Cloud-Spezialist. Ansonsten gestalte es sich schwierig, ein für alle Parteien zufriedenstellendes Ergebnis zu erreichen.

Wie der Aufbau einer Cloud-Architektur gelingt

Um erfolgreich in die Cloud-Ausrichtung zu starten, bedürfe es nicht gleich zu Beginn eines Multi-Millionen-Euro-Budgets, wie Deil betont. Mit vielen seiner Kunden baut er eine Cloud iterativ, also schrittweise, auf. Wichtig dabei: eine klare Strategie und ein Phasenmodell, das geplante Leistungsbausteine fokussiert. Die Ziele müssten dabei für alle Beteiligten im Unternehmen transparent sein: was in den einzelnen Phasen erreicht werden soll und wie konkret der Wertbeitrag der IT dadurch gesteigert wird. "Sinnvollerweise starten die meisten hier mit dem Ziel, eine Infrastructure-as-a-Service, also eine IaaS-Plattform, aufzubauen", rät der IT-Experte.

Cloud-Projekte berühren alle Unternehmensbereiche, die IT-Services nutzen. Da mit dem ersten Cloud-Projekt auch ein kultureller Wandel hin zu einem agilen IT-Servicemanagement in den IT-Abteilungen Einzug hält, muss die Belegschaft mit viel Einfühlungsvermögen vorbereitet und frühzeitig eingebunden werden, empfiehlt Deil. "Die Teams müssen die Hintergründe für alle Änderungen genau verstehen und Vertrauen in die neue Lösung haben. Nur so können sie die Fachbereiche überzeugen", konstatiert der Cloud-Architekt.

Cloud-Readyness-Analyse

Die Virtualisierung, die in den vergangenen Jahren in Rechenzentren stark ausgebaut wurde, ist sehr wichtig im Hinblick auf die dringend notwendige Standardisierung. Bestimmte Unternehmen seien jedoch besser beraten, bereits verfügbare Angebote bei einem etablierten Anbieter zu beziehen. Dann besteht kein Grund für eine eigene IaaS-Plattform.

Empfehlenswert: Unternehmen können mit vielen unterschiedlichen Schwerpunkten ihre IT-Dienstleistungen durch eine Cloud-Lösung verbessern. Eine gründliche Analyse zeigt, was im Einzelfall sinnvoll ist.
Foto: Direkt-Gruppe

Um diese Frage für eine fundierte Entscheidung zu klären, bietet die Direkt-Gruppe ihren Kunden die Cloud-Readyness-Analyse (CRA) an. Auf einer Skala von eins bis fünf zeigt diese Analyse, wie der Reifegrad in der IT-Organisation über die sieben wichtigsten Perspektiven einzuordnen ist. "Am besten ist es, wenn alle Kategorien gleich stark ausgeprägt sind, sie also ein gleichmäßiges Netz ergeben", so Deil.

Entscheidungen, wie die zur eigenen Cloud-Plattform, stellen wichtige strategische Weichenstellungen dar, die sorgsam getroffen werden müssen. "Mit dem Ergebnis aus unserer Cloud-Readyness-Analyse ist klar erkennbar, wo die Stärken und Schwächen liegen und was zum Erreichen eines definierten Cloud-Levels unternommen werden muss", erklärt Cloud-Spezialist Deil.

Dafür führen er und seine Kollegen Interviews mit Ansprechpartnern aus verschiedenen Abteilungen und Hierarchien mithilfe des CRA-Fragenkatalogs durch. Dabei wird der Ist-Zustand ermittelt und geklärt, inwieweit die IT-Strategie durch den Cloud-Ansatz unterstützt werden soll. Die auf Basis der gewonnenen Informationen erstellte Managementpräsentation verbessert die Entscheidungsbasis für die Verantwortlichen enorm. Sobald die grundsätzlichen, strategischen Entscheidungen getroffen sind, erfolgt eine kaufmännische Bewertung durch einen traditionellen Business Case.

Immer wieder analysieren

Deil empfiehlt zudem: "Idealerweise wird die Cloud-Readyness-Analyse in regelmäßigen Abständen wiederholt. So lässt sich der Weg in die Cloud sehr gut messen, und die über die Zeit erzielten Verbesserungen und Fortschritte werden transparent." Sein Ziel: Das sonst so komplexe Thema Cloud wird somit auf ein handhabbares Niveau gebracht. Und Risiken durch Fehlentscheidungen sollen sich stark minimieren. (hal)

Kopie: Checkliste Cloud-SLAs -
Checkliste Cloud-SLAs
Um zu beurteilen, ob ein Cloud-Provider kundenfreundliche SLAs anbietet, lassen sich folgende Kriterien anlegen und überprüfen:
Punkt 1:
Kurze und klare Gestaltung von Inhalt, Struktur und Formulierung.
Punkt 2:
Version in der Landessprache des Kunden.
Punkt 3:
Klare Definitionen von Fach- und Produktbegriffen zu Beginn.
Punkt 4:
Detaillierte Ankündigung und Planung der Wartungsfenster (Beispiel: "Viermal im Jahr an vorangemeldeten Wochenenden").
Punkt 5:
Leistungsbeschreibung in Tabellenform (Übersicht!).
Punkt 6:
Klar definierte Bereitstellungszeiträume für neue Ressourcen (Beispiele: Bereitstellung virtueller Server bei Managed Cloud in maximal vier Stunden; Bereitstellung kompletter Umgebungen oder dedizierter Server in fünf bis zehn Tagen).
Punkt 7:
Bereitstellung von klar abgegrenzten Konfigurationsoptionen für Ressourcen (Beispiel: Konfiguration von Servern nach Gigahertz, Gigabyte).
Punkt 8:
Einfach unterscheidbare Service-Levels (Beispiel: Silber, Gold, Platin); Abgrenzungskriterien können sein: Verfügbarkeit, Bereitstellungszeiten, fest reservierte Kapazitäten ja/nein, Support-Level (Telefon, E-Mail).
Punkt 9:
Bei IaaS-Angeboten unbedingt auf Netzwerk-Konfigurationsmöglichkeiten und Bandbreite achten (Volumen? Im Preis inkludiert ja/nein?).
Punkt 10:
Kundenfreundlicher Reporting- beziehungsweise Gutschriftenprozess (am besten aktive Gutschriften auf Kundenkonto; kein bürokratischer, schriftlicher Prozess; möglichst einfache Beweis- und Nachweispflicht für Kunden).
Punkt 11:
Reaktionszeiten und Serviceverfügbarkeit klar beschreiben (zentrale Hotline; Reaktionszeiten auf Incidents in Stunden).
Punkt 12:
Nennung der Rechenzentrumsstandorte mit Adresse und sonstigen Informationen wie Zertifizierungen und Tier.
Punkt 13:
Definition der Verfügbarkeiten: Unterschiede hinsichtlich Verfügbarkeit Server/VM und Verfügbarkeit Admin-Konsole definieren.
Punkt 14:
Erläuterung zu Möglichkeiten der SLA-Überwachung beziehungsweise des Incident-Reportings für den Anwender (Beispiel: Link auf Monitoring-Dashboard).