Praxis: Server-Racks optimal konfigurieren

18.08.2006 von Bernhard Haluschak
Moderne Server-Racks müssen in verstärktem Maße erhöhten Ansprüchen hinsichtlich Klimatisierung, EMV und Server-Sicherheit Rechnung tragen. Auch die Montagefreundlichkeit der eingebauten Komponenten und Flexibilität des Systems müssen gewährleistet sein.

Der Wechsel von Tower- zu Rack-basierenden Server-Systemen mag einfach klingen, doch sowohl in der Theorie als auch in der Praxis sind einige wichtige Aspekte zu beachten.

Neben der mechanischen Schrankkonfiguration darf man eine ausreichende Klimatisierung der Server-Schränke, um Hotspots zu vermieden, nicht ignorieren. Zusätzlich ist ein guter Schutz gegen elektromagnetische Strahlen (EMV) Pflicht. Auch eine hohe Sicherheit hinsichtlich Erdbeben und Vibration darf nicht vernachlässigt werden.

In unserem Artikel finden Sie lösungsorientierte Informationen zum Aufbau eines Server-Racks sowie zu speziellen technischen und umweltbedingten Anforderungen, die bei der Serverintegration zu beachten sind.

Aufbau eines Server-Racks

Bei der Auswahl des geeigneten Racks für die Integration von Servern und anderen aktiven Komponenten müssen die nachfolgenden Punkte berücksichtigt werden, um eine optimale Lösung für den kundenspezifischen Anwendungsfall zu gewährleisten.

Rack-Abmessung: Die Servertiefe ist ein besonders wichtiges Anforderungsmerkmal für die Rack-Auswahl. Für den Einbau der meisten Modelle haben sich die Tiefen 900 und 1000 mm als besonders empfehlenswert herauskristallisiert. Diese Tiefen gewährleisten neben der Aufnahme der Server auch den notwendigen Raum für das Kabelmanagement im hinteren Bereich des Racks. Je nach verfügbarer Stellfläche muß das geeignete Rackmaß (Höhe x Breite x Tiefe) spezifiziert werden.

19-Zoll-Befestigungs-Ebene: Der Einbau von Server in die Racks erfolgt in der Regel an der vorderen und hinteren 19-Zoll-Ebene. Hierbei ist darauf zu achten, dass für die Befestigung vorzugsweise L-förmige 19-Zoll-Profilschienen verwendet werden. Eine integrierte HE-Markierung an den vorderen Profilschienen erleichtert den Einbau innerhalb der zölligen Ebene.

Kabelmanagement: Die Zu- und Abführung von Kabeln in ein Rack kann von unten, oben und auch seitlich erfolgen. Darüber hinaus ist es wichtig, die Kabel im Rack selbst zu bündeln und so zu führen, dass Wärmestaus und damit verbundene Serverausfälle verhindert werden.

Server-Einbausätze: Die meisten handelsüblichen Server sind mit herstellereigenen Einbausätzen ausgestattet, die in der Regel front- und rückseitig an den 19-Zoll-Ebenen befestigt werden. Allerdings sind diese Einbausätze nicht alle tiefenvariabel und einige Server- und Storage-Hersteller bieten Gehäuse an, die nicht front- und rückseitig an der 19-Zoll-Ebene befestigt werden können.

Klimatisierung von Server-Racks

Um einen Hitzestau im Server-Rack zu vermeiden, kann die horizontale Luftführung der Server grundsätzlich unterstützt werden. Folgende Möglichkeiten gibt es:

Weitere aktive Klimatisierungsmöglichkeiten

Kühlgeräte: Bei Verwendung dieser Geräte ist die Kühlung der Server-Rack-Innentemperatur unter die Umgebungstemperatur bei Beibehaltung der Schutzart IP 54 möglich.

Rückkühlanlagen: Rückkühlanlagen stellen Kühlwasser mit definierter Vorlauftemperatur für Luft/Wasser-Wärmetauscher oder wassergekühlte Verbraucher bereit. Zur CPU-Kühlung wird diese Kühlflüssigkeit zum Beispiel durch einen direkt auf dem Prozessor befestigten Kühlkörper gepumpt.

Luft/Wasser-Wärmetauscher: Mit Luft/Wasser-Wärmetauschern ist die Kühlung der Server-Rack-Innentemperatur unter die Umgebungstemperatur bei Beibehaltung der Schutzart IP 54 möglich. Hierzu ist der Anschluss an eine Rückkühlanlage oder einen bereits bestehenden Kühlwasserkreislauf notwendig.

Luft/Luft-Wärmetauscher: Voraussetzung für den Einsatz der Geräte ist eine Umgebungstemperatur, die unter der gewünschten Server-Rack-Innentemperatur liegt. Die Schutzart IP 54 wird beibehalten.

Lüfter: Voraussetzung für den Einsatz von Lüftern ist eine relativ saubere Umgebung, deren Temperatur unter der gewünschten Server-Rack-Innentemperatur liegt.

Coputational Fluid Dynamics und Thermografie

Die Computational Fluid Dynamics (CFD) macht Wärmenester schon in der Planungsphase zuverlässig sichtbar. Steigende Verlustleistungen von zunehmend leistungsfähigeren Servern und Netzwerkkomponenten stellen hohe Ansprüche hinsichtlich der Umgebungsbedingungen. Dies erfordert eine gewissenhafte Planung der klimatischen Verhältnisse und ein durchdachtes Belüftungskonzept.

Mit dem CFD-Verfahren und einer leistungsfähigen Software lassen sich Klimaverhältnisse voraussehen und kundenspezifische Lösungen erproben, noch bevor der erste Prototyp realisiert ist. Somit kann bei komplexen Gesamtsystemen die vielfach zeitaufwendige und kostenintensive Entwicklungsarbeit auf ein Minimum reduziert werden. Auf den Punkt gebracht bietet CFD folgende Vorteile:

Die Infrarot-Thermografie wird eingesetzt, um im IE- und IT-Bereich mit einem „Thermobild“ Bauteile, elektrische Verbindungen, Geräte oder Gehäuse und Schränke mit kompletten integrierten Systemen in Bezug auf ihre Wärmeentwicklung zu analysieren. Das Verfahren der Infrarot-Strahlungstemperaturmessung beruht auf dem Phänomen, dass Körper mit einer Temperatur oberhalb des absoluten Nullpunktes von 0,0 K (– 273,15 Grad Celsius) elektromagnetische Strahlung aussenden.

Die Infrarot-Kamera erfasst berührungslos die Intensität dieser Strahlung und liefert in Sekunden ein detailliertes, farbcodiertes Abbild der Temperaturverteilung. Eventuelle Gefahrenquellen werden frühzeitig erkannt und können gezielt beseitigt werden. Die thermografische Prüfung kann sowohl über die Außenmessung des geschlossenen Elektronik-Gehäuses als auch über die Messungen der installierten Elektronik-Komponenten im Gehäuse erfolgen.

Aktive Klimatisierung der Server-Racks

Für ein Grundschema zur Auswahl von Klimatisierungs-Komponenten sind folgende Informationen mindestens erforderlich:

Die Berechnungsgrundlagen der Schrank-Klimatisierung setzten sich aus folgenden Parametern zusammen:

Q (v) = Im Schrank installierte Verlustleistung [W]

Q (s) = Abgestrahlte Leistung durch die Schrankoberfläche [W]; Q (s) > 0: Abstrahlung (T (i) > T(u)); Q (s) < 0: Einstrahlung (T (i) < T(u))

Q (K) = Erforderliche Kälteleistung eines Kühlgerätes [W]

Q (H) = Erforderliche Heizleistung einer Schrankheizung [W]

Q (w) = Spezifische Wärmeleistung eines Wärmetauschers [W/K]

V = Erforderlicher Luftvolumenstrom eines Filterlüfters zur Unterschreitung der max. zulässigen Temperaturdifferenz zwischen angesaugter und ausströmender Luft [m3/h]

T = T(i) – T(u) = maximal zulässige Temperaturdifferenz [K]

A = Effektive, Leistung abstrahlende Schrankoberfläche gemäß IEC 890 [m2]

k = Wärmedurchgangskoeffizient [W/m2K] bei ruhender Luft für Stahlblech

k = 5,5 W/m2K

Elektromagnetische Verträglichkeit

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ist die Fähigkeit einer elektrischen Einrichtung, in ihrer elektromagnetischen Umgebung zufrieden stellend zu funktionieren, ohne diese Umgebung, zu der auch andere Einrichtungen gehören, unzulässig zu beeinflussen.

Hohe Packungsdichten in Elektronikbaugruppen und immer größere Signalgeschwindigkeiten verursachen in komplexen elektronischen Geräten und Systemen der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik, Datenverarbeitung- und Kommunikationstechnik häufig Fehler, die auf elektromagnetische Beeinflussungen zurückgeführt werden können. Es bestehen die grundsätzlichen Forderungen nach:

Durch elektrische Stromkreise im freien Raum verursachte elektromagnetische Wellen können Störspannungen erzeugen, die abhängig von der Entfernung zum Entstehungsort (Nahfeld oder Fernfeld) betrachtet werden müssen.

Im Nahfeld überwiegt entweder die elektrische Komponente (E) oder magnetische Komponente (H) des elektromagnetischen Feldes, je nachdem, ob die Störquelle hohe Spannungen und geringe Ströme oder hohe Ströme und geringe Spannungen führt. Im Fernfeld können E und H grundsätzlich nicht mehr getrennt betrachtet werden. Die Beeinflussung lässt sich vermindern durch:

Gehäuse- und Hochfrequenz-Schirmung

Jedes Stahlblechgehäuse bietet bereits eine in einem weiten Frequenzbereich gute Grund-Schirmwirkung beziehungsweise Dämpfung von elektromagnetischen Feldern. Für Großschränke lässt sich eine mittlere Schirmdämpfung durch kostengünstige Maßnahmen zur mehrfach leitenden Verbindung aller Gehäuseteile untereinander erreichen.

Hohe Schirmdämpfungswerte im Frequenzbereich oberhalb zirka 5 MHz werden durch Spezialdichtungen erzielt. Sie sind mit den metallisch blanken Innenflächen von Türen und abnehmbaren Wänden, Dach- und Bodenblechen mit den metallisch blanken Dichtkanten des Gehäusekörpers oder -gerüstes weitgehend schlitzfrei leitend verbunden. Je höher die auftretenden Frequenzen sind, desto kritischer werden Öffnungen im Gehäuse.

Einfluss von Öffnungen im Schrank auf die Schirmwirkung

Die Abschätzung der Schirmwirkung von Schränken mit Öffnungen in Türen und/oder Wänden kann mit den folgenden Formeln vorgenommen werden, die die Auswirkungen von Öffnungen beschreiben.

Schirmdämpfung rechteckiger Ausbrüche:

a(dB) = 100 – 20*log(d(mm)*f(MHz))+20*log(1 + ln (d/h))

d,h: Seitenlängen; für d < Lambda/2, > t (Materialstärke)

f: Frequenz > Lambda: Wellenlänge :

f = 1 MHz > Lambda = 300 m; f = 10 MHz > Lambda = 30 m; f = 100 MHz > Lambda = 3 m

Schirmdämpfung von Rundlöchern:

a(dB) = 20*log Lambda/2D

D: Lochdurchmesser

Schirmung von Rechtecklöchern:

Diese Schirmung ist grundsätzlich möglich durch Wabenkamine oder durch Drahtgitter. Gitterweite d; Drahtdurchmesser x; für d > x gilt die folgende Formel:

a(dB) = 104 – 20*log(d(mm)*f(MHz))

Schirmdämpfung von Blech mit zahlreichen Rundlöchern zur Kühlung:

a(dB) = 20*log Lambda/2D – 20*log(Wurzel aus n)

n: Anzahl der Löcher

Die Schirmung einzelner großer Rundlöcher wie zum Beispiel Kabeleinführung von LWL-Kabeln ist durch kurze Rohrstücke (Hohlleiter weit unterhalb der Grenzfrequenz f(g)) möglich.

Schirmdämpfungsdiagramm

Der Dämpfungswert eines Gehäuses ergibt sich bei allen Diagrammen durch die erwartete Störfrequenz und die Art des Störfeldes (Elektrisches Feld E, Magnetisches Feld H oder elektromagnetisches Feld). So ergeben sich beispielsweise im unten stehenden Diagramm bei einer Frequenz von 200 MHz folgende Dämpfungswerte:

Punkt 1: Elektrisches Feld hoch: a(1) = 50 dB

Punkt 2: Elektrisches Feld Standard: a(2) = 25 dB

Bei allen Diagrammen wird auf der Y-Achse (senkrecht) die Schirmdämpfung „a“ in der Einheit „dB“ angegeben. Diese Einheit gibt das logarithmische Verhältnis zwischen dem Feld in der Umgebung und dem Feld im Gehäuseinneren an. Auf der X-Achse (waagerecht) ist das Frequenzband im logarithmischen Maßstab aufgetragen. Die Dämpfung „a“ wird ermittelt über die Gleichung

a = 20 log E0/E1 und a = 20 log H0/ H1

Index 0 für ungeschirmte Werte, mit Index 1 für geschirmte Werte.

Server-Sicherheit: Kippschutz

Grundsätzlich sollte ein Serverschrank mit einem „Schutz gegen Umkippen“ ausgestattet sein, um einen sicheren und stabilen Stand beim Vollauszug eines oder mehrerer Server zu gewährleisten. Ein Kippschutz kann bereits in den Schrank integriert sein oder auch nachträglich an den Schrank montiert werden.

Beim Einbau von Servern sollte darauf geachtet werden, dass die schweren Komponenten im unteren Bereich des Schrankes zu befestigen sind.

Für die Berechnung des Kippschutzes gelten die folgenden Formeln:

Summe Fy = 0

(Die Summe aller Kräfte in Y-Richtung muss gleich Null sein)

Summe Fx = 0

(Die Summe aller Kräfte in X-Richtung muss gleich Null sein)

Summe Mx = 0

(Die Summe der Drehmomente um Punkt x muss sich aufheben)

Summe Fy = 0

(FA + FB - G - FT - FS - FH = 0 oder FA + FB = G + FT + FS + FH)

Summe Fx = 0

(FR - FZ = 0 oder FZ = FR)

Summe Mx = 0

(G x lG - FT x lT + FS x lS + FH x lH + FZ x lZ + FB x 2lG = 0 oder FT x lT + FS x lS + FH x lH + FZ x lZ + FB x 2lG = G x lG)

Server-Sicherheit: Vibrationen

Vibrationen sind dynamische Belastungen und weisen Beschleunigungen meist unterhalb von 1 g und Frequenzen bis zu 100 Hz und höher auf. Im Allgemeinen treten diese über einen längeren Zeitraum auf und wirken von außen auf das Rack und die eingebauten Komponenten ein. Vibrationen entstehen im Bereich von Eisenbahnen, Flugplätzen, Maschinen oder auch beim Transport.

Vibrationstests sind Systemtests die hauptsächlich durchgeführt werden, um den Effekt von Vibrationen auf die eingebauten elektronischen Komponenten zu messen. Grundsätzlich wird empfohlen, den Vibrationstest immer in Verbindung mit den kundenspezifischen Einbauten durchzuführen.

Bei dieser Art von Tests – zum Beispiel basierend auf den Telcordia Technologies (früher BELLCORE) GR-63-CORE Normen – wird ersichtlich, ob die Befestigungen der Einbauten den Vibrationen standhalten oder ob sich etwa Halterungen und Schrauben lösen. Je nach Testergebnis sind Änderungen beziehungsweise Verstärkungen der Befestigung oder auch des Racks notwendig.

Server-Sicherheit: Erdbeben

Schränke, die extremen dynamischen Belastungen ausgesetzt sind, wie Erdbeben, stellen besondere Anforderungen an die Stabilität und Festigkeit der Schrankkonstruktion, insbesondere wenn diese Schränke mit aktiven Komponenten bestückt sind.

Im Bereich der Erdbebenthematik hat sich die Norm der amerikanischen Telefongesellschaften – Network Equipment-Building System (NEBS), Telcordia Technologies (früher BELLCORE) Generic Requirements GR-63-CORE weltweit etabliert, da sie mit ihren Tests weitgehend alle anderen Normen abdeckt.

Im Allgemeinen werden geographische Landabschnitte in Erdbeben-Risiko-Zonen aufgeteilt. Die Telcordia-Risiko-Zonen beziehen sich auf die Vereinigten Staaten und unterteilen Gebiete in Zone 0 bis 4. Dabei ist in Zone 0 mit keinen Erdbebenaktivitäten und in Zone 4 mit erheblichen Erdbebenaktivitäten zu rechnen. Die deutschen Normen hingegen kennen nur drei Zonen, diese sind jedoch mit den Zonen 1 und 2 der Telcordia-Norm weitgehend abgedeckt.

Grundsätzlich wird empfohlen, erdbebensichere Schränke kundenspezifisch, das heißt mit den kundeneigenen Einbauten, zu testen. Wichtige Informationen für die Ausführung und den Test des erdbebensicheren Schrankes sind folgende Punkte:

Fazit

Sichere Server-Racks müssen verschiedene Kriterien hinsichtlich mechanischer Konfiguration, Klimatisierung, EMV-Schutz und Sicherheit gegen Erdbeben- und Vibrationsbelastungen erfüllen.

Allerdings ist die Materie der „richtigen Server-Rack-Konfiguration“ teilweise recht komplex – wie unser Artikel zeigt. Dies sollte aber keinen Administrator oder Systemverantwortlichen abschrecken, sich mit diesem „Randthema“ tiefgehend zu beschäftigen. (hal)

Die Artikel basiert auf dem Whitepaper „Rittal Praxis-Tips Server-Racks“ der Firma Rittal GmbH. Weitere Whitepaper von Rittal finden Sie hier.