Vorbereitung, Fallstricke, Tools

Praxis: Exchange zu Office 365 migrieren

12.08.2011 von Thomas Joos
Cloud-Angebote wie Office 365 treffen häufig auf eine existierende Infrastruktur. Für Administratoren stellt sich damit meist die Herausforderung, eine bestehende, lokale Exchange-Installation nach Office 365 zu transferieren. Der folgende Praxisbeitrag widmet sich eingehend den Migrationswegen und -hilfen.

Würden Cloud-Angebote ausschließlich in frisch gegründeten Unternehmen eingesetzt, die mit der IT beim Punkt Null beginnen, wäre die prozentuale Akzeptanz entsprechender Lösungen wahrscheinlich deutlich höher. Tatsächlich treffen derlei Offerten aber in den meisten Fällen auf eine existierende Infrastruktur. Migration der bestehenden Systeme und Integration in bestehende Systeme sind dann zwei große Herausforderungen für IT-Abteilungen.

Zu Office 365 gehört Exchange Online. Darüber stellt Microsoft gehostete Exchange-Postfächer auf Basis von Exchange Server 2010 zur Verfügung. Gemeinsames Adressbuch, öffentliche Ordner, freigegebene Kalender, Zugriff auf andere Postfächer, Besprechungen, Stellvertretungen, gemeinsame Kontakte, Aufgaben - alles ist möglich, ohne selbst einen Exchange-Server installieren, betreiben, sichern und verwalten zu müssen.

Bildergalerie:
So migrieren Sie Exchange zu Office 365
Planen der Migration mit dem Exchange Server Deployment Assistant.
So migrieren Sie Exchange zu Office 365
Umfangreiche Anleitungen des Exchange Server Deployment Assistant.
So migrieren Sie Exchange zu Office 365
Verwalten der E-Mail-Domänen in Office 365.
So migrieren Sie Exchange zu Office 365
Hinzufügen von zahlreichen Benutzern über eine .csv-Datei.
So migrieren Sie Exchange zu Office 365
Starten der E-Mail-Migration in der Weboberfläche von Office 365.
So migrieren Sie Exchange zu Office 365
Eingeben der Verbindungsdaten für die Migration.

Natürlich kann es gute Gründe geben weiterhin lokale Exchange-Server zu betreiben. Nachfolgend haben wir für Sie die Migrationswege und hilfreiche Tools zur Migration zusammengefasst.

Migration mit Assistenten planen

Microsoft unterstützt mit Assistenten und Anleitungen die Migration und Koexistenz zu Office 365.

Hilfreich: Der Exchange Server Deployment Assistant unterstützt Sie bei der Migration.
Foto: Microsoft

Dazu hat der Hersteller auch den Online-Assistenten Exchange Server Deployment Assistant angepasst. Dieser hilft bei der Migration zu Exchange Server 2010 SP1 und in der neuen Version auch beim Erstellen eines umfangreichen Plans zur Migration von lokalen Exchange-Servern zu Office 365.

Informativ: Der Exchange Server Deployment Assistant bietet umfangreiche Anleitungen.
Foto: Microsoft

Sie starten den Assistenten und beantworten die einzelnen Fragen zu Ihrer Infrastruktur und Ihren Vorstellungen zur Migration. Im Rahmen der verschiedenen Schritte zur Migration erhalten Sie vom Assistenten auch Anleitungen sowie technische Zeichnungen, wie die Infrastruktur im Unternehmen nach der Migration aussehen soll und wie Sie migrieren. Der Vorteil dabei ist, dass Sie genau die Informationen und Anleitungen erhalten, die Sie für Ihre Umgebung benötigen.

Migration zu Office 365 - Grundlagen und Voraussetzungen

Bei der Migration zu Office 365 haben Sie zwei Möglichkeiten: Sie können alle Postfächer Ihrer E-Mail/Exchange-Umgebung zu Office 365 migrieren und anschließend den lokalen Betrieb von Exchange-Servern einstellen, oder Sie betreiben weiterhin eigene Exchange-Server parallel.

Der erstgenannte Weg ist der einfachste und günstigste. Bei der Koexistenz können Sie Postfächer zu Office 365 migrieren, aber weiterhin parallel eigene Exchange-Server mit Postfächern betreiben. Wollen Sie parallel weiter eigene Exchange-Server im Unternehmen einsetzen und diese mit den Postfächern und Diensten von Office 365 verbinden, müssen Sie die Enterprise Edition von Office 365 lizenzieren. Nur diese ermöglicht die Verbindung eines lokalen Active Directory mit Office-365-Diensten, inklusive einer Synchronisierung mit dem lokalen Active Directory.

Beachten Sie bei der Migration den Namen der E-Mail-Domäne, die Sie zu Office 365 übernehmen müssen. Hier bietet die Verwaltungskonsole Assistenten, über die Sie eigene Domänennamen hinzufügen können. Standardmäßig stellt Office 365 die Domäne @<Eigener Name>.onmicrosoft.com, zum Beispiel @joos.onmicrosoft.com, zur Verfügung. Sie können aber eigene Domänen hinzufügen. Achten Sie darauf, dass Office 365 nicht alle Anbieter unterstützt; vor allem Angebote von 1&1 & Co. lassen sich nicht an Office 365 anbinden.

Ordnungshalber: Hier verwalten Sie die E-Mail-Domänen in Office 365.
Foto: Microsoft

Die Domänen, die Sie mit Office 365 anbinden, verwalten Sie im Webportal über den Administratorbereich und dann über Verwaltung\Domänen. Bevor Sie Benutzer migrieren, sollten Sie die Domäne hinterlegen und bis zu einer Woche warten, bis diese auf allen Servern synchronisiert und damit verfügbar ist.

Benutzer und Gruppen können Sie mit Werkzeugen in Office 365 von einem bestehenden Active Directory synchronisieren. Beim parallelen Betrieb von Office 365 und einem lokalen Active Directory lassen sich auf diesem Weg Benutzerkonten teilweise mit den bekannten Verwaltungswerkzeugen administrieren. Die Synchronisierung funktioniert aber nur in eine Richtung.

In einem Rutsch: Sie können mehrere Benutzer über eine csv-Datei hinzufügen.
Foto: Microsoft

Bei der Anbindung von Office 365 lassen sich die notwendigen Daten vom lokalen Active Directory in die Cloud kopieren. Änderungen in der Cloud synchronisieren sich nicht zu lokal betriebenen Servern. Beim dauerhaften Parallelbetrieb müssen Sie die Active-Directory-Verbunddienste (ADFS) einsetzen und die Enterprise-Edition von Office 365 lizenzieren. Diese ermöglichen eine Synchronisierung zwischen Office 365 und Ihren lokalen Servern, die wesentlich effizienter funktioniert.

Wollen Sie mehrere Benutzerkonten auf einmal anlegen, können Sie die Daten auch in einer *.csv-Datei, zum Beispiel in Microsoft Excel, pflegen und dann in die Weboberfläche von Office 365 einlesen. Dazu klicken Sie im Administratorbereich auf "Verwaltung\Benutzer" und wählen "Neu\Massenhinzufügung von Benutzern". Anleitungen zu diesem Vorgehen finden Sie online bei Microsoft.

Migrationswege im Überblick

Migrationen der Benutzerpostfächer von lokalen Exchange-Servern zu Office 365 lassen sich über zwei Wege bewerkstelligen: Mit der IMAP-Migration legen Sie zunächst neue Benutzer in Office 365 an und migrieren danach die Postfächer mittels IMAP. Der Prozess lässt sich auch automatisieren. Diesen Weg müssen Sie wählen, wenn Sie keine Exchange-Server einsetzen beziehungsweise die alten Versionen Exchange 5.5/2000 verwenden.

Der Assistent in Office 365 unterstützt neben der IMAP-Migration auch eine Migration von Exchange Server 2003/2007/2010. Zur Migration verbindet sich Office 365 mit Ihrer Serverstruktur und kopiert die E-Mails in die Cloud. Sie finden diese Optionen auf der Startseite des Portals, wenn Sie auf Optionen im Bereich Outlook klicken. Wählen Sie im Bereich Optionen die Option "Meine Organisation" aus und dann "E-Mail-Migration".

Los geht’s: Die E-Mail-Migration starten Sie in der Weboberfläche von Office 365.
Foto: Microsoft

Im neuen Fenster starten Sie mit Neu einen Migrationsauftrag. Sie haben in diesem Fenster die Möglichkeit, Ihren Exchange-Server per AutoDiscovery zu erreichen. In diesem Fall muss der AutoDiscovery-Eintrag in den öffentlichen DNS-Servern vorhanden sein, und Ihre Exchange-Server-Struktur muss im Internet veröffentlicht sein.

Sie haben aber auch die Möglichkeit, die Daten manuell einzugeben. Bei den Daten müssen Sie einen Administratorbenutzer mit Kennwort eingeben sowie den Namen, über den der Server im Internet erreichbar ist. Über diesen Weg können Sie aktuell aber nur bis zu 1000 Postfächer migrieren, und zwar immer nur zehn Postfächer auf einmal. Das heißt, Sie müssen mehrere Migrationsaufträge erstellen, um Internetbandbreite zu sparen. Microsoft bietet für diesen Vorgang ebenfalls eine umfangreiche Hilfe an. Erhalten Sie keine Verbindung zu den lokalen Exchange-Servern oder bricht die Synchronisierung ab, finden Sie hier Anleitungen zu den häufigsten Fehlern und ihrer Behebung. Sobald die Migration abgeschlossen ist, schickt Office 365 eine Status-E-Mail zum ausführenden Administrator. Diese Mail enthält die migrierten Objekte sowie aufgetretene Fehler.

Verbindungseinstellungen: An dieser Stelle müssen Sie die Verbindungsdaten für die Migration eingeben.
Foto: Microsoft

Neben diesen Möglichkeiten können Anwender nach der Migration zu Office 365 auch weiterhin auf ihre alten E-Mail-Konten zugreifen. Dazu richten Sie verbundene Exchange-Konten ein. Auch hierfür bietet Microsoft eine Anleitung an.

Nach dieser Migration führt ein Assistent automatisch alle 24 Stunden eine inkrementelle Synchronisierung mit den Postfächern durch, damit auch neue Daten und E-Mails in Office 365 vorhanden sind. Administratoren erhalten nach der Migration eine Status-Mail mit genauen Informationen zu den migrierten Postfächern.

MX-Einträge beachten und Migration vorbereiten

Nach der erfolgreichen Migration müssen Sie darauf achten, auch die MX-Einträge für Ihre E-Mail-Domänen anzupassen und zu Office 365 umzuleiten. Da während der Migration die MX-Einträge noch auf Ihre lokalen Exchange-Server verweisen, werden E-Mails auch zu Ihren Servern im Unternehmen geschickt, nicht zu Office 365. Alle 24 Stunden synchronisiert Office 365 aber das Postfach, sodass auf diesem Weg die E-Mails auch in Office 365 eingehen. Ändern Sie den MX-Eintrag ab, gehen alle E-Mails künftig in Office 365 ein. Bevor Sie aber die Migration abschließen und lokale Server entfernen, sollten Sie mindestens eine Woche warten, denn bis der MX-Eintrag ordnungsgemäß funktioniert, kann es einige Zeit dauern.

Da bei der Migration sehr viele Daten von den lokalen Servern über das Internet zu Office 365 wechseln, sollten Sie die Anwender rechtzeitig vorher anweisen, ihre Postfächer aufzuräumen, alte E-Mails zu löschen oder diese in .pst-Dateien zu verschieben. Je kleiner die Datenmenge der Postfächer ist, umso schneller geht die Migration voran. Vor der Migration sollten Sie möglichst eine Offline-Defragmentierung der Exchange-Datenbanken vornehmen, um diese zu verkleinern und von Fehlern zu befreien.

Benutzer, die Sie migriert haben, sollten außerdem eine Informations-E-Mail erhalten des Inhalts, was sich für sie geändert hat, was zu berücksichtigen ist und wie die weitere Vorgehensweise aussieht. Sie können solche E-Mail-Nachrichten auch automatisieren, was für Administratoren die Migration weiter vereinfacht. Eine Anleitung hierfür finden Sie bei Microsoft.

Migration durch Koexistenz

Betreiben Sie weiterhin lokale Exchange-Server und verschieben andere Benutzerkonten im Unternehmen nach Office 365, stehen Ihnen verschiedene Arten der Koexistenz zur Verfügung. Bei der einfachen Koexistenz werden auch künftig alle eingehenden E-Mails zu Ihren lokalen Exchange-Servern weitergeleitet. Benutzer, die ihr Postfach in Office 365 haben, erhalten die E-Mails weitergeleitet.

Sie richten dazu in Ihrer lokalen Umgebung und für Office 365 die gleichen E-Mail-Domänen ein. In diesem Fall haben Sie aber keine Möglichkeit, zwischen Benutzern in Office 365 und lokalen Exchange-Servern Postfachdelegierungen einzurichten. Auch die Frei/gebucht-Zeiten sind zwischen den Strukturen nicht replizierbar. Das Einrichten ist allerdings deutlich einfacher. Damit Anwender auf ihr Postfach in Office 365 zugreifen können, sind eigene Anmeldedaten notwendig. Sie legen dazu die Benutzerkonten im Webportal als Administrator an. Lokal arbeiten die Anwender mit den Anmeldedaten des Active Directory.

Optimal arbeitet Office 365 nur mit Exchange Server 2010 SP1 bei der Migration zusammen. Wenn Sie also nicht für einen sehr kurzen Zeitraum planen, alle Postfächer von Exchange Server 2003/2007 zu Office 365 zu migrieren, müssen Sie lokal noch einen Server mit Exchange Server 2010 SP1 installieren und diesen mit Office 365 verbinden. Die neue Exchange-Version hat die Möglichkeit, leichter Postfächer aus der Organisation zu verschieben, zum Beispiel nach Office 365. Setzen Sie ältere Exchange-Versionen ein (5.5 oder 2000) oder einen anderen E-Mail-Server, können Sie die Daten nur über die IMAP-Migration nach Office 365 oder mit Tools von Drittanbietern migrieren.

Die funktionsreiche Koexistenz

Eine komplexere Art der Koexistenz bezeichnet Microsoft als funktionsreiche Koexistenz. Bei dieser können Sie Frei/gebucht-Zeiten replizieren und auch mit Postfachdelegierungen arbeiten - oder sie verschieben Postfächer von lokalen Exchange-Servern zu Office 365, ohne die Funktionalität der Postfächer zu beeinträchtigen.

Sie verwenden dazu die Exchange-Verwaltungskonsole, genauso wie beim Verschieben zwischen lokalen Exchange-Servern. Weitere Funktionen, die bei dieser Koexistenz zur Verfügung stehen, sind die Active-Directory-Synchronisierung und Single-Sign-On (SSO). Dabei haben die Anwender die Möglichkeit, sich mit ihren lokalen Active-Directory-Anmeldedaten an Office 365 anzumelden. Sie müssen dazu die Enterprise-Edition von Office 365 einsetzen sowie die Active-Directory-Verbunddienste (Active Directory Federation Services, ADFS).

Wie Sie dabei vorgehen und ADFS einrichten, zeigt Microsoft online. Diese Koexistenz können Sie aber nur verwenden, wenn Sie lokal Exchange Server 2010 SP1 einsetzen und einen Server der Exchange-Infrastruktur mit dem Internet verbunden haben.

Mit dem Microsoft Online-Services-Verzeichnissynchronisierungs-Tool können Sie eine permanente Synchronisierung zwischen dem lokalen Active Directory und Office 365 einrichten. Auf diesem Weg synchronisieren Sie auch die Adresslisten von Exchange zu Office 365. Mit Single-Sign-On ermöglichen Sie Anwendern die einmalige Anmeldung, um auf lokale Ressourcen und auf Office 365 zugreifen zu können. Die Einrichtung ist allerdings sehr komplex und erfordert auch oft Fehlerbehebungsmaßnahmen. Hier unterstützt Microsoft mit verschiedenen Tricks zur Fehlerbehebung.

Ein zentraler Bereich bei der Koexistenz ist die Konfiguration des Adressraums des E-Mail-Routings. Wie Sie dabei vorgehen, ist von Ihrer Exchange-Infrastruktur abhängig. Microsoft hilft hier mit dem erwähnten Exchange Server Deployment Assistant. Arbeiten Sie den Assistenten durch, um angepasste Anleitungen zur Migration zu erhalten. Sie können in diesem Bereich auch mit Relaying arbeiten, hier finden Sie ein Beispiel für die Vorgehensweise.

Drittanbieter-Tools zur Migration

Mit der Anzahl der Postfächer in der Organisation und der betriebenen Exchange-Server steigt auch die Komplexität der Migration an. Auch wenn Microsoft zahlreiche Hilfen anbietet, kann es sinnvoll sein, auf Tools von Drittanbietern zu setzen die bei der Migration helfen. Entsprechende Tools finden Sie auf folgenden Seiten:

Bevor Sie sich für ein Tool eines Anbieters entscheiden, sollten Sie in einer Testumgebung und mit einer Testlizenz von Office 365 die Migration testen. Nicht alle Umgebungen sind für sämtliche Infrastrukturen geeignet, und auch der Preis spielt eine wichtige Rolle. (mje)

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag unserer Schwesterpublikation Computerwoche.