"Software sells Hardware" - diese alte Weisheit der Computerbranche trifft auf Spielekonsolen umso mehr zu. Ohne Kultfiguren wie Nintendos Mario und weiland Segas Sonic wären neue Spielekonsolen nie zu einem Erfolg geworden.
Zwar hatte Sony Computer Entertainment Europe (SCEE) bereits Ende September für die "Launchphase" über 30 Spiele angekündigt - am Tag des Verkaufsstarts will das Unternehmen aber nur für die Verfügbarkeit von drei Titeln aus eigenem Haus die Hand ins Feuer legen. Drei weitere Spiele von Drittherstellern konnte tecChannel.de auch noch im Handel sichten, ob weitere schon den Weg nach Europa geschafft haben liegt im Einzelfall am Engagement des Händlers.
Wie alle Spielekonsolen spielt auch die europäische PlayStation 2 nur europäische Versionen der Software ab. Japanische Titel, von denen im Land der aufgehenden Sonne bereits über 40 erhältlich sind, laufen nicht auf einer deutschen PS2, entsprechende Umbau-Kits dürften aber nicht lange auf sich warten lassen.
PSX-Spiele laufen weiter
Die Neuerscheinungen - bis Ende März sollen weltweit über 60 Titel auf dem Markt sein - sind inzwischen zum größten Teil zum selben Termin für Japan und den Rest der Welt angekündigt.
Zur Not kann man vorerst auch auf (deutsche) Spiele für die originale PlayStation (PSX) zurückgreifen, denn diese laufen ausnahmslos auch auf der PS2 - allerdings nur in seltenen Fällen mit geringfügig besserer Grafik, da sich eine Texturfilterung für PSX-Titel bei der PS2 zuschalten lässt. Mehr Polygone kann aber auch die PS2 den in den letzten fünf Jahren erschienenen PSX-Titeln nicht hinzuerfinden.
Ein erster Blick auf Import-Versionen von PS2-Spielen mit einer importierten PlayStation2, die wir bereits ausführlich getestet hatten, erlaubt Rückschlüsse auf die deutschen Versionen echter PS2-Spiele. Wenn nicht anders angegeben kommen die Spiele übersetzt, aber sonst unverändert in den Handel.
Sechs sichere Kandidaten
Von Sony selbst stehen seit dem 24. November 2000 drei PS2-Spiele im Laden: Das Rennspiel Ridge Racer V, das Denkspiel Fantavision sowie die Prügel-Orgie Tekken Tag Tournament. Von Ubisoft kommt das Jump-and-Run Rayman Revolution, Rage stellt mit Wild Wild Racing ein weiteres Rennspiel, und EA Sports macht mit FIFA 2001 das halbe Dutzend voll.
Die meiste Medien-Präsenz konnte rund um den Launch der PS2 in Deutschland Ridge Racer V (RR5) erheischen - doch gerade dieses Spiel demonstriert die Fähigkeiten der Konsole nicht annähernd.
Da die PlayStation 2 mit knapp 20 Millionen texturierter Polygone pro Sekunde sogar GeForce-Grafikkarten ausstechen soll, darf man eigentlich eine bestechende Grafik erwarten. Zumindest Ridge Racer V ist in diesem Punkt eine Enttäuschung: Die Qualität der Darstellungen reicht subjektiv nicht einmal an aktuelle PC-Rennspiele heran, schlägt aber freilich die originale PlayStation, die nun schon über fünf Jahre alt ist.
Das bei vielen Rennspielen zu beobachtende "Hochwachsen" der Gebäude tritt auch bei Ridge Racer V noch auf - mit diesem Trick sparen die Programmierer Rechenzeit. Fahrzeuge und Landschaft sind zwar detailliert, einen Quantensprung stellt die Grafik jedoch nicht dar.
Die Bilder liegen eher auf dem Niveau von etwa "Need for Speed 4" auf dem PC, können dessen Nachfolger NFS5 aber nicht erreichen. Lediglich bei Tunneldurchfahrten und Nachtrennen kann die PlayStation 2 mit RR5 mit Lichteffekten ein wenig von dem zeigen, was in ihr steckt.
Stand der Technik: Tekken und FIFA
Mit zwei anderen der schon verfügbaren Titel lässt die PS2 ihren Muskeln deutlicher spielen. Die Animationen der großen Charaktere im Prügelspiel Tekken Tag Tournament sind absolut flüssig, die schon bei RR5 gesehenen Lichteffekte wurden hier noch perfektioniert.
Wer ein etwas friedfertigeres Demonstrationsspiel sucht, wird beim Fußballspiel FIFA 2001 von EA Sports fündig. Zwar ist auch hier die PC-Variante in puncto Grafik noch voraus, dafür wurde die Steuerung für die PS2 vereinfacht. Die Animation ist ebenso flüssig wie am PC; selbst die Gesichter bewegen sich, wenn die Spieler beispielsweise den Schiedsrichter beschimpfen.
Diese beiden Spiele zeigen, wozu die Konsole in der Lage ist. Da die Entwickler dafür nur knapp über ein Jahr Zeit hatten, ist das Ergebnis beachtlich.
Konvertiert: Automaten und PC-Spiele
Mit der PS2 steht nun eine Konsole zur Verfügung, die an die Leistung aktueller PCs zumindest heranreicht und allein schon wegen ihres Preises ein erwachsenes Publikum anspricht. Da verwundert es nicht, dass einige Spiele-Klassiker, die auf PCs und Automaten erfolgreich waren, schleunigst für die PS2 aufpoliert werden.
Vor allem die knallbunten Ballerspiele der achtziger Jahre könnten ein Revival feiern, mit Gradius 3 & 4 von Konami soll noch vor Weihnachten eine leicht modernisierte Variante des Genres auch in Deutschland erscheinen.
Eine erste Umsetzung eines PC-Spiels, das vor allem für Mehrspieler-Partien per Internet gedacht ist, hat in einer US-Version bereits die PS2 erreicht. Die Rede ist von der harten 3D-Action in Unreal Tournament (UT) von Epic. Dessen komplexe Steuerung musste für die PS2 jedoch deutlich Federn lassen. Das Spiel wird damit insgesamt einfacher, die taktischen Möglichkeiten aber entsprechend geringer.
Am schwersten aber wiegt, dass die PS2-Version von Unreal Tournament auf vier Spieler beschränkt ist - am PC sind bis zu 32 Spieler möglich, potente Hardware vorausgesetzt. Derzeit steht noch nicht fest, ob Unreal Tournament mittels eines Patchs per Memory Card ein Modem für die PS2 unterstützen und damit zum ersten Multiplayer-Spiel im Internet für die neue Konsole avancieren wird.
Zubehör: Kabel und Fernbedienung
Aufgrund des von Sony kreierten Hypes rund um die PS2 stehen auch schon die ersten Hersteller von Zubehör bereit. Am besten gleich mit der Konsole sollte man sich ein RGB-Kabel zulegen, wenn der Fernseher einen entsprechenden Anschluss mitbringt. Serienmäßig wird nur eine Strippe für den Composite-Eingang des TV mitgeliefert, welche die Grafiken arg verwaschen aussehen lässt. Bei FIFA 2001 beispielsweise ist erst mit einem RGB-Kabel deutlich zu erkennen, dass sogar der Rasen eine Struktur aufweist. Das RGB-Kabel von Sony kostet 59 Mark. Sofern zwei Meter genügen, kann man bedenkenlos auch zu anderen Angeboten greifen - die Qualitäts-Unterschiede sind bei diesen Längen minimal.
Auch die Wiedergabe von DVD-Videos gewinnt per RGB-Kabel an Detailreichtum und Schärfe, da fehlt nur noch eines: die Fernbedienung.
An diesem Punkt hat Sony ebenfalls gespart. Selbst die knapp zwei Meter langen Kabel des mitgelieferten Gamepads schränken den Komfort ein, doch drahtlose Lösungen sind schon in Sicht. Mit Saitek und Interact haben zwei Hersteller, die im deutschen Handel stark vertreten sind, schon Infrarot-Fernbedienungen angekündigt.
Beide Produkte sind für den Controller-Port vorgesehen und bieten so die selben Steuerungsmöglichkeiten wie das Gamepad. Mehr Komfort werden erst Lösungen für den USB der PS2 bringen, die aber eigene Treiber und damit Entwicklungshilfe von Sony benötigen. Man darf gespannt sein, wie die erwartete Fernbedienung vom PS2-Hersteller selbst aussieht, die derzeit noch nicht offiziell angekündigt ist. Die Preise der Interact- und Saitek-Geber stehen ebenfalls noch nicht fest.
Dolby Digital für Einsteiger
Die PS2 bietet einen optischen Digitalausgang mit AC3- und DTS-Signalen und passt somit an jeden Verstärker oder Receiver, der digitalen Mehrkanalton von DVD-Videos in den Formaten Dolby Digital oder DTS dekodieren kann. Brauchbare Anlagen mit sechs Lautsprechern sind aber auch als Schnäppchen nicht unter 1500 Mark zu haben.
Eine pfiffige Lösung für den Einstieg in digitalen Raumklang mit der PS2 kommt von Creative Labs. Unter dem Namen PS2000 hat man sich dort von Cambridge Soundworks eine Lösung für "Virtual Dolby Digital" entwickeln lassen, die auch von Dolby zertifiziert ist. Das Besondere: Das System kommt mit einem Dipol-Lautsprecher und einem Subwoofer aus. Wie Raumklang mit einer geringen Anzahl Schallquellen funktioniert, zeigt ein ausführlicher Grundlagenartikel in tecChannel.
Bei einem Test überzeugte das 499 Mark teure System. Zwar ist die Ortung der einzelnen Schallquellen eines Films nicht mit Lösungen vergleichbar, die mit sechs Lautsprechern arbeiten. Dafür entfällt aber deren Aufstellung und Verkabelung.
Die Ausstattung ist mit je einem Digital- und Analog-Eingang komplett. Soundkarten mit einem Ausgang für rückwärtige Lautsprecher finden ebenfalls mit allen vier Kanälen Anschluss.
Gesteuert wird das PS2000 über eine Infrarot-Fernbedienung, der Empfänger sitzt in den blauen Dipol-Lautsprechern. Deren Entfernung vom Hörer sollte nicht über 1,5 Meter betragen. Bei einer Tiefe von knapp 20 Zentimetern finden diese aber überall Platz. Als ideal hat sich die Position auf dem Monitor erwiesen.
Der Klang der Lautsprecher ist bei Spielen und DVD-Videos gemessen am Preis gut, digital eingespeiste Musik aus einem CD-Player leidet jedoch durch die 3D-Tricks des Systems stark an Dynamik und Ortbarkeit der Instrumente. Dafür ist das PS2000 sehr pegelfest und beschallt auch kleinere Wohnzimmer, der Regelbereich ist jedoch zu groß: Voll aufgedreht kommen nur noch Verzerrungen beim Hörer an.
Wer Wert auf präziseren Raumklang mit mehreren Lautsprechern legt, wird beispielsweise bei Videologic fündig, die ebenfalls kompakte Systeme mit Digitaleingang anbieten. Diese sind zwar deutlich teurer als das PS2000, aber immer noch günstiger als komplette Heimkino-Anlagen. Creative kontert freilich mit einem vergleichbaren System namens DTT3500, das ab Dezember 2000 für 799 Mark erscheinen soll.
Fazit
Noch ist das Angebot an Spielen für die deutsche PlayStation2 dünn. Titel wie Tekken Tag Tournament oder FIFA 2001 zeigen aber, dass die Entwickler bei der PS2 eine steilere Lernkurve vorlegen als bei früheren Konsolen. Spiele für die originale PlayStation boten erst zwei Jahre nach deren Markteinführung deutlich bessere Grafik, bei der PS2 ist dies schon nach einem dreiviertel Jahr der Fall.
Dass Sony an wichtigem Zubehör für vollen DVD-Genuss (RGB-Kabel, Fernbedienung) gespart hat, ist angesichts des Einführungspreises von 869 Mark der Konsole mehr als ärgerlich. Dafür machen jetzt Dritthersteller das Geschäft.
Die können aber nicht das liefern, was die PS2 dringend braucht um ihren Zeitvorsprung vor Nintendos Gamecube und Microsofts Xbox zu nutzen: Ein Modem und eine Festplatte. Zumindest letztere ist laut Sony für 2001 fest eingeplant. Auf eine Zeitangabe für das Modem wollte man sich nicht festlegen.
So bleibt auch die deutsche PlayStation2 ohne Zubehör vorerst eine luxuriöse Spielkonsole mit unkomfortablem DVD-Player - nicht mehr, aber auch nicht weniger. (nie)