Performance steht im Vordergrund

02.06.2000
Auf dem Branchentreff der amerikanischen Netzwerker, der Networld + Interop, standen Mittel zur Steigerung der Netzperformance im Mittelpunkt des Geschehens. Die Ansatzpunkte für die Beschleuniger liegen auf allen Ebenen des Netzes.

Von: Christoph Hammerschmidt

Ihren Show-Höhepunkt fand die weltgrößte Fachmesse für Netzwerktechnik schon früh: Am Morgen des zweiten Messetages hielt Microsoft-President Bill Gates seine Keynote Speech. Im einem überfüllten Auditorium erläuterte Gates, wie er sich die Zukunft des Internet vorstellt. Wer von den Zuhörern einen Kommentar zum aktuellen Monopol-Verfahren erwartet hatte, wurde enttäuscht; Gates ging mit keinem Wort auf den Prozess ein. Statt dessen thematisierte er zur Erheiterung des Publikums den "Iloveyou"-Virus: "Ich habe in letzter Zeit viele Mails von Leuten erhalten, die mir sagen wollen, dass sie mich lieben", juxte der Microsoft-Chef.

XML und Smartcards sichern die Web-Zukunft

Gates stellte zwei Themen in den Mittelpunkt seiner Rede: Er forderte mehr Sicherheit im Internet, und er zeigte sich von den Möglichkeiten der Seitenbeschreibungssprache XML sehr angetan. Hinsichtlich der Sicherheit in vernetzten Systemen hat der Microsoft-Chef die Verwendung simpler Passwörter als Risiko Nummer eins ausgemacht. Geht es nach Gates, soll die Smartcard künftig in der PC-Welt eine stärkere Verbreitung finden. "Der wichtigste Ansatz [zur Lösung des Sicherheitsproblems] ist der Besitz einer Smartcard", sagte Gates. "In einiger Zeit wird jedes Keyboard, jeder physische Zugang innerhalb eines Unternehmens eine Smartcard verlangen." In diesem Zusammenhang propagierte Gates auch ein einheitliches Verzeichnis für Netze. Darin sollten Sicherheitsstufen, Policies und Zugriffrechte eingetragen sein. Inwieweit sich diese Forderung in Microsofts Produkten materialisieren wird, ließ der Firmenlenker offen. XML ist nach Ansicht des Microsoft-Chefs die geeignete Basis für wesentliche funktionale Erweiterungen vernetzter Applikationen. Die erweiterte Seitenbeschreibungssprache schaffe die nötige standardisierte Basis für den Dokumentenaustausch im Web. "Wir werden bahnbrechende Innovationen im Bereich der Programmiersprachen erleben, es wird Erweiterungen in Richtung XML geben", prophezeite Gates.

Die beherrschenden Messethemen lagen indessen auf anderen Gebieten. Das Leitmotiv vieler Hersteller lautete "Performance über alles". Optische Techniken, Breitband-Zugang, schnellere Switches und Server sowie Caching-Geräte sollen Performance-Probleme lösen. Die Spanne der Produkte reicht von Chips über Hardware bis zur Software für das Bandbreitenmanagement.

Der schwedische Hersteller Ericsson beispielsweise präsentierte sein Konzept für ein "Multiservice Packet Backbone Network". Es begründet eine Familie von Produkten für IP- und ATM-Infrastrukturen. Die Abnehmer, primär möchte der Konzern Internet-Provider und Carrier ansprechen, können damit ein Netz aufbauen, das sich für die Übertragung von Sprache und Daten gleichermaßen nutzen lässt. Mit dem "Edge Aggregation Router AXI 540" und einem gegenüber der bisherigen Version erweiterten ATM-Switch AXD 301 präsentierte Ericsson auf der Messe die neusten Produkte dieser Familie, die außerdem den IP-Core-Router AXI 520 und eine "Multiservice Management Suite" umfasst.

Der AXD 301 lässt sich über den Bereich von 10 bis 160 GBit/s skalieren und eignet sich sowohl für den Edge- als auch für den Core-Einsatz. Er unterstützt Echtzeitanwendungen wie Video oder Sprache ebenso wie Daten. Der Hersteller hat dem Switch neue Fähigkeiten anerzogen. So unterstützt der jetzt im Rahmen von MPLS (Multiprotocol Label Switching) das Protokoll CR-LDP. Mit seiner Hilfe kann der Anwender Datenströmen einen bestimmten Weg vorgeben oder sie einer Qualitätsklasse zuordnen. Über das "Label Distribution Protocol" (LDP) unterstützt der AXD 301 auch so genannte "Best-Effort Label Switched Paths" (LSP).

Gemeinsame Infrastruktur für Daten und Sprache

Dem Edge-Aggregation-Router AXI 540 kommt in Ericssons Produktportfolio eine führende Rolle zu: Er nimmt den ankommenden Daten- und Sprachverkehr entgegen, verpackt ihn in IP-Pakete, klassifiziert ihn nach Prioritätsstufen und reicht ihn an andere Router oder Switches im Inneren des Netzes weiter. Mit einem Durchsatz von mehr als 20 Millionen Paketen pro Sekunde unterstützt er bis zu 40 000 Endkunden. "Das Traffic-Shaping hat am Rande des Netzes zu geschehen", beschreibt Product Marketing Manager Russ Sharer die Aufgabenverteilung innerhalb des Netzes. "Das Core muss nur eines können: Die Daten schnell durchschleusen."

Hauptsächlich an Citycarrier wendet sich das noch keine zwei Jahre alte Unternehmen Sycamore Networks. Seine optische Übertragunsplattform SN 8000 MC überträgt bis zu 86 Wellenlängen gleichzeitig. Ihr dynamisches Lichtwegmanagement überwacht und steuert die verfügbare optische Bandbreite. Seine Intelligenz versetzt das System in die Lage, bis zu 16 OC-3- oder STM-1-Dienste auf einer OC-48- oder STM-16-Wellenlänge zusammenzupacken. Ein Internet-Serviceporvider oder Citycarrier kann seinen Kunden damit bis zu 1376 OC-3-Dienste oder die gleiche Zahl von STM-1-Diensten pro Faserpaar anbieten.

Die Maxime "Geschwindigkeit ist keine Hexerei" versuchten eine Reihe von Anbietern auch für den Bereich der betriebsinternen Infrastruktur unter Beweis zu stellen. So präsentierte der Chiphersteller Broadcom den BCM 5680, einen Gigabit-Ethernet-Switch mit acht Ports auf einem Chip. Damit, so ein Sprecher, ließen sich erstmals Switches bauen, die den Preis von 200 Dollar pro Port unterschreiten und dabei Wirespeed sowie Quality-of-Service (QoS) bieten. Während diese Chips eine Vorstellung davon vermitteln, was der Anwender in sechs bis zwölf Monaten am Markt erwarten kann, warteten andere Hersteller bereits mit fertigen Produkten auf. Etwa Efficient Networks. Das Unternehmen verschafft mit seinen DSL-Produkten Anwendern in kleinen und mittelgroßen Betrieben einen Breitband-Zugang zum Internet. Das Sortiment umfasst hauptsächlich SDSL- und ADSL-Router. Speziell für den europäischen Markt hat Efficient Networks den ADSL-Router 5865 konzipiert, der seine Daten über ISDN-Leitungen verschickt und den hierzulande stark vertretenen ISDN-Nutzern damit zu einem leistungsfähigen Internet-Anschluss verhilft. Die Geräte sind serienmäßig mit Firewall-Funktionen ausgestattet; 18 vorkonfigurierte Anwenderprofile stehen zur Auswahl. Darüber hinaus unterstützen sie Virtual Private Networks (VPNs) einschließlich Datenverschlüsselung.

Eine ganze Reihe von Herstellern zeigten Produkte, die Antwortzeiten im Web verbessern sollen und dazu von OSI-Level 4 und aufwärts in das Geschehen eingreifen. Etwa Expand Networks. Die israelisch-amerikanische Neugründung hat den "Accelerator 4000" auf den Markt gebracht, ein Gerät zum Zwischenspeichern (Cachen) von Netz-Inhalten. Im Gegensatz zu anderen Herstellern soll der Accelerator auch in LAN-Strukturen einsetzbar sein. Das Gerät arbeitet nach einem Prinzip, das der Hersteller "Vertical Data Analysis" (VDA) nennt und sowohl den IP- und den TCP-Header als auch HTTP-Strukturen, Javascripts und Anwenderdaten untersucht. Mit seiner Kombination aus Caching und Datenkompression soll der Accelerator 4000 eine Verbesserung der Antwortzeit von 100 bis 400 Prozent bringen. Gleichzeitig sichert es Realzeitdaten die Weiterleitung mit minimaler Latenz.

Gleich um das 150fache soll die Performance von Web-Applikationen verbessert werden, setzt der Anwender nur Intels "XML Director Netstructure 7280" und "XML Accelerator Netstructure 7210" ein. Mit diesen hoch spezialisierten Gerät können Anwender von Business-to-Business-Applikationen Transaktionen auf XML-Basis priorisieren. Intel will damit Großunternehmen mit entsprechenden Anwendungen ansprechen, aber auch Application Service Provider (ASPs) und Internet Service Provider (ISPs). Der 7280 beschleunigt derartige Prozeduren nicht nur, er übernimmt auch die in Internet-Transaktionen oft fehlende Roll-back-Funktion, das heißt, er setzt fehlgeschlagene Transaktionsversuche automatisch neu auf. Der 7210 beschleunigt XML-Anwendungen durch eine Auswertung der XML-Informationen, die in den Datenströmen enthalten sind. Danach gewährt er gemäß der ihm erteilten Regeln bestimmten Datenströmen Vorfahrt.