Cyanogenmod-Alternative

Paranoid Android: Klassisches Custom-ROM mit Durchhänger

10.10.2015 von Andreas Hitzig
Paranoid Android hat sich lange Zeit mit Cyanogenmod ein Kopf-an-Kopf-Rennen geliefert. Warum das Custom-ROM an Boden verloren hat, erfahren Sie hier.

Bereits in der Vergangenheit gingen die Entwickler von Paranoid Android einen anderen Weg als viele andere Anbieter. Ziel war es nicht, möglichst viele Endgeräte zu unterstützen. Schwerpunkt waren Googles Nexus-Geräte, ergänzt um ein paar Exoten wie Oppos Find-Serie oder auch das Oneplus One. Dieser Trend hat sich auch im aktuellen Release fortgesetzt. Ein Blick in die offizielle Geräteliste zeigt lediglich 17 Endgeräte, in der inoffiziellen kommen gut 30 weitere hinzu. Die zweite Liste zeigt Modelle, die zwar unterstützt werden, jedoch nicht alle den gleichen Funktionsumfang bieten. Die „Legacy“-Vertreter können somit als Varianten im Beta-Stadium angesehen werden.

Die aktuellen Versionen setzen alle auf Android 5.1.1 auf, womit die Entwickler in dieser Hinsicht bereits recht weit fortgeschritten sind. Allerdings dämpfen die Entwickler die aktuellen Erwartungshaltungen in einen Blogeintrag ein wenig. Das Kernteam der Entwickler hat Paranoid verlassen und widmet sich seit Anfang des Jahres dem von Oneplus unterstützten Custom-ROM OxygenOS.

Der erste Start von Paranoid Android

Mit der „Paranoid OTA App“ können Sie Ihre Installation ohne größeren Aufwand aktualisieren.

Nach der Installation bootet Ihr Endgerät mit der von Android 5 gewohnten Boot-Animation. Auch für die Konfiguration Ihres Smartphones oder Tablets greift Paranoid auf die Grundfunktionen von Android zurück. Der Google-Assistent unterstützt Sie bei der Einrichtung, danach steht Ihnen der Android-5-Startbildschirm zur Verfügung.


Auch beim zweiten Blick in die Apps und auch in die Einstellungen Ihres Endgeräts gibt es nur wenige Rückschlüsse auf das alternative Custom-ROM. Lediglich die „Paranoid OTR App“ ist zusätzlich installiert worden. Mit dieser überprüfen Sie, ob Ihr Custom-ROM noch auf dem aktuellen Stand ist, und können andernfalls ein Update durchführen. Auch die Installation der Google-Apps ist über „Paranoid OTR“ möglich.

Der Funktionsumfang

Paranoid selbst setzt auf das Android Open Source Project (AOSP) auf und entwickelt den Programmcode weiter, wo Funktionen fehlen.

Die aktuellste Version von Paranoid basiert auf Android 5.1.1 und sollte eigentlich über Nightly Builds immer wieder auf den aktuellen Stand gebracht werden. Durch die Abwanderung der zentralen Entwickler zu OxygenOS ist diese Nachschub-Versorgung allerdings ins Stocken geraten. Für das Nexus 7 gibt es beispielsweise nur eine auf Android 5.1.1 basierende Version vom 6. Juli 2015. Auch bei anderen Geräten sieht die Situation nicht besser aus.

Verfügbare Funktionen in Paranoid Android

Deswegen ist der Funktionsumfang unter Android 5.1.1 und Paranoid 5.1 noch nicht so groß wie bei der vorherigen 4.5er Version, die auf Kitkat basiert. Trotz allem sind schon zahlreiche Zusatz-Features zu finden.

Eine Funktion, die bereits in der Vorgänger-Version vorhanden war, ist das „Ambient Display“. Dabei handelt es sich um ein besonderes Benachrichtigungssystem, bei dem Ihnen die Informationen der Apps auf einem speziellen Sperrbildschirm dargestellt werden. Sie müssen für die Darstellung den Bildschirm Ihres Smartphones erst gar nicht berühren. Sobald die Bewegungssensoren anschlagen, beispielsweise beim Herausziehen aus der Hosentasche, wird der Bildschirm aktiviert, und Sie sehen die neuen Nachrichten.

Ebenfalls Einzug gehalten hat bereits die Theme-Engine, die Sie in den nutzerbezogenen Eigenschaften finden. Mit dieser auf CM ausgeliehenen Funktion können Sie das Aussehen Ihres Endgeräts über sogenannte „Theme Packs“ nach Ihren eigenen Vorstellungen anpassen. Dies beginnt bei den Symbolen und endet bei den akustischen Signalen für bestimmte Ereignisse.

Die Symbole im Schnellstartmenü von Paranoid Android ordnen Sie per Drag & Drop. Mit dem „Immersive Mode“ können Sie die Größe der Darstellungsfläche erweitern.

Auch bei der Schnellstartleiste gibt es bereits die ersten Möglichkeiten, diese anzupassen. Ein entsprechendes Konfigurationsmenü suchen Sie derzeit aber noch vergebens. Bis jetzt ist es erst möglich, die Reihenfolge der Symbole zu verändern. Dazu rufen Sie das Menü auf, gehen mit Ihrem Finger auf die gewünschte Einstellung und ziehen diese an die neue Position. Paranoid ordnet die Symbole entsprechend in der neuen Reihenfolge an.

Mithilfe der Schnellstartleiste können Sie auch direkt den „Immersive Mode“ aktivieren. Dieser ist vor allem bei kleineren Bildschirmen hilfreich, da er die Status- und die Navigationsleisten ausblendet und somit für die eigentliche App den maximalen Platz schafft. Die Leisten erscheinen wieder, wenn Sie eine Wischbewegung vom oberen oder unteren Rand des Bildschirms starten. Es stehen Ihnen dabei insgesamt drei Anzeigeoptionen zur Verfügung: Entweder wird nur eine der beiden Leisten ausgeblendet oder beide zusammen.

Auch beim Power-Menü sind bereits erste Anpassungen sichtbar. Hier wurden aktuell zusätzlich eine Screenshot-Funktion und eine Stummschaltung hinzugefügt. Allerdings lässt sich das Menü nicht individuell anpassen wie bei den meisten anderen Custom-Apps.

Sicherheitsfunktionen von Paranoid Android

Auch das Thema Sicherheit hat bereits in einem gewissen Umfang den Weg in das Custom ROM gefunden. In den Einstellungen finden Sie unter „System“ ebenfalls die App-Vorgänge. Mit diesen können Sie, wie bereits bei anderen Custom ROMs gesehen, die Nutzungshäufigkeit von Apps und Diensten nachvollziehen. Darüber hinaus lassen sich natürlich auch die Rechte jeder einzelnen App individuell regeln.

Das Ausschalt-Menü von Paranoid Android wurde bereits um einige Zusatzfunktionen erweitert. Es lässt sich jedoch nicht individuell anpassen.

Schmerzlich vermisst

Wegen der fehlenden Kapazitäten suchen Sie – Stand August 2015 – zahlreiche Funktionen vergebens, die Paranoid in der Vergangenheit ausgezeichnet hatten. Besonders zu erwähnen ist an dieser Stelle die PIE-Steuerung, mit der Sie eine sehr gute Navigationsmöglichkeit und einen Schnellzugriff auf bestimmte Apps hatten.

Auch das Benachrichtigungssystem Hover steht sicherlich ganz oben auf der Wunschliste der Paranoid-Fangemeinde. Bei diesem werden eingehende Nachrichten kurz am oberen Bildschirmrand angezeigt und verschwinden anschließend wieder.

Hoffentlich bleibt der Aufruf der verbliebenen Entwickler nicht ungehört, sodass sich zusätzliche Freiwillige melden, die sich am Projekt beteiligen wollen. Dann wird es vielleicht möglich, irgendwann wieder zu den gewohnten Nightly-Versionen zurückzukehren.

Fazit: Paranoid Android

Der aktuellen Version ist momentan das Fehlen von Entwicklerressourcen deutlich anzumerken. Deswegen fehlen noch viele Funktionen, die in älteren Versionen zu finden waren. Kommen die bekannten Funktionen in den nächsten Builds wieder zurück, ist Paranoid Android ein klarer Kandidat für Nutzer, die ein schnelles Custom-ROM mit erweiterter Funktionalität benötigen.

(PC-Welt/ad)