Macpilot & Co.

Nutzen und Risiken von Systemtools für OS X

21.11.2015 von Thomas Hartmann
Tools und Programme, mit denen sich versteckte Funktionen des Betriebssystems einstellen lassen, sind für viele reizvoll. Sie bergen aber auch Gefahren.

Geben wir es ruhig zu, der Spieltrieb hat auch damit zu tun, wenn man gern mit gewissen Tools auf seinem Mac Einstellungen in den Systemtiefen vornimmt und verändert, dort, wo uns die Entwickler sonst lieber nicht hingehen lassen. Und das meistens aus gutem Grund. Denn die Gefahren, etwas schädlich und irreversibel zu verstellen, sind nicht zu unterschätzen.

Doch gelockt wird man auch durch ganz praktische Erwägungen, beispielsweise versteckte Dateien und Ordner sichtbar zu machen, Reparaturen und Wartungen vorzunehmen und sogar den Internetzugang durch diverse Optimierungen zu beschleunigen. In der Windows-Welt sind solche Tools von CC Cleaner bis hin zu den Tuneup Utilities (inzwischen Teil von AVG Technologies) besonders beliebt und verbreitet. Auf dem Mac dagegen scheinen sie vielen Experten sinnlos und überflüssig zu sein, weil das Apple-Betriebssystem bereits mit Bordmitteln selbst für Optimierung sorge. Bestenfalls die integrierte Erste Hilfe oder echte Profi-Tools wie Tech Tool oder Disk Warrior und vergleichbare Utilities solle man ausschließlich im Notfall oder auch vorsorglich zu Hilfe ziehen.

Umstrittene Tools versprechen einfache und effektive Wartung

Letztere sind relativ teuer und bisweilen kompliziert zu bedienen. Tools wie Macpilot oder Tinker Tool System versprechen dagegen eine intuitiv erfassbare Oberfläche und leichten Zugang zu relevanten Änderungen und Verbesserungen auf dem Mac. Einige Optimierungsprogramme sollen allerdings selbst viel schlimmer sein als alle Fehler, die man möglicherweise auf dem Mac auf normalem Weg finden kann. Dazu gehört namentlich Mac Keeper, dass im Vergleichstest von Systemtools unserer Schwesterpublikation Macwelt nicht nur recht schwach abschnitt, sondern gegen das in den USA sogar eine Sammelklage angestrengt wurde, weil es sich in Wahrheit um eine "Scareware" handle. Mac Keeper mache mehr Angst als dass es nutze, da das Tool in unverantwortlicher und täuschender Weise Sicherheitsrisiken auf dem Mac ausmachen will. Inzwischen hat es freilich den Besitzer gewechselt, der das Tool seriöser ausrichten will. Man darf auf die Tests einer überarbeiteten Version gespannt sein.

Tinker Tool System

Konzentrieren wir uns auf drei der bekanntesten und interessantesten Tools. Hier ist an erster Stelle das schon lange bekannte Tinker Tool System des deutschen Entwicklers Marcel Bresink zu nennen. Dies sollte man nicht mit dem kostenlosen und einfacheren Tinker Tool (also ohne "System" im Namen) verwechseln. Dieses bietet lediglich Zugriff auf einige versteckte Optionsmerkmale des Betriebssystems und einiger mitgelieferter Programme. Beispielsweise lassen sich versteckte Systemdateien anzeigen oder dem Finder ein Menüpunkt "Beenden" hinzufügen und ähnliche Varianten, die aber nicht allzu tief ins System eingreifen. Für weitergehende Eingriffe benötigt man Administratorrechte, wozu speziell Tinker Tool System dienen soll, mit dem sich etwa auf eingebaute Wartungsfunktionen des Betriebssystems und spezielle Dateioperationen zugreifen lässt. Auch die Privatsphäre kann man damit besser schützen und anderes mehr. Gedacht ist es, für umfassende Optionen beide Tools zusammen zu nutzen, wobei die "System"-Variante sich deutlicher an Profis richtet und in der aktuellen Version 4 für 14 Euro zu haben ist. Diverse Demo-Varianten existieren zum vorherigen Ausprobieren.

Macupdate.com bietet wertvolle Einschätzungen der Tools

Interessant ist neben offiziellen Tests auch immer die Expertise der oft sehr kompetenten Nutzer, die sich bei Macupdate.com äußern und Tinker Tool System ein recht gutes Zeugnis ausstellen.

Onyx

Eine andere, schon lange auf dem Mac verbreitete Sammlung von Werkzeugen ist das immer noch kostenfreie, dabei stetig weiterentwickelte Onyx von Titanium Software für unterschiedliche Betriebssystemversionen bis einschließlich El Capitan. Dieses bietet zahlreiche Stellmöglichkeiten, unter dem Register "Parameter" beispielsweise für den Finder, das Dock, iTunes, den Log-in und verschiedene Anwendungen Einstellungen an der Oberfläche vorzunehmen, die recht harmlos sind und kaum in das tiefere System eingreifen. Außerdem hat man einfachen Zugang auf in OS X integrierte Dienstprogramme, die sonst schwieriger zu finden sind, etwa die Bildschirmfreigabe, Netzwerkdiagnose oder Verzeichnisdienste. Das setzt freilich schon gewisse Spezialkenntnisse voraus. Unbedenklich ist es, ähnlich dem Festplattendienstprogramm das Startvolumen zu überprüfen, Zugriffsrechte zu reparieren, was ja ab OS X 10.11 nicht mehr nötig sein soll. Aber auch in der tiefen Struktur lässt sich einiges neu aufbauen oder aktualisieren, wie etwa die Launch Services zur Festlegung des Menüpunktes "Öffnen mit" im Finder. Vorsichtiger sein sollte man schon mit den verschiedenen Optionen zum "Aufräumen", mit denen man unter anderem Cashes im Browser oder in den Fonts löscht, was zu einer Beschleunigung der Vorgänge führen kann, aber möglicherweise manches auch langwieriger macht oder gar lahmlegt. Zum Glück gibt es zu jeder Funktion einen Hilfeeintrag, der prinzipiell erläutert, was geschieht – freilich nur in englischer Sprache und immer mit dem Risiko, dass doch etwas schief geht. Wir können immer wieder nur dringend empfehlen, vor solchen Eingriffen Backups anzulegen. Dass Unix-Handbücher für diverse Kommandozeilen integriert sind, zeigt, dass das Programm jedenfalls keine Spielerei ist.

Tools für Mac-"Piloten"

Zu den kostenpflichtigen Tools, die ebenfalls tief in das System eingreifen können, gehört Macpilot 8, dass mit seiner neuesten Version OS X 10.11 voraussetzt und beansprucht, mit der "Einfachheit der Mac-Oberfläche die Kraft von Unix" verfügbar zu machen. Allein solche Formulierungen sollten zur Behutsamkeit ermahnen, denn mit diesem Piloten kann man auch schnell in die Tiefe stürzen. Versteckte Dateien im Finder anzuzeigen, klingt harmlos, aber wehe, man löscht hier die falschen Elemente im System. Unbedenklich ist es, die Fotodateiart für Screenshots zu ändern, etwa von PNG auf JPEG.

Macpilot

Doch es lassen sich auch das Mitteilungszentrum oder der virtuelle Arbeitsspeicher deaktivieren, App Nap oder auch der Support von Safari für PDF abschalten und vieles mehr. Auch hier gilt: Ein Backup etwa mit Time Machine vorausgesetzt und entsprechende Kenntnisse, kann nicht viel passieren, aber diese beiden Bedingungen sollten erfüllt sein, auch, um Einstellungen rückgängig machen zu können. Konsequent ist, dass der Entwickler der Software, Koingo, jetzt die Funktion zum Verifizieren und Reparieren der Zugriffsrechte mit der neuesten Version weglässt, weil dies unter OS X 10.11 L Capitan wie erwähnt nicht mehr erforderlich ist. Zu kaufen gibt es eine Einzelplatzlizenz für 30 US-Dollar.

Cocktail

Schließlich sei noch Cocktail 9.1 des Entwicklers Maintain genannt, das bei Macupdate auf eine ausgesprochen gute Bewertung von 4,5 Sternen kommt. Auch dieses setzt nun OS X 10.11 voraus, wirbt aber erstaunlicherweise damit, dass es die Fähigkeit zum Reparieren der Zugriffsrechte eigens ergänzt hat, die jetzt an sich überflüssig ist. Doch ansonsten verspricht Cocktail durchaus sinnvolle Aufgaben zu erledigen, wie etwa das Säubern, Reparieren und Optimieren des Betriebssystems bzw. diverser Parameter. Dies funktioniert sogar im "Autopilot", wenn man verschiedene Wartungsarbeiten selbsttätig durch das Programm erledigen lässt. Freilich sollte man sich vorher anschauen, was Cocktail so alles angeht, damit man auch hier nachher keine bösen Überraschungen erlebt. Vom einfachen Überwachung des Smart-Status der Festplatten über das Verwalten des Spotlight-Index, Wiedereinlesen diverser Services des Betriebssystems bis hin zum Reinigen unterschiedlicher Caches wie der Fonts, DNS (Internet), Cookies oder in Mail, aber auch gezielten Einstellungen für die Konfiguration des Internetzugangs und der Geschwindigkeit bietet Cocktail zu einem Preis von 19 US-Dollar viele Optionen. Bei den guten Erfahrungen, welche die Macupdate-User offenbar gemacht haben, lässt es sich in diesem Sinne – bei aller Vorsicht im Detail – auch empfehlen.

Empfehlung

Es sei aber ausdrücklich erwähnt, dass dieser Übersichtsartikel kein Test ist, sondern eine knappe Vorstellung einiger der bekannteren und bewährten Systemtools für den Mac. Es gibt durchaus Anwender, die meinen, man könne darauf völlig verzichten, weil man im Zweifel mehr Schaden als Nutzen anrichte. Die Bordmittel des Entwicklers, also von Apple, sollten genügen, und wer sich wirklich auskennt, kann dies schließlich über die Eingabe der entsprechenden Kommandozeilen im Terminal tun.

Dies ist, wenn man so will, am Ende eine Gewissensfrage. Wer schon einmal erlebt hat, dass man – wie auch der Autor dieser Zeilen – ein nur schwer zugängliches System durch den Einsatz eines Tools wie Onyx wieder ohne allzu großen Aufwand auf die Beine brachte, dürfte einen positiveren Eindruck davon haben als User, die ihr System damit völlig zerschossen haben. Unser "Powertipp" ist: Neben regelmäßigen Sicherheitskopien mit Time Machine, Carbon Copy Cloner oder Super Duper (und vergleichbaren Backup-Programmen) sollte man für den schlimmsten Notfall eine Kopie des Rettungsprogramms Disk Warrior von Alsoft bereithalten. Dieses verfügt zwar zu einem hohen Preis nicht über besonders viele Funktionen - aber es hat schon Generationen von Mac-Usern den Tag gerettet...

(Macwelt/ad)