Novell-Clients nutzen Unix-Dateien

10.12.1999
Ein Netware-Server für Linux bindet Dateisysteme der Unix-Welt in den Verzeichnisbaum eines Novell-Netzes ein. Die Software funktioniert allerdings nur mit älteren Systemkernen.

Von: Hartmut Höhn

Wer die beiden Plattformen verbinden will, hat zwei Möglichkeiten: Linux in Netware integrieren oder umgekehrt. Beide Connectivity-Alternativen verwenden Software für Linux. Im ersten Fall ist es ein Server, der Unix-Verzeichnisse in die Novell-Welt exportiert, im zweiten Fall führt ein Client Netware-Volumes in einen NFS-Verband (NFS = Network File System) ein.

Bisher gibt es Netware-Server für Linux nur von einer Quelle, der Firma Caldera. Denn deren Geschäftsführer Ray Noorda hat sich als ehemaliger Chief Executive Officer (CEO) von Novell die Rechte an dem Netware-Code gesichert. Der Vorteil eines Linux-Servers, der den Novell-Verzeichnisdienst "Netware Directory Services" (NDS) unterstützt: Rechner des Novell-Netzes können alle Laufwerke, die vom Server gemountet werden, über das Verzeichnis ansprechen. Sie haben Zugriff auf NFS-Objekte von anderen UNIX-Servern, auf Windows-Partitionen und auf Geräte. Mit all diesen Ressourcen kommunizieren sie dabei über das Novell-Protokoll IPX/SPX (IPX = Internetwork Packet Exchange, SPX = Sequenced Packet Exchange), was vielen Netware-Anwendern zugute kommt. Immerhin spricht nach wie vor ein Großteil der implementierten Novell-Netze diese Sprache. Die Umstellung auf Netware 5 und den damit verbundenen Internet-Standard TCP/IP hat gerade erst angefangen.

Genügt ein Datei- und Druck-Server, der nicht mit Unix-Rechnern kommuniziert, dürfte die Originalsoftware von Novell besser geeignet sein, zumal sich die Lizenzkosten der beiden Server-Versionen derzeit kaum unterscheiden. Will man ein System mit nur einem Server aufbauen, kommt das Paket "Netware for Small Business" in Frage. Eine weitere, kostengünstige Alternative für kleine Netze verzichtet auf NDS und baut auf den Netware-3-Server "Mars", und den File-Server für Windows-Netze "Samba" auf, beides Freeware-Tools für Linux.

Clients sind Open Source

Mit einem Novell-Client integrieren Anwender Netware-Laufwerke an einer beliebigen Stelle innerhalb des Unix-Baumes. Zudem schafft die Software Verbindung zu den Netzwerkdruckern des NDS-Verzeichnisses. Der jüngsten Ausgabe 2.3 von Caldera-Linux liegt ein Client standardmäßig bei. Und auch die Open-Source-Community hat einen Beitrag geleistet, das von Volker Lendecke betreute Paket "Netware Core Protocol File System" (NCPFS). Zwar ist die NDS-Unterstützung dieses Freeware-Programms noch in der Beta-Phase. Unseren Tests hielt sie aber ohne weiteres stand.

Netware for Linux von Caldera ist ein Netware-4.1-Server mit NDS-Unterstützung. Eine 30 MByte große Demoversion des Produkts können Interessierte von der Website des Herstellers (www.caldera.com) herunterladen. Sie entspricht der Drei-Benutzer-Ausgabe, die für 100 Mark auch beim deutschen Distributor Linuxland (www.linuxland.de) bestellt werden kann. Braucht man mehr Lizenzen, kostet das Paket soviel wie die Originalsoftware von Novell. Eine Ausnahme also der ungeschriebenen Regel, daß Linux-Programme stets billiger sind.

An den Rechner stellt die Software keine hohen Anforderungen: Es sollte ein 486er-Pentium sein, mit 24 MByte freiem Hauptspeicher und 85 MByte Platz auf der Festplatte.

Das Paket enthält eine Lite-Version der Caldera-Distribuition "Open Linux 1.2", jedoch kein Handbuch. Dieses steht in HTML-Form auf der Web-Seite www.cal derasystems.com/support/docs/netware/ und beschreibt ausführlich die Installation und die Konfiguration des Pakets. Anwender können den Server sowohl auf der mitgelieferten Plattform "Open Linux 1.2 Lite", als auch unter Open Linux 1.3 mit Hilfe einer Skript-Datei einrichten. Das Skript überprüft, auf welchem Patchlevel sich das System befindet und installiert fehlende Pakete nach. Nicht ganz unproblematisch ist der Setup bei der Ausgabe 2.3 von Open Linux. Denn Netware for Linux setzt noch die alte Kernel-Version 2.0.x voraus, wenn auch die Entwickler schon an einer Umsetzung für 2.2.x arbeiten. Während die Plattform selbst einfach aufzubauen ist, folgt beim Ausführen des Skriptes zum Einrichten von "NDS for Linux" nur die lapidare Meldung, daß das System auf dem aktuellen Stand sei. Als Ausweg bleibt nur, das Paket manuell aufzuspielen.

Dazu wechselt man ins Verzeichnis col/install/RPMS und entpackt mit dem Befehl rpm -i die Pakete:

linux-kernel-binary-2.0.35-1.i386.rpm

netware-4.10b-28.i386.rpm

netware-sysvol-4.10b-15.i386.rpm

nwclient-4.1.6-4.i386.rpm

nwutils-dynamic-1.1-14.i386.rpm

nwutils-static-1.1-14.i386.rpm

Weil aber Netware for Linux nur mit 2.0.x-Kernels läuft, müssen Anwender von Open Linux 2.3 den richtigen Systemkern nachrüsten. Wir empfehlen daher die mitgelieferte Lite-Version Open Linux 1.2 als Plattform.

Konfiguration per Hand

Sind die nötigen Dateien installiert, ist die manuelle Änderung einiger Konfigurationsdateien erforderlich. Im vorcompilierten Kernel sind die Netzwerkkartentreiber als Module deklariert, die erst dann ihren Dienst antreten, wenn der Anwender sie durch Eingabe des Befehls insmod einbindet. Erleichterung schafft eine einfache Modifikation des Init-Skripts durch einen Eintrag in der Datei networks im Verzeichnis /etc/rc.d/init.d. Ergänzt man den Abschnitt zum Netzwerkstart durch die Anweisung insmod /lib/modules//net/ <>modulname>, wird schon beim Systemstart das entsprechende Interface-Kartenmodul geladen. Noch eleganter ist es, die Module durch den Kernel-Dämon kerneld oder durch den Module-Loader KMod (seit Kernel 2.2.x) automatisch zu starten. Anschließend müssen noch die eigentlichen Initialisierungsdateien den Gegebenheiten angepaßt werden. Besonders wichtig sind die Einstellungen zum IPX-Protokoll in der Datei /etc/sysconfig/ipx (Tabelle "Einstellungen in der Datei /etc/sysconfig/ipx").

Vorab stellt sich die Frage, ob der Server in einen bestehenden NDS-Baum eingefügt werden soll oder ob ein neuer Verzeichnisdienst einzurichten ist. Schließt man den Server an ein bereits installiertes Netz an, entsprechen die Werte von IPX_FRAME und IPX_EXT_NETNUM den dort verwendeten Nummern. Neue Werte setzt ein, wer den Linux-Server an eine eigene Interface-Karte des Netware-Servers hängt. Als Frame-Variante empfehlen wir "802.2", oder auch "Ether II", falls TCP/IP genutzt wird.

In den Dateien ipx, ipxripd und nwclinet, die sich im Verzeichnis /etc/sysconfig/daemons/ befinden, sollte der Parameter onboot den Wert yes erhalten, damit diese Dienste mit dem Systemstart beginnen.

Nach den Änderungen ist ein Reboot des Servers notwendig oder ein Neustart des Netzwerks mit den Befehlen init 1 und init 2. Ein Herunterfahren der Netwaredienste, wie im Handbuch beschrieben, reicht nicht, um den IPX-Service in Gang zu setzen.

Nach erfolgreicher Installation muß auf dem Server zunächst der Verzeichnisdienst starten. Der Administrator richtet diesen mit dem Programm dsinstall auf dem Linux-Sever ein. Bei einer bestehenden NDS-Struktur benötigt er sein Paßwort und den Kontext. Hat er sich angemeldet, trägt er den Server und das System-Volume in das NDS-Verzeichnis ein und kann anschließend alle damit verbundenen Objekte mit dem Verwaltungsprogramm "NWAdmin" von Novell bearbeiten. Auf Wunsch stellt er im NDS-Manager den Linux-Server als Replica der NDS ein. So können sich Benutzer auch über diesen Rechner im Netz anmelden.

Leider verarbeitet der Server keine Netware-NLMs. Zwar werden von Caldera die meisten Standardmodule wie beispielsweise dsrepair beigelegt, jedoch ist es nicht möglich, weitere Netware-Software zu installieren.

Ein Linux-Server importiert nicht nur Verzeichnisse, sondern auch Drucker aus dem Unix-Netz nach Netware. Hierbei ergeben sich interessante Möglichkeiten wie zum Beispiel ein Postscript-Interpreter oder ein Fax-Server.

Aliase erleichtern Arbeit

Das Mounten eines Linux-Volumes erfolgt auf folgende Weise: Zunächst muß der Netware-Server durch das Kommando /etc/rc.d/init.d/netware stop angehalten werden. Weil dieser Befehl im Laufe der Installation und auch während des Betriebes hin und wieder auftaucht, erspart ein Shell-Alias einige Tiparbeit. Bei der Shell bash lauten die Ergänzungen der Datei .bashrc im Homedirectory des Anwenders:

alias StopNW=’/etc/rc.d/init.d/ netware stop’

alias StartNW=’/etc/rc.d/init.d/ netware start’

Nach dem nächsten Login stehen dann die Befehle StopNW zum Herunterfahren und StartNW zum Starten des Netware-Servers zur Verfügung. Danach ist sofort das übliche SYS-Volume als Arbeitsverzeichnis in Aktion.

Wer ein weiteres Volume in das NDS-Verzeichnis einfügen will, benutzt den Befehl nwvm und macht durch nwvm -A volume_name -p path1 -c path2 das neue Volume dem Server bekannt. volume_name ist dabei der Name, unter dem das Laufwerk später in der Netware-Umgebung auftaucht. path1 heißt der Mount-Point unter Linux; path2 verweist auf ein Verzeichnis, in das Kontrollinformationen zum Laufwerk gespeichert werden. Hier kann ein beliebiger Pfad stehen. Es muß lediglich sichergestellt sein, daß auf dem entsprechenden Laufwerk genügend Speicherplatz für Cache-Operationen zur Verfügung steht. Nach dem Serverstart erfolgt als letztes der Verzeichniseintrag mit dsinstall über den Menüpunkt "Upgrade mounted volumes into the Directory".

Installation ohne Open Linux

Wer einen Netware-Server auf einem Linux-Rechner betreiben will, muß nicht unbedingt Open Linux 1.2 als Plattform verwenden.

Caldera empfiehlt Anwendern anderer Linux-Distributionen folgende Schritte für die Installation (www.calderasystems.com/sup port/docs/netware/installation/in stalling.html):

- Den Kernel-Patch "Streams" einspielen. Dazu gibt es drei Dateien im Patch-Verzeichnis der Netware-CD.

- Den Code des IPX-Moduls mit dem entsprechenden Reparatur-File des Patch-Verzeichnisses erneuern. Das Modul steht üblicherweise im Directory /usr/src/li nux/net/ipx.

- Bei Bedarf auch Netzwerkpakete wie isdn4k-utils und ppp recompilieren. Der Source-Code liegt im Verzeichnis SRPMS der CD.

- Utilities für ipx und ipxripd aus den Verzeichnissen RPMS oder SRPMS installieren und starten.

- Den Kernel recompilieren.

- Die Binaries der Pakete ipx, ipxripd, netware, netware-sysvol, nwclient und pserver mit dem Paket-Installer rpm-2.4.7. einrichten.

- Das System neu starten.

- Die Netware-Konfiguration in der Datei /etc/sysconfig/ipx oder im entsprechenden File festlegen. Die Dämonprozesse für ipx, ipxripd und nwclient sollten jeweils beim Booten gestartet werden.

- Den Rechner neu starten.

- Das NDS-Verzeichnis einrichten.

Zum Bereitstellen von Unix-Druckwarteschlangen unter Netware dient das Zusatzpaket "Pserver". Vor dem Setup sollte man sich allerdings mit den Mechanismen und Eigenheiten von Netware-Druckwarteschlangen, Druckservern und Druckern vertraut machen. Ist das System korrekt initialisiert, stehen Unix- und Netware-Druckdienste jedem Rechner zur Verfügung. (kpl)