Notebook ruft LAN

16.10.1998
Für unterwegs bieten Notebooks eine vollwertige Arbeitsumgebung. Was zum "mobilen Büro" allerdings oft noch fehlt, ist der Zugriff auf die zentralen Daten des Netzwerks. Doch auch dafür gibt es mittlerweile praktikable Lösungen.

Von: André Klahold

Im wesentlichen gibt es zwei unterschiedliche Verfahren, um unterwegs auf die Daten im LAN zuzugreifen: der Zugang über feste Telekommunikationsleitungen und der Datenfunk über GSM. Welche Lösung die richtige ist, hängt sehr stark von den Anforderungen und der individuellen Kosten-Nutzen-Relation ab. Am Beispiel von Netware soll im folgenden illustriert werden, wie die konkrete Realisation aussehen kann.

Wenn am externen Arbeitsplatz ein Telefonanschluß vorhanden ist, dürfte der direkte Zugang zum Server meist die performanteste Lösung darstellen. Handelt es sich um ISDN, würde auf seiten des Notebooks lediglich eine ISDN-PC-Card und die entsprechende Software (die zum Beispiel den PPP-Zugang ermöglicht) benötigt. Auf Serverseite muß ein Soft- oder Hardwarerouter installiert sein, der die eingehenden ISDN-Rufe entgegennimmt.

Wem die reine Paßwort-Authentifizierung beim entfernten Zugriff auf den LAN-Server zu unsicher ist, der sollte ein Produkt wählen, das eine dynamische Dialback-Funktion anbietet. Dabei muß der Mitarbeiter am Notebook seine aktuelle Rufnummer angeben. Das Serversystem unterbricht dann bei eingehendem ISDN-Ruf die Verbindung und baut diese anschließend zur angegebenen Nummer automatisch wieder auf. Somit lassen sich die ISDN-Nummern protokollieren, von denen aus auf den Server zugegriffen wurde. Weitere technische Details zum Thema Remote Access finden Sie in Gateway 2/98, Seite 34 bis 64.

GSM - ein langer Weg

Erst durch den mobilen Datenfunk wird eine flexible Anbindung eines Notebooks an das LAN möglich. Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heißt GSM. Dieses Kürzel steht seit 1982, dem Jahr der Gründung der gleichnamigen Arbeitsgruppe für "Groupe Spéciale Mobile". Initiator war die CEPT (Conference of European Posts and Telegraphs). Veröffentlicht wurde der GSM-Standard dann 1990 vom ETSI (European Telecommunications Standards Institute). Im gleichen Jahr brachte Großbritannien die Variante "Digital Cellular System" (DCS1800) ein, die mittlerweile die Bezeichnung "GSM1800" trägt. Beide GSM-Varianten unterscheiden sich praktisch nur durch den genutzten Frequenzbereich, der beim "normalen GSM" im Bereich von 900 MHz und bei GSM1800 im Bereich von 1800 MHz liegt.

In Deutschland sind mit den Netzen D1 und D2 das GSM900-System sowie mit dem E-Plus-Netz das GSM1800-System vertreten.

Grundsätzlich besteht ein GSM-Netz aus einer Vielzahl von Basisstationen, die kurz BTS (Base Tranceiver Station) genannt werden. Diese haben eine potentielle Reichweite von etwa 40 Kilometer, die jedoch in der Praxis (aufgrund landschaftlicher Gegebenheiten) wesentlich geringer ausfällt. So sind zum Aufbau eines GSM-Netzes mehrere tausend BTS nötig, um das Bundesgebiet lückenlos abzudecken. Doch wie werden nun Daten per GSM übertragen? Zunächst einmal benötigt man ein GSM-Handy. Dieses muß zusätzlich eine Datenschnittstelle besitzen. Im GSM-Netz werden Daten grundsätzlich digital übertragen. Dabei sind der transparente und der nichttransparente Datentransfer zu unterscheiden.

Vom Handy zur Basisstation

Im transparenten Modus ist die Übertragung zwischen Handy und Basisstation ungesichert. Es wird also kein Protokoll verwendet, um eventuell auftretende Fehler im Datenstrom zu korrigieren. Um dennoch eine sichere Datenübertragung zu gewährleisten, wird das bekannte "Microcom Networking Protocol" (MNP) zur Fehlerkorrektur eingesetzt.

Im nontransparenten Modus kommt das Radio-Link-Protokoll (RLP) zum Einsatz. Es garantiert eine sichere Datenübertragung zwischen Handy und Basisstation. Das RLP ist auf den Einsatz im GSM-Netz optimiert. Es erzielt bei den Fehlerraten, wie sie bei GSM auftreten, den maximalen Datendurchsatz.

Die LAN-Verbindung über GSM-Mobilfunk ist zwar weniger performant als der Direktzugang über das Festnetz, aber weitaus flexibler. Am Beispiel der M1-Karte von AVM soll der konkrete Einsatz illustriert werden: Auf Serverseite ist eine B1-ISDN-Karte und der Softwarerouter "Netware Connect für ISDN" mit dem "Remote Node Service für ISDN" von AVM zu installieren. Der Treiber für die B1-Karte muß mindestens der Version 3.04-14 entsprechen, da erst ab dieser Version der GSM-Betrieb unterstützt wird.

Am Notebook wird die PCMCIA-GSM-Karte eingesteckt und die Software Netways aufgespielt. Obwohl das Installieren einfach abläuft, ist die richtige Konfiguration nicht trivial. Insbesondere die Vielzahl der Verbindungsoptionen, die sich für jedes Ziel einstellen lassen, verwirren zunächst sehr.

Die Kompression nach "V42.bis" läßt sich nur nach der zusätzlichen Installation einer speziellen Treibersoftware für die GSM-Card nutzen. Außerdem sollte auf der Serverseite die aktuelle Version 2.0.43 von "Netware Connect für ISDN" im Einsatz sein. Bei älteren Versionen kann die Übertragung größerer Dateien unter Verwendung der Kompression einen Server-Crash verursachen. Die Nutzung von V.42bis ist aber unbedingt zu empfehlen, da sich so bis zu dreifach höhere Übertragungsraten erzielen lassen. Bei einer Basisrate von 9600 Bit/s ist das ein spürbarer Vorteil.

Um die Bandbreitendifferenz zwischen 9600 Bit/s im GSM-Netz und den 64 000 Bit/s im ISDN-Netz auszugleichen, kommt auf ISDN-Seite das asynchrone V.110-Protokoll zum Einsatz, das die Bitraten adaptiert. Gegenstellen mit V.110-Protokoll lassen sich ohne weiteres ansprechen. "Netware Connect für ISDN" nutzt allerdings das synchrone X.75-Protokoll. Hier übernimmt die B1-Karte mit der aktuellen Treiberversion die Anpassung der Protokolle.

Durch die Verwendung der Spoofing-Dienste wird der nötige Datentransfer weiter reduziert. Unter Netware tauschen SPX-basierte Applikationen durchschnittlich alle 50 Sekunden sogenannte "SPX-Keep-Alive-Pakete" zwischen Server und Client aus, um die weitere Gültigkeit der Verbindung zu bestätigen. Bei aktivem SPX-Spoofing bestätigt Netware Connect die SPX-Keep-Alive-Pakete lokal auf dem Server und sendet sie nicht über ISDN und GSM an den Client. Analog verfährt die Netways-Software auf dem Notebook.

GSM-Betrieb in Bewegung

Ob man im Zug mit dem Notebook arbeitet oder im fahrenden Auto einen größeren Datentransfer laufen läßt, die Anbindung ans Firmennetz kann auch in Bewegung erfolgen. Technische Obergrenze im GSM-Netz für ein bewegtes Handy sind 250Škm/h, was aber kaum praktische Relevanz haben dürften. Mehr Bedeutung hat dagegen das sogenannte "Handover". Wenn sich ein GSM-Handy aus dem Sendebereich einer Basisstation entfernt, muß das aktive Gespräch an die nächste Basisstation übergeben werden. Im GSM-Netz gibt es dafür einen eigenen Kanal. Dieser trägt den Namen "Fast Associated Control Channel" (FACCH) und nimmt beim Stationswechsel einen Teil der Datenbandbreite für sich in Anspruch. Zwar bleibt die ISDN-Verbindung beim BTS-Wechsel bestehen, es sind aber deutliche Verzögerungen festzustellen. Und wer unterwegs in ein "Sendeloch" gerät, wird auch die Verbindung zum LAN verlieren.

Bei guter GSM-Netzqualität gestaltet sich der mobile LAN-Anschluß aber als äußerst zuverlässig. Und der Verbindungsaufbau erfolgt dank ISDN erstaunlich schnell. Dies ist ein wesentlicher Vorteil zur analogen Datenübertragung, die sich ebenfalls per GSM-Handy realisieren läßt. Hier dauert der Aufbau einer Verbindung zwei- bis dreimal so lange. Auch die Datenübertragung via Internet-Zugang ist für den Mobilfunkanwender derzeit keine Alternative.

Wer die Vorteile des LAN-Zugangs über Mobilfunktelefon und ISDN auch im Ausland nutzen möchte, sollte zwei Dinge beachten: Zum einen muß es im betreffenden Land einen Netzbetreiber geben, der die digitale Datenübertragung nach V.110 unterstützt (derzeit ist das beispielsweise in Frankreich, den Niederlanden, der Schweiz und anderen europäischen Ländern der Fall). Zum anderen muß der eigene Netzbetreiber ein sogenanntes Roaming-Abkommen mit dem ausländischen Netzbetreiber abgeschlossen haben. Denn nur dann kann man sich in das Netz des ausländischen Netzbetreibers einwählen.

Unter http://www.gsmworld.com/gsminfo/gsminfo.htm befindet sich im Internet eine aktuelle, weltweite Übersicht der Anbieter, Dienste und Roaming-Abkommen (Bild 1). Wer sichergehen will, fragt beim eigenen Netzbetreiber nach, in welchen Ländern diese digitale Datenübertragung gewährleistet werden kann.

Mit der GSM/ISDN-Verbindung und Kompression nach V.42bis besteht eine zuverlässige und praktikable Zugriffsmöglichkeit auf das LAN. Was sich der Notebook-Besitzer jedoch für die Zukunft wünschen dürfte, sind noch bessere Übertragungsraten und weniger Funklöcher in dünner besiedelten Regionen. (gob)