Notebook-Riesen kaufen Taiwan leer

17.10.2003 von Klaus Hauptfleisch
15-Zoll-TFT-Panels werden zunehmend Mangelware, entsprechend stark ist der Preisauftrieb bei Displays und Notebooks. Inzwischen sollen sich zwei Hersteller deshalb die komplette Panel-Produktion von Taiwan gesichert haben.

Zwei große, international agierende Notebook-Hersteller sollen in Taiwan die komplette Produktion einer bestimmten TFT-Panel-Linie für sich reserviert haben, berichtete vor zwei Wochen ein asiatischer Online-News-Service. Laut Oliver Ahrens, Geschäftsführer von Acer Deutschland und Europa-Verantwortlicher für Displays und Peripherie, kann es sich dabei nur um 15-Zöller handeln. Ob einer der beiden nicht genannten Notebook-Hersteller Acer ist, will und kann Ahrens weder "bestätigen noch dementieren".

Seinen Informationen nach habe man sich im Notebook-Bereich aber seine "Charge gesichert". Auch Gericom hat die Panel-Lieferung für das vierte Quartal "in trockenen Tüchern", wie Unternehmenssprecher Ingo Middelmenne erklärt.

Als mögliche Kandidaten für die Sicherungskäufe kommen aber auch HP, Dell und IBM in Frage. Denn so ziemlich alle lassen in Taiwan oder über OEM-Partner auf der Insel in Festland-China produzieren. Taiwans Panel-Industrie ist zwar noch jung, mit Acer-Sprössling AU Optronics und Chi Mei Optoelectronics (CMO) an der Spitze aber auch nicht unbedeutend.

Marktverteilung große TFT-Displays (in Prozent)

TFT-LCD-Anbieter

Marktanteil Q1/03

Marktanteil Q2/03

Wachstum in Q2/03

Wachstum übers Jahr

Quelle Displaysearch

LG Philips

19,4

21,1

25

80

Samsung

16,9

18,9

29

47

AU Optronics

11,5

11,7

16

26

Sharp

7,7

6,8

1

1

CMO

6,9

6,5

7

71

Andere

37,6

35,0

7

10

Gesamtmarkt

100,0

100,0

15

31

Enormer Preisanstieg bei 15 und 17 Zoll

Wie sich die Sicherungskäufe auf die LCD-Preise mittelfristig auswirken werden, ist noch ungewiss. Laut Christoph Dassau, Senior Manager Display bei Ingram Micro, sind 15-Zoll-Monitore schon heute kaum mehr in größeren Stückzahlen verfügbar. Bereits im Einstiegssegment fangen die Einkaufspreise bei etwa 230 Euro an, Tendenz steigend.

Einen enormen Preisanstieg bei 15- und 17-Zoll-Panels beklagt auch sein Kollege Nils Bischoff von Videoseven. Ein Grund dafür sei die über Erwarten hohe Nachfrage nach Notebooks, deren Hersteller bereit sind, in der Regel 10 bis 20 US-Dollar mehr zu bezahlen als für Monitor-Panels, wo die Margen schon äußerst dünn sind. In diesem Szenario hätten daher nur Monitorhersteller eine Chance, die genügend hohe Chargen abnehmen oder über sehr gute, historisch gewachsene Beziehungen verfügen.

Konsolidierung bei Groß und Klein

Auf Grund der dünnen Margen bei Monitor-Panels rechnen Marktbeobachter wie Bischoff in Zukunft mit verschärfter Konsolidierung, der vor allem einige kleinere Hersteller in Taiwan zum Opfer fallen dürften. Konsolidierung findet aber auch im Großen statt. Denn nach dem Beispiel von LG Philips gibt es nun bei Samsung und Sony ebenfalls Pläne für ein Display-Joint-Venture.

"Ausgerechnet zwischen einem japanischen und einem koreanischen Unternehmen!", sagte Dassau, hatte aber aus Sony-Sicht auch Verständnis für den geplanten Deal. Denn im LCD-Segment hat der einstige Marktführer bei Unterhaltungselektronik vor allem im Fernsehbereich Marktbeobachtern zufolge den Anschluss an den Zug verpasst.

Ein Zusammengehen mit Samsung bei TFTs und insbesondere LCD-TV-Geräten als Hoffnungsträger der gesamten Branche wäre für Sony also die Chance, Versäumtes wieder wettzumachen, zumal das japanische Unternehmen ohnehin schon darauf angewiesen ist, einen Großteil der Panels bei dem koreanischen Kontrahenten einzukaufen.

Glänzende Aussichten für Panel-Hersteller

Während diese Situation die Hersteller von Notebooks und Displays jammern lässt, reiben sich die Panel-Hersteller die Hände. Panel-Analyst Displaysearch zufolge wurden im zweiten Quartal mit 23,1 Millionen Stück 15 Prozent mehr große TFT-LCDs (ab zehn Zoll) verkauft als in den ersten drei Monaten und 31 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Industrie war auf Quartalsbasis lediglich von 13 Prozent Wachstum ausgegangen. Die Panel-Verkäufe für LCD-TVs lagen um vier Prozent über Plansoll, die für Notebooks um drei Prozent und die für Monitore um ein Prozent.

Trotz oder gerade wegen der Panel-Verknappung sind die Umsätze der Hersteller um 23 Prozent auf ein Rekordniveau von 5,2 Milliarden US-Dollar angestiegen, wobei sie nach einem Minus von 99 Millionen US-Dollar im ersten Quartal drei Monate später zusammen auf ein Plus von 243 Millionen US-Dollar kamen.

Für das dritte Quartal rechnet Displaysearch bei Notebook-Panels mit einem Quartalszuwachs von 20 Prozent, bei LCD-TVs sogar 61 Prozent. Nach Stückzahlen soll der Markt im dritten Quartal um 13 Prozent wachsen, nach Umsätzen um 22 Prozent auf 6,35 Milliarden US-Dollar.

Im vierten Quartal soll sich das Wachstum wegen der Verknappung bei 15- und 17-Zöllern auf sechs Prozent verlangsamen. Gleichzeitig sagen die Marktforscher einen Preisanstieg von sieben Prozent voraus. Für das Gesamtjahr rechnet Displaysearch mit einem Absatzplus von 42 Prozent auf 97,2 Millionen Stück und einem Umsatzplus von 32 Prozent auf 23 Milliarden US-Dollar.

LCD-TV-Panels sollen um 216 Prozent auf 4,9 Millionen Stück wachsen, Monitor-Panels um 48 Prozent auf 52,5 Milliarden Stück und Notebook-Panels um 26 Prozent auf 37,5 Millionen Stück. Der durchschnittliche Preisanstieg zwischen Q1 und Q4 soll bei drei Prozent liegen. (ala)

Diesen Beitrag haben wir von unserer Schwesterzeitschrift ComputerPartner, der Fachzeitschrift für den ITK-Handel, übernommen.