Von: Dr. Klaus Plessner
Erst gegen Ende des vergangenen Jahres hat sich Network Associates aus einem Zusammenschluß der Firmen McAfee Associates und Network General formiert. Das Unternehmen hat sich der Netzwerksicherheit und dem Netzwerkmanagement verschrieben. Sein Angebot enthält eine Help-Desk-Software, ein Desktop-Administrations-Tool, Werkzeuge zur Netzwerküberwachung, eine Firewall, Software zur Verschlüsselung und Antivirenprogramme. Namhafte Produkte wie die Verschlüsselungssoftware "PGP" (Pretty Good Privacy), die Firewall "Gauntlet" von Tis und künftig auch "Anti-Virus-Toolkit" von Dr. Solomon's übernehmen die Rolle von Zugpferden. "Wir wollen nur das Beste", sagte Didier Guibal, europäischer Chefstratege von Network Associates, "und wenn es nötig ist, kaufen wir eine Firma."
Verschmelzung der Produkte
Der Zusammenschluß der beiden Firmen wird sich nach englischem Recht vollziehen. Dem Vertrag liegen die Regularien der Sektion 425 des United Kingdom Company Act von 1985 zugrunde. Von Interesse dürfte das hauptsächlich für die Aktieninhaber von Dr. Solomon's sein, denn die Bestimmungen sehen vor, daß jede Stammaktie in 0,28 Stammaktien von Network Associates getauscht wird. Falls die Aktionäre zustimmen und auch der Londoner Gerichtshof keine Einwände hat, rechnen die Vertragspartner mit einem Übernahmeabschluß innerhalb von 90 Tagen. Der Wert des Vertragsgegenstandes wird auf über 640 Millionen Dollar geschätzt.
Dr. Solomon's bleibt
Beide Firmen haben bereits Pläne vorgelegt, wie es mit Dr. Solomon's Virenschutzsoftware weitergehen soll. Network Associates hat mit "Virusscan" und "Netshield" von McAfee bereits namhafte Virenscanner im Programm. Zunächst plant man, beide Produkte gesondert anzubieten. Im Herbst erscheint die Version 8 des Anti-Virus-Toolkit von Dr. Solomon's bereits als Teil des Portfolios des neuen Inhabers. Eine Integration des Programms in die "Total Virus Defense Suite" von Network Associates soll es zu Beginn des nächsten Jahres geben. Dabei wird es sich um eine Verschmelzung beider Scanner handeln, die unter einem neuen Namen geführt wird. Welche Scan-Engine Kern des Produkts sein wird, ist Guibals Meinung nach keine Entweder-oder-Frage. Die Entwicklungsabteilung werde nach einer Lösung suchen, die die Rosinen beider Programme enthält.
Network Associates trifft mit dem Geschäft drei Fliegen auf einen Schlag. Erstens bringt die Übernahme technisches Wissen und qualifiziertes Personal ins Haus. Zweitens geht mit dem Aufkauf einer der größten Konkurrenten aus dem Rennen und drittens eröffnet sich der europäische Markt, in dem Dr. Solomon's Vertriebskanäle nun für alle Produkte von Network Associates bereitstehen. Auch Dr. Solomon's geht nicht leer aus. Das Unternehmen wird im Gegenzug die amerikanischen Vertriebswege von Network Associates nützen. "Schon jetzt werden alle Unternehmensbereiche erweitert, neue Mitarbeiter eingestellt und die Vertriebskanäle ausgebaut", sagte Frank Brandenburg, Geschäftsführer der deutschen Vertretung von Dr. Solomon's. "Selbstverständlich bleibt der Name Dr. Solomon's erhalten, wie auch der Sitz in Hamburg." Die Aktien der Firma sind zum Großteil in den Händen der Geschäftsleitung und führender Mitarbeiter. Geoff Leary, Geschäftsführer des Unternehmens, kommentierte die Übernahme: "Ich bin überzeugt, daß Dr. Solomon's und Network Associates im Hinblick auf ihre Produkte, ihre Märkte und ihre Infrastruktur hervorragend zusammenpassen. Durch die Kombination steht den Kunden überall in der Welt eine umfassende Produktpalette im Sicherheitsbereich zur Verfügung."
Den Gesamtrahmen, in den Network Associates das Anti-Virus-Toolkit im Herbst eingliedern möchte, bildet eine Produktpalette namens "Net Tool Secure". Dem Kunden wird jeweils das ganze Paket zum Kauf angeboten, bestehend aus Management-Tools, Netzwerkmonitoren, einer Fiewall und Virenscannern. Die Integration der zahlreichen Komponenten unter einer gemeinsamen Oberfläche ist allerdings noch Zukunftsmusik.
So wird auch die Antivirensoftware von Dr. Solomon's zunächst zwar mit den hauseigenen Virenscannern zu einem Produkt zusammengefaßt. Von einer Eingliederung in die Produktlinie im Sinn einer Zusammenführung aller Komponenten kann jedoch nicht die Rede sein. Gleichwohl sind die Ziele hoch gesteckt. Hauptkonkurrenten von Network Associates sind nach Guibals Ansicht Computer Associates und Tivoli mit ihren Framework-Produkten für das Netzwerk- und Systemmanagement. Daß es mit einer Geschäftsübernahme nicht getan ist, gibt Michal Struss, Geschäftsführer von Network Associates Deutschland offen zu. "Es gibt einiges zu tun. Doch zunächst muß man die Übernahme abwarten."