Neues TK-Gesetz: Überwachung inbegriffen

30.01.2004 von Klaus Manhart
Das Bundeskabinett hat den Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz verabschiedet. Es soll für mehr Dynamik im Telekommunikationsmarkt sorgen, aber auch das Verhalten von Telefon- und Internet-Nutzern lückenlos überwachen.

Die Kritik lässt nicht auf sich warten: Datenschützer fürchten den gläsernen Nutzer, Branchenverbände bemängeln den immensen technischen und administrativen Überwachungsaufwand.

Mitte Oktober letzten Jahres hat das Bundeskabinett den vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit vorgelegten Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz (TKG) beschlossen. Das neue Gesetz soll für mehr Wettbewerb in der Branche sorgen und den bislang noch weithin regulierten TK-Markt langfristig auf marktwirtschaftliche Füße stellen. Zudem regelt das Gesetz die auch für Unternehmen und Privatpersonen zentrale Frage, welche Daten wie lange für Überwachungsmaßnahmen seitens der Provider gespeichert werden müssen.

Das 149 Paragraphen umfassende Werk setzt fünf europäische EU-Richtlinien in nationales Recht um, darunter ein TK-Richtlinienpaket sowie eine EU-Datenschutzrichtlinie. Mit der Umsetzung der EU-Vorgaben tat sich die Bundesregierung allerdings schwer. Eigentlich sollte das Gesetz bis Ende 2003 verabschiedet werden. Doch die komplexen EU-Regelwerke waren offenbar nicht so einfach in deutsches Recht umzumünzen. Bislang liegen nur ein Regierungsentwurf und die Stellungsnahme des Bundesrates vor, der Entwurf muss nun noch vom Bundestag verabschiedet werden. Wegen Verzögerungen hat die EU-Kommission gegen Deutschland bereits ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof enden kann. Die Zeit eilt also.

Wirksamer Wettbewerb

Oberstes Ziel des TKG ist ein fairer Wettbewerb im Bereich der Telekommunikation. Eine zentrale Rolle für die Erreichung dieses Ziels nimmt dabei die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (Reg TP) ein. Die dem Wirtschaftsministerium unterstellte Behörde soll "regulatorisch" in Märkte eingreifen, in denen kein "wirksamer Wettbewerb" stattfindet. Die EU hat achtzehn Märkte vorgegeben, die die Reg TP beobachten muss, darunter die Märkte für Festnetztelefonie, Mobilfunk und Internetzugang.

Hat ein Unternehmen in einem dieser Märkte eine "beträchtliche Marktmacht", ist die Reg TP zum Handeln verpflichtet. Dem Begriff der "beträchtlichen Marktmacht" kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, er durchzieht den ganzen Entwurf. Gemeint ist damit, dass in Märkten, die von mächtigen Unternehmen beherrscht werden, kein wirksamer Wettbewerb stattfinden kann. Für Deutschland ist der Begriff natürlich auf die Telekom gemünzt, der Ex-Monopolist wird im Gesetzesentwurf allerdings nicht erwähnt.

Was heißt nun konkret "beträchtliche Marktmacht"? Die EU bezieht sich hier auf das allgemeine EG-Wettbewerbsrecht, das einen Marktanteil von über 40 Prozent vorsieht. In allen TK-Märkten, in denen die Telekom also mehr als 2/5 des Marktes beherrscht, kann die Reg TP regulatorisch eingreifen. Dies bedeutet, dass die Telekom zum Beispiel verpflichtet werden kann, anderen Unternehmen Zugang zu gewähren.

Eigene Rechnungsstellung

Eine ganze Reihe von Paragraphen regelt die Ansprüche der Wettbewerber auf Leistungen des marktmächtigen Unternehmens, sprich der Telekom. Dem Ex-Monopolisten ist es allerdings gelungen, gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf viele für ihn missliebige Regelungen abzuschwächen. Ein Beispiel dafür sind Basisdienste wie das Inkassoverfahren, das von der Telekom bislang für Wettbewerber angeboten werden musste. Anders als noch im Referentenentwurf vorgesehen, wurde aus dem Muss der Bereitstellung des Inkassodienstes seitens der Telekom flugs eine Kann-Option. War die Telekom bislang verpflichtet, Rechnungsstellung und Zahlungseinzug für andere Unternehmen zu leisten, ist sie nach dem Entwurf nun nicht mehr dazu genötigt.

Diese Regelung wirft neue Rechtsfragen auf und stößt bei Call-by-Call-Anbietern auf heftige Kritik. Für viele von ihnen könnte dies das Aus bedeuten, denn die eigene Abrechnung von Kleinstbeträgen ist wirtschaftlich kaum lohnenswert. Allerdings kann die Reg TP hier regulierend eingreifen und die Telekom zwingen, Rechnungsdienstleistungen anzubieten, sollte ein funktionsfähiger Endkunden-Wettbewerb behindert werden. Dass die Telekom von der Kann-Option Gebrauch macht ist angesichts dieses drohenden Damoklesschwertes deshalb eher unwahrscheinlich. Trotzdem werden für Call-by-Call-Anbieter die Rahmenbedingungen eher unsicherer als sicherer.

Vorleistungen entfallen

Die Telekom ist auch nicht mehr verpflichtet, den Wettbewerbern wesentliche Vorleistungen zeitgleich mit Einführung des Endkundenprodukts zur Verfügung zu stellen. Die entsprechende Auflage wurde aus Paragraph 40 gestrichen. Das bedeutet, dass nun beispielsweise die Bereitstellung des eigenen DSL-Netzes für andere Provider nicht mehr wie bisher zeitgleich mit der Einführung eigener Endkundenprodukte erfolgen muss. Vielmehr darf der Ex-Monopolist seinen Tochter- und Partnerunternehmen Leistungen früher anbieten als den Mitbewerbern.

Die nicht ganz unbegründete Furcht der Telekom-Konkurrenz ist, dass der rosa Riese neue Märkte monopolisieren könnte, wie dies bei der Vermarktung der DSL-Anschlüsse geschehen ist. Gerade dies aber wollte das Gesetz verhindern. Auch hier verweist das Wirtschaftsministerium wieder auf die regulierende Kraft der Reg TP: Sollte die Telekom wesentliche Vorleistungen nur Töchter- und Partnerunternehmen anbieten, könnten sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Die Frage bleibt aber, wieso ein derartig wettbewerbsfeindlicher Passus überhaupt aufgenommen wurde.

Missbrauch und Preisgestaltung

Wirksamer als bisher sind die Vorschriften zur Bekämpfung des missbräuchlichen Verhaltens der Telekom. In Missbrauchsfällen kann die Reg TP Gewinne abschöpfen und Bußgelder bis zu einer Höhe von 500 000 Euro festsetzen.

Mit Missbrauch ist gemeint, dass die Entgelte angemessen sein müssen. Entgelte dürfen grundsätzlich nicht zu hoch, zu niedrig oder diskriminierend sein. Um missbräuchliche Entgelte besser ahnden zu können, nennt das TK-Gesetz erstmals konkret drei Missbrauchstatbestände: 1) Preisdumping, 2) die unangemessene Bündelung von Produktangeboten und 3) die Preis-Kosten-Schere. Letzteres meint, dass die Spanne zwischen dem Entgelt, das die Telekom vom Wettbewerber für eine Zugangsleistung verlangt, und dem entsprechenden Endnutzerentgelt zu gering ist.

Die Telekom-Wettbewerber bemängeln an dieser Regelung, dass sie kein Recht auf die Einleitung eines Missbrauchsverfahrens haben. Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), in dem die meisten privaten Mobilfunk-, Festnetz- und Mehrwertdienste-Anbieter organisiert sind, macht darauf aufmerksam, dass die Telekom-Wettbewerber keine Handlungsmöglichkeit haben. Sie sind allein auf das Wohlwollen der Telekom und der Reg TP angewiesen. Was im Entwurf fehlt, ist ein Antragsrecht für Wettbewerber, um die Regulierungsbehörde bei einem Marktmissbrauch zu einem Verfahren veranlassen zu können. In eine ähnliche Kerbe schlagen die Grünen, die der Reg TP mehr Verbindlichkeit auferlegen wollen, gegen Verdachtsfälle von Marktmissbrauch vorzugehen.

Überwachungsregelungen

Im Vergleich zur letzten Fassung des TK-Gesetzes haben sich die Überwachungsregelungen verschlimmert. Ursprünglich sollten nur die öffentlichen Anbieter von Telekommunikationsdiensten auf eigene Kosten technische Einrichtungen zur Überwachung (vulgo: "Bespitzelung") der Kunden vorhalten. Nach dem Entwurf sollen es nun wieder alle Betreiber einer Telekommunikationsanlage sein, also auch diejenigen, die nicht-öffentlich arbeiten wie z.B. Hotels oder Firmennetze. Die Überwachungseinrichtungen sollen es "Bedarfsträgern" wie Strafverfolgungsbehörden, Polizeivollzugsbehörden, Zollkriminalamt, Zollfahndungsämtern oder Bundesnachrichtendienst ermöglichen, auf die TK-Daten zuzugreifen.

Als schwerer Schlag gegen den Datenschutz werden Umfang und vor allem die Dauer der Datenspeicherung gewertet. Für den Zeitraum von sechs Monaten sollen alle "Verkehrsdaten" gespeichert werden, die beim Telefonieren, beim Versand von SMS, beim E-Mailen oder beim Surfen anfallen. Verkehrsdaten sind - im Unterschied zum Inhalt - alle technischen Parameter der Kommunikation, also Name, Anschrift, IP-Adressen und Zielrufnummern. Bislang galt der Grundsatz, dass diese Daten bei der Nutzung von Telefon oder Internet sofort zu löschen sind, sobald sie nicht mehr benötigt werden.

Das Vorhalten der Verbindungsdaten lässt nicht nur Fragen der Art "Wann hat wer von wo jemanden angerufen?" oder "Wann hat wer wem eine E-Mail geschickt?" jederzeit beantworten. Es lassen sich auch präzise Nutzerprofile anlegen. Die bislang übliche Praxis Rufnummern verkürzt zu speichern, erfolgt nur noch auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden.

Deutschland ist Weltmeister im Abhören

Die Verkehrsdaten können mittels eines automatischen Auskunftsverfahrens abgefragt werden. Der Zugriff auf Daten, mit denen andere Daten geschützt werden, also PINs (Personal Identification Number), Passwörter oder PUKs (Personal Unblocking Key, mehrstellige Codenummer zum Entsperren einer Mobiltelefon-Chipkarte), ist jedoch nicht so ohne weiteres möglich. Hier muss ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren vorliegen, mit denen die Behörden eine Herausgabe erzwingen können. Auch der Zugriff auf durch das Fernmeldegeheimnis geschützte Daten wie E-Mails und Mailbox-Aufzeichnungen ist nur mit einer richterlichen Anordnung möglich.

Mit dem Plakat oben machte der Bundestag Werbung für das ursprüngliche TK-Gesetz. Das Plakat darunter war die Reaktion der Kritiker, die anonym in die Newsgroup de.org.ccc gepostet wurde.

Christian Ströbele von den Grünen kommentierte das Original: "Ich finde diese Anzeige überhaupt nicht in Ordnung. Sie unterschlägt, dass unendlich viel in Deutschland abgehört wird, Deutschland ist Weltmeister im Abhören. Und sie unterschlägt, dass wir auch in dieser Legislaturperiode - ich sage mal leider - ganz erhebliche zusätzliche Befugnisse für die Geheimdienste, aber auch für die Staatsanwaltschaft geschaffen haben, Telefone abzuhören ... sie ist nicht seriös, sie ist an der Grenze einer schriftlichen Lüge."

Datenschützer laufen Sturm

Gegen die Überwachungsregeln hagelt es vor allem von zwei Seiten Kritik. Schwere Geschütze fahren die Datenschützer auf. Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sind nicht nur überzeugt, dass der TKG-Entwurf der Bundesregierung eine gravierende Verschlechterung des Datenschutzes mit sich bringt. Sie mahnen auch verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verpflichtung zur Speicherung der Verbindungsdaten an. Denn die Schaffung von Datenfriedhöfen ohne konkreten Verdacht steht, so die Datenschützer, in Widerspruch zur Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Datenschutzbeauftragten befürchten im Falle des Inkrafttretens des Entwurfs, dass Millionen von Verbindungsdatensätzen dem Zugriff anderer Stellen ausgesetzt sind. Die im Gesetzesentwurf vorgesehene Möglichkeit, die Zielrufnummern nur verkürzt zu speichern oder sie nach Rechnungsversand vollständig löschen zu lassen, dürfte nur eine Minderheit der Kunden wahrnehmen.

Ein weiterer Kritikpunkt für die Datenschutzbeauftragten ist, dass Polizei und Nachrichtendienste ohne Bindung an einen Straftatenkatalog oder einen Richtervorbehalt Einsicht in Passwörter, PINs, PUKs und Ähnliches erlangen. Mit diesen Mechanismen soll eigentlich die Telekommunikation der Verbraucher geschützt werden, so die Datenschützer. Nun aber sollen Behörden Einblick erhalten - was freilich schwierig sein dürfte, da die meisten Daten verschlüsselt sind.

Auch der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) und der Verband der deutschen Internetwirtschaft, eco Forum e.V.,, äußern sich besorgt über das Vorhaben, alle Verbindungsdaten sechs Monate zu speichern. Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder wendet ein: "Eine solche Vorratsdatenspeicherung widerspricht grundlegenden datenschutzrechtlichen Prinzipien. Alle Deutschen würden wie potenzielle Verbrecher behandelt - es droht hier der gläserne Bürger."

Das eco Forum erwartet durch die geplante Vorratsdatenspeicherung einen erheblichen Vertrauensverlust der Bürger in die neuen Medien, der die Grundvoraussetzung für erfolgreichen E-Commerce in Frage stellt. "Wenn die Vorratsdatenspeicherung kommt, können die Unternehmen erst mal ihre Datenschutzerklärungen streichen." so Oliver J. Süme, Vorstand Recht und Regulierung im eco-Verband. "Dafür würden viele Kunden kein Verständnis zeigen".

Gegenwind von der Industrie

Industrie und Unternehmen fürchten vor allem auch die hohen Kosten, die mit der Installation von Überwachungseinrichtungen und der Vorhaltung der Daten verbunden sind. Die notwendigen technischen Einrichtungen zur Gewährleistung der Überwachung müssen in Deutschland die verpflichteten Unternehmen auf eigene Kosten einrichten.

Für die Installation der Überwachungseinrichtungen existiert eine "Technische Richtlinie zur Beschreibung der Anforderung an die Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation" (TR TKÜ). Die TR TKÜ beschreibt unter anderem die technischen Details für die E-Mail-Überwachung, die Eingriffe am Mailgateway erforderlich macht.

Vor allem macht den betroffenen Firmen die Datenspeicherung Sorgen. Bei Providern und TK-Unternehmen würde die Regelung zu massiven Belastungen führen, weil sie riesige Datenmengen speichern und gegen unbefugten Zugriff sichern müssten. Nimmt man allein den E-Mail-Verkehr bei einem einzigen größeren Internet-Provider, ergeben sich bei der geforderten sechsmonatigen Dauer etwa 15.000 Gigabyte gespeicherter Daten. Ausgedruckt und abgeheftet wären das 1500 Kilometer Ordner, rechnet Bitkom-Geschäftsführer Rohleder vor. "Für die Sicherheitsbehörden relevant sind davon am Ende vielleicht 10 Meter", sagt Rohleder.

Rohleder bezweifelt zudem den Nutzen dieser massenhaften Speicherung von Verbindungsdaten. Wirklich ermittlungsrelevante Informationen könnten im anfallenden Datenwust nur noch äußerst aufwändig gefunden werden. Nur noch mit riesigem technischem und personellem Aufwand wäre es überhaupt möglich, in diesem Datenberg gezielt Informationen zu finden. Der ganze Aufwand stehe dabei außer Verhältnis zu dem vielleicht erzielbaren Ermittlungserfolg. "Hier wird weit über das Ziel hinaus geschossen", stellt Rohleder fest.

Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Nutzen

Wirtschaftlich sind die Folgen der Gesetzesvorlage für den Verband der deutschen Internetwirtschaft eco Forum verheerend: "Für die betroffenen Unternehmen entsteht ein finanzieller, personeller und technischer Aufwand, der in keinerlei Verhältnis zum beabsichtigten Zweck einer effektiven Strafverfolgung steht. Die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung würde dem Wirtschaftsstandort Deutschland schweren Schaden zufügen", heißt es in einer Stellungnahme des eco Forums.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sieht die Sache ähnlich und fürchtet ebenfalls die erheblichen Belastungen, die auf die Unternehmen und die Branche insgesamt zukommen. BDI-Präsident Michael Rogowski bemängelt insbesondere das Fehlen einer adäquaten Erstattung der Kosten für die Telekommunikationsüberwachung. "Wir wenden uns natürlich nicht gegen eine effektive Strafverfolgung. Eine ganz andere Frage ist aber, ob auch in Zukunft private Unternehmen die Kosten der TK-Überwachung zum größten Teil alleine tragen müssen", sagt Rogowski. Besorgnis erregend sei außerdem, dass insbesondere von den Innenpolitikern grundlegende datenschutzrechtliche Prinzipien nahezu bedenkenlos zu Gunsten einer Vorratsdatenspeicherung über Bord geworfen würden.

Zeitplan und Umsetzung

Der Bundesrat hat sich am 19.Dezember 2003 im Rahmen des Sitzungsmarathons über die Reform des Sozialstaats mit dem Regierungsentwurf befasst. Im Chaos um die Agenda-2010-Abstimmung und für die Öffentlichkeit praktisch unbemerkt sprach sich der Bundesrat für die sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung sowie die Ausdehnung von Abhörverpflichtungen auch auf Telekommunikationsanbieter wie Hotels oder Firmennetze aus.

Die Bundesregierung wird nun zunächst auf die Stellungnahme des Bundesrats antworten. Frühestens im Februar 2004 dürfte der Bundestag die Verhandlungen über das Gesetz aufnehmen und gegebenenfalls den Vermittlungsausschuss einschalten. Die CDU hat bereits angedeutet, dass das Gesetz erheblich nachgebessert werden müsse, da die internationale Wettbewerbsfähigkeit der ITK-Unternehmen gefährdet sei. Das TK-Gesetz soll dann noch vor der parlamentarischen Sommerpause Mitte 2004 in Kraft treten.

Fazit

Im Vergleich zu früheren Fassungen ist der aktuelle Entwurf des TK-Gesetzes Telekom-freundlicher. Ob dies ein gravierender Nachteil ist, hängt ganz davon ab, wie die Regulierungsbehörde künftig ihre Rolle versteht. Greift sie hart, schnell und effektiv ein, könnte tatsächlich ein fairer TK-Wettbewerb entstehen, wie es den Machern des Gesetzes vorschwebt.

Während sich der Gesetzesentwurf in weiten Teilen und sehr detailliert mit der Telekom und den Beziehungen zu ihren Wettbewerbern befasst, sagt er über das Verhältnis der Wettbewerber unter sich so gut wie nichts aus. Das könnte sich eines Tages rächen, denn Missbrauch ist nicht nur seitens des mächtigsten Unternehmens zu befürchten, sondern auch von den Kleinen. So ist nicht ausgeschlossen, das kleine Anbieter Preisdumping betreiben oder Produktangebote unangemessen bündeln.

Der kritischste Punkt des Gesetzesentwurfs ist die Überwachungsregelung. Die Argumente der Datenschützer und der Industrie haben für Zündstoff gesorgt. Da ist zum einen der unklare verfassungsrechtliche Status des Gesetzes, zum anderen die immensen Kosten, die mit der Überwachung für die betroffenen Unternehmen entstehen. In diesem Bereich dürfte deshalb das meiste Potenzial für mögliche Nachbesserungen stecken. (ala)