Neue Frequenzen für schnelle Netze

26.07.2002
Die Debatte um Wireless LANs, die im 5-Gigahertz-Band arbeiten, stellt die Anwender auf eine harte Probe. In Nordamerika werden solche Systeme bereits verkauft. In Europa war die Lage unklar, weil den 5-GHz-Bereich auch Radaranlagen und Amateurfunker nutzen. Jetzt hat die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post einen Teil des Frequenzbandes für Funknetze mit bis zu 54 MBit/s freigegeben.

Von: Bernd Reder

Die Hersteller von Komponenten für Funknetze, die den Frequenzbereich 5 GHz verwenden, machen gehörig Dampf. Bereits im Oktober sollen die ersten Zugangsknoten (Access Points) und Adapterkarten für den Wireless-LAN-Standard IEEE 802.11a herauskommen, die das Gütesiegel der Wireless Ethernet Compatiblity Alliance (WECA) tragen. Das Wireless-Fidelity-Zertifikat (Wi-Fi) erhalten nur Produkte, die dem Standard entsprechen und somit zusammen mit den Komponenten anderer Hersteller im selben Netz eingesetzt werden können, Stichwort Interoperabilität.

IEEE 802.11a wartet mit einer Brutto-Datenrate von bis zu 54 MBit/s auf, also etwa dem Fünffachen dessen, was 802.11b zu bieten hat. Ein weiterer Vorteil ist, so zumindest die Anbieter, dass das schnelle WLAN mit 5 GHz ein Band nutzt, das "sauber" ist, sprich in dem im Gegensatz zu 2,4 GHz, das 802.11b verwendet, relativ wenige andere Funksysteme arbeiten.

Wer will, kann in den USA bereits jetzt Access Points oder Adapter kaufen, die für die neue Technik ausgelegt sind. In Deutschland sieht das anders aus: Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) erteilte bislang nur Einzelgenehmigungen für den Betrieb von IEEE-802.11a-Netzen. Dies hatte zum einen technische Gründe, denn das 5-GHz-Band nutzen unter anderem auch Radaranlagen, Amateurfunker sowie Satellitenfunkdienste (siehe Grafiken).

Zum anderen mussten die rechtlichen Rahmenbedingungen geklärt werden. Dies betraf in erster Linie die Abgrenzung von Diens-ten, die über das Universal Mobile Telecommunications Network (UMTS) laufen, von solchen, die über Wireless LAN an öffentlich zugänglichen Orten zur Verfügung stehen, so genannten Hot Spots. Denn während die Deutsche Telekom und ihre Mitbewerber bekanntermaßen Milliarden Euro für die UMTS-Lizenzen berappen muss-ten, sind für Dienste über Funk-LANs keine Gebühren fällig.

Auch 5-GHz-Band für WLANs offen

Nun machte die Behörde den Schritt für die drahtlose Kommunikation im 5-Gigahertz-Bereich frei. "Nach eingehender Analyse der technischen und regulatorischen Aspekte sowie des Marktes", so Matthias Kurth, Präsident der RegTP, sei die Behörde zur Ansicht gelangt, dass "Wireless LANs keine Konkurrenz zu UMTS darstellen". Beide Systeme ergänzten sich vielmehr auf sinnvolle Weise zum Wohle aller Marktbeteiligten. "Deshalb stellt die RegTP neben den bisherigen Frequenzen im 2,4-GHz-Bereich weitere Frequenzen im 5-GHz-Bereich für neue WLAN-Anwendungen bereit", sagte Kurth auf einer Pressekonferenz Anfang Juli in Bonn.

Freigegeben wurden folgende Bänder:

- 5150 MHz bis 5350 MHz sowie

- 5470 MHz bis 5725 MHz.

Beide Bereiche hat der Ausschuss für elektronische Kommunikation (Electronic Communications Committee, ECC) der Europäischen Konferenz der Verwaltungen für Post und Telekommunikation (CEPT) für so genannte Hiperlan-Funkanwendungen vorgesehen. Hiperlan steht für "High Performance Local Area Networks, eine europäische Variante eines Wireless-LAN-Standards. Die Version Hiperlan 2, ist wie die konkurrierende Norm 802.11a des Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE), für Datenraten bis 54 MBit/s ausgelegt. Sie sieht aber zusätzlich Verfahren vor, die eine bestimmte Dienstgüte (Quality of Service) garantieren. Diese ist wiederum für die Übertragung von Sprache oder Multimediadaten notwendig.

In Fachkreisen gilt Hiperlan 2 im Vergleich zu IEEE 802.11a als die technisch bessere Lösung. Dennoch werden ihr, zumindest im Moment, geringere Erfolgschancen zugebilligt. Ein Grund dafür ist schlichtweg die Marktmacht der Unternehmen, die Komponenten für IEEE-802.11a-WLANs anbieten. So gut wie alle Hersteller haben bereits Systeme für 802.11a-Netze vorgestellt, die sie mittlerweile auch in Europa anbieten - obwohl noch längst nicht in allen Ländern der Betrieb zulässig ist.

Hiperlan-2-Komponenten sollen dagegen in großen Stückzahlen erst gegen Ende des Jahres zur Verfügung stehen. Dies war am Rande des ersten Hiperlan-2-Interoperabilitätstests zu erfahren, der Anfang Juli unter der Schirmherrschaft des European Telecommunications Standards Institute (ETSI) in Sophia Antipolis (Frankreich) stattfand.

Auch die Regulierungsbehörde zollt offensichtlich dieser Entwicklung Tribut. In einem Papier zur Freigabe des 5-GHz-Bandes ist nicht mehr ausschließlich von Hiperlan die Rede: "Dem Gedanken der europäischen Harmonisierung des Frequenzspektrums folgend, beabsichtigt die RegTP, diese Frequenzen für die Benutzung durch die Allgemeinheit in lokalen Netzwerken zuzuteilen (WLAN-Funkanwendungen)." Der Begriff "Wireless LAN" wird somit nicht mit der Hiperlan-Technik gleichgesetzt.

Miteinander von UMTS und Wireless LAN

Die Regulierungsbehörde betrachtet funkgestützte LANs primär als Technik, die im stationären oder quasi-stationären Betrieb den Bedarf von Nutzern nach hohen Datenübertragungsraten befriedigt. Wegen der geringen Reichweite von 200 bis 300 Metern bei der maximal zulässigen Strahlungsleistung von einem Watt könnten WLANs nur dort eingesetzt werden, wo auf relativ engem Raum viele Teilnehmer zu erwarten seien, also Innenstädten, Büros, Kongresszent-ren, Flughäfen, Hotels oder Universitäten. Im Gegensatz zu UMTS ist die Mobilität der Teilnehmer innerhalb einer Funkzelle kaum gegeben. Als typische Anwendungen für WLANs sieht die Regulierungsbehörde den schnellen Inter- und Intranetzugang sowie das Übermitteln von Bild- und Videodaten oder Musik.

Mobilfunknetze, vor allem UMTS, eignen sich Matthias Kurth zufolge dagegen besser dazu, "die Bedürfnisse der Nutzer nach Übertragung relativ hoher Datenraten bei gleichzeitig voller Mobilität in großen Versorgungsbereichen zu befriedigen". Bei einer Übertragungsgeschwindigkeit von 384 kBit/s hat eine UMTS-Funkzelle einen Radius von etwa 500 Metern; bei Sprachübertragung oder niedrigeren Datenraten beträgt er etwa 900 Meter.

Aufgrund dieser Unterschiede ist nach Auffassung der Regulierungsbehörde ein Verdrängungswettbewerb zwischen WLAN und UMTS ausgeschlossen, ganz im Gegenteil: "Eine Nutzung von WLAN-Frequenzen auch für öffentliche Anwendungen steht damit im Interesse von UMTS selbst und ist eher geeignet, den Geschäftserfolg von UMTS zu fördern als eine Unterbindung öffentlicher WLANs", resümierte Kurth.

Viele Länder - viele Frequenzbereiche

Ob nun aber die Entscheidung der Regulierungsbehörde Funknetzen gemäß IEEE 802.11a den Weg nach Deutschland ebnet, bleibt abzuwarten. Derzeit sehen sich die Hersteller von Halbleiterbausteinen und Systemkomponenten für die 5-GHz-Technik mit dem Prob-lem konfrontiert, dass weltweit unterschiedliche Bereiche des 5-GHz-Spektrums für die Funknetze verfügbar sind. In den USA sind dies drei Bänder:

- ein "unteres" Band von 5,15 bis 5,25 GHz,

- daran anschließend ein "mittlerer" Bereich von 5,25 bis 5,35 GHz sowie

- das "obere" Spektrum von 5,725 bis 5,825 GHz.

In Europa stehen die beiden oben genannten Frequenzbänder zur Verfügung. In Japan ist derzeit "nur" der untere Bereich von 5,15 bis 5,25 GHz verfügbar. Die Behörden wollen jedoch weitere Frequenzen bei 4,9 und 5,03 GHz für Wireless LANs reservieren. In den USA haben Interessenverbände der WLAN-Firmen inzwischen eine Petition bei der Federal Communications Commission (FCC) eingereicht, um die Freigabe eines weiteren Bandes für WLANs zu erreichen, des Bereichs 5,470 bis 5,725 GHz. Der Hintergrund: Diese Bänder liegen "näher" an denen, die in Europa verwendet werden. Damit ist es einfacher, WLAN-Komponenten zu entwickeln, die sich den technischen Vorgaben im nordamerikanischen und europäischen Markt anpassen lassen. Anwender in Europa, die WLANs einsetzen möchten, können sich dagegen auf einen spannenden Spätherbst einstellen. Dann wird sich zeigen, ob die Anbieter Wort halten und Wi-Fi-zertifizierte 802.11a-Komponenten und Hiperlan-2-Systeme in größeren Stückzahlen auf den Markt bringen.