Die wichtigsten Kriterien für das richtige Netzteil

Netzteile für PCs & Server: Darauf müssen Sie achten!

09.01.2008 von Bernhard Haluschak
Das Netzteil gehört zu den wichtigsten Komponenten in einem Rechnersystem. Doch oft verwirren die Typenschildangaben wie PFC, Combined Power oder 80 Plus und führen zu Fehlinterpretationen. Wir erläutern, worauf Sie bei Netzteilen für Server, Workstations oder Desktops achten müssen.

Bei der Auswahl der richtigen Komponenten spielt das Netzteil oft eine untergeordnete Rolle. Das kann sich im Nachhinein als ein gravierender Fehler entpuppen. Denn unerklärliche Systemabstürze kann auch ein falsch gewähltes Netzteil verursachen. Zusätzlich spielt im Zuge der stetig steigenden Energiekosten ein korrekt dimensioniertes Netzteil (Energieeffizienz) eine immer wichtigere Rolle. Doch welche elektrische Leistung benötigt ein System, und was ist beim Kauf eines Netzteils zu beachten? Welche Leistung liefert es, und was besagen eigentlich die häufig unverständlichen Angaben auf dem Typenschild der Netzteile?

Eine wichtige Orientierungshilfe für Schaltnetzteile sind die entsprechenden Spezifikationen. In denen legen die Gremien die elektrischen und mechanischen Parameter der Energielieferanten fest. Diese Vorgaben lassen den Herstellern oft einen weiten Spielraum bei der Entwicklung von Schaltnetzteilen, sodass die Angaben auf den Typenschildern nicht immer direkt vergleichbar sind.

Einige Netzteilehersteller protzen gern mit hohen Leistungsangaben. Nach dem Motto: „Je mehr Leistung, desto besser ist das Netzteil.“ Doch gerade bei Schaltnetzteilen sollte man diesem Trugschluss nicht unterliegen, denn manchmal ist eine Überdimensionierung eher nachteilig, wie unser Artikel erläutert. Zusätzlich erklären wir, wie ein Schaltnetzteil prinzipiell funktioniert, und beleuchten die wichtigsten elektrischen Parameter wie Wirkungsgrad, Combined Power und PFC.

Wenn Sie sich mehr für die Energy-Star-4.0-Richtlinien interessieren, werden Sie in dem Report: Energy Star 4.0: Neue Stromspar-Richtlinien für PCs und Notebooks fündig. Den Standards von Netzteilen widmet sich der Beitrag Netzteile: Die neuen Standards für PCs und Server. Wie sich bei der Server-Hardware Strom sparen können, beschreibt der Artikel Praxistest: Strom sparen bei der Server-Hardware.

Funktionsweise von Schaltnetzteilen

Die heute noch üblichen Netzteile arbeiten prinzipiell mit einem Transformator, einem Gleichrichter und einem linearen Regelglied. Nachteile dieser mittlerweile antiquierten, aber immer noch sehr preiswerten Lösung sind die hohe Verlustleistung, das große Volumen und ein entsprechend hohes Gewicht. Dem gegenüber steht das Schaltnetzteil mit seinem relativ hohen Wirkungsgrad von üblicherweise 60 bis 90 Prozent und geringerem Gewicht sowie geringeren Abmessungen. Allerdings müssen diese Vorteile gegenüber einem konventionellen Netzteil mit einem höheren Preis erkauft werden.

Die Eingangs-Netzspannung von 220 Volt und 50 Hz wird über einen Gleichrichter und Siebkondensator gleichgerichtet und grob geglättet. Das Herzstück eines Schaltnetzteils bilden ein Leistungsüberträger und ein Schalttransistor. Diese Einheit “zerhackt“ die Gleichspannung mit einer Frequenz von zirka 50 kHz und transformiert sie auf eine kleinere Spannung herunter. Ein nachgeschalteter Gleichrichter inklusive Ausgangsdrossel und Siebkondensator sorgen für eine “saubere“ Ausgangs-Gleichspannung. Der auf den Schalttransistor rückgekoppelte Steuer- und Regelungskreis hält die Ausgangspannung auf einem konstanten Wert, unabhängig von der geschalteten Last. Dieses Prinzip ist auf alle Spannungszweige wie 12, 5 oder 3,3 V anwendbar.

Netzteil-Spezifikationen für Desktops

Netzteile der Desktop-Rechner unterliegen größtenteils den Spezifikationen der FormFactors.org. Zu den wichtigsten Spezifikationen zählt der ATX12V Power Supply Design Guide, der seit März 2007 in der Version 2.3 vorliegt. Darin sind alle elektrischen und mechanischen Parameter eines Netzteils festgelegt. Gegenüber der Vorgängerversion 2.2 wurde der Spannungsbereich für einige Parameter enger toleriert.

In der folgenden Tabelle sind die zulässigen Abweichungen der Ausgangsspannungen vom Nominalwert eines Netzteils zu finden. Befinden sich die Spannungswerte innerhalb dieser Bereiche, darf das Rechensystem nicht negativ beeinflusst werden. Darüber hinaus erlauben die ATX-Spezifikationen eine Restwelligkeit der Ausgangsspannungen von 50 beziehungsweise 120 mV auf den entsprechenden Leitungen.

Gleichspannungsbereich von ATX-Netzteilen

Spannungsleitung

Abweichung [%]

Min. [V]

Nom. [V]

Max. [V]

Welligkeit [mVpp]

12 V (1)

+/-5

11,40

12,00

12,60

120

12 V (2)

+/-5

11,40

12,00

12,60

120

5 V

+/-5

4,75

5,00

5,25

50

3,3 V

+/-5

3,14

3,30

3,47

50

-12 V

+/-10

-10,80

-12,00

-13,20

120

5 V SB

+/-5

4,75

5,00

5,25

50

Die ATX-Spezifikation Version 2.3 beinhaltet Vorgaben für Netzteile zwischen 180 und maximal 450 Watt. So empfehlen die Spezifikationen für ein 450-Watt-Netzteil die folgenden Ströme für die entsprechenden Spannungszweige. Allerdings dürfen die Peak-Ströme nicht länger als 17 Sekunden je Minute genutzt werden. Auch in diesem Bereich wurden die Grenzwerte etwas straffer gefasst. So hat die FormFactors.org den Minimalstrom bei einigen Leitungen etwas verringert und dementsprechend auch die Peak-Stromwerte erhöht.

Strombereich von ATX-Netzteilen 450 W

Spannungsleitung

Min. Strom [A]

Max. Strom [A]

Peak-Strom [A]

12 V (1)

0,1

17

-

12 V (2)

0,5

16

19

5 V

0,2

15

-

3,3 V

0,1

24

-

-12 V

0

0,3

-

5 V SB

0

2,5

3,5

Laut Vorgaben muss ein ATX-Netzteil primärseitig in festgelegten Eingangs-Spannungsbereichen immer noch einwandfrei funktionieren. So darf bei einer nominalen Eingangsspannung von 230 VAC die Spannung zwischen 180 und 265 VAC liegen. Bei einem 115-VAC-Netz kann die Spannung zwischen 90 und 135 VAC variieren. Die Frequenz sollte dabei die Toleranzschwellen von 47 und 63 Hz nicht unter- beziehungsweise überschreiten.

Netzteil-Spezifikationen für Server

Speziell um die Spezifikationen von Server-Netzteilen kümmert sich die Server System Infrastructure (SSI). Die wichtigsten Spezifikationen vereint der aktuelle EPS12V Power Supply Design Guide in der Version 2.92.

In der folgenden Tabelle sind die Spannungsabweichungen von den Nominalwerten der verschiedenen Spannungsleitungen und die Restwelligkeit gegenübergestellt. Im Vergleich zu den ATX-Spezifikationen sind die EPS-Vorgaben für Server-Netzteile wesentlich engeren Toleranzen unterworfen. So dürfen bei ATX-Stromquellen die Hauptspannungen um +/-5 Prozent abweichen, bei EPS sind es nur +5 und -3 Prozent.

Gleichspannungsbereich von EPS-Netzteilen

Spannungsleitung

Abweichung [%]

Min. [V]

Nom. [V]

Max. [V]

Welligkeit [mVpp]

12 V (1-5)

+5/-5 (+5/-3)

11,40 (11,64)

12,00

12,60

120

5 V

+5/-5 (+5/-3)

4,75 (4,85)

5,00

5,25

50

3,3 V

+5/-5 (+5/-3)

3,14 (3,20)

3,30

3,47

50

-12 V

+10/-10 (+9/-5)

-10,80 (-11,40)

-12,00

-13,20 (-13,08)

120

5 V SB

+5/-5 (+5/-3)

4,75 (4,85)

5,00

5,25

50

Die Werte in Klammern geben die optionalen Werte für enger tolerierte Ausgangsspannungen eines Netzteils an.

Um dem erhöhten Energiebedarf gerecht zu werden, müssen sich die Spezifikationen stets an die Bedürfnisse des Markts anpassen und Vorgaben für leistungsstärkere Netzteile definieren. So schreibt die aktuelle EPS-Spezifikation Version 2.92 für ein 950-W-Netzteil die in der Tabelle aufgeführten Ströme für die entsprechenden Spannungsleitungen vor. Allerdings dürfen die Peak-Ströme nur über eine Zeitspanne von 12 Sekunden aus dem Netzteil entnommen werden.

Strombereich von EPS-Netzteilen 950 W

Spannungsleitung

Min. Stromaufnahme [A]

Max. Stromaufnahme [A]

Peak-Stromaufnahme [A]

12 V (1, 2)

0

16

18

12 V (3)

0,9

16

18

12 V (4)

0,1

18

22

12 V (5)

0

18

-

5 V

0,5

30

-

3,3 V

0,8

24

-

-12 V

0

0,5

-

5 V SB

0,1

3,0 / 6,0

3,5 / 6,5

Wie die ATX-Schaltnetzteile verfügen auch die EPS-Server-Stromversorger über einen variablen Eingangsspannungsbereich. Dieser liegt beim 230-VAC-Spannungsnetz zwischen 180 und 264 VAC und bei 115 VAC zwischen 90 und 140 VAC. Die Frequenz darf zwischen 47 und 63 Hz von der 50-Hz-Norm abweichen.

Wirkungsgrad von Schaltnetzteilen

Ein selten beachteter Parameter bei Schaltnetzteilen ist der Wirkungsgrad. Dieser liegt bei den gängigen Modellen zwischen 60 und 80 Prozent. Somit vergeudet das Netzteil rund ein Fünftel der eingesetzten Energie als nutzlose Wärme. Nimmt zum Beispiel ein Rechnersystem an der Steckdose eine elektrische Leistung von 500 Watt auf, so entfallen bei einem Wirkungsgrad von 80 Prozent allein 100 Watt auf das Netzteil. Die restlichen 400 Watt stehen den Rechnerkomponenten als Nutzenergie zur Verfügung.

Der Wirkungsgrad errechnet sich aus dem Verhältnis der Wirkleistung am Ausgang und am Eingang. Je höher der Wert, desto effektiver arbeitet das Netzteil. Die aktuellen ATX- und EPS-Spezifikationen schreiben bei einer Belastung von 20 Prozent einen Wirkungsgrad von mindestens 65 Prozent vor. Bei halber Last soll der Energieversorger mit einem Wirkungsgrad von 72 Prozent arbeiten, und bei Vollbelastungen genügen 75 Prozent. Allerdings empfehlen beide Spezifikationen für diese drei Lastbereiche einen Wirkungsgrad von mindestens 80 Prozent.

Das Bild zeigt eine typische Kurve des Wirkungsgrades eines Schaltnetzteils (Cisco 34-0873-01). Das Gerät arbeitet bis etwa 5 Prozent Belastung mit einem Wirkungsgrad von 0 bis 60 Prozent relativ unökonomisch. Den höchsten Wirkungsgrad von zirka 85 Prozent erreicht das Schaltnetzteil bei einer Last von 50 Prozent. Bei maximaler Belastung sinkt der Wirkungsgrad auf etwa 82 Prozent ab.

80-Plus-Netzteile bieten höhere Energieeffizienz

Ein wichtiger Bestandteil der zukünftigen Netzteile sind die Energy-Star-4.0-Richtlinien und der damit neu ins Leben gerufene 80-Plus-Standard sein. Dieser bezieht sich speziell auf die im Computer eingesetzten Netzteile. Die neuen Spezifikationen für die Stromversorgung fordern neben einem hohen Wirkungsgrad auch eine bessere Stromqualität der Geräte. Erfüllen die Netzteile die strengen Reglements, können sie sich mit dem entsprechenden Logo schmücken.

Auszeichnung: Netzteile mit dem 80-Plus-Logo garantieren bei einer Auslastung von 20, 50 und 100 Prozent einen konstanten Wirkungsgrad von mehr als 80 Prozent. (Quelle: 80plus.org)

Der Wirkungsgrad wird aus dem Quotienten der Ausgangswirkleistung zur Eingangswirkleistung gebildet. Je höher dieser Faktor (idealerweise 1 oder 100 Prozent), desto besser das Netzteil beziehungsweise der Wirkungsgrad. Je kleiner der Wirkungsgrad, desto mehr elektrische Energie setzt das Netzteil in nutzlose Wärmeenergie um. Die bisher handelsüblichen Netzteile arbeiten mit einem Wirkungsgrad von zirka 60 bis 70 Prozent bei 50 Prozent Auslastung. Der Wirkungsgrad verschlechtert sich, wenn das Netzteil abseits des prozentualen Richtwerts arbeitet.

Aus der Praxis: Das Enermax-Desktop-Netzteil EIN650AWT mit einem 80-Plus-Logo arbeitet mit einem Wirkungsgrad größer 80 Prozent in einem fest definierten Toleranzbereich. (Quelle: 80plus.org)

Die 80-Plus-Verordnung schreibt bei internen Desktop-Netzteilen vor, dass bei 20, 50 und 100 Prozent elektrischer Auslastung des Energiespenders der Wirkungsgrad von 80 Prozent nicht unterschritten werden darf. Um eine 80-Plus-Zertifizierung für ein Netzteil zu bekommen, müssen die Hersteller diese Werte messtechnisch von der 80plus.org überprüfen lassen. Die Prüfdaten werden in einem Prüfprotokoll festgehalten und auf der Webseite veröffentlicht.

Detailansicht: 80-Plus-Netzteile für Desktop-PCs müssen bei 20, 50 und 100 Prozent Auslastung einen Wirkungsgrad von mehr als 80 Prozent vorweisen. (Quelle: 80plus.org)

Im Vergleich zu den bisherigen internen Desktop-Netzteilen ist ein Wirkungsgrad von 80 Prozent nur durch exakte Regelkreise im Schaltnetzteil und durch sehr eng tolerierte Bauteile zu verwirklichen. Diese Maßnahmen erhöhen entsprechend die Herstellungskosten für ein solches effizientes Netzteil.

Mehr Nutzeffekt: Qualität statt Quantität

Der Wirkungsgrad von 80 Prozent hat mehrere positive Nebeneffekte. In erster Linie erzeugt das Netzteil im Vergleich zu herkömmlichen Netzteilen weniger nutzlose Energie bei gleicher Wirkleistung. Daraus resultieren für den Anwender dauerhaft geringere Stromkosten. Darüber hinaus kann der PC-Hersteller oder Anwender gegebenenfalls ein Netzteil einsetzen, das eine geringere Nennleistung besitzt.

Ein weiterer Vorteil des hohen Wirkungsgrades ist die geringere Hitzeentwicklung im Netzteil. Das wirkt sich unter anderem lebensverlängernd auf die elektrischen Bauteile sowie auch auf die mechanischen Komponenten aus.

Energieverschwendung: Netzteile mit einem geringen Wirkungsgrad erzeugen im Vergleich zu 80-Plus-Geräten mehr nutzlose Energie in Form von Abwärme. (Quelle: 80plus.org)

Neben dem Wirkungsgrad spielen Verzerrungen der Spannung bei Netzteilen eine große Rolle. Diese treten dann in Erscheinung, wenn das Schaltnetzteil „unsauber“ arbeitet. Dadurch werden Oberschwingungsströme erzeugt, welche die Netzspannung verzerren. Dies führt verstärkt zu Störungen bei den Verbrauchern und erhöht die elektrischen Verluste im Netzteil. Zusätzlich müssen die nachgeschalteten Verbraucher mit diesen Problemen fertig werden.

Diese unerwünschten Verzerrungen der Spannung lassen sich nur mit höherer Spannungsfestigkeit der Bauteile, wie Kondensatoren und Halbleiter sowie durch die Verwendung von entsprechenden Filtern, kompensieren. Das ist in der Regel mit einem höheren Kostenaufwand für das Netzteil verbunden.

Auch der sogenannte Power Factor (PF) oder Leistungsfaktor eines Netzteils berücksichtigen die 80-Plus-Spezifikationen. Der Power Factor ist das Verhältnis von Wirkleistung (P) in Watt zur Scheinleistung (S) in VA. Die 80plus.org schreibt für ein entsprechendes 80-Plus-Netzteil einen Power Factor größer 0,9 bei einer Auslastung des Geräts von 100 Prozent vor.

Combined Power: Theorie

Herkömmliche Netzteile für Server, Workstation oder Desktop-Rechner stellen die drei Hauptspannungen 12, 5 und 3,3 Volt zur Verfügung. Darüber hinaus besitzen sie noch weitere Hilfsspannungen wie -5, -12 und 5-Volt-Standby. Um den Schaltungsaufwand und somit Kosten zu sparen, teilen sich bei den meisten handelsüblichen Energieversorgern der +3,3-Volt- und der +5-Volt-Spannungsregelkreis eine Spule des Ausgangstransformators (Combined Power).

ATX: Am Beispiel eines ATX-Netzteils mit einer elektrischen Leistung von 450 W verdeutlicht das Diagramm, wie stark die entsprechenden Spannungszweige belastet werden dürfen. (Quelle: FormFactors.org)

Das bedeutet: Wenn die Ausgangslast auf einem Spannungszweig erhöht wird, verringert sich gleichzeitig die maximale Ausgangslast auf der anderen Leitung. Komponenten wie Steckkarten oder Laufwerke, die von der 5-Volt-Leitung gespeist werden, beeinflussen deshalb gleichzeitig die Verfügbarkeit des Leistungsbedarfs etwa eines Prozessors auf der 3,3-Volt-Leitung. Diese direkte Abhängigkeit der beiden Spannungszweige kann unter Umständen bei Ausschöpfung der Maximallast zu Instabilität des Systems führen.

EPS: Auch Schaltnetzteile für Server können nach dem Combined-Power-Verfahren arbeiten. Die Spannungszweige müssen sich die maximale Gesamtleistung des Netzteils von 950 Watt, wie im Diagramm dargestellt, teilen. (Quelle: SSI)

Aus diesem Grund sollte der Käufer eines Netzteils genau prüfen, ob das Netzteil über “Combined Power“ verfügt und wie der Hersteller Leistungsangaben auf die einzelnen Zweige aufteilt. So ist zu beachten, dass die maximale Gesamtleistung der beiden Spannungszweige 3,3 Volt und 5 Volt bei Combined Power deutlich geringer ist als die Einzelsummen der Leitungen.

Combined Power: Praxis

Am Beispiel unseres Typenschildes des Netzteils be quiet! Dark Power Pro der Firma Listan wird ersichtlich, dass der 3,3-Volt-Zweig 24 A an Strom liefert und die 5-Volt-Leitung ebenfalls 30 A zur Verfügung stellt. Das sind 79,2 beziehungsweise 150 W. Der Hersteller gibt für die beiden Zweige zusammen eine Combined Power von maximal 170 W an und nicht 230 W, die aus der Summe der einzelnen Zweige resultiert. Bei Combined Power limitieren sich die Spannungszweige gegenseitig. Ist zum Beispiel die eine Leitung stark belastet, so steht auf der anderen weniger Leistung parat.

Combined Power: Der 3,3- und der 5-V-Spannungszweig müssen sich eine gemeinsame elektrische Leistung von maximal 185 W teilen.

Abhilfe schaffen separate Transformatorspulen, die für jede einzelne Spannung inklusive Regelkreis zur Verfügung stehen. Diese können mit der maximalen nominalen Last, die auf dem Typenschild angegeben ist, betrieben werden. Der begrenzende Faktor ist dann nur noch die Gesamtleistung, die das Netzteil laut Hersteller liefert.

Power Factor Correction (PFC)

Ein großer Nachteil von Schaltnetzteilen ist die Stromentnahme am Eingang in Form von kurzen Impulsen. Die Gleichrichter-Amplituden im Eingangskreis sind dabei vielfach höher als der entnommene Gleichstrom am Ausgang. Diese durch Induktivitäten und Kapazitäten verstärkten nicht linearen Ströme verursachen Verzerrungen und Verformungen der Sinusschwingungen am Eingang. Zusätzlich entsteht ein hoher Anteil an unerwünschten Oberwellen, die elektromagnetische Störungen verursachen. Als Folge können Netzteile anderer Geräte anfangen zu brummen oder der Fernseh- und Telefonempfang negativ beeinflusst werden. Diese Störungen bilden auch für die Stromversorger ein ernsthaftes Problem, da sie jedem Nutzer Wechselstrom von gleich bleibender Qualität zur Verfügung stellen müssen.

Um diese Nachteile auszubügeln, statten Hersteller die Netzteile mit einer so genannten Power-Factor-Correction-Schaltung (PFC) aus. Diese soll aus dem Netz einen nahezu spannungslinearen Strom ziehen und sich quasi wie ein ohmscher Verbraucher verhalten, wodurch Netzstörungen vermieden werden.

Power Factor Correction: Das Schaltnetzteil von Enhance arbeitet mit der PFC-Funktion - wie das Typenschild verrät.

Die passive PFC verwendet eine Induktivitäts-Drossel und einen Kondensator als niederfrequenten Tiefpass. Diese dämpfen die auftretenden Spannungsspitzen und unterdrücken gleichzeitig die entstehenden Oberwellen. Der Leistungsfaktor-Index liegt bei 0,7 bis 0,8. Darüber hinaus müssen voluminöse Kondensatoren und Spulen verwendet werden, da der Eingang der Netzteils mit nur einer geringen Frequenz von 50 bis 60 Hz arbeitet.

Eine wesentlich bessere Leistungsfaktor-Korrektur von 0,9 bis 1 erreicht die aktive PCF. Diese verwendet aktive Komponenten wie ICs oder Thyristor-Schaltungen, um die Stromentnahme so zu regeln, als ob eine ohmsche Last angeschlossen wäre. Zusätzlich erlaubt die aktive PFC-Regelschaltung eine im weiten Bereich variable Eingangsspannung zwischen 85 und 265 VAC. Somit bietet die aktive PFC einen höheren Wirkungsgrad, eine bessere EMV-Verträglichkeit, geringe Baugröße und eine Weitbereichsregelung gegenüber dem passiven Pendant. Allerdings erkauft man sich diese Vorteile durch einen höheren Preis.

Schutzfunktionen von Netzteilen

Für den sicheren Betrieb von Schaltnetzteilen empfehlen die Spezifikationen eine Reihe von Schutzschaltungen, die im Notfall das Netzteil deaktivieren. Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen zählt die Strombegrenzung. Diese muss in jedem Spannungszweig eingebaut sein. Die Strombegrenzung tritt in Aktion, wenn am Ausgang des Netzteils bestimmte Stromlimits überschritten werden. Dazu zählt auch der Kurzschluss, der beim Auftreten vom Energieversorger kompensiert werden muss.

Eine weitere Sicherheitsmaßnahme, um empfindliche Rechnerkomponenten nicht zu beschädigen, ist der Überspannungsschutz. Ähnlich wie bei der Strombegrenzung deaktiviert eine Schaltung in den Spannungszweigen bei Erreichen bestimmter Schwellenwerte das Netzteil.

Gegen Überhitzung verfügen die Schaltnetzteile über temperaturgeregelte Lüfter sowie integrierte Temperatursensoren, die bei Erreichen einer vorgegebenen Grenztemperatur das Netzteil ausschalten. Besonders bei hoher Stromentnahme oder bei Ausfall der Netzteillüfter schützt die Temperaturschutzschaltung vor thermischer Zerstörung des Gerätes.

Um das Netzteil bei unbelasteten Eingängen vor undefinierten Regelzuständen zu bewahren, statten die Hersteller die Schaltnetzteile mit einer so genannten No-Load-Funktion aus. Diese erkennt die offenen Steckereingänge und versetzt das Netzteil in einen Shutdown-Zustand, bis eine Last angeschlossen wird.

Netzteile und elektrische Leistung

Der Bedarf von Rechnersystemen an elektrischer Leistung ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Nicht zuletzt durch immer höher getaktete und leistungsfähigere CPUs und Grafikchips. Dem entsprechend müssen die Netzteile mehr elektrische Energie zur Verfügung stellen. Die folgende Tabelle gibt eine grobe Übersicht über den Strombedarf einzelner Komponenten in einem Beispielsystem:

Strom- und Leistungsbedarf eines Beispielsystems (Quelle: AMD)

Komponente

3,3-V-Leitung [A]

5-V-Leitung [A]

12-V-Leitung [A]

-12-V-Leitung [A]

5-V-SB-Leitung [A]

Leistung [W]

Mainboard / Onboard-Komponenten

3,0

2,0

0,3

2,0

23,5

Systemlüfter

0,25

3

CPU-Lüfter

0,25

3

Speicher 3x 128 MByte DDR DIMM

3 x 2,0

30

AGP-Grafikkarte

3,0

9,9

PCI-Modemkarte

0,5

2,5

PCI-Soundkarte

0,5

0,5

4,15

PCI-Netzwerkkarte

0,4

0,4

3,32

IDE-Festplatte (2x)

2 x 0,8

2 x 2,0

56

CD-RW-Laufwerk

1,2

0,8

15,6

DVD-Laufwerk

1,2

1,1

19,20

Floppy-Laufwerk

0,8

4

USB-Geräte (2x)

2 x 0,5

5

IEE1394-Gerät

1,6

8,0

Tastatur

0,25

1,25

Maus

0,25

1,25

Zwischensumme

6,9

17,3

6,7

189,67

Prozessor Athlon XP 2100+

7,49

89,91

Total:

6,9

17,3

14,19

0,0

~0,0

279,58

Die Strom- beziehungsweise Leistungsaufnahmen der einzelnen Komponenten sind Maximalwerte, die unter normalen Betriebsbedingungen nie erreicht werden. Laut AMD bietet die Formel „Leistungsaufnahme der CPU plus 80 Prozent der Gesamtleistungsaufnahme der übrigen Komponenten“ einen sehr guten Anhaltspunkt für die minimale elektrische Leistung eines Netzteils. Bezieht man noch den Wirkungsgrad (zirka 80 Prozent) mit in die Berechnungen ein, sollte das Netzteil optimal arbeiten und korrekt dimensioniert sein. Für unser obiges Beispiel heißt das: 90 W + 0,8 * 190 W * 1,25 = ~ 300 W.

Ein überdimensioniertes Netzteil ist verhältnismäßig teuer und kann unter Umständen mit einem schlechteren Wirkungsgrad und somit ineffektiv arbeiten. Allerdings bietet es genügend Reserven für zukünftige Upgrades. Ein unterdimensioniertes Netzteil erzeugt hohe Temperaturen, da es ständig am Leistungslimit regelt. Darunter leidet die Lebensdauer der Netzteil-Bauteile. Zusätzlich kann so ein Netzteil Störungen auf den Stromleitungen verursachen, die ein Rechnersystem negativ beeinflussen könnten.

Die in der Tabelle aufgeführten Werte dienen als Anhaltspunkte für die Berechnung der elektrischen Leistung eines Netzteils. So besitzen zum Beispiel aktuelle Intel-Quad-Core-Xeons- und AMD-Quad-Core-Opteron-Prozessoren laut Hersteller eine maximale theoretische Leistungsaufnahme (TDP) von 150 beziehungsweise 89 W. Auch zeitgemäße Grafikkarten erweisen sich als „Stromfresser“. So benötigt etwa eine ATI Radeon HD 3870 knapp 105 W an elektrischer Leistung. Ein entsprechendes Netzteil für das obere Beispielsystem mit einem Intel-Xeon- und einer Radeon-HD-3870-Grafikkarte müsste laut Formel dann eine maximale Leistung von etwa 435 Watt liefern.

Fazit

Auf den Typenschildern von Schaltnetzteilen stehen in der Regel nur die Maximalangaben von Stromstärken und elektrischer Leistung. Doch ein genaueres Hinsehen und das Studium der technischen Daten im Handbuch kann sich lohnen. So geben die Hersteller für den 3,3- und den 5-V-Zweig zwar getrennte Stromstärken an, doch durch das sogenannte Combined Power liegen die einzelnen Stromwerte der beiden Spannungsleitungen je nach Belastung deutlich niedriger.

Ein weiteres Augenmerk auf einem Schaltnetzteil verdient die unscheinbare Bezeichnung PFC. Ist die Power-Factor-Correction-Funktion vorhanden, garantiert sie in der Regel eine höhere Nutzung der elektrischen Energie als Netzteile ohne diese Option. Zusätzlich verhindert die PFC eine Rückkopplung von störenden Oberwellen oder Verzerrungen in das Stromnetz.

Jedes Schaltnetzteil verbraucht für die interne Erzeugung der Gleichspannungen Energie, die als nutzlose Wärme in der Umgebung verpufft. Das Verhältnis der Eingangsleistung zur Ausgangsleistung dieser „Netzteilarbeit“ wird als Wirkungsgrad bezeichnet. Der Wirkungsgrad sollte für ein effektiv arbeitendes Netzteil so hoch wie möglich sein, um nutzlose Verlustwärme zu minimieren und somit auch überflüssige Kosten zu vermeiden. Ein guter Hinweis für einen hohen Wirkungsgrad bietet das 80-Plus-Logo. Es garantiert, dass das Netzteil bei 20, 50 und 100 Prozent Last mindestens einen Wirkungsgrad von 80 Prozent erreicht.

Bei der Berechnung der benötigten elektrischen Leistung sollte ein Schaltnetzteil weder unter- noch überdimensioniert werden. Das verhindert im Vorfeld spätere Funktionsprobleme mit dem Netzteil und spart zusätzlich Kosten. Darüber hinaus garantiert ein richtig dimensioniertes Schaltnetzteil Langlebigkeit und eine optimale Funktion in Bezug auf Wirkungsgrad, Temperatur und Verlustleistung. (hal)