Netzbetreiber liefern mobiles Büro

09.05.2003
Nachdem die GPRS-Preise um bis zu 70 Prozent nachgegeben haben, wird die Datenkommunikation über Mobilfunknetze immer attraktiver. Wer sich seine Mobile-Office-Lösung nicht selbst zusammenstellen will, kann auf die Komplettpakete der Mobilfunkanbieter zurückgreifen.

Von: Dr. Thomas Hafen

Mit massiven Preissenkungen versuchen die Mobilfunkbetreiber, das immer noch schwache Datengeschäft anzukurbeln. Wurden zur Einführung des General Packet Radio Service (GPRS) noch Mondpreise von bis zu 35 Euro pro MByte Übertragungsvolumen verlangt, so zahlt man nun in den günstigs-ten Tarifen noch 1,60 Euro (eine Übersicht über die aktuellen Tarife finden Sie auf unserer Webseite).

Professionelle E-Mail-Lösung

Mit den sinkenden Kosten werden mobile Kommunikationslösungen wie "Blackberry" zunehmend interessanter. Das Produkt des kanadischen Herstellers Research in Motion (RIM) leitet E-Mails über eine verschlüsselte Verbindung direkt vom Firmenserver auf das Endgerät weiter. Das Anwenderunternehmen muss dafür eine Serversoftware installieren, die eine Verbindung zu Kommunikationsprogrammen wie "Microsoft Exchange" oder "Lotus Notes" herstellt. Die Lösung ist in Deutschland derzeit über die Netzbetreiber T-Mobile und O2 erhältlich. D2-Kunden müssen hier zu Lande noch warten. Während bei Vodafone in Großbritannien bereits seit Juli vergangenen Jahres Geräte erhältlich sind, prüft der deutsche Unternehmensteil nach eigenen Angaben noch deren Einsatz. Auch mit KPN ist RIM im Gespräch. Ob und wann es Blackberry bei der deutschen Tochter E-Plus geben wird, war allerdings nicht zu erfahren.

Die derzeit angebotene "Enterprise Edition" eignet sich nur für größere Unternehmen. Allein die Lizenzkosten für 20 Clients schlagen bei D1 und O2 mit 4400 Euro zu Buche. Dazu kommen noch knapp 600 Euro pro Endgerät und Monatsgebühren zwischen 40 Euro und 56 Euro für jeden Nutzer. Ab Juni will T-Mobile aber Einzelunternehmern, kleineren Firmen und Privatkunden eine Variante anbieten, die ohne spezielle Serversoftware auskommt. Ein Push-Service sorgt dafür, dass neue Nachrichten aus der Mailbox des Anwenders direkt auf den Handheld weitergeleitet werden. Mit dem integ-rierten Attachment-Reader lassen sich zudem Anhänge in den gängigen Office-Formaten sowie PDF-Dokumente anzeigen. Zum Vermarktungsstart sind die beiden Triband-Geräte "6230" und "7230" erhältlich. Letzteres verfügt über ein Farbdisplay. Die Preise für die Hardware werden in Verbindung mit einem 24-Monats-Vertrag voraussichtlich bei unter 200 Euro für das Schwarzweiß-Gerät und unter 300 Euro für den Farb-Blackberry liegen. Der E-Mail-Push-Service wird in zwei Varianten angeboten. Die "Light"-Option bietet ein Inklusivvolumen von 1 MByte, bei der "Heavy-User"-Variante sind 5 MByte enthalten. Die monatlichen Kosten für den Dienst stehen zurzeit noch nicht fest.

Handys werden Blackberry-fähig

Wer sich mit dem eckigen Design und den winzigen Tasten des Blackberry nicht anfreunden kann, muss auf dessen Funktionen dennoch nicht mehr lange verzichten. RIM hat seine Client-Software an Handy-Hersteller wie Nokia, Sony Ericsson, Motorola oder Samsung sowie an Microsoft lizenziert. Demnächst lassen sich also Firmen-E-Mails per Push auch auf Mobiltelefone, Smartphones und Personal Digital Assistants (PDA) weiterleiten. Eines der ersten Geräte mit Blackberry-Funktion wird voraussichtlich das "Nokia 6800" sein. Für den amerikanischen Markt ist eine Einführung im zweiten Halbjahr 2003 angekündigt. Wann der E-Mail-Dienst auch bei uns auf Nokia-Geräten verfügbar sein wird, will das Unternehmen nicht sagen.

Blackberry ist nur eine von vielen "Mobile-Office"-Lösungen, die Netzbetreiber derzeit anbieten. So kann man bei T-Mobile und O2 seine E-Mails auch über ein PDA-ähnliches Endgerät abrufen. Der "MDA" beziehungsweise "XDA" genannte Handheld integriert Sprach- und Datenfunktionen. Zusammen mit dem "Mobile Office Optimizer" von T-Mobile ermöglicht das Handheld den direkten Zugriff auf Microsoft Outlook/Exchange. Die Einwahl zum Exchange-Server ist laut Anbieter bis zu zehn Mal schneller als mit einer nicht optimierten GPRS-Verbindung (General Packet Radio Service). Doch damit nicht genug: E-Mails sollen sich um 80 Prozent komprimieren, Webseiten sich bis zu vier Mal schneller darstellen lassen als bisher. Interessenten können die Software 30 Tage lang kostenlos testen. Danach wird es allerdings teuer: Je nach Zahl der Lizenzen muss der Anwender zwischen 250 Euro und 490 Euro pro Client bezahlen - zusätzlich zu den GPRS-Verbindungsgebühren. Immerhin erhält er die Serversoftware umsonst.

Büro auf Microsoft-Basis

Das Mobile-Office-Angebot "MMIS" von O2 ist auf den XDA zugeschnitten. Es verwendet den "Microsoft Mobile Information Server", der von Partnern des Mobilfunkanbieters beim Kunden installiert wird. Voraussetzung dort sind Exchange 2000 und das Active Directory. Der Zugriff erfolgt über GPRS. Bei einkommenden E-Mails erhält der Nutzer eine Kurznachricht. Die Gebühren für den Service betragen fünf Euro pro Nutzer und Monat. Hinzu kommen die Kosten für die GPRS-Verbindung sowie zwölf Cent für jede SMS-Benachrichtigung.

Datentransfer per SSL

Etwas anders funktioniert das Produkt "Mobile Office Professional" von Vodafone. Hier liegen die Informationen auf einem Server des Anbieters. Kalender, Aufgaben und Unternehmensanwendungen des Kunden werden über eine SSL-Verbindung synchronisiert. Auf E-Mails kann der Anwender zugreifen, sofern er das POP3-Protokoll für seinen Account verwendet. Das Angebot kostet je Nutzer knapp zehn Euro bei der Einrichtung und fünf Euro pro Monat. Es ist nur in Kombination mit einem Laufzeitvertrag buchbar. In der Einführungsphase bis Ende August können Interessierte den Dienst 30 Tage lang kostenlos testen.

Die hier vorgestellten Services sind nur ein kleiner Teil des derzeit vorhandenen Angebots. So gehören auch Portale und gesicherte Intranetverbindungen über Virtuelle Private Netze (VPN) zum Portfolio der Netzbetreiber. Serviceprovider wie Talkline oder Tiscali steigen ebenfalls in den Bereich Mobile Office ein und bieten Unternehmenslösungen.