Netscape Preview 6.1

14.06.2001 von Tom Spring und SUSANNE SPAETH 
Die aktuelle Preview von Netscape 6.1 ist fertig. Stabiler und schneller gegenüber der fehlerhaften 6.0er-Version soll sie sein. Mit unserer Schwester-Publikation PCWorld.com sammelten wir erste Testeindrücke.

Die Tochtergesellschaft von AOL Time Warner preist die aktuelle Preview mit diversen Verbesserungen an. Kern von Netscape 6.1 ist der Mozilla Browser in der Version 0.9.1 mit der überarbeiteten Gecko-Renderengine. Das Thema Stabilität steht dabei, trotz einiger noch bestehender Probleme, klar im Mittelpunkt. Ende Sommer 2001 soll das Final Release fertig sein. "Wir haben jede Menge Feedback von Web-Entwicklern und Anwendern der aktuellen Version 6.0 erhalten," so Sol Goldfarb, Chef des Produktmarketings des Netscape Browsers. "Netscape 6.1 trägt diesen Wünschen und Anregungen Rechnung."

Einer amerikanischen Studie zufolge nutzen heute etwa 86 Prozent aller Surfer Microsofts Internet Explorer. Nur noch 13,5 Prozent setzen den Browser des ehemaligen Marktführer Netscape ein. Diese Daten decken sich auch mit den Erfahrungen von tecChannel.de. Doch Netscape scheint noch einmal auszuholen. Erstmals seit zwei Jahren wurde der Verfall des Marktanteils gestoppt. In den letzen sechs Monaten eroberte Netscape jedoch nur magere 1,5 Prozent von Microsoft zurück.

Installation und Features

Der komplette Download umfasst bei einer Vollinstallation inklusive Java mehr als 30 MByte. Die Windows-Version läuft unter Windows 9x/SE/Me/NT/2000 und ist in den Sprachversionen Englisch, Deutsch und Japanisch erhältlich. Daneben gibt es die Preview auch für Linux und MacOS, allerdings nur in Englisch.

Die Installation erfolgt wie beim Microsoft-Pendant über ein 255 KByte großes Setup-Programm das die vom Anwender ausgewählten Komponenten vom Netscape-Server herunter lädt.

Die aktuelle Preview hat außer ein paar Extras nicht viel neues zu bieten. Die History-Tabelle hält jetzt auch in "My-Sidebar" die Adressen der bereits besuchten Seiten fest. Außerdem erlaubt der verbesserte E-Mail-Client, Mails von Netscape- und AOL-Accounts zu speichern, um sie später Offline zu lesen.

Neu ist auch AOL Instant Messenger URL (AIM URL). Das Feature ermöglicht Web-Entwicklern Chats über Trigger in ihren Web-Seiten zu integrieren. Klickt der User auf einen solchen Trigger startet der AOL Instant Messanger Client.

Weitere kleinere Neuerungen betreffen die Oberfläche: die Navigations-Buttons sind smarter und das voreingestellte Layout ist in einem dezenten grau statt im blaugrau des Vorgängers gehalten. Neu ist auch der Passwort-Manager, der sich um Aufbewahrung und Verschlüsselung der Passwörter von Web-Accounts kümmert sowie ein verbesserten Download-Manager. Die Themes der Version 6.0 sind in der 6.1-Preview nicht einsetzbar.

Browser besser aber holprig

Als Netscape Ende letzten Jahres Version 6.0 des Browsers auf den Markt brachte, hagelte es Kritik für die vielen Bugs der unreifen Software. Auch wenn sich Netscape 6.0 mit der Zeit stabilisiert hat, geht's mit der aktuellen Beta holprig weiter: Der Browser ist zwar schneller, versagt aber beim Laden anspruchsvoller Webseiten. Von Zeit zu Zeit quittiert das Tool auch bei einfachen Dingen den Dienst, etwa bei einigen Sicherheitsfunktionen zu Java.

So scheiterten im Test der PC World.com Java-basierte Telefonie-Services bei dialpad.com, Applikationen bei ThinkFree.com und das Starten von Spielen bei MSN.com. Zumindest wird die Java Virtual Machine jetzt nicht mehr bei jedem Browser-Start geladen, sondern erst, wenn Java auf einer Webseite erforderlich ist.

Das Problem liegt laut der AOL-Tochter daran, dass jede dieser Seiten SmartUpdate nutzt, ein Netscape-Programm, das automatisch Software auf die Festplatte lädt. In Version 6.1 wird SmartUpdate durch das vermutlich weniger problematische XP-Install ersetzt. Dieses neue Tool soll für einen weitgehend störungsfreien Download-Prozess sorgen und arbeitet laut Netscape mit allen Browsern und Betriebssystemen zusammen.

Der Schlüssel sind Web-Standards

Fehler zeigen sich auch bei aufwendig gestalteten Seiten. Ein Klick auf den Games-Link im Netscape-eigenen NetCenter führte zu einem System Error. Mehrfach trat dieses Problem zudem bei AOL-Seiten auf. Auf Anfrage teilt Netscape mit, man habe mit den Sites von Adobe, MSNBC und Macromedia gearbeitet, damit Netscape 6.1 vermehrt offene Standards unterstützt. Ein Test mit den eigenen Seiten blieb wohl aus.

Letztes Jahr noch gab Eric Krock, verantwortlicher Produkt Manager bei Netscape in einem Interview mit PCWorld.com den schlecht programmierten Web-Seiten Schuld an derartigen Problemen. Doch wenn nicht einmal Netscape das eigene NetCenter und die Mutter AOL die eigenen Firmenseiten entsprechend aufbauen können, wer soll es dann richtig machen?

Auch Microsoft hat sich mittlerweile mit dem IE vielen W3C-Standards angenommen. Dennoch sind viele Seiten ausschließlich für Internet Explorer optimiert, da es nach wie vor zahlreiche proprietäre Erweiterungen für den IE gibt. Microsofts .Net-Strategie forciert dies weiter und drängt Netscape so weiter in die Enge. Dennoch, Netscape hat seine eigene Strategie. Ein Teil davon ist die stärkere Vernetzung mit AOL Time Warner.

Einen Test der Version 6.0 des Netscape-Browsers finden Sie in unserem Webbrowser-Vergleichstest. (fkh/ssp)